Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.07.2021, RV/7500432/2021

Parkometerabgabe; kein Nachweis für bestimmungsgemäße Verwendung der Tafel "Arzt im Dienst"

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR. über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zl. MA67/Zahl/2021, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF ABl. der Stadt Wien Nr. 46/2016, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 Euro zu entrichten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 Euro) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 Euro) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 Euro), insgesamt 82,00 Euro, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde be-stimmt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 67, lastete dem Beschwerdeführer (Bf.) mit Strafverfügung vom an, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, Hofmanngasse 1, ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt 13:23 Uhr gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt zu haben.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.

In seinem fristgerecht erhobenen Einspruch vom (E-Mail) brachte der Bf. vor, dass der Grund hierfür gewesen sei, dass er im Rahmen einer Rufbereitschaft zu einem Notfall ins KH gerufen worden sei. Dementsprechend sei die Abstellung des Fahrzeuges mit klar ersichtlicher Anbringung der "Arzt im Dienst" Plakette erfolgt. Die Ausstellung des Strafmandates erscheine ihm aus genanntem Grund nicht nachvollziehbar. Naturgemäß werde er der Zahlungsaufforderung nicht Folge leisten und ersuche um Einstellung des Verfahrens.

Eine bei der Ärztekammer eingeholte Auskunft (E-Mail vom ) ergab, dass das Arzt im Dienst Schild Nr. 123 am für ***Bf1***, Facharzt für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Adresse der Ordination: 1190 Wien, Straße, ausgestellt wurde.

Mit Schreiben vom wurde der Bf. von der Magistratsabteilung 67 unter Anführung der Bestimmungen des § 6 lit. d Parkometerabgabeverordnung und näheren Erläuterungen hierzu sowie unter Anführung der Anzeigeangaben des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens die im Einspruch eingewendete ärztliche Hilfeleistung durch konkrete Angaben, wie zB Name, Geburtsdatum und Adresse des Patienten, glaubhaft zu machen.

Der Bf. nahm zu dem Schreiben weder Stellung noch legte er geeignete Nachweise für sein Einspruchsvorbringen vor.

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , wurde der Bf. wegen der bereits näher angeführten Verwaltungsübertretung für schuldig befunden.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Zudem wurde gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Begründend stellte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Einspruchsvorbringens zusammengefasst fest, dass der Bf. von der ihm mit Schreiben vom eingeräumten Möglichkeit, seine Angaben durch geeignete Unterlagen glaubhaft zu machen, keinen Gebrauch gemacht habe.

Unbestritten sei sowohl die Lenkereigenschaft als auch die Abstellung des Fahrzeuges an der in Rede stehenden Örtlichkeit geblieben.

Unter Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen Normen (§§ 5 Abs. 1 und 2 sowie 6 Abs. 1 lit. d Parkometerabgabeverordnung) führte die Behörde aus, dass schon aus dem Wortlaut der Ausnahmebestimmung hervorgehe, dass es sich dabei immer um eine Fahrt zur Leistung einer konkreten ärztlichen Hilfe handeln müsse. Mit dieser Bestimmung sollte sichergestellt werden, dass ein Arzt, der zur Leistung ärztlicher Hilfe, im Extremfall zur Lebensrettung, gerufen werde, nicht Gefahr laufe, durch Entwertung von Parkscheinen wertvolle Zeit zu verlieren.

Der Verwaltungsgerichtshof habe bei Verfahren hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verwendung der Tafel "Arzt im Dienst" für den straßenpolizeilichen Bereich judiziert, dass die Verwendung einer solchen Tafel zur Inanspruchnahme des privilegierten Abstellens allein nicht ausreiche, sondern die ärztliche Hilfeleistung nachgewiesen werden müsse.

Bei analoger Verwendung dieser eindeutigen Judikatur im Abgabenrecht bedeute dies, dass die ärztliche Hilfeleistung auch im Beanstandungszeitpunkt nachgewiesen werden müsse, um die Abgabenfreiheit zu beweisen.

Einen solchen Nachweis habe der Bf., trotz Aufforderung, insofern nicht erbracht, als er keine konkreten Angaben zur eingewendeten ärztlichen Hilfeleistung getätigt, sondern lediglich angegeben habe, dass er im Rahmen der Rufbereitschaft zu einem Notfall gerufen worden sei.

Auf Grund der Aktenlage habe somit eine ärztliche Hilfeleistung nicht ausreichend dargelegt werden können und sei somit eine der Voraussetzungen, an die § 6 Abs. 1 lit. d Parkometerabgabeverordnung die Befreiung von der Entrichtung der Abgabe knüpfe, nicht erfüllt worden.

Die obzitierte Ausnahmebestimmung habe daher schon aus diesem Grund nicht zur Anwendung gelangen können.

Auf Grund der Aktenlage sei festzustellen, dass der Bf. der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe nicht nachgekommen sei.

Es werde daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung sowie aus der Tatumschreibung der Strafverfügung ersichtlich sei.

Nach näheren Erläuterungen zum Fahrlässigkeitsbegriff stellte die Behörde fest, dass auf Grund der Aktenlage Fahrlässigkeit anzunehmen sei.

Somit seien sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben gewesen.

Der Bf. habe die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an.

Der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde (E-Mail vom ) und brachte - wie schon in seinem Einspruch - vor, dass er im Rahmen seiner Rufbereitschaft als diensthabender Oberarzt des KH am auf Grund einer Notfallsituation eine Akutoperation koordinieren und daran partizipieren habe müssen. Dies habe mehrere Stunden in Anspruch genommen. Ob seiner ärztlichen Schweigepflicht könnten keine näheren patientenbezogenen Angaben erfolgen.

Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtsgrundlagen:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraft-fahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ord-nungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerab-gabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Ab-stellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

Gemäß § 6 lit. d Wiener Parkometerabgabeverordnung (Abl 2020/20) ist die Abgabe nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Ärzten bei einer Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe gelenkt werden, sofern sie beim Abstellen mit einer Tafel gemäß § 24 Abs. 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind.

§ 24 Abs. 5 StVO 1960 idF ab lautet:

Ärzte, die zur selbständigen Berufsausübung berechtigt sind, dürfen bei einer Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug für die Dauer der Hilfeleistung auch auf einer Straßenstelle, auf der das Halten oder Parken verboten ist, abstellen, wenn in der unmittelbaren Nähe des Aufenthaltes des Kranken oder Verletzten kein Platz frei ist, auf dem gehalten oder geparkt werden darf, und durch das Aufstellen des Fahrzeuges die Sicherheit des Verkehrs nicht beeinträchtigt wird. Während einer solchen Aufstellung ist das Fahrzeug mit einer Tafel, welche die Aufschrift "Arzt im Dienst" und das Amtssiegel der Ärztekammer, welcher der Arzt angehört, tragen muß, zu kennzeichnen. Außer in diesem Falle ist eine solche Kennzeichnung von Fahrzeugen verboten.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

Feststellungen:

Der Bf. hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, Hofmanngasse 1, abgestellt.

Zufolge der Anzeigedaten des Meldungslegers befand sich im Fahrzeug bei der Erstbegehung um 10:49 Uhr die Tafel "Arzt im Dienst" W-123. Bei der Zweitbegehung (Beanstandungszeit 13:23 Uhr) war das Fahrzeug an derselben Örtlichkeit abgestellt und war auch zu diesem Zeitpunkt die Tafel "Arzt im Dienst" hinter der Windschutzscheibe eingelegt.

Der Bf. ist Orthopäde mit dem Fachgebiet Orthopädie und orthopädische Chirurgie, Fuß- und Sprunggelenkchirurgie und hat ua. eine Ordination in 1190 Wien, Straße.

Er besitzt seit das Schild "Arzt im Dienst" Nr. 123 (Auskunft der Ärztekammer Wien).

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen und den Anzeigedaten des Parkraumüberwachungsorgans, den zur Beanstandungszeit aufgenommenen Fotos sowie aus der Auskunft der Wiener Ärztekammer.

Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung:

Strittig ist, ob der Bf., ein Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, die zum Beanstandungszeitpunkt im Fahrzeug eingelegte Tafel "Arzt im Dienst" bestimmungsgemäß verwendet hat.

Der Bf. beruft sich auf die Ausnahmebestimmung des § 6 lit. d Wiener Parkometerabgabeverordnung und verneint damit das Vorliegen der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen, an die das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

Befreiungsbestimmung des § 6 lit. d Wiener Parkometerabgabeverordnung

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Ausnahmebestimmungen - dazu gehört auch die Erlaubnis zum Benützen der Tafel "Arzt im Dienst" - eng auszulegen (vgl. zB , und ).

Es muss sich um einen unvorhergesehenen, konkreten Fall ärztlicher Hilfeleistung handeln. War der Anlass für die Fahrzeugabstellung bloß eine mit der ärztlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehende Tätigkeit, kommt die Bestimmung des § 24 Abs 5 StVO nicht zur Anwendung (vgl. , vgl. auch Kammerhofer, "Arzt im Dienst", KJ 1968, S. 70, Dittrich-Veit-Veit, Österreichisches Straßenverkehrsrecht, I, Erläuterungen zur StVO, Seite 15).

Der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige - die Befreiung von der Parkometerabgabe wegen ärztlicher Hilfeleistung stellt eine abgabenrechtliche Begünstigung dar - hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Die konkrete Hilfeleistung muss nachgewiesen werden (vgl. , , /0266v, gl. auch den Rechtssatz des UVS Wien vom , 05/K/42/9389/2004 sowie den Rechtssatz des UVS Kärnten vom , KUVS-1091/7/2003).

Wenn sich der Bf. in seiner Beschwerde bezüglich patientenbezogener Angaben auf seine ärztliche Schweigepflicht, beruft, wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 81/02/0252, wo dieser auszugsweise Folgendes feststellte:

"Die Beschwerdeführerin hat nach der Aktenlage auch nicht den Versuch unternommen, von dem angeblich besuchten Patienten die Zustimmung zu einer der Behörde gegenüber zu erteilenden Auskunft über seinen Namen und Wohnadresse zu erhalten, und sich demgemäß entgegen der ihr im Verwaltungsstrafverfahren obliegenden Mitwirkungspflicht nicht darum bemüht, der Behörde eine allfällige Beweisaufnahme zur Feststellung der Richtigkeit der behaupteten Notstandssituation zu ermöglichen. In Erwiderung auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist im übrigen festzuhalten, daß es im Beschwerdefall gar keiner Erörterung bedarf, ob sich aus der im § 10 Abs. 1 des Ärztegesetzes verankerten Verpflichtung des Arztes "zur Wahrung der ihm in Ausübung seines Berufes anvertrauten oder bekanntge-wordenen Geheimnisse" überhaupt seine Pflicht ableiten läßt, als Beschuldigter in einem Verwaltungsstrafverfahren gegenüber der Verwaltungsstrafbehörde die bloße Angabe des Namens und des Wohnsitzes eines Patienten zu verweigern, weil die erwähnte gesetzliche Verpflichtung unabhängig von dem Fall der Entbindung davon (vgl. § 10 Abs. 2 lit. a leg. cit.) gemäß § 10 Abs. 2 lit. b leg. cit. auch dann nicht gilt, wenn "die Offenbarung des Geheimnisses nach Art und Inhalt durch Interessen ... der Rechtspflege gerechtfertigt ist". Der Beschwerde-führerin wäre es daher ohne Rücksicht auf eine allenfalls nicht erfolgte Entbindung von der Geheimhaltungsverpflichtung durch den Patienten selbst jedenfalls unter Berufung auf die zuletzt genannte Bestimmung unbenommen geblieben, dessen Namen und die Anschrift der Verwaltungsstrafbehörde bekanntzugeben, ohne sich deshalb einer Verwaltungsübertretung nach § 62 Abs. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 des Ärztegesetzes schuldig zu machen oder gar gegen § 121 StGB zu verstoßen."

Im vorliegenden Fall rechtfertigt der Bf. das Einlegen der Tafel "Arzt im Dienst" am Beanstandungstag () lediglich damit, dass er im Rahmen seiner Rufbereitschaft als diensthabender Oberarzt des KH am auf Grund einer Notfallsituation eine Akutoperation koordinieren und daran partizipieren habe müssen, welche mehrere Stunden in Anspruch genommen habe.

Die eingewendete ärztliche Hilfeleistung hat der Bf., obwohl er von der belangten Behörde mit Schreiben vom aufgefordert wurde, diese durch konkrete Angaben, wie zB Name, Geburtsdatum und Adresse des Patienten, glaubhaft zu machen, nicht nachgewiesen.

Der Bf. hat nicht einmal vorgebracht, welches Krankheitsbild bei dem Patienten vorgelegen ist und warum eine Akutoperation erforderlich war bzw. wie lange der Eingriff gedauert hat.

Nach der vorstehend angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss aber die ärztliche Hilfeleistung nachgewiesen werden, um die Abgabenbefreiung zu beweisen.

Das Bundesfinanzgericht geht daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass im Beschwerdefall für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 6 lit. d Parkometerabgabeverordnung die Voraussetzungen fehlten.

Der Bf. wäre daher verpflichtet gewesen, das Fahrzeug zu Beginn der Abstellung mit einem gültigen Parkschein zu kennzeichnen.

Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs 1 StGB).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis oder irrige Auslegungen von Bestimmungen für Lenker von Kraftfahrzeugen nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach den Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (, , vgl. auch Hengstschläger/Leeb, Kommentar5 zum VStG, Rz 693). Die bloße Argumentation mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen, es bedarf vielmehr einer Objektivierung durch Erkundigungen an geeigneter Stelle. Wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (vgl. , , ).

Der Bf. hat offensichtlich keine Erkundigungen darüber eingezogen, unter welchen Voraussetzungen die Tafel "Arzt im Dienst" verwendet werden darf.

Er hat somit fahrlässig die Parkometerabgabe verkürzt.

Der Akteninhalt und das Vorbringen des Bf. bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass ihm ein rechtskonformes Verhalten zur Beanstandungszeit nicht möglich war.

Strafbemessung:

§ 19 idF ab normiert:

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichtendes Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Neben der fiskalischen Seite - der Sicherung von Einnahmen - dienen die nach dem Wiener Parkometergesetz geführten Abgabenstrafverfahren im Besonderen auch der Durchsetzung der Parkraumbewirtschaftung (, ,). Wird die Parkometerabgabe nicht mit den hierfür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen entrichtet, entgehen der Gemeinde Wien die entsprechenden Abgaben. Angesichts der hohen Verkürzungs- und Hinterziehungsanfälligkeit ist eine Bestrafung in einer Höhe geboten, die sowohl eine spezial- als auch eine generalpräventive Wirkung entfaltet.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist und unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen muss (vgl. und ).

Bei den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ging die belangte Behörde wegen fehlender Angaben seitens des Bf. entsprechend der Judikatur des VwGH von durchschnittlichen Verhältnissen aus (vgl. ).

Milderungsgrund sind nicht der Aktenlage nicht zu entnehmen.

Erschwerend waren zwei verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen nach dem Parkometergesetz zu berücksichtigen.

Unter Beachtung der Strafzumessungsgründe, des bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmens und vor allem wegen der spezialpräventiven Funktion, erachtet das Bundesfinanzgericht die über den Bf. verhängte Geldstrafe von € 60,00 als schuld- und tatangemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Da die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von 10% der Strafen festzusetzen sind, wurden sie somit in Höhe von € 10,00 korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor, da diese durch die in der Entscheidung angeführte Judikatur des VwGH geklärt ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 6 lit. d Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 24 Abs. 5 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500432.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at