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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.06.2021, RV/2101053/2020

Diensterfindungsvergütung - Anwendbarkeit der Progressionsermäßigung des § 38 EStG

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/2101053/2020-RS1
wie RV/2101067/2018-RS1
Für die Beurteilung, ob die vom Arbeitgeber neben dem laufenden Bezug ausbezahlte Diensterfindungsvergütung dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 dritter Teilstrich EStG 1988 unterliegt, ist eine kalenderjahresbezogene Gesamtbetrachtung anzustellen. Findet die Diensterfindungsvergütung im Jahressechstel überhaupt keine Deckung, unterliegt diese dem ermäßigten Steuersatz (Rechtslage ab ).
RV/2101053/2020-RS2
wie RV/2101067/2018-RS1
Für die Beurteilung, ob die vom Arbeitgeber neben dem laufenden Bezug ausbezahlte Diensterfindungsvergütung dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 dritter Teilstrich EStG 1988 unterliegt, ist eine kalenderjahresbezogene Gesamtbetrachtung anzustellen. Findet die Diensterfindungsvergütung im Jahressechstel überhaupt keine Deckung, unterliegt diese dem ermäßigten Steuersatz (Rechtslage ab ).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Thomas Heidinger Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Hartenaugasse 24, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.


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Berechnung der Einkommensteuer
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Bezugsauszahlende Stelle
stpfl.Bezüge
***1*** GmbH
210.660,72
Werbungskosten
-600,38
210.060,34
Gesamtbetrag der Einkünfte
210.060,34
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00
Zuwendungen gem. § 18 (1) EStG 1988
-60,00
Steuerberatungskosten
-1.497,00
Kinderfreibetrag
-880,00
Einkommen
207.563,34
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:(207.563,34 - 90.000,00) x 455.000,00 / 910.000,00 + 32.880,00
91.661,67
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
91.661,67
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Steuer für den Durchschnittssteuersatz
91.261,67
Durchschnittssteuersatz in % (91.261,67 / 207.563,34 x 100)
43,97
Grenzsteuersatz in %
50,00
gem. § 33 EStG 1988 43,97 % von
141.463,34
62.201,43
gem. § 37 EStG 1988 21,99 % von
66.100
14.535,39
Steuer sonstige Bezüge wie z. B. 13. und 14. Bezug (220) nach Abzug der darauf entfallenden SV-Beiträge (225) und des Freibetrages von 620 € mit 6 %
1.314,43
KESt auf ausl. EK aus KV ohne Verlustausgl. (0,30x25%)
0,08
KESt auf EK aus KV mit Verlustausgl. (4.014,63x 27,50 %)
1.104,02
Einkommensteuer
79.155,35
Anrechenbare Lohnsteuer
-94.028,79
Anzurechnende ausl. Quellensteuer
-103,22
Festgesetzte Einkommensteuer - gerundet
-14.977,08

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Bf beanspruchte in der Einkommensteuererklärung 2018 unter der Kennzahl 423 für Einkünfte in Höhe von 66.100 € den Hälftesteuersatz. In einem Begleitschreiben wurde offengelegt, dass in der Kennzahl 423 der Einkommensteuererklärung Vergütungen für Diensterfindungen eingetragen wurden, für die der Hälftesteuersatz geltend gemacht werde. Die Diensterfindungsvergütung 2018 sei in drei aufeinander folgenden Monaten (7/2018, 8/2018 und 9/2018) ausgezahlt und als laufender Bezug nach Tarif versteuert worden.

Das Finanzamt ersuchte in der Folge um Nachreichung des Lohnkontos und verweigerte die Anwendung des Hälftesteuersatzes im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2018 mit der Begründung, dass die Halbsatzeinkünfte nicht berücksichtigt hätten werden können, weil das Jahressechstel zum Zeitpunkt der Auszahlung der Prämie im Juli noch nicht ausgeschöpft gewesen sei.

In der dagegen fristgerecht erhobenen gegen die steuerliche Behandlung der Prämien für Diensterfindungen als sonstige Bezüge nach § 67 Abs. 1 EStG 1988 und die Nichtanerkennung der Halbsatzbegünstigung gerichteten Beschwerde wurde ausgeführt, dass diese Vergütungen nicht einmalig, sondern laufend, gemeinsam mit dem Grundgehalt im Juli 2018, August 2018 und September 2018 in Höhe von jeweils 22.033,33 € ausbezahlt worden seien. Gleichsam seien diese Vergütungen nicht gesondert, sondern im Rahmen der normalen Lohnverrechnung abgerechnet worden. Es handle sich daher bei den gegenständlichen Vergütungen um laufende Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis, welche nach Tarif versteuert worden seien.

Der Ansicht des Finanzamtes, die Prämien für Diensterfindungen als sonstige Bezüge nach § 67 Abs. 1 EStG 1988 zu besteuern, könne nicht gefolgt werden, da nach § 67 Abs. 1 EStG 1988 der Steuerpflichtige innerhalb des Jahressechstels einer begünstigen Besteuerung unterliege, sofern er neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen) erhalten würde. Der Ansicht, dass die Halbsatzbegünstigung iSd § 37 EStG 1988 nicht zustehen würde, da das Jahressechstel zum Zeitpunkt der Auszahlung der Prämie im Juli noch nicht ausgeschöpft wurde, könne daher ebenfalls nicht gefolgt werden.

Voraussetzung für die Zuordnung einer Zahlung zu den sonstigen Bezügen sei, dass der Arbeitnehmer andere, laufende, d.h. für regelmäßige Lohnzahlungszeiträume flüssig gemachte Bezüge erhält (). Laufende Bezüge würden somit den Gegensatz zu den sonstigen Bezügen () bilden. Für die Qualifizierung als "sonstiger Bezug" müsse sowohl durch den Rechtstitel, aus dem der Arbeitnehmer den Anspruch ableiten könne (vertragliche Vereinbarung) als auch auf Grund der tatsächlichen Auszahlung eine deutliche Unterscheidung von den laufenden Bezügen gewährleistet sein (vgl. VwGH 2005/15/0135). Sonstige Bezüge seien kein "laufendes Entgelt", sondern seien an bestimmte Fälligkeitstermine gebunden, zwischen welchen ein längerer Zeitraum liegen würde als der eines normalen Lohnzahlungszeitraumes (Monat). Sie würden mit einer bestimmten Arbeitsleistung nicht in Zusammenhang stehen, sondern würden meist aus einem bestimmten Anlass (z.B. Jubiläum) oder in bestimmten größeren zeitlichen Abständen (jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich) auch ohne bestimmten Anlass und ohne Bezug auf eine bestimmte Arbeitsleistung als zusätzliches Entgelt gewährt werden (RV/0419-F/08).

Neben dem in § 67 Abs 1 EStG 1988 beispielhaft aufgezählten 13. und 14. Monatsbezug würden zu den sonstigen Bezügen etwa auch eine nach dem Jahresumsatz bemessene Provision gehören, die nur einmal und in einem Betrag gezahlt werde ().

Würden dagegen Provisionen monatlich gleichzeitig mit den Gehältern ausgezahlt werden, dann könne ihnen nicht die Eigenschaft sonstiger Bezüge zugesprochen werden (); es handle sich sohin dann um laufende Bezüge. In diesem Zusammenhang dürfe auch auf das erst kürzlich erlassene VwGH-Judikat verwiesen werden, worin wiedereinmal bestätigt wurde, dass nur dann von einem sonstigen Bezug ausgegangen werden kann, wenn sich der betreffende Bezug aufgrund des Rechtstitels und der tatsächlichen Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheidet (VwGH Ro 2017/13/0005). Es gebe keine sonstigen Bezüge allein "aufgrund des Rechtstitels" (SWK-Heft 30 1313).

Unter der Voraussetzung, dass die entsprechenden Bedingungen für sonstige Bezüge eingehalten werden würden, seien Vergütungen für Diensterfindungen aufgrund des Wegfalls des § 67 Abs. 7 EStG 1988 ab grundsätzlich gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu versteuern.

Laufend anteilig auf einen zusammenhängenden Teil des Jahres (Juli - September) verteilt ausbezahlte Diensterfindungsvergütungen, die die Voraussetzungen des § 38 EStG 1988 erfüllen würden, würden jedoch nicht die Voraussetzungen für die begünstigte Besteuerung gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 erfüllen. Sie seien daher als laufender Bezug nach Tarif zu versteuern und sei im Rahmen der Veranlagung der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Abschließend wurde auf die unzureichende Begründung des angefochtenen Bescheides hingewiesen.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vertritt das Finanzamt die Ansicht, dass für Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen iSd § 38 EStG 1988 § 37 Abs. 1 TS 3 EStG 1988 eine Progressionsermäßigung in Form einer Halbsatzbegünstigung vorsehen würde, allerdings würde § 37 Abs. 7 zweiter Satz EStG 1988 eine derartige Progressionsermäßigung für jene Einkünfte ausschließen, die zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 EStG 1988 versteuert werden würden.

Als sonstige Bezüge würden gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 Zahlungen von demselben Arbeitgeber definiert werden, welche neben dem laufenden Arbeitslohn (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen) ausbezahlt werden würden. Insoweit diese sonstigen Bezüge das Jahressechstel gemäß § 67 Abs. 2 EStG 1988 nicht übersteigen würden, sei bis zu einer bestimmten Grenze der begünstigte feste Steuersatz gemäß Abs. 1 anzuwenden.

Nicht schädlich für die Behandlung als sonstiger Bezug iSd § 67 EStG 1988 sei die Aufteilung auf beispielsweise vier Auszahlungen (dreimonatlich), wie die Aufteilung bei den sonstigen Bezügen von Beamten (vgl auch zu einer Auszahlung pauschaler Ambulanzgebühren in vier Tranchen; dazu die Anm von Shubshizky, ; Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, § 67 Rz 11).

Ein weiteres Merkmal eines sonstigen Bezuges sei, dass Leistungen aus mehreren Lohnzahlungszeiträumen abgegolten werden müssen (; ). Auch dieses Kriterium sei gegenständlich erfüllt, da die (auf drei Monate verteilt ausbezahlte) jährlich zustehende Diensterfindungsvergütung für das gesamte Kalenderjahr bezahlt worden sei und somit alle Lohnzahlungszeiträume eines Kalenderjahres betreffen würde.

Die Besteuerungsregeln von sonstigen Bezügen laut § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 seien zwingendes Recht. Erhalte der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge, sei die Lohnsteuer für sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels nach Maßgabe des § 67 Abs. 1 EStG 1988 mit einem festen Steuersatz zu berechnen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei das Jahressechstel bei jeder Auszahlung sonstiger Bezüge nach den Verhältnissen im Zeitpunkt ihres Zufließens zu berechnen (vgl. ). Daraus ergebe sich, dass sonstige Bezüge bei einem im Auszahlungszeitpunkt noch verfügbaren Jahressechstel zwingend nach § 67 Abs. 1 EStG 1988 zu versteuern seien. Im gegenständlichen Fall wäre zum Auszahlungszeitpunkt entgegen der Vorgangsweise des Arbeitgebers noch ein Teil der Diensterfindungsvergütung mit dem festen Steuersatz zu versteuern gewesen.

Nach Ansicht des Finanzamtes könne aus der Systematik des Einkommensteuergesetzes (iVm dem verfassungsrechtlich gebotenen Determinierungsgebot) heraus nicht davon ausgegangen werden, dass es im Belieben von Normunterworfenen stehen könne und dürfe, freiwillig auf zwingend vorgesehene Steuerbegünstigungen (wie hier Sonderzahlungsbegünstigung gemäß § 67 EStG 1988) zu verzichten, um andere steuerliche Vorteile (hier Progressionsermäßigung gemäß § 37 EStG) zu erlangen. Wäre dies zulässig, wäre der bereits erwähnte Ausschlussgrund des § 37 Abs. 7 EStG 1988, wonach für Einkünfte, die zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 versteuert werden, keine Progressionsermäßigung zustehe, inhaltsleer, weil beliebig vermeidbar. Im Übrigen müsste in weiterer Folge jedem Steuerpflichtigen mit vergleichbarer Diensterfindungsvergütung bei korrekter Abrechnung durch den Arbeitgeber die Möglichkeit eingeräumt werden, im Wege der Steuerveranlagung auf die erfolgte (teilweise) Versteuerung mit dem festen Steuersatz nach § 67 EStG 1988 zu verzichten und diesem in weiterer Folge die Halbsatzbegünstigung des § 37 EStG 1988 auf Antrag gewährt werden.

Wenn sich bei der Veranlagung demnach ergeben würde, dass eine Vergütung aus der Verwertung von Patentrechten noch zum Teil mit dem festen Satz des § 67 EStG 1988 zu versteuern gewesen wäre, komme zwingend der Ausschlussgrund gemäß § 37 Abs. 7 EStG 1988 zum Tragen.

Die Bestimmung des § 37 Abs. 1 dritter Teilstrich EStG 1988 und die Ausführungen in Abs. 7 leg. cit. seien zudem nach Ansicht der Abgabenbehörde so zu interpretieren, dass hinsichtlich der Vergütung grundsätzlich auf die einzelne Erfindung abzustellen sei.

Wenngleich die Diensterfindungsvergütung in drei Teilbeträgen gewährt worden sei, handle es sich dennoch um eine einheitliche, aus einer einzelnen Erfindung resultierende Leistung, für die die Halbsatzbegünstigung nicht zustehen würde, weil von der Gesamtvergütung ein Teil noch mit dem festen Steuersatz gemäß § 67 EStG begünstigt gewesen wäre. Eine Aufsplittung in der Form, dass für jenen Teil die Halbsatzbegünstigung zustehen würde, der rechtmäßig als Sechstelüberhang nach dem Tarif zu versteuern gewesen wäre, könne angesichts der Einheitlichkeit der Leistung aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden.

Im Rahmen des Steuerreformgesetzes 2015/2016, BGBl I Nr. 118/2015 sei ab die bis dahin geltende besondere Steuerbegünstigung für Diensterfindungsvergütungen aus dem EStG gestrichen worden. Die Erläuterungen dazu würden wie folgt lauten: "Entsprechend dem Vorschlag der Steuerreformkommission zum Thema Harmonisierung von Sozialversicherung und Lohnsteuer sollen Jubiläumsgeldzahlungen und Diensterfindungsprämien in beiden Bereichen abgabenpflichtig sein. Die Begünstigung für Diensterfindungsprämien in § 67 Abs. 7 soll daher ab 2016 gestrichen werden. Im Gegenzug soll für Jubiläumsgeschenke (dh nur für Sachzuwendungen) aus Anlass eines Dienstjubiläums des Arbeitnehmers oder eines Firmenjubiläums bis zu einer Höhe von 186 Euro im Jahr in § 3 Abs. 1 Z 14 eine Befreiung vorgesehen werden."

Die oa Abschaffung des § 67 Abs. 7 EStG 1988 hätte dazu geführt, dass derartige Vergütungen, die - wie im vorliegenden Fall - steuerlich auf Grund des Rechtstitels und der Auszahlungsmodalität als sonstiger Bezug einzustufen seien, nunmehr nach Maßgabe des § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 gegebenenfalls mit einem festen Steuersatz zu versteuern seien. Die Bestimmung des § 37 Abs. 7 zweiter Satz EStG 1988 sei jedenfalls unverändert geblieben und sei daher nach Ansicht der Abgabenbehörde im vorliegenden Fall anzuwenden. Daher sei die Halbsatzbegünstigung hinsichtlich der Diensterfindungsvergütung nicht zu berücksichtigen gewesen.

In dem dagegen fristgerecht erhobenen Vorlageantrag wiederholte der Bf im Wesentlichen sein Vorbringen in der Beschwerde, verwies ergänzend auf die Entscheidung des UFS, RV/540-G/07, und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Das Finanzamt legte die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Der Bf war im strittigen Jahr 2018 durchgehend bei der ***5*** GmbH nichtselbständig beschäftigt und hatte aus dieser Tätigkeit heraus als Erfinder iSd § 20 PatG Anspruch auf Abgeltung von Diensterfindungen iSd § 8 PatG. Im Rahmen seines Dienstverhältnisses bezog der Bf für diese zum Patent angemeldeten Diensterfindungen eine Diensterfindungsvergütung in Höhe von insgesamt 66.100,00 €, die in drei Teilen in jeweils gleicher Höhe im Juli, August und September 2018 ausbezahlt wurde. Mit Schreiben vom bestätigte der Arbeitgeber des Bf, dass in der Kennzahl 210 am Lohnzettel des strittigen Jahres 2018 ein Betrag in Höhe von EUR 66.100,00 brutto als Diensterfindungsvergütung enthalten ist. Der Patenschutz ist aufrecht. Amtliche Aktenzeichen sind beispielsweise ***2***, ***3***, ***4***, etc. Der Betrag wurde als laufender Bezug zur Gänze nach Tarif versteuert und ist daher auch in Höhe von EUR 66.100 brutto in der Kennzahl 245 enthalten.

Beweise:

Die Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen des Bf sowie den vorgelegten Unterlagen (Lohnzettel, Lohnkonto und Bestätigung des Arbeitgebers) und sind nicht weiter strittig.

Rechtliche Beurteilung und Erwägungen:

Gemäß § 37 Abs. 1 Teilstrich 3 EStG 1988 ermäßigt sich der Steuersatz für Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen (§ 38 EStG 1988) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.

Gemäß § 37 Abs. 7 Satz 2 EStG 1988 steht für Einkünfte, die zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 EStG 1988 versteuert werden, keine Progressionsermäßigung zu.

§ 38 EStG 1988 - Verwertung von Patentrechten - lautet:
"(1) Sind im Einkommen Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen durch andere Personen enthalten, so ermäßigt sich der Steuersatz auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Diese Begünstigung steht nur dem Erfinder selbst zu.
(2) Der patentrechtliche Schutz muss für jenen Zeitraum gegeben sein, für den Lizenzzahlungen erfolgen oder in dem die Erfindung veräußert wird. Die Erfindung muss in jenem Gebiet patentrechtlich geschützt sein, in dem sie im Sinne des Abs. 1 verwertet wird; erfolgt diese Verwertung im Ausland, so genügt es, wenn die Erfindung in Österreich patentrechtlich geschützt ist.
(3) Der ermäßigte Steuersatz steht nur für Veranlagungszeiträume zu, für die der Patentschutz nach Abs. 2 aufrecht ist. Der aufrechte Patentschutz ist auf Verlangen der Abgabenbehörde vom Steuerpflichtigen nachzuweisen
."

§ 67 Abs. 1 EStG 1988 lautet:

"Erhält der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), beträgt die Lohnsteuer für sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß Abs. 2 nach Abzug der in Abs. 12 genannten Beträge

1. für die ersten 620 Euro 0%,
2. für die nächsten 24.380 Euro 6%,
3. für die nächsten 25.000 Euro 27%,
4. für die nächsten 33.333 Euro 35,75%.

Die Besteuerung der sonstigen Bezüge mit diesen festen Steuersätzen unterbleibt, wenn das Jahressechstel gemäß Abs. 2 höchstens 2.100 Euro beträgt. Der Freibetrag von 620 Euro und die Freigrenze von 2.100 Euro sind bei Bezügen gemäß Abs. 3, Abs. 4, Abs.5 erster Teilstrich, Abs. 6 bis 8 und Abs. 10 nicht zu berücksichtigen."

§ 67 Abs. 2 EStG 1988 in der Fassung vor BGBl I 103/2019 lautet:

"Das Jahressechstel beträgt ein Sechstel der bereits zugeflossenen, auf das Kalenderjahr umgerechneten laufenden Bezüge. Soweit die sonstigen Bezüge gemäß Abs. 1 mehr als das Jahressechstel oder nach Abzug der in Abs. 12 genannten Beträge mehr als 83.333 Euro betragen, sind diese übersteigenden Bezüge im Auszahlungsmonat nach Abs. 10 zu besteuern. Bei der Berechnung des Jahressechstels ist jener laufende Bezug, der zusammen mit dem sonstigen Bezug ausgezahlt wird, bereits zu berücksichtigen. Wird ein sonstiger Bezug in einem Kalenderjahr vor Fälligkeit des ersten laufenden Bezuges ausgezahlt, ist dieser erste laufende Bezug in seiner voraussichtlichen Höhe auf das Kalenderjahr umzurechnen. Steuerfreie laufende Bezüge gemäß § 3, ausgenommen laufende Einkünfte gemäß § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und 15 lit. a, erhöhen nicht das Jahressechstel, steuerfreie sonstige Bezüge gemäß § 3, ausgenommen sonstige Einkünfte gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 und11, werden auf das Jahressechstel nicht angerechnet."

Zu der im vorliegenden Fall strittigen Frage, ob die dem Bf vom Dienstgeber gewährte Diensterfindungsvergütung der Progressionsermäßigung nach § 37 Abs. 1 Teilstrich 3 EStG 1988 iVm § 38 EStG 1988 zugänglich ist oder ob die Ausschlussbestimmung des § 37 Abs. 7 Satz 2 EStG 1988 anzuwenden ist, hat das Bundesfinanzgericht die Auffassung vertreten (vgl. ), dass es für die Lösung dieser Frage nicht darauf ankommen könne, ob ein Teil der Vergütung bei richtiger Zuordnung als sonstige Bezüge noch mit dem begünstigten festen Steuersatz des § 67 Abs. 1 EStG 1988 besteuert werden hätte können, zumal dieser zu den vorliegenden Auszahlungszeitpunkten noch im Jahressechstel Deckung gefunden hätte. Eine derartige Interpretation, nach der die Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes letztlich vom Auszahlungszeitpunkt und damit von einer Zufälligkeit abhängig ist, erscheine dem Bundesfinanzgericht keinesfalls sachgerecht, weshalb der Beschwerde Folge zu geben war.

Die dagegen erhobene Amtsrevision hat der Verwaltungsgerichtshof als unbegründet abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt (vgl. ):

"Die mit der Bestimmung des § 37 Abs. 7 EStG 1988 beabsichtigte Vermeidung einer doppelten Begünstigung von Diensterfindungsvergütungen tritt nach der für das Streitjahr 2016 geltenden Rechtslage dann nicht ein, wenn wie vom Bundesfinanzgericht im Revisionsfall festgestellt, bei richtiger lohnsteuerlicher Behandlung der Diensterfindungsprämien zwar eine (teilweise) Versteuerung mit dem festen Steuersätzen des § 67 EStG 1988 hätte erfolgen müssen, dafür aber andere (später ausbezahlte) sonstige Bezüge (etwa der 13. und 14. Monatsbezug) wegen Sechstelüberschreitung zum vollen Tarif zu versteuern gewesen wären.

Eine vom Gesetzgeber nicht gewollte doppelte steuerliche Begünstigung der Diensterfindungsvergütung liegt nicht vor, wenn lediglich auf Grund des zufälligen Auszahlungszeitpunktes der feste Steuersatz des § 67 EStG 1988 zur Anwendung kommt (bzw. kommen müsste), über das Kalenderjahr betrachtet aber andere sonstige Bezüge wegen der begünstigten Besteuerung der Diensterfindungsprämie zum vollen Tarif versteuert werden müssen. Teleologische, historische und verfassungsrechtliche Erwägungen sprechen dafür, die Ausschlussbestimmung des § 37 Abs. 7 EStG 1988 dahingehend auszulegen, dass ein solcher Jahressechstelüberhang einer Progressionsermäßigung nach § 38 EStG 1988 im Rahmen der Veranlagung zugänglich (vgl. Fuchs in Doralt et al, EStG21, § 38 Tz 14/1; Bramerdorfer/Kovacevic, Steuerliche Behandlung von Diensterfindungsvergütungen, SWK 2018, 969ff; Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2020, § 38 Rz 14)."

Unter Bezugnahme auf diese VwGH-Rechtsprechung war daher - bei der im vorliegenden Beschwerdefall gleichlautenden Rechtsfrage - wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden (vgl. weiters , , RV/2100669/2020). Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde mit Schreiben vom zurückgenommen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme, war unter Hinweis auf die in dieser Rechtsfrage bereits ergangene und zitierte Judikatur die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2101053.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at