Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 05.07.2021, RV/6300014/2019

Kein Nachweis einer vorsätzlichen Handlungsweise einer in Deutschland aufhältigen Geschäftsführerin einer in Finanznot befindlichen GmbH, bei welcher der in Österreich das Rechenwesen betreuende weitere Geschäftsführer gegenüber dem Steuerberater Umsätze verheimlicht hatte, um gegenüber dem Fiskus einen rechtswidrigen Kredit zu erzwingen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Richard Tannert als Vorsitzenden des Finanzstrafsenates Salzburg 1 in der Finanzstrafsache gegen A, geb. xxxxa, ehem. Geschäftsführerin, whft. XXA, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG), Strafnummer (StrNr.) qqqqq, über die Beschwerde des Amtsbeauftragten Q vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates II beim Finanzamt Salzburg-Stadt als Organ des Finanzamtes Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde (Rechtsnachfolger: das Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde) vom im Vorverfahren den Beschluss gefasst:

I. Die Beschwerde des Amtsbeauftragten wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Mit Erkenntnis des Spruchsenates II beim Finanzamt Salzburg-Stadt als Organ des genannten Finanzamtes als Finanzstrafbehörde vom ist nach durchgeführter mündlicher Verhandlung das gegen A als Zweitbeschuldigte zu StrNr. qqqqq wegen des Verdachtes, sie habe in den Jahren 2013 bis 2015 im Amtsbereich des Finanzamtes Salzburg-Stadt als Geschäftsführerin der B-GmbH, FN bbbb, in Zusammenwirken mit dem als Erstbeschuldigten geführten weiteren Geschäftsführer C, geb. xxxxc, vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 Umsatzsteuergesetz (UStG) 1994 entsprechenden Voranmeldungen, indem unrichtige derartige Abgabenerklärungen übersendet wurden, eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer betreffend den Voranmeldungszeitraum Juli bis September 2017 in Höhe von € 26.084,73 und betreffend die Voranmeldungszeiträume Jänner bis Dezember 2014 in Höhe von insgesamt € 50.599,65 bewirkt und dies nicht für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiedurch Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen, anhängige Finanzstrafverfahren gemäß § 136 FinStrG, also im Zweifel zu Gunsten der Beschuldigten, eingestellt worden.

Zur Begründung hat der Spruchsenat in der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses feststellend ausgeführt wie folgt [Ergänzung des Bundesfinanzgerichtes in eckiger Klammer]:

A sei deutsche Staatsangehörige und derzeit ohne Beschäftigung, weil sie sich um ihre zwei Kinder kümmere. Sie sei finanzstrafrechtlich unbescholten.

Im Jahr 2009 sei die B-GmbH, FN bbbb, mit Sitz in Salzburg gegründet worden. Gesellschafter waren C und die D-GmbH [mit Sitz in XXXD, Deutschland, Amtsgericht Koblenz, HRBddd (Abfrage Firmenbuch, Finanzstrafakt Bl. 24 verso)] je mit 50% Anteilen. Geschäftsführer waren die C und A, wobei die Zweitgenannte allerdings nur deshalb diese Position eingenommen habe, weil der Alleingesellschafter der D-GmbH jemanden im Unternehmen haben wollte für den Fall, dass C wieder ausscheiden oder sonst ausfallen würde; eine Art Aufpasserfunktion aber habe A allerdings nicht gehabt. Sie habe keinerlei Entgelt als Geschäftsführerin bezogen. C sei Techniker und sollte sich deshalb primär um die technischen Dinge kümmern, A aufgrund ihrer Ausbildung um das Marketing. Beide hatten keine einschlägigen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Buchhaltungswesen und / oder den abgabenrechtlichen Verpflichtungen von Kapitalgesellschaften in Deutschland oder Österreich. Tatsächlich habe die B-GmbH deshalb auch einen Steuerberater gehabt, der die Buchhaltung und die Umsatzsteuervoranmeldungen erstellt habe.

Da A trotz der Situierung der B-GmbH in Salzburg ihren ständigen Aufenthalt und Wohnort in Trier gehabt habe, sodass sie in Salzburg nicht verfügbar war, habe C von Anfang an neben den technischen Aufgaben auch die Aufgabe wahrgenommen, die Belege für die Buchhaltung zu sammeln und diese dem Steuerberater zu übermitteln. Auch das Rechnungswesen sei von ihm allein [betreut] worden. Übermittelte der Steuerberater die Umsatzsteuervoranmeldungen, habe C die Einzahlungen [der Zahllasten] vorgenommen.

A [hingegen] sei mit der Buchhaltung, dem Steuer- und Rechnungswesen überhaupt nicht befasst gewesen und habe mit dem Steuerberater ausschließlich bei der Erstbesprechung und dann bei der jährlichen Unterfertigung der Jahresabschlüsse zu tun gehabt. C hätte sich zwar von Anfang mehr Unterstützung durch A auch in diesen Dingen erwartet, eine konkrete Klarstellung in dieser Hinsicht gab es jedoch von seiner Seite nicht; das sei auch nie ein Thema in Gesprächen zwischen den Beschuldigten gewesen. C wollte A nicht mit diesem Thema belasten, weil sie ja ohnehin genug zu tun gehabt habe.

[Am hat der Steuerberater der B-GmbH betreffend den Voranmeldungszeitraum Juli bis September 2013 fristgerecht eine Voranmeldung eingereicht, für welche ihm jedoch von C nur ein Teil der Ausgangsrechnungen übermittelt worden war, sodass zu Unrecht ein Guthaben an Umsatzsteuer in Höhe von -€ 7.613,05 geltend gemacht wurde, statt eine Zahllast von € 18.4111,68 auszuweisen (Abfrage Abgabenkonto der B-GmbH). 16 Monate später hat der Steuerberater nach Ankündigung einer Außenprüfung am noch am selben Tag für die GmbH und ihre beiden Geschäftsführer eine Selbstanzeige nach § 29 FinStrG erstattet, weil u.a. im August 2013 vom Geschäftsführer (gemeint wohl C) vereinnahmte Anzahlungen sowie Direktzahlungen von Kunden an Subunternehmer im Gesamtbetrag von € 130.123,67 netto nicht erfasst gewesen waren (Eingabe FinanzOnline, Aufzeichnung Prüfungsverlauf, Finanzstrafakt Bl. 20 f)]. Der offengelegte Verkürzungsbetrag von € 26.024,73 wurde jedoch mit Ausnahme eines Teilbetrags von € 1.043,58, der zum damaligen Zeitpunkt als Guthaben auf dem Abgabenkonto verbucht war, nicht fristgerecht entrichtet, sodass die Selbstanzeige mit Ausnahme dieses Betrages keine strafaufhebende Wirkung hatte.

[Auf Basis der Abgaben des C hatte der Steuerberater auch die Voranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume Februar, April, Mai und Juni 2014 erstellt und der Abgabenbehörde am (UVA 02/14), am (UVA 04/14), am (UVA 05/14) und am (UVA 06/14) übermittelt. Wiederum waren die steuerpflichtigen Umsätze bei weitem zu niedrig angegeben, weshalb für Februar 2014 nur eine Zahllast von € 394,89 und für die weiteren genannten Monate nicht zustehende Umsatzsteuergutschriften von -€ 2.634,51, -€ 111,54 und -€ 1.079,13 am Abgabenkonto verbucht worden sind (Buchungsabfrage). Ab Oktober 2014 bzw. ab Fälligkeit der Voranmeldungen für August 2014 wurden keine Voranmeldungen mehr erstellt bzw. Zahllasten mehr errechnet. Dies wurde aus Anlass einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung über den Zeitraum 02/2014 bis 02/2015 nachgeholt und vor Prüfungsbeginn ebenfalls Selbstanzeige erstattet (Finanzstrafakt Bl. 22), ohne dass fristgerecht entrichtet worden ist (Kontoabfrage). Tatsächlich hätten die Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für Februar 2014 € 17.061,57, für April 2014 € 7.772,17 und die Gutschriften für Mai 2014 -€ 95,70 und für Juni 2014 -€ 619,13 betragen,] woraus sich Verkürzungen von insgesamt € 27.549,19 ergeben haben (Bericht vom zu ABNr. bbqqq).

[Mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg] vom wurde über das Vermögen der B-GmbH ein Konkursverfahren eröffnet [(Firmenbuchabfrage, Finanzstrafakt Bl. 24)].

[Am ist eine vom Steuerberater erstellte Umsatzsteuererklärung betreffend die B-GmbH auf Geheiß des Masseverwalters für das Veranlagungsjahr 2014 bei der Abgabenbehörde eingereicht worden (Verfahrensdaten, Finanzstrafakt Bl. 33). In dieser Jahressteuererklärung sind die steuerlichen Rechenwerke der Voranmeldungszeiträume Jänner bis Dezember 2014 zusammengefasst gewesen, sodass, wären die gemeldeten Gutschriften bzw. Zahllasten für die nicht anlässlich der Umsatzsteuer-Sonderprüfung korrigierten Voranmeldungszeiträume zutreffend gewesen, keine Mehrergebnis an Umsatzsteuer festzusetzen gewesen wären. Tatsächlich aber hat sich aufgrund der erklärungsgemäßen Veranlagung der Umsatzsteuer für 2014 nunmehr ein Mehrergebnis von € 23.050,46 ergeben (Bescheid vom , Finanzstrafakt Bl. 34 f), weil weitere steuerpflichtige Umsätze während des Jahres von C dem Steuerberater der GmbH nicht gemeldet worden waren. Diese Summe an Verkürzungen von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer ist in freier Beweiswürdigung zu gleichen Teilen auf die einzelnen Voranmeldungszeiträume des Jahres 2014 aufzuteilen.]

Am sei der Konkurs betreffend die B-GmbH nach Verteilung des Vermögens wieder aufgehoben und die Firma am im Firmenbuch gelöscht worden.

Was die Verantwortung der beiden Beschuldigten für die buchhalterischen und abgabenrechtlichen Belange betrifft, so habe - so die Würdigung des Spruchsenates - die Zweitbeschuldigte durchaus glaubhaft dargelegt, dass sie in der B-GmbH lediglich eine Art Ersatzfunktion hatte für den Fall, dass der Erstbeschuldigte ausfallen sollte; ansonsten habe sie mit all diesen Dingen nichts zu tun gehabt und sei sie im Übrigen ja gar nicht in Salzburg, sondern in Trier gewesen. Dies bestätigte auch der Erstbeschuldigte, der zwar angab, er hätte sich von der Zweitbeschuldigten Unterstützung erwartet, dann aber klarmachte, er habe mit ihr nie darüber gesprochen, weil sie ohnehin so viel zu tun hatte und ja eben nicht in Salzburg gewesen sei. Damit könne aber, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch von einer tatsächlichen Ressortverteilung der Beschuldigten [in der genannten GmbH] in Bezug auf Buchhaltung, Rechnungserstellung und Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen ausgegangen werden. A sei daher für die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen [und wohl auch für fristgerechte Entrichtung der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer] nicht verantwortlich gewesen (schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses, Finanzstrafakt Bl. 107 ff).

B. Mit Beschwerde vom hat der Amtsbeauftragte hinsichtlich der Einstellung des Finanzstrafverfahrens betreffend A Beschwerde erhoben und unter Verweis auf seine Stellungnahme an den Spruchsenat beantragt, sie als Wahrnehmende der steuerlichen Interessen der B-GmbH wegen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG zu bestrafen, wobei eine tat- und schuldangemessene Strafe verhängt werden möge. Tatsache sei nämlich, dass A laut Firmenbuch im inkriminierten Zeitraum [ergänze: ebenfalls] handelsrechtliche Geschäftsführerin der GmbH gewesen sei und - im Gegensatz zu C - eine kaufmännische Ausbildung absolviert habe. Tatsache sei auch, dass der Genannte in seiner Rechtfertigung zur Strafeinleitung ausgeführt habe, dass A den kaufmännischen Bereich der Firma übernehmen hätte sollen, diesen Bereich aber vernachlässigt habe. Als im Firmenbuch eingetragene Geschäftsführerin trage sie in den wirtschaftlichen und steuerlichen Belangen der B-GmbH auch eine Mitverantwortung.

C. Der Amtsbeauftragte hat auch hinsichtlich eines gegenüber C bezüglich der verfahrensgegenständlichen Verkürzungen lediglich wegen begangener Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG ergangenen Schuldspruches Beschwerde erhoben und eine Bestrafung des Beschuldigten wegen Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG gefordert. In einem diesbezüglichen Vorverfahren vor dem Vorsitzenden des Finanzstrafsenates Salzburg 1 hat der Beschwerdegegner zwar hinsichtlich der Verkürzungen eine diesbezügliche Wissentlichkeit von seine Seite zu den Fälligkeiten der strafrelevanten Zahllasten bestritten, dabei aber seine zuvor im Finanzstrafverfahren gemachten Einlassungen zu der Arbeitsverteilung zwischen ihm und A nicht mehr in Frage gestellt (Eingabe des C vom ).

D. Eine Äußerung der Beschwerdegegnerin liegt nicht vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Gemäß § 119 Abs. 1 BAO haben Unternehmer bzw. Abgabepflichtige und allfällige Wahrnehmende deren steuerlichen Interessen (hier als solche in Frage kommend: die beschuldigten Geschäftsführer der B-GmbH, C und A) die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Dieser Offenlegung dienen gemäß Abs. 2 leg.cit. unter anderem Abgaben- bzw. Steuererklärungen, wozu auch Umsatzsteuervoranmeldungen gehören.

2. Als Wahrnehmende der steuerlichen Belange eines Unternehmens (zum Begriff des Wahrnehmenden siehe z.B. Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG I5, § 33 Rz 5) gelten diejenigen Personen, welche diesbezüglich im Unternehmen Entscheidungsgewalt ausüben, sei es aufgrund gesellschaftsrechtlicher Legitimation, sei es auch aufgrund lediglich faktischer Gegebenheiten. Wer derartige Aufgaben im Unternehmen an sich zieht, wird auch für die damit verbundenen abgabenrechtlichen Verpflichtungen verantwortlich. Selbstverständlich kann eine derartige abgabenrechtliche Verantwortung auch geteilt werden, wenn etwa diesbezügliche unternehmerische Entscheidungen in einer gemeinsamen Willensbildung getroffen werden.

3. Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hatte im strafrelevanten Zeitraum ein Unternehmer für sein Unternehmen bzw. der oder die Wahrnehmenden der steuerlichen Interessen dieses Unternehmens spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung beim zuständigen Finanzamt einzureichen, in der die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder der auf den Voranmeldungszeitraum entfallende Überschuss (Guthaben) unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG 1994 bzw. auch des § 12 Abs. 11 UStG 1994 (Berichtigung eines erfolgten Vorsteuerabzuges bei Wegfall der für diesen maßgeblichen Verhältnisse) selbst zu berechnen war. Die Voranmeldung galt als Steuererklärung. Der Unternehmer bzw. der oder die Wahrnehmenden der steuerlichen Interessen des Unternehmens hatten eine sich ergebende Vorauszahlung auch spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

4. Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG machte sich ein solcher Unternehmer bzw. der oder die Wahrnehmenden der steuerlichen Interessen eines Unternehmens einer Abgabenhinterziehung schuldig, wenn sie vorsätzlich unter Verletzung der genannten Verpflichtung zur Abgabe von dem obgenannten § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer bewirkten und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten haben. Dabei war gemäß § 33 Abs. 3 lit. b FinStrG eine derartige Abgabenverkürzung bewirkt, wenn solche Selbstbemessungsabgaben ganz oder teilweise nicht (am Fälligkeitstag) entrichtet wurden. Ebenso war gemäß § 33 Abs. 3 lit. d FinStrG eine Abgabenverkürzung bewirkt, wenn die nicht bescheidmäßig festzusetzende Umsatzsteuergutschrift zu Unrecht oder zu hoch geltend gemacht worden war.

5. Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG machte sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer zumindest bedingt vorsätzlich selbst zu berechnende Abgaben, insbesondere (beispielsweise) Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt hat, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekanntgegeben worden ist; im Übrigen war die Versäumung eines Zahlungstermines für sich allein (etwa wenn z.B. die fällige Einkommensteuer nicht fristgerecht entrichtet wird) nicht strafbar. Soll heißen, wer die gleichsam zu treuen Handen für den Fiskus in Empfang genommene Umsatzsteuer zumindest bedingt vorsätzlich nicht als Vorauszahlung bis zum fünften Tag bei der Abgabenbehörde abliefert, begeht eine Finanzordnungswidrigkeit und ist schon aus diesem Grunde mit Strafe bedroht, ohne dass ihm (etwa weil diese gar nicht berechnet wurde) schon die genaue Höhe der Fälligkeit bekannt sein musste. In Bezug auf Umsatzsteuergutschriften gelangte § 49 Abs. 1 lit. b FinStrG zur Anwendung, wonach sich ebenfalls einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig gemacht hat, wer zumindest bedingt vorsätzlich durch die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen ungerechtfertigte Abgabengutschriften geltend gemacht hat. Eine Bekanntgabe der geschuldeten Selbstbemessungsabgabe bis zum fünften Tag nach Fälligkeit ist ein entsprechender Strafaufhebungsgrund (z.B. ].

6. Der Tatbestand des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG besteht somit im Falle von Zahllasten aus zwei Komponenten, nämlich einerseits aus einer zumindest bedingt vorsätzlich nicht fristgerecht (also bis zum Ablauf des 15. des zweitfolgenden Monats nach dem Voranmeldungszeitraum) erfolgten Übermittlung einer ordnungsgemäßen (wahrheitsgemäßen und vollständigen) Voranmeldung an die zuständige Abgabenbehörde und andererseits aus einer zumindest wissentlichen Nichtentrichtung der Vorauszahlung an Umsatzsteuer bis zum Ablauf dieses Fälligkeitstages. Fehlt die erste Komponente, verbleibt hinsichtlich einer zumindest bedingt vorsätzlich nicht bis zum fünften Tag nach Fälligkeit erfolgten Entrichtung der Zahllast die Strafbarkeit einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG; ist etwa die zweite Komponente in Form einer wissentlichen Nichtentrichtung bis zum Ablauf des Fälligkeitstages nicht erweislich, verbleibt eine Strafbarkeit einer vorsätzlichen Nichteinreichung der Voranmeldung als Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG. Denkbar ist auch noch die Kombination einer Strafbarkeit in Form zweier Finanzordnungswidrigkeiten, nämlich nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG und nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG.

Im Falle von Umsatzsteuergutschriften liegt jeweils nur eine Komponente vor, nämlich eine zumindest wissentliche Geltendmachung einer nicht gerechtfertigten Gutschrift (§ 33 Abs. 2 lit. a FinStrG bzw. eine lediglich bedingt vorsätzliche Geltendmachung der nicht gerechtfertigten Gutschrift (§ 49 Abs. 1 lit. b FinStrG).

Der finanzstrafrechtliche Vorwurf der Hinterziehung einer Vorauszahlung an Umsatzsteuer für einen bestimmten Voranmeldungszeitraum nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG hat somit die Strafbarkeit wegen einer dergestaltigen Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach der Unternehmer bzw. der oder die Wahrnehmende die selbst zu berechnende Zahllast zumindest bedingt vorsätzlich auch nicht bis zum fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet hat oder zu entrichten veranlasst hat, konsumiert. Der Vorwurf einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG mittels zumindest wissentlicher Geltendmachung einer ungerechtfertigten Gutschrift konsumiert die Strafbarkeit einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. b FinStrG wegen einer lediglich bedingt vorsätzlichen Geltendmachung dieser nicht zustehenden Gutschrift. Erwiese sich nun im weiteren Finanzstrafverfahren diese Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als nicht strafbar, lebte insoweit die Strafbarkeit der genannten Finanzordnungswidrigkeiten wieder auf. Eine bloß grob fahrlässige Vorgangsweise erfüllte jedoch keinen finanzstrafrechtlichen Tatbestand.

7. Bedingt vorsätzlich handelt nach § 8 Abs. 1 FinStrG derjenige, der einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Wissentlich handelt gemäß § 5 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB) jemand, der den Umstand oder den Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern ein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält.

Absichtlich sogar handelt gemäß § 5 Abs. 2 StGB ein Täter, wenn es ihm darauf ankommt, den Umstand oder Erfolg zu verwirklichen, für den das Gesetz absichtliches Handeln voraussetzt.

8. Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG haben die Finanzstrafbehörden - und gemäß § 157 FinStrG auch das Bundesfinanzgericht - unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht; bestehen Zweifel, so darf die Sache nicht zum Nachteil eines Beschuldigten angenommen werden. Dabei ist der Nachweis nicht nur hinsichtlich der objektiven, sondern auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite zu führen. Kommen mehrere Personen als unmittelbare Täter für die obgenannten Finanzvergehen grundsätzlich in Betracht, ist tatsächlich für jeden einzelnen von ihnen sowohl in objektiver, als auch subjektiver Hinsicht der Nachweis einer Tatbegehung zu führen. Bleiben Zweifel bestehen, sind diese somit zugunsten der Beschuldigten beachtlich.

9. Laut den vorgelegten Akten ist nun zwar außer Streit gestellt, dass die oben beschriebenen unrichtigen Voranmeldungen, in welchen gänzlich bzw. teilweise zu Unrecht Umsatzsteuergutschriften oder zu niedrige Vorauszahlungen ausgewiesen waren, der Abgabenbehörde übermittelt wurden und auch die solcherart verheimlichten Zahllasten nicht fristgerecht bzw. auch nicht am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet wurden. Richtig ist auch, wie der Amtsbeauftragte einwendet, dass A aufgrund ihrer Eigenschaft als laut Firmenbuch bestellte handelsrechtliche Geschäftsführerin als Entscheidungsträgerin für diese finanzstrafrechtlichen Fehlverhalten in Frage gekommen ist, sodass tatsächlich von einem entsprechenden Anfangsverdacht auszugehen war.

In weiterer Folge hat jedoch der Mitgeschäftsführer C das Vorbringen der in Deutschland wohnhaften A bestätigt, dass sie mit der Erstellung des steuerlichen Rechenwerkes der GmbH nichts zu tun hatte, und hat diese seine Darstellung auch im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht beibehalten. Anhaltspunkte für Umstände, wodurch diese Darstellungen widerlegt werden könnten, finden sich nicht. Solche wurden vom Amtsbeauftragten in seiner Beschwerde auch nicht vorgebracht, verweist dieser doch auf die Angaben des C in seiner Rechtfertigung, wonach ursprünglich die Beschwerdegegnerin den kaufmännischen Bereich der Firma übernehmen hätte sollen, diesen Bereich aber vernachlässigt habe. Wer seinen Kontrollaufgaben als Geschäftsführer nicht entspricht, hat wohl allenfalls die ihm gebotene, mögliche und zumutbare handelsrechtliche Sorgfalt verletzt, vermindert aber wohl gleichzeitig mit seiner Unzulänglichkeit auch die Wahrscheinlichkeit, im Zuge einer (tatsächlich fehlenden) Überwachung der Geschäftstätigkeit seines Mitgeschäftsführers dessen Nichtvorlage von Rechnungen bzw. Nichtbekanntgabe von Geschäftsfällen und Anzahlungen gegenüber dem Steuerberater zu entdecken.

Der Entscheidung des Spruchsenates, das gegenständliche Finanzstrafverfahren gegen A im Zweifel zu ihren Gunsten gemäß § 136 Abs. 1 FinStrG einzustellen, kann daher nicht erfolgreich entgegengetreten werden.

10. Diese Entscheidung auf Bestätigung der Einstellung des gegenständlichen Finanzstrafverfahrens konnte gemäß § 62 Abs. 2 iVm § 160 Abs. 1 FinStrG aufgrund der insoweit sicheren Beweislage bereits im Vorverfahren unter Wahrung des dem Amtsbeauftragten eingeräumten Parteiengehörs vor Einberufung des Finanzstrafsenates durch den Senatsvorsitzenden getroffen werden.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes liegt vielmehr eine gesicherte Rechtslage zugrunde, wobei die vorzunehmende Würdigung der Beweislage entscheidungsrelevant gewesen ist.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Geltendmachung ungerechtfertiger USt-Gutschriften
Abgabenhinterziehung
Zweifelsgrundsatz
Finanzordnungswidrigkeit
Abweidung der Beschwerde im Vorverfahren
vorsätzliche Begehungsweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6300014.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at