Kein Vertreterpauschale mangels nahezu ausschließlicher Vertretertätigkeit (Manager)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter[...]***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Braunau Ried Schärding (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011, 2012 und 2013 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) erzielte nichtselbständige Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Leiter des ***1*** Managements für die Region ***2***. Hauptaufgabe dieser Position lag "neben der organisatorischen Verantwortung darin, den Ausbau und die Stabilität des Netzes voranzutreiben sowie neue ***1*** zu finden".
Die belangte Behörde Finanzamt Braunau Ried Schärding (FA41) hob mit Bescheid vom den Einkommensteuerbescheid 2013 vom gemäß § 299 BAO auf und verwies auf die Begründung des neuen Sachbescheides vom .
Die Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer der Jahre 2011 (Einkommensteuerbescheid 2011 vom ) und 2012 (Einkommensteuerbescheid 2012 vom ) wurden gemäß § 303 (1) BAO mit Bescheiden vomwiederaufgenommen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass anlässlich einer nachträglichen Prüfung der Erklärungsangaben des Bf. die in der Begründung zu den neuen Einkommensteuerbescheiden angeführten Tatsachen und/oder Beweismittel neu hervorgekommen seien, welche eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO erforderlich machen würden.
Die genannten Wiederaufnahmebescheide wurden nicht bekämpft.
Mit Bescheiden vom wurde die Einkommensteuer für die Jahre 2011 bis 2013 neu festgesetzt und das beantragte "Vertreterpauschale" jeweils nicht anerkannt, da der Bf. nicht ausschließlich als "Vertreter" tätig gewesen sei. Vertreter seien Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zähle nicht als Vertretertätigkeit. Der Bf. sei als "***3***" beschäftigt. Seine Hauptaufgaben seien die Unterstützung der ***1*** in allen Belangen. Ist ein Gebietsleiter im Allgemeinen mit organisatorischen Aufgaben betraut, könne nicht davon gesprochen werden, dass er ausschließlich als "Vertreter" tätig sei.
Der Bf. erhob am (persönlich eingebracht am ) rechtzeitig Beschwerde gegen die Einkommenssteuerbescheidevom für die Jahre 2011, 2012, 2013 und gegen den Einkommenssteuerbescheid vom (wohl betreffend das Jahr 2014, Anmerkung). In ihrer Begründung stützte sich die Beschwerde im Wesentlichen darauf, dass die im Bescheid angeführte Hauptaufgabe der Tätigkeit des Bf., nämlich die Unterstützung der ***1*** in allen Belangen, tatsächlich nicht in seinen Hauptaufgabenbereich falle.
"Jahr 2011:
Im Jahr 2011 wurde ich mit den Aufgaben des ***4*** betraut. Ziel war es, die Geschäftsbeziehungen mit den ***1*** zu stärken und den Netzumbau zu begleiten. Meine Aufgaben als Leiter des ***4*** lag neben der organisatorischen Verantwortung darin, den Ausbau und die Stabilität des Netzes voranzutreiben und neue ***1*** gemeinsam mit dem ***5*** Management zu finden.
Die Geschäftsanbahnung für neue Standorte sowie die Betreuung von den 20 umsatzstärksten ***1*** in der Region lag in meinem Verantwortungsbereich.
2012, 2013, 2014
Im Jahr 2012 wurde mein Verantwortungsbereich erweitert. Für den weiteren Netzausbau/ Netzstabilität habe ich die volle Verantwortung für alle politisch notwendigen Geschäftsanbahnungen übernommen. Zudem erweiterten sich meine Aufgaben um den Aufbau und die Betreuung der Geschäftsbeziehungen mit den regionalen Key Account Kunden und Stakeholdern. Zusätzlich bin ich für die Ertragssteigerung der ***1*** zuständig. Dabei führe ich anlassbezogen vor Ort Gespräche mit den Partnern bzgl. der Steigerung der UpSelling-Quote. Die bis dahin ständige Betreuung der 20 ***1*** wurde von meinen Mitarbeitern übernommen.
In meiner Region (insgesamt gibt es 3 Regionen österreichweit) befinden sich aktuell 484 ***1*** die von den regional zuständigen Verkaufsleitern betreut werden. Die Betreuung der 484 Partner erfolgt durch mich ausschließlich im Anlassfall aufgrund von Konflikten, Unzufriedenheit, Events, Firmenjubiläum, Eröffnungen usw. Bei meinen Kontakten zu den ***1*** geht es vorrangig um die Geschäftsanbahnung "NEU" und Vertiefung der Kundenbeziehung im Interesse der Unternehmenszentrale.
Meine Aufgabe wird überwiegend im Außendienst durchgeführt.
Die im Bescheid angeführte Hauptaufgabe sei die Unterstützung der ***1*** in allen Belangen" fällt somit nicht in meinen Hauptaufgabenbereich!"
Der Bf. legte der Beschwerde eine entsprechende, von der Unternehmenszentrale am ausgestellte Tätigkeitsbeschreibung bei ("Bestätigung der Arbeitsplatzbeschreibung"):
"Im Jahr 2011 wurde Herr ***Bf.*** mit den Aufgaben als Leiter des ***4*** betraut. Ziel war es, die Geschäftsbeziehungen mit den ***1*** zu stärken und den Netzumbau zu begleiten. Die Aufgaben als Leiter lag neben der organisatorischen Verantwortung darin, den Ausbau und die Stabilität des Netzes voranzutreiben, sowie neue ***1*** gemeinsam mit dem ***5*** Management zu finden. Die Geschäftsanbahnung für neue Standorte sowie die Betreuung von den 20 umsatzstärksten ***1*** in der Region lag ebenfalls in diesem Verantwortungsbereich. Im Jahr 2012 wurde der Verantwortungsbereich erweitert. Für den ständigen Netzausbau/Netzstabilität wurde die volle Verantwortung für alle politisch notwendigen Geschäftsanbahnungen erweitert. Eine zusätzlich neue Aufgabe ist der Aufbau und die Betreuung der bestehenden Geschäftsbeziehungen mit regionalen Key Account Kunden und Stakeholdern. Abrundend ist Herr ***Bf.*** für die Ertragssteigerung der ***1*** zuständig. Dabei werden anlassbezogen vor Ort Gespräche mit den Partnern bzgl. der Steigerung der UpSelling-Quote geführt. Die bis dahin ständige Betreuung der 20 ***1*** wurde an seinen Mitarbeitern übertragen.
In der Region ***2*** (insgesamt gibt es 3 Regionen österreichweit) befinden sich aktuell 484 ***1***, die von den regional zuständigen Verkaufsleitern betreut werden. Die Betreuung der 484 Partner erfolgt durch Herrn ***Bf.*** ausschließlich im Anlassfall aufgrund von Konflikten, Unzufriedenheit, Events, Firmenjubiläum, Eröffnungen usw. Bei diesen Kontakten zu den ***1*** geht es vorrangig um die Geschäftsanbahnung "NEU" und Vertiefung der Kundenbeziehung im Interesse der Unternehmenszentrale. Die beruflichen Aufgaben werden überwiegend im Außendienst durchgeführt."
[...]
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde gegen die Einkommenssteuerbescheide der Jahre 2011 bis 2013 als unbegründet abgewiesen. Laut Begründung konnten die pauschalierten Werbungskosten als Vertreter, analog zur Entscheidung des BFG (vom ) zu RV/5100353/2013, nicht berücksichtigt werden. Aufgrund der Funktion als Leiter des ***1*** Managements sei davon auszugehen, dass keine ausschließliche Vertretertätigkeit vorlag, sondern - wie der Bf. ebenfalls selbst angebe - auch organisatorische Verantwortung von ihm übernommen worden sei.
Über die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vom wurde seitens der belangten Behörde zu diesem Zeitpunkt und - soweit ersichtlich - auch bis dato nicht entschieden.
Im Vorlageantrag vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde vom . Der Bf. wies im Wesentlichen erneut darauf hin, dass sich sein Aufgabenbereich eindeutig und gravierend von der im Bescheid angeführten Tätigkeit unterscheide, da seine Funktion als Leiter des ***4*** ***2*** nicht die Betreuung von ***1*** sei, sondern hauptsächlich permanenter Netzumbau sowie dazu notwendige Geschäftsanbahnungen. Dem Argument, dass der Bf. auch organisatorische Verantwortung hätte, hielt dieser entgegen, dass er mehr als 50 % seiner erwähnten Aufgaben im Außendienst durchführe und verwies in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des ). Dieser Entscheidung zufolge gehöre sowohl die Tätigkeit im Außendienst, als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst zur Vertretertätigkeit.
Die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2011, 2012 und 2013 wurde am dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Im Vorlagebericht gab die belangte Behörde zum Sachverhalt an, dass der Bf. nichtselbständige Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Leiter des ***1*** Managements für die Region ***2*** erzielt habe. Die Hauptaufgabe dieser Position liege "neben der organisatorischen Verantwortung darin, den Ausbau und die Stabilität des Netzes voranzutreiben sowie neue ***1*** zu finden".
Für die Jahre 2011 bis 2013 wurde das beantragte "Vertreterpauschale" nicht anerkannt. Da es sich bei der Tätigkeit des Bf. um keinen Vertreter im Sinne der Verordnung zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 handle, sei die Beschwerde abzuweisen gewesen (vgl. ).
Die Beschwerde betreffend den Einkommensteuerbescheid 2014 vom wurde seitens der belangten Behörde nicht dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Auch war zu diesem Zeitpunkt noch keine Beschwerdevorentscheidung betreffend den Einkommensteuerbescheid 2014 ergangen.
Mit Beschluss vom , zugestellt am , wurde der Arbeitgeber des Bf. (***6***) aufgefordert, unter anderem:
- den Dienstvertrag des Bf.,
- eine detaillierte Planstellen- bzw. Tätigkeitsbeschreibung,
- eine Darstellung der vom Bf. wahrgenommenen unternehmensorganisatorischen Aufgaben (Leitungsaufgaben, wie dies typischerweise etwa die Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht über die regionalen Mitarbeiter; die Steuerung des regionalen Personal- und Ressourceneinsatzes; die Organisation und Durchführung von Maßnahmen in den Bereichen Marketing, Controlling sowie Schulung/Coaching auf Mitarbeiterebene, aber auch die repräsentative Vertretung des Regionalmanagements nach außen) und
- der Organisationsstruktur des regionalen ***1*** Managements
zu übermitteln.
Diesbezüglich ist bislang keine Stellungnahme des Arbeitgebers des Bf. beim Bundesfinanzgericht eingelangt.
Das Rechtsmittel ging bei der Gerichtsabteilung ***7*** des Bundesfinanzgerichtes am ein. Mit Verfügung des GV-Ausschusses vom wurde diese Rechtssache der Gerichtsabteilung ***7*** mit Stichtag gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung ***8*** neu zugeteilt.
Am wurde seitens der belangten Behörde folgender Vorhalt an den Bf. mit Frist zur Beantwortung bis zum versendet:
"Es wurde festgestellt, dass über Ihre Beschwerde für 2014 bislang noch nicht entschieden worden war. Nach derzeitiger Aktenlage ist davon auszugehen, dass (auch) für 2014 Ihre Beschwerde als unbegründet abzuweisen sein wird, da kein Anspruch auf die pauschalierten Werbungskosten als Vertreter besteht.
Alternativ könnten jedoch tatsächliche Werbungskosten (z.B. Reisekosten) geltend gemacht werden. Solche wären anzugeben, durch geeignete Unterlagen nachzuweisen und etwaige Kostenersätze (z.B. durch den Dienstgeber o.´dgl.) wären ebenfalls anzugeben.
Gleichermaßen wäre auch für etwaige Werbungskosten in den Vorjahren (2011-2013) vorzugehen."
Die belangte Behörde teilte dem Bundesfinanzgericht mit Eingabe vom mit, dass der genannte Vorhalt bislang nicht beantwortet worden war.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Bf. beantragte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung die Anerkennung des Vertreterpauschales für die Jahre 2011, 2012 und 2013.
Der Bf. war in den beantragten Jahren als Leiter des ***1*** Managements für die Region ***2*** nicht nur für Vertretertätigkeiten zuständig, sondern auch für umfangreiche Managementtätigkeiten (Leitungsaufgaben) im Innendienst, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang zur Vertretertätigkeit standen.
Insgesamt wurden mehr als 50 % der Aufgaben des Bf. im Außendienst durchgeführt.
Der Bf. machte trotz entsprechenden Vorhalts keine Angaben zu tatsächlich angefallenen Werbungskosten.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich, soweit im Folgenden nicht Abweichendes bemerkt wird, widerspruchsfrei aus dem Parteienvorbringen, der Bestätigung der Arbeitsplatzbeschreibung des Arbeitgebers und der restlichen Aktenlage.
Strittig war, ob der Bf. ausschließlich eine Vertretertätigkeit ausübte und ihm daher die von ihm beantragte Vertreterpauschale zustand.
Zusammengefasst sei nach Ansicht der belangten Behörde die Hauptaufgabe des Bf. die "Unterstützung der ***1*** in allen Belangen", während der Bf. diese in der Gewinnung neuer ***1*** sowie der damit verbundenen Tätigkeiten sah.
Aus der Stellenbeschreibung des Bf. zu seiner Tätigkeit ergibt sich, dass dieser unter anderem damit betraut war, neue ***1*** zu finden und bereits bestehende ***1*** zu betreuen. Seinen Angaben, die auch von seinem Arbeitgeber bestätigt werden, ist jedoch auch zu entnehmen, dass er als Leiter des ***4*** der Region ***2*** wesentliche organisatorische Verantwortung hatte, den Netzumbau begleitete und für die Ertragssteigerung der ***1*** zuständig war.
Auch wenn neue Geschäftsanbahnungen in den Tätigkeitsbereich des Bf. fallen, so kommen ihm dennoch als Leiter des ***1*** Managements - darüber hinausgehend - umfangreiche Managementtätigkeiten zu, sodass die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen nicht ausschließlich das Ziel seiner Tätigkeit sein konnte, wie beispielsweise auch Leitungsaufgaben. Dies sind insbesondere typischerweise etwa die Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht über die regionalen Mitarbeiter; die Steuerung des regionalen Personal- und Ressourceneinsatzes; die Organisation und Durchführung von Maßnahmen in den Bereichen Marketing, Controlling sowie Schulung/Coaching auf Mitarbeiterebene, aber wohl auch die repräsentative Vertretung des Regionalmanagements nach außen (als Leiter von einer der drei "Regionen" Österreichs).
Der vom Finanzamt an den Arbeitgeber gerichtete Vorhalt, er möge den Dienstvertrag des Bf., eine detaillierte Planstellen- bzw. Tätigkeitsbeschreibung, eine Darstellung der vom Bf. wahrgenommenen unternehmensorganisatorischen Aufgaben und der Organisationsstruktur des regionalen ***1*** Managements übermitteln, wurde nicht beantwortet.
Ein Sachverhalt ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, dass der angegebene Sachverhalt von allen anderen denkbar möglichen der wahrscheinlichste sei (vgl. Zl. 86/13/0150).
Den Steuerpflichtigen trifft - unbeschadet der amtswegigen Ermittlungspflicht (§ 115 BAO) - die Verpflichtung, am Verfahren mitzuwirken (§§ 119, 138 ff BAO). Wenn Tatsachenfeststellungen nicht getroffen werden können, trifft die Beweislast denjenigen, zu dessen Gunsten die entsprechende Tatsache wirken würde: Die Abgabenbehörde hat damit die Beweislast für Tatsachen zu tragen, die den Abgabenanspruch begründen; der Steuerpflichtige für Tatsachen, die Begünstigungen, Steuerermäßigungen u.ä. begründen bzw. die den Abgabenanspruch einschränken oder aufheben oder eine gesetzliche Vermutung widerlegen (vgl. GZ. RV/1687-W/02).
Eine erhöhte Mitwirkungspflicht bei der Feststellung des Umfanges der Abgabenpflicht trifft den Abgabepflichtigen ungeachtet des Amtswegigkeitsprinzipes nach der Rechtsprechung dann, wenn ein außergewöhnlicher oder in seiner Entstehung und seinem Verlauf nichtüblicher und nicht zu vermutender Sachverhalt zu beurteilen ist. Dasselbe gilt bei von den allgemeinen Lebenserfahrungen abweichenden Behauptungen des Abgabepflichtigen. Im konkreten Fall behauptet der Bf., sein Hauptaufgabenbereich als Leiter des ***1*** Mangements der Region ***2*** sei nicht die Betreuung von ***1***.
Seine Aufgaben seien neben der organisatorischen Verantwortung darin gelegen, den Ausbau und die Stabilität des Netzes voranzutreiben und neue ***1*** gemeinsam mit dem ***5*** Management zu finden. Die Geschäftsanbahnung für neue Standorte sowie die Betreuung von den 20 umsatzstärksten ***1*** in der Region sei in seinem Verantwortungsbereich gelegen. Ab 2012 habe der Bf. zusätzlich weitere Verantwortung für den Netzausbau/Geschäftsanbahnungen sowie die Zuständigkeit für die Ertragssteigerung der ***1*** übernommen.
Bereits aus den umfangreichen Managementtätigkeiten, die der Bf. zweifellos auszuüben hatte, sowie aus der vom Bf. selbst genannten Zuständigkeit für die Ertragssteigerung der (bestehenden) ***1*** (daher auch Controlling bzw. keine typische Vertretertätigkeit) ergibt sich, dass der Bf. neben seinen Vertretertätigkeiten nicht bloß völlig untergeordnete Tätigkeiten ausübte. Er war daher nicht ausschließlich als Vertreter tätig, sondern im wesentlichen Umfang darüber hinausgehend auch als Manager.
Der Argumentation des Bf., dass es sich bei der "organisatorischer Verantwortung" ausschließlich um vertreterbezogene Innendiensttätigkeiten handle, war daher nicht zu folgen. Der Bf. hatte auch laut seiner Stellenbeschreibung planerische Tätigkeiten inne und war Leiter des (***1***) Managements, was gegen die Ausübung einer nahezu ausschließlichen Vertretertätigkeit spricht.
Dem Bf. wurde weiters im Zuge des Vorhalts vom Gelegenheit gegeben, für den Fall der Nichtanerkennung des Vertreterpauschales tatsächlich erwachsene Kosten bekanntzugeben und nachzuweisen. Von dieser Gelegenheit machte der Bf. jedoch keinen Gebrauch. Es wurden somit keine tatsächlichen Kosten seitens des Bf. behauptet oder nachgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Rechtliche Grundlagen
§ 17 Abs. 6 EStG 1988 i.d.F. BGBl. I Nr. 100/2006 lautet:
"Zur Ermittlung von Werbungskosten können vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden."
DieVerordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen vom , BGBl. II Nr. 382/2001lautet:
"Auf Grund des § 17 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet:
§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:
(…)
9. Vertreter
5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 190 Euro jährlich.
Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."
§ 119 Abs. 1 BAOi.d.F. BGBl. Nr. 194/1961 lautet:
"Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen."
§ 138 BAOi.d.F. BGBl. Nr. 194/1961lautet:
(1) Auf Verlangen der Abgabenbehörde haben die Abgabepflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.
(2) Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Schriften und Urkunden sind auf Verlangen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von Bedeutung sind.
§ 167 Abs. 2 BAO idF. BGBl. Nr. 194/1961 lautet:
"Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht."
Erwägungen des BFG zur gegenständlichen Beschwerde
Laut Verordnung muss der Arbeitnehmer ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Wobei zur Vertretertätigkeit sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst gehören. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.
Der Begriff des "Vertreters" oder der "Vertretertätigkeit" wird in der Verordnung nicht näher definiert. Die Begriffe sind daher nach dem Sprachgebrauch sowie nach der dazu entwickelten Judikatur und Lehre zu bestimmen (vgl ).
Nach Gablers Wirtschaftslexikon12, Seite 2473, wird als "Vertreter" im Allgemeinen eine Person bezeichnet, die befugt ist, für einen anderen rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben und/oder entgegenzunehmen, dies aufgrund gesetzlicher Vorschrift (gesetzlicher Vertreter) oder zufolge der rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht (Stellvertretung, Vertretung). Von der Berufsbezeichnung her umfasst die Berufsgruppe der "Vertreter" Personen, die ständig damit betraut sind, für einen anderen Geschäfte zu vermitteln und/oder in dessen Namen abzuschließen. Bei selbständiger Tätigkeit sind sie Handelsvertreter, sonst Angestellte (vgl )
Lehre und Judikatur zufolge sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Der Arbeitnehmer muss eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausüben (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, Tz 6 zu § 17; ; , 2009/13/0261; , 2012/15/0125; , Ro 2015/13/0009, mwN).
Der Vertreter muss eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausüben. Eine völlig untergeordnete andere Tätigkeit steht der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales allerdings nicht entgegen (vgl. , VwSlg 8732 F/2012; , mwN).
Auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst gehört zur Vertretertätigkeit. Hierzu zählen etwa Abrechnungen mit Kunden, Nachweis des Arbeitseinsatzes, Einholung von Weisungen oder Entgegennahme von Waren (vgl. 2885 und 2994/80).
Der Bf. war u.a. mit der Anbahnung und dem Abschluss von Geschäften sowie der Kundenbetreuung betraut. In diesem Zusammenhang war er sowohl im Innendienst als auch im Außendienst tätig, wobei der Außendienst überwog.
Um jedoch als Vertreter iSd Verordnung zu gelten und somit einen Anspruch auf das Vertreterpauschale zu haben, müsste er diese Tätigkeit jedoch ausschließlich ausgeübt haben.
Aus der vom Bf. vorgelegten Stellenbeschreibung sowie der "Bestätigung der Arbeitsplatzbeschreibung" durch den Arbeitgeber lässt sich keine ausschließliche Vertretertätigkeit ableiten. Vielmehr hatte der Bf. nicht nur Vertretertätigkeiten (die Gewinnung von neuen ***1***), sondern in nicht unerheblichem Ausmaß als Leiter des ***1*** Managements natürlich auch Management-Tätigkeiten auszuführen. Zudem hatte der Bf. in diesem Zusammenhang auch Zuständigkeiten im Controlling-Bereich (Ertragssteigerung der ***1***). Da unter anderem die mit Beschluss vom angeforderten Planstellenbeschreibungen seitens des ehemaligen Dienstgebers bislang nicht übermittelt wurden und auch bereits anhand der sonstigen Unterlagen klar ist, dass der Bf. nicht beinahe ausschließlich Vertretertätigkeiten ausgeübt hatte, blieb für abweichende Feststellungen kein Raum.
Nach dem in § 167 Abs. 2 BAO verankerten Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat sich die Abgabenbehörde und in der Folge das Bundesfinanzgericht - ohne an formale Regeln gebunden zu sein, aber unter Wahrung aller Verfahrensgrundsätze (ordnungsgemäß und vollständig durchgeführtes Ermittlungsverfahren) - Klarheit über den maßgebenden Sachverhalt zu verschaffen. Dabei ist unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die dazu vorzunehmende Beweiswürdigung muss den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Von mehreren Möglichkeiten ist jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. zB ; ; ; siehe auch Ritz, BAO6, § 167 Tz 6 ff).
Mit Erkenntnis des , wurde für das Veranlagungsjahr 2011 die Beschwerde eines ***1***-Managers, welcher in der Hierarchie offenbar eine Ebene unterhalb der Ebene des Bf. einzuordnen war, in Bezug auf die beantragte Vertreterpauschale abgewiesen.
Die in dem genannten Verfahren (RV/5100353/2013) vorgelegte Tätigkeitsbeschreibung eines ***1***-Managers lautete wie folgt:
Planung der Absatz- und Ertragsziele, Zielvereinbarung und regelmäßiges Zielcontrolling, Umsetzung und Controlling der Qualitätsziele und Marketingziele, regelmäßige Besuche der ***1***, Lösungserarbeitung Vorort, umfassende Führung der ***1***, Analyse des Ausbildungsbedarfes, Unterstützung des ***1***-Managers bei Coaching und Schulung der Mitarbeiter der ***1*** in fachlicher und prozesstechnischer Hinsicht, Planung und Umsetzung von Verkaufsfördermaßnahmen, Sicherstellung einer effizienten Betriebsablaufgestaltung, aktive und fachliche Unterstützung der ***1*** telefonisch und Vorort, Beschwerdemanagement in Eskalationsfällen, anlassbezogene Qualitätschecks, Einnahmensicherung, Erstellen von Präsentationen, Schnittstelle zum Standortmanagement, Verantwortung für das ***9***, Entscheidung über Öffnung oder Schließung der Standorte in Abstimmung mit dem ***4***).
Diese Tätigkeitsbeschreibung lässt eindeutig erkennen, dass selbst eine Management-Ebene unterhalb jener des Bf. bereits (neben der Vertretertätigkeit) auch umfangreiche Kontroll- und Betreuungsaufgaben zu erledigen sind, sodass die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen nicht die beinahe ausschließliche Tätigkeit des Bf. ausmachte.
Weiters spricht bereits der Begriff "Manager" gegen die Ausübung einer reinen Vertretertätigkeit.
Auch mit Erkenntnis des , wurde eine ähnlich gelagerte Beschwerde eines ***1***-Vertriebsleiters abgewiesen: Die insgesamt vom Bf. zu verrichtenden Aufgaben (Betreuungstätigkeit bereits bestehender Partner, Führungsarbeiten, Vorgesetztentätigkeit) würden darauf schließen lassen, dass vom Bf. keine Vertretertätigkeit in weitaus überwiegendem Ausmaß oder gar (fast) ausschließlich ausgeübt worden sei.
Der Beschwerdeführer im nun entschiedenen Fall konnte anhand der von ihm vorgelegten Unterlagen weder nachweisen, noch glaubhaft machen, dass die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen seine beinahe ausschließliche Tätigkeit bildete. Vielmehr brachten bereits die vorgelegten Tätigkeitsbeschreibungen (in der Beschwerde bzw. anhand der Tätigkeitsbeschreibung des Dienstgebers vom ) zum Ausdruck, dass der Bf. in den Jahren 2011 bis 2013 nicht beinahe ausschließlich als Vertreter tätig war.
Der dem Abgabepflichtigen obliegende Beweis für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung der beantragten Pauschalierung (ausschließliche Vertretertätigkeit) konnte von diesem nicht erbracht werden. Es wäre zudem Sache des Abgabepflichtigen und nicht der belangten Behörde gewesen, entsprechende Nachweise zu erbringen ( RV/0316-I/05; ).
Im Sinne des § 167 Abs. 2 BAO war daher von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. zB ). Das bedeutet in dem konkreten Fall, dass der Bf. neben seiner Vertretertätigkeit, die dieser wohl zweifellos ebenso ausgeführt hat, in nicht unerheblichem Ausmaß zusätzliche Managementtätigkeiten verrichtete.
Da dem Bf. jedenfalls auch umfangreiche und nicht bloß völlig untergeordnete Managementtätigkeiten im Innendienst zukamen, war keine ausschließliche Vertretertätigkeit des Bf. (im Sinne von ; , 2003/15/0044; ) gegeben.
Der Bf. war somit kein Vertreter im Sinne der genannten Verordnung, weshalb ihm - wie bereits von der belangten Behörde richtig dargelegt - kein Anspruch auf das Vertreterpauschale zustand und ihm dieses daher mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht verweigert wurde.
Da im Zuge des Verfahrens trotz entsprechenden Vorhalts und Hinweises seitens des Bf. keine tatsächlichen (Werbungs-)Kosten behauptet oder nachgewiesen wurden, konnten solche daher auch nicht berücksichtigt werden.
Die gegenständliche Beschwerde war daher betreffend die Einkommensteuer 2011, 2012 und 2013 als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden (Erfordernis der beinahe ausschließlichen Vertretertätigkeit). Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab (Art der konkret vom ausgeführten Tätigkeiten).
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. Nr. 32/1993 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100715.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at