Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.06.2021, RV/5101295/2016

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - fehlender Nachweis einer behaupteten Dispositionsunfähigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri1*** in der Beschwerdesache 1) Gattin, 2) Tochter, 3) Sohnen, jeweils als Rechtsnachfolger(in) nach Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 308 BAO betreffend die Versäumung der Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages gegen die Beschwerdevorentscheidungen vom und betreffend Einkommensteuer 2012, 2013 und 2014 zu Steuernummer ***Bf1StrNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Bf. brachte mit Eingaben vom die Anträge zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2012, 2013 und 2014 ein. Diese langten am bei der belangten Behörde ein.

Nach einem Vorhalteverfahren ergingen am die Einkommensteuerbescheide betreffend die Jahre 2012, 2013 und 2014.

Der Bf. brachte mit Eingabe vom , eingelangt am , Beschwerde gegen die Einkommensbescheide 2012, 2013 und 2014 vom ein.

Die Beschwerde des Bf. gegen die Einkommenssteuerbescheide der Jahre 2012, 2013 und 2014 wurde mittels der Beschwerdevorentscheidungen vom (ESt 2012 und 2014) und vom (ESt 2013) mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen:

"Unterstützungsleistungen für bedürftige Angehörige sind nur dann eine außergewöhnliche Belastung, wenn die Aufwendungen auch beim Unterhaltsberechtigten selbst zu einer außergewöhnlichen Belastung führen könnten. Damit sind Leistungen für den laufenden Unterhalt von Angehörigen nicht berücksichtigungsfähig, berücksichtigungsfähig sind insbesondere Krankheitskosten für nahe Angehörige ohne eigenes bzw mit einem niedrigen Einkommen. Somit konnten die Zuwendungen für Ihre Tochter nicht anerkannt werden."

Der Bf. brachte bei der Außenstelle Linz des Bundesfinanzgerichts eine als Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 308 BAO zu wertende Eingabe vom , eingegangen am , ein. Der Bf. brachte vor, dass er sich im siebenundachtzigsten Lebensjahr befinde und "wegen Krankheit die Frist zur Einbringung des Antrages über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht nicht einhalten" konnte. Darüber hinaus würden die in den Einkommensteuerbescheiden genannten Voraussetzungen für die Berücksichtigung der geltend gemachten Krankheitskosten seiner Tochter durchaus vorliegen.

Mit Schreiben vom , bei der belangten Behörde eingegangen am , leitete das Bundesfinanzgericht dieser die Eingabe vom zur weiteren Bearbeitung weiter und setzte den Bf. durch Übermittlung einer Kopie dieses Schreibens davon in Kenntnis. Aus den Ausführungen des Bf. gehe nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes hervor, dass dieser offensichtlich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO habe stellen wollen, den er aufgrund der Tatsache, dass er steuerlich unvertreten sei, nicht als solchen bezeichnet habe.

Mit Vorhalt vom forderte die belangte Behörde den Bf. unter Bezugnahme auf den Antrag vom auf, Unterlagen zu übermitteln, die beweisen, dass er aufgrund einer Erkrankung verhindert war, die Frist zur Einbringung einer Beschwerde (gemeint: Vorlageantrag) einzuhalten.

Der Bf. übermittelte daraufhin mit Schreiben vom der belangten Behörde folgende Unterlagen:

  • Fachärztlicher Befund über ein MRT der Prostata des Bf. vom , erstellt am selben Tag von ***6***, wonach die Prostata vergrößert sei und weiterführende bioptische Abklärung dringend empfohlen werde

  • Entlassungsbrief eines Universitätsklinikums für Urologie und Andrologie vom , wonach sich der Bf. an diesem Tag in stationärer Behandlung befunden habe, am selben Tag entlassen worden sei und eine Wiedervorstellung am zur Befundbesprechung und weiteren Vorgangsweise empfohlen wurde

  • Bestätigung von ***7***, Universitätsklinikum für Urologie und Andrologie, vom darüber, dass sich der Bf. an diesem Tag zur ambulanten Behandlung (erste Kontrolle) in der Klinik befand und schmerzfrei sei

  • Bestätigung über die regelmäßige ambulante Betreuung des Bf. vom von ***7***, wonach sich der Bf. seit aufgrund eines neu diagnostizierten metastasierten Prostatakarzinoms mit begleitendem akuten Nierenversagen in regelmäßiger ambulanter Betreuung befinde

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom wurde mit Bescheid vom mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen:

"Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 10.6. und wurden die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2012-2014 als unbegründet abgewiesen. Am wurde ein als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu wertendes Schreiben beim Bundesfinanzgericht eingebracht. Dieses wurde dem ho. Finanzamt zur Entscheidung weitergeleitet.

Gem. § 308 BAO ist bei Versäumung einer Frist (hier Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages) der Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Frist gehindert war.

Der Antragsteller brachte vor, dass er infolge Krankheit die Frist nicht einhalten konnte. Aus den vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass er seit regelmäßig ambulant betreut wird und sich am in stationärer Behandlung befand.

Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages ist Mitte Juli 2015 abgelaufen. Für die Zeit der Rechtsmittelfrist liegen keinerlei Ereignisse vor, die die Einbringung eines Vorlageantrages verhindert hätten.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung Krankheiten nur dann als Wiedereinsetzungsgründe in Betracht kommen, wenn diese zur Dispositionsunfähigkeit führen (z.B. Schlaganfall)."

Die als "Berufung" bezeichnete Beschwerde vom , gegen den Bescheid vom , begründete der Bf. wie folgt:

"Ich war zum Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamt Braunau-Ried-Schärding in dauernder Behandlung im Landeskrankenhaus ***9***. Aufgrund meiner damaligen Krankheit und der damit in Zusammenhang stehenden psychischen Belastungen war ich nicht in der Lage, den Inhalt der Bescheide und die Rechtsmittelerklärung zu verstehen. Als sich meine psychische Situation gebessert hat, habe ich bemerkt, dass ich einen Antrag an das Bundesfinanzgericht wegen der bekämpften Bescheide stellen musste.

Da ich nicht rechtskundig bin und mich auch nicht wirklich ausgekannt habe, habe ich direkt beim Bundesfinanzgericht eine Berufung angemeldet.

Mir wurde in der Folge mitgeteilt, dass ich einen Wiedereinsetzungsantrag direkt an das Finanzamt Braunau-Ried-Schärding einbringen muss. Daraufhin erhielt ich den bekämpften Bescheid.

Ich war durch meine Krebskrankheit und die psychischen Auswirkungen nicht wirklich in der Lage, den Inhalt der Beschwerdevorentscheidungen zu verstehen. Diese Kenntnis stellte sich erst ein, als ich den Brief an das Bundesfinanzgericht absendete. Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass die Dispositionsfähigkeit erst wieder zu jenem Zeitpunkt eintrat, als ich das Schreiben an das Bundesfinanzgericht verfasste.

Der Berufung kommt Berechtigung zu. Ich musste alle Rechnungen für Behandlungen meiner Tochter bezahlen, weil diese nicht dazu in der Lage ist. Hätte ich die Behandlungskosten nicht für meine Tochter bezahlt, hätte sie die Behandlungen in Bezug auf ihre Querschnittslähmung nicht machen können und wäre finanziell bankrott. Aus diesem Grund musste ich meine Tochter unterstützen und die Rechnungen bezahlen. Dies stellt eine gerechtfertigte außerordentliche Belastung dar, weil ich die Zahlungen für eine nahe Angehörige geleistet habe, die finanziell notleidend ist."

Die belangte Behörde wies die Beschwerde vom mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Auf die bereits im angefochtenen Bescheid ausführlich erörterten Gründe wurde verwiesen.

Seinen Vorlageantrag vom , bei der belangten Behörde eingegangen am , begründete der Bf. wie folgt:

"Meine Tochter hat nur ein Einkommen aus einer Privatversicherung in Höhe von rund € 830,00 im Monat. Weitere Einkommen hat sie nicht. Selbst wenn diese Einkünfte zu einer Steuerbelastung führen würden, würden die aufgewendeten Kosten zu einer außergewöhnlichen Belastung bei meiner Tochter führen. Da meine Tochter keine Angehörigen hat, habe ich als Vater zum Unterhalt für meine Tochter maßgeblich beigetragen. Ohne diese Kostenbeiträge hätte meine Tochter den Aufenthalt und die Behandlungskosten nicht bezahlen können. Ich habe im Jahr 2012, 2013 und 2014 die in der Beilage ersichtlichen Beträge geleistet."

Mit Vorlagebericht vom sprach sich die belangte Behörde für eine Abweisung der Beschwerde aus, da für die Zeit der Rechtsmittelfrist gegen die Einkommensteuerbescheide 2012-2014 (Mitte Juni bis Mitte Juli 2015) keine Ereignisse vorlegen, die die Einbringung eines Vorlageantrages verhindert hätten.

Der Beschwerdeführer ***Bf1*** verstarb am x.2019.

Durch eine Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom mit Wirksamkeit zum wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung ***GA_1*** gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung ***GA_2*** zugeteilt.

Mit Amtshilfeersuchen vom wurde das Bezirksgericht ***8*** zur Feststellung eines allfälligen Rechtsnachfolgers des Beschwerdeführers ersucht, eine Kopie eines allenfalls ergangenen Einantwortungsbeschlusses bzw. sonstige Urkunden zu übermitteln, aus denen sich die Art der Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens des Bf. ergibt.

Aus dem rechtskräftigen Beschluss des Bezirksgerichtes ***8*** vom zu Aktenzahl ***GZ_Verlassenschaft*** ergab sich, dass Erben und Gesamtrechtsnachfolger des Bf. seine Gattin G. und die beiden Kinder ***1*** und S. je zu einem Drittel sind.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit den Beschwerdevorentscheidungen vom und wurden die Beschwerden des Bf. gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2012 bis 2014 vom als unbegründet abgewiesen. Der Bf. brachte innerhalb der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages keine diesbezüglichen Rechtsbehelfe ein.

Am brachte der Bf. ein als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu wertendes Schreiben beim Bundesfinanzgericht ein, welches dieses der belangten Behörde zur weiteren Bearbeitung weiterleitete. Der Bf. brachte in diesem Antrag vor, dass er aufgrund seiner Erkrankung (Krebs, psychische Probleme, Prostatabehandlung) die Frist zur Einbringung von Vorlageanträgen gegen die oben genannten Beschwerdevorentscheidungen nicht einhalten habe können.

Der Bf. befand sich betreffend das Prostataleiden am in stationärer und seit in regelmäßiger ambulanter Behandlung. Im Zuge einer ambulanten Kontrolle am wurde festgestellt, dass der Bf. schmerzfrei sei. Während der einmonatigen Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages von Mitte Juni 2015 bis Mitte Juli 2015 lagen keine Umstände vor, die den Bf. dispositionsunfähig gemacht hätten oder sonstwie an der Einbringung eines entsprechenden Vorlageantrages gehindert hätten.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist - sofern nicht anders angegeben - unstrittig und ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Parteienvorbringen.

Der Bf. brachte vor, dass er sich zum Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung in dauernder Behandlung des Landeskrankenhaus ***9*** befand und dispositionsunfähig gewesen sei. Aufgrund seiner damaligen Krankheit und der damit in Zusammenhang stehenden, auch psychischen Belastung und eines Krebsleidens sei er nicht in der Lage gewesen, den Inhalt der Bescheide und der Rechtsmittelerklärung zu verstehen, weshalb er das Rechtsmittel nicht rechtzeitig einbringen konnte. Der Bf. sei der Meinung, dass seine Dispositionsfähigkeit erst wieder zu jenem Zeitpunkt eintrat, als er den Vorlageantrag verfasste.

Aus den ergänzend vorgelegten Unterlagen (Vorhaltsbeantwortung) geht jedoch lediglich hervor, dass der Bf. aufgrund eines Prostataleidens seit (unter anderem am ) regelmäßig ambulant betreut wurde sich am in stationärer Behandlung befand. Für den tatsächlich relevanten Zeitraum von Mitte Juni 2014 bis Mitte Juli 2014 und betreffend psychische Krankheiten bzw. die behauptete Krebserkrankung wurden keine Beweise vorgelegt, die die oben genannten Behauptungen des Bf. einer (absoluten) Dispositionsunfähigkeit belegen könnten. Der Bf. war nicht nur behauptungs-, sondern auch beweispflichtig für das Vorliegen eines Hindernisses, einen Vorlageantrag einzubringen. Dennoch legte der Bf. trotz eines entsprechenden Vorhaltes der belangten Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides und im Anschluss nach einer ebenfalls dahingehenden Bescheidbegründung und einer Wiederholung der Abweisungsgründe im Vorlageantrag bislang keinerlei Beweise für den relevanten Zeitraum vor. Das Vorbringen und der gelungene Beweis, dass sich der Bf. Monate später (im November 2015) in ambulanter Spitalsbehandlung befand, war daher nicht zum Beweis des Vorliegens eines Hindernisses im relevanten Zeitraum Juni/Juli 2015 geeignet. Selbst ambulante Behandlungen sind nicht als Hindernis anzusehen, einen Vorlageantrag - welcher lediglich die Bezeichnung der bekämpften Beschwerdevorentscheidung und das Vorlagebegehren erfordert - binnen eines Monats ab Zustellung der Beschwerdevorentscheidung abzusenden bzw. einzubringen.

Somit war mangels eines konkreten Nachweises (trotz Hinweises und Aufforderung dazu) davon auszugehen, dass im besagten Zeitraum keine ausreichend gravierenden Hindernisse, einen Vorlageantrag einzubringen, vorgelegen sind.

Rechtliche Beurteilung

Rechtliche Grundlagen:

§ 167 Abs. 2 BAO idF. BGBl. Nr. 194/1961 lautet:

"Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises."

§ 269 Abs 1 BAO idF. BGBl. I Nr. 14/2013 lautet:

"Im Beschwerdeverfahren haben die Verwaltungsgerichte die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind. (…)"

§ 264 Abs 1 BAO idF. BGBl. I Nr. 52/2021

"Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten."

§ 308 Abs 1 und Abs 3 BAO idF. BGBl. I Nr. 52/2021:

"(1) Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(…)

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw. bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§ 245) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) gilt § 249 Abs. 1 dritter Satz sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen."

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Zufolge der im zweiten Satz des § 308 Abs. 3 angeordneten sinngemäßen Anwendung des § 249 Abs. 1 dritter Satz BAO kann ein die Vorlageantragsfrist betreffender Wiedereinsetzungsantrag auch beim Verwaltungsgericht eingebracht werden; zur Erledigung ist die Abgabenbehörde zuständig (Ritz, BAO6 § 308 Rz 25). Im konkreten Fall wurde dieser Antrag vom Bf. beim Bundesfinanzgericht eingebracht und von diesem an die zuständige Abgabenbehörde zur weiteren Bearbeitung weitergeleitet.

Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung sind zusammengefasst

  • die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung,

  • ein hiedurch entstandener Rechtsnachteil,

  • ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis,

  • kein grobes Verschulden des Wiedereinsetzungswerbers sowie

  • ein rechtzeitiger Antrag auf Wiedereinsetzung.

Der behauptete Wiedereinsetzungsgrund ist im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen () bzw. sind bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel beizubringen (; , 97/02/0093); das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers abgesteckt wurde (Ritz, BAO6, § 308 Rz 19, 20; ; , 92/17/0067; , 96/13/0173, 0174; , 2006/15/0109).

Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen betreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand trägt der Antragsteller und somit der Bf.

Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in dem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist abgesteckt wurde (VwGH).

Die Frist, einen Vorlageantrag nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen vom bzw. betreffend die Einkommensteuer der Jahre 2012, 2013 und 2014 einzubringen, betrug einen Monat. Innerhalb dieser Frist wurde seitens des Bf. unstrittig kein Vorlageantrag betreffend die Beschwerdevorentscheidungen eingebracht. Die Vorlageantragsfrist wurde daher vom Bf. versäumt.

Bei Versäumung einer Rechtmittelfrist ist gemäß § 308 Abs. 1 BAO ein Antrag auf Wiedereinsetzung nur dann möglich, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, diese Frist einzuhalten.

Krankheiten können nur dann ein solches unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstellen, wenn sie zur Dispositionsunfähigkeit führten (Ritz, BAO6, § 308 Rz 11 mit Verweis auf , 0069; , 95/20/0659) und so plötzlich und schwer auftreten, dass der Erkrankte nicht mehr in der Lage ist, die nach der Sachlage gebotenen Maßnahmen zu treffen (, 0495), wie zB. bei Gehirnschlag (). Eine die Dispositionsfähigkeit völlig ausschließende Krankheit liegt dann vor, wenn jemand außerstande ist, als notwendig erkannte Handlungen fristgerecht zu setzen ().

Der Bf. brachte im Hinblick auf eine Dispositionsunfähigkeit im Sinne der obigen Ausführungen betreffend den relevanten Zeitraum von Juni 2015 bis Juli 2015 keine entsprechenden Unterlagen bei und machte eine solche Unfähigkeit trotz entsprechender Vorhalte auch nicht in anderer Weise glaubhaft. Die vorgelegten Dokumente belegen ein Prostataleiden des Bf., welches laut den vorgelegten Unterlagen ab regelmäßige ambulante Betreuung des Bf. erforderte. Mit diesem Vorbringen und mangels weiterer Unterlagen trotz erfolgten Vorhaltes konnte jedoch seitens des Bf. keine Dispositionsunfähigkeit für den mehr als ein Jahr davor liegenden Zeitraum von Mitte Juni bis Mitte Juli 2015 nachgewiesen werden. Der Hinweis auf ein hohes Alter (87 Jahre) alleine ist für den Beweis einer Dispositionsunfähigkeit nicht ausreichend.

Ein Vorlageantrag erfordert gemäß § 264 Abs. 1 BAO als Mindestkriterium lediglich die Bezeichnung der betreffenden Beschwerdevorentscheidung(en) und das Begehren der Vorlage. Des Weiteren wäre dem Bf. die Option offen gestanden, eine Verlängerung der einmonatigen Frist zur Stellung des Vorlageantrages zu beantragen. Ein entsprechender Antrag ist jedoch nicht aktenkundig und wurde auch die Stellung eines solchen nicht behauptet. Dass die Stellung eines Vorlageantrages oder eines Fristverlängerungsantrages für den Bf. im besagten Zeitraum nicht möglich gewesen wäre, lässt sich aus dem Vorbringen des Bf. daher nicht ableiten.

Auch Ausführungen im Vorlagebericht der Finanzverwaltung sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes als ein Vorhalt zu werten (; , RV/5101257/2015; , RV/7102305/2016). Im Vorlagebericht vom brachte die belangte Behörde vor, dass die Beschwerde abzuweisen sei, da für die Zeit der Rechtsmittelfrist gegen die Einkommensteuerbescheide 2012-2014 (Mitte Juni bis Mitte Juli 2015) keine Ereignisse vorgelegen seien, die die Einbringung eines Vorlageantrages verhindert hätten. Betreffend diese Stellungnahme der belangten Behörde wurde seitens des Bf. kein Vorbringen erstattet.

Da der Bf. zusammengefasst im relevanten Zeitraum von Mitte Juni 2015 bis Mitte Juli 2015 keine derartigen Ereignisse nachweisen konnte, die ihm an der Einbringung des Vorlageantrages gehindert hätten, war davon auszugehen, dass kein entsprechendes Hindernis vorlag.

Selbst wenn der Bf. im genannten Zeitraum ein solches Hindernis glaubhaft hätte machen können, wäre im Übrigen fraglich und ggf. noch abzuklären gewesen, ob nicht die 3monatige Frist zur Nachholung der versäumten Handlung im Zeitpunkt der Einbringung des Antrages auf Wiedereinsetzung im April 2016 bereits abgelaufen gewesen wäre. Aus den vorgelegten Urkunden geht hervor, dass sich der gesundheitliche Zustand des Bf. am bereits wieder soweit gebessert hatte, dass der Bf. betreffend dieses Leiden schmerzfrei war und daher wohl bereits einige Zeit davor zumindest eine ausreichende Dispositionsfähigkeit zur Einbringung eines Vorlageantrages gegeben gewesen sein könnte. Auch wäre ebenso zu prüfen, ob nicht ohnehin bereits im Zeitraum Mitte Juli 2015 bis November 2015 die 3monatige Frist des § 308 BAO zur Stellung des Antrages auf Wiedereinsetzung abgelaufen gewesen war.

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde daher von der belangten Behörde mangels Vorliegen der Voraussetzungen richtigerweise nicht bewilligt. Die dagegen gerichtete Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 308 Abs. 1 und 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101295.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at