Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.07.2021, RV/2100880/2019

Keine Festlegung der Normalarbeitszeit - keine begünstigten Überstundenzuschläge gem. § 68 Abs 1 EStG 1988

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/15/0091. Mit Erkenntnis v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache

***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Norbert Huber, Leopoldstraße 3, 6020 Innsbruck,

über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Judenburg Liezen vom betreffend Haftung für Lohnsteuer 2013 - 2016 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, die ***Bf1*** (im Folgenden Bf.) betreibt ein Hotel und hat in den Streitjahren ihre Mitarbeiter zum Teil als Arbeiter, zum Teil als Angestellte beschäftigt.

Im Zuge einer Außenprüfung hat das Finanzamt festgestellt, dass es aus den Arbeitszeitaufzeichnungen der Mitarbeiter nicht ersichtlich ist, welche der geleisteten Stunden Normalarbeitszeit und welche Überstunden darstellen würden.

Da nach Ansicht des Finanzamtes somit keine geeigneten Nachweise über Anzahl und zeitliche Lagerung der Überstunden sowie zwingende betriebliche Gründe zur Leistung der Überstunden beigebracht werden können, hat es in den angefochtenen Haftungsbescheiden für Lohnsteuer 2013 - 2016 vom die bisher am Lohnkonto ausgewiesenen "Überstundenzuschläge 50 % gem. § 68 Abs 1 EStG 1988", welche steuerfrei abgerechnet wurden, ausgeschieden, und die dafür anfallende Lohnsteuer zur Vorschreibung gebracht.

Die Bescheide begründete das Finanzamt mit dem Bericht bzw. der Niederschrift zur Schlussbesprechung der Außenprüfung.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom machte die Bf. zunächst Rechtswidrigkeit aufgrund fehlender Begründung gelten: Der Verweis auf einen Außenprüfungsbericht bzw. eine Niederschrift sei keine ausreichende Begründung.

Inhaltlich vertrat die Bf. den Rechtsstandpunkt, dass die Frage, ob Überstundenarbeit konkret vorliegt, ausschließlich eine Frage der rechtlichen Subsumtion sei und nicht etwa eine (den Arbeitszeitaufzeichnungen zugängliche) Tatsachenfrage. Da das AZG eine arbeitszeitrechtliche Bewertung nicht vorsehe, sei eine solche Bewertung wie etwa im Zusammenhalt mit über mehrere Wochen/Monate laufende Durchrechnungszeiträume überhaupt nicht möglich.

Wörtlich heißt es weiter: "Der verfehlte Ansatz und Gedankengang der Erstbehörde, nämlich aus den Arbeitszeitnachweisen (AZN) auch den konkreten Eintrag (richtig genommen die rechtliche Qualifizierung/Subsumtion!) entnehmen bzw. ersehen zu wollen, an welchem Tag und zu welchen Tagesstunden der einzelne Arbeitnehmer Überstunden denn geleistet hätte, ist somit letztlich nichts anderes als behördliche Verweigerung eigener selbst aufgetragener Tätigkeit und deren unzulässige Verschiebung zu Lasten des Arbeitgebers auf die Tatsachenkategorie, würde in Konsequenz und zu Ende geführt bzw. gedacht zum freilich regelrecht hanebüchener Resultat führen, dass es l etztlich ausschließlich auf den von einem Arbeitgeber in Arbeitszeitaufzeichnungen gesetzten Eintrag anzukommen und somit es dieser letztlich in der Hand hätte, etwa beispielsweise selbst bei einer im Rahmen einer 5-Tage-Woche geführten 40 Stundenwoche (5 * 8) durch einen bloßen Überstundenzusatz in der Arbeitszeitaufzeichnung arbeitszeitrechtliche Normal- zu letztlich aber auch steuerrechtlich relevanter Überstundenarbeit mutieren zu lassen(l), die solcherart auch vollkommen unabhängig von deren Lage zumindest jedenfalls der allgemeinen Lohnsteuerbegünstigung für Überstundenarbeit nach § 68 Abs. 2 EStG (bei ohne Einbindung des Sonntages während der Arbeitswoche aber bereits gewährten zwei freien Tagen letztlich aber auch nach § 68 Abs. 1 EStG) sodann demzufolge zuzuführen wären "

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom begründete das Finanzamt damit, dass die steuerliche Begünstigung des § 68 Abs 1 EStG nur für qualifizierte Zuschläge, an Sonntagen, Feiertagen oder in der steuerlichen Nacht, mit einem betrieblichen Erfordernis angewandt werden könne, weshalb für die Gewährung eine genaue Aufzeichnung und Zuordnung der Überstunden nötig sei, was nicht erfolgt sei. Die steuerliche Begünstigung der Überstunden nach § 68 Abs 2 EStG, für welche keine besondere zeitliche Lagerung der Überstunden nötig ist, sei ebenso wenig beanstandet worden wie die begünstigte Besteuerung der Feiertagszuschläge nach § 68 Abs 1 EStG, da diese eindeutig zuordenbar sind.

Im Vorlageantrag vom wiederholte die Bf. ihr Vorbringen und ergänzte, dass es für die steuerliche Begünstigung nicht auf den Inhalt der Vereinbarung ankomme, sondern auf die konkrete tatsächliche Lage erbrachter Arbeit, die sich den Arbeitszeitaufzeichnungen entnehmen lasse. Weiters heißt es: "Werden nämlich beispielhaft auch im Rahmen eines Durchrechnungszeitraums geleistete Überstunden nicht wiederum mehr entsprechend abgebaut bzw.ausgeglichen, bleiben diese unverändert und zwar auch hinsichtlich deren Lage Überstunden, wobei auch bereits in der Beschwerde aufgezeigt, vom Finanzamt Judenburg-Liezen in der Beschwerdevorentscheidung aber übergangen bzw. gelesen wurde, dass in Bewertung von Normal- und Überstundenarbeit und im Rahmen der gesetzlichen Normalarbeitszeitgrenzen sowie im Sinne des gregorianischen Kalenders zunächst die Normalarbeitszeit und erst im Anschluss daran etwaige Überstundenarbeit anfällt ."

Aktenkundig sind elektronische Arbeitszeitaufzeichnungen von ***1*** für Jänner bis Dezember 2016, die an jedem Arbeitstag eine Arbeitszeit von 8:00 bis 17:30 (mit 30 Minuten Pause ergibt 9 Stunden) und von ***2***, der an den Arbeitstagen auch jeweils 9 Stunden im Einsatz war (von 10:00 - 15:00 und von 18:00 - 20:30 mit 30 Minuten Pause). Die Tage, an denen nicht gearbeitet wurde sind als Wochenruhetag oder als Urlaubstag gekennzeichnet.

Die steuerliche Vertretung gab zu den Aufzeichnungen an:

"Die im Lohnkonto angeführte Zeile "Überstundenzuschläge 50 % § 68/1" bezieht sich ausschließlich auf steuerfrei berücksichtigte Überstundenzuschläge aufgrund der zeitlichen Lagerung in der Blockarbeitszeit, Sonntags oder Feiertags.Es handelt sich hierbei wieder um dieselbe Logik wie bei den Blockarbeitszeit-Überstunden: Es ist die Gesamtarbeitszeit inklusive der zeitlichen Lagerung angegeben, also bei Wert "9" handelt es sich um 1 Überstundenzuschlag.Nochmal erwähnt soll werden, dass wenn ein Mitarbeiter die vereinbarten Überstunden laut Vertrag nicht geleistet hatte, der Betrieb spätestens am Ende der Saison alle nicht geleisteten Überstunden oder Ausfallszeiten, wie Kranktage oder Urlaubstage, (also nicht steuerfrei nach § 68) nachversteuert, nachgemeldet und auch an das Finanzamt nachbezahlt hat. "

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Die Dienstnehmer führen laut unwidersprochener Erhebungen des Finanzamtes (ausdrücklich in der Beschwerdevorentscheidung dargestellt) ihre jeweiligen Arbeitszeitnachweise (AZN) auf elektronischem Wege. In den Arbeitszeitnachweisen sind die Arbeitszeiten in Spalten wie folgt erfasst:

• Datum (mit Wochentag)
• Zeitart (Wochenruhetag, Arbeitstag, Arbeitsfeiertag, Urlaubstag, Ersatzruhetag, Zeitausgleich, etc)
• Arbeitszeit mit Beginn und Ende
• Pause
• GAZ (Gesamtarbeitzeit)

Die Bf. legte zwei "Muster-Arbeitsverträge" betreffend Frau ***1*** (als Angestellte) und Frau ***3*** (als Arbeiterin) vor. Mit den übrigen Arbeitnehmern wurden laut Bf. gleichlautende Verträge abgeschlossen, was vom Finanzamt nicht bezweifelt wurde.

Im Vertragsmuster für Angestellte ist unter Punkt "2. Dienstzeit und Ersatzruhe" unter anderem angeführt: "Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 54,00 Stunden aufgeteilt auf 6,0 Tage.
Im Vertragsmuster betreffend Arbeiter ist die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit mit 45,00 Stunden ausschließlich der Pausen, aufgeteilt auf 6,0 Tage" geregelt.
Die Einteilung der Arbeitsleistungen erfolgt laut der Verträge generell durch den Dienstgeber, bzw. den Abteilungsleiter. Die Aufteilung dieser Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage wird zwischen dem Dienstgeber und dem Dienstnehmer vereinbart. Über die als vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitsleistungen bedürfen der ausdrücklichen Anweisung und Zustimmung des Dienstgebers.
In den Verträgen wurde in Punkt 6. ein Durchrechnungszeitraum von einer Saison vereinbart.

Das vertraglich vereinbarte Entgelt teilte sich in ein Grundgehalt bzw. einen Grundlohn, ein Überstundenpauschale, ein Feiertagsarbeitsentgelt und eine All In Überzahlung, bei Arbeitern auch ein Zuschlag für 6. A. Tag.

Vom Überstundenpauschale ließ die Bf. Teile steuerfrei.

2. Rechtslage

§ 68 EStG 1988 idF BGBl 53/2013:

(1) Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge sind insgesamt bis 360 Euro monatlich steuerfrei.

(2) Zusätzlich zu Abs. 1 sind Zuschläge für die ersten zehn Überstunden im Monat im Ausmaß von höchstens 50% des Grundlohnes, insgesamt höchstens jedoch 86 Euro monatlich, steuerfrei.

(3) Soweit Zulagen und Zuschläge durch Abs. 1 und 2 nicht erfaßt werden, sind sie nach dem Tarif zu versteuern.

(4) Als Überstunde gilt jede über die Normalarbeitszeit hinaus geleistete Arbeitsstunde. Als Normalarbeitszeit gilt jene Arbeitszeit, die auf Grund

1. gesetzlicher Vorschriften,

2. von Dienstordnungen der Gebietskörperschaften,

3. aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,

4. der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,

5. von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,

6. von Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden,

festgesetzt wird oder die

7. innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern allgemein übliche Normalarbeitszeit. Als Überstunde gilt jedoch nur jene Arbeitszeit, die 40 Stunden in der Woche übersteigt oder durch die die Tagesarbeitszeit überschritten wird, die sich auf Grund der Verteilung einer mindestens 40stündigen wöchentlichen Normalarbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage ergibt.

Als Überstundenzuschläge gelten die durch die Vorschriften im Sinne der Z 1 bis 6 festgelegten Zuschläge oder die im Sinne der Z 7 innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern allgemein gewährten Zuschläge.

(…)

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Bescheidbegründung

Die Bf. sieht die angefochtenen Bescheide als unbegründet, weil die Bescheide lediglich auf den Außenprüfungsbericht bzw. die Niederschrift zur Schlussbesprechung verweisen.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) kann die Begründung des Bescheides jedoch auch durch Verweisung auf die der Partei mitgeteilten Feststellungen des abgabenbehördlichen Prüfers erfolgen (vgl. zB. ). Überdies können (allfällige) Mängel einer Begründung können auch (wirksam) im Rechtsmittelweg saniert werden (vgl. oder , mwN).

Da sich bereits dem Außenprüfungsbericht der Sachverhalt und die vom Finanzamt gezogenen Schlüsse entnehmen lassen, geht dieser Einwand in Leere. Die Bescheide sind ausreichend begründet.

3.2. Nachweispflichten

Soweit die Bf. vermeint, es sei eine überzogene Forderung der Abgabenbehörde "aus den Arbeitszeitnachweisen auch den konkreten Eintrag (richtig genommen die rechtliche Qualifizierung/Subsumtion!) entnehmen bzw. ersehen zu wollen, an welchem Tag und zu welchen Tagesstunden der einzelne Arbeitnehmer Überstunden denn geleistet hätte" statt dies selbst zu ermitteln, ist ihr entgegen zu halten, dass die Feststellung eines abgabenrechtlich bedeutsamen Sachverhaltes zwar in erster Linie Aufgabe der Abgabenbehörde ist. Das gilt jedoch nicht im Fall der Inanspruchnahme von Abgabenbegünstigungen, bei denen das Zutreffen der jeweiligen Voraussetzungen vorrangig vom Abgabepflichtigen nachzuweisen oder glaubhaft zu machen ist ( oder ).

3.3. Begünstigung für qualifizierte Überstunden

Im Beschwerdefall ist in der Sache ausschließlich strittig, ob Teile des Überstundenpauschales unter die Begünstigung des § 68 Abs 1 EStG 1988 fallen oder nicht.
Die Zuschläge für Feiertagsarbeit wurden ebenso steuerfrei belassen, wie Überstundenzuschläge iSd § 68 Abs 2 EStG 1988 (die ersten 5 Überstunden eines Monats).

§ 68 Abs 1 EStG 1988 sieht für Überstundenzuschläge, die in Zusammenhang mit Überstunden an Sonn- und Feiertagen bzw. in der Nacht gewährt werden, eine Steuerfreiheit im Ausmaß von insgesamt bis zu 360 Euro monatlich vor.
Als Überstunde gilt jede über die Normalarbeitszeit hinaus geleistete Arbeitsstunde (§ 68 Abs 4 EStG 1988).
Um in den Genuss der Begünstigung des § 68 Abs 1 EStG 1988 zu kommen, muss damit einerseits eine Überstunde vorliegen (für die ein Zuschlag gewährt wird) und andererseits diese an Sonn- und Feiertagen bzw. in der Nacht geleistet werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus in ständiger Rechtsprechung (, , , , , vgl schon ; u.w.m.) abgeleitet, dass die Begünstigung nur in Betracht kommt, wenn die genaue Anzahl und die zeitliche Lagerung aller im Einzelnen tatsächlich geleisteten Überstunden und die genaue Höhe der dafür über den sonstigen Lohn hinaus mit den Entlohnungen für diese Überstunden bezahlten Zuschläge feststehen.

Im Beschwerdefall wurde die Arbeitszeit mit den Angestellten im Ausmaß von 54 Stunden pro Woche und mit den Arbeitern im Ausmaß von 45 Stunden pro Woche, jeweils aufgeteilt auf 6 Tage vereinbart. Zusätzlich war eine Durchrechnung über die ganze Saison vorgesehen.

Daraus lässt sich keine Lagerung der Normalarbeitszeit ableiten. Es findet sich auch in keiner Betriebsvereinbarung, in keiner Einzelvereinbarung oder ähnlichem eine genaue zeitliche Lagerung der Normalarbeitszeit.

Folglich ist auch die Feststellung, wann eine (qualifizierte) Überstunde geleistet wurde, im Beschwerdefall nicht möglich.

Aufgrund der Vereinbarung eines Durchrechnungszeitraumes von einer Saison ist - wie auch der Vertreter der Bf. in seiner im Zuge des BP-Verfahrens am abgegebenen Stellungnahme selbst einräumt, eine Bewertung als Normalarbeitszeit ode rÜberstunde gar nicht möglich. Wörtlich heißt es: "Gerade auch in Zusammenhalt mit über mehrere Wochen laufenden Durchrechnungszeiträumen wird man im Rahmen etwa in der Regel monatlich geführter Arbeitszeitnachweise schlichtweg eine abschließende Bewertung, inwieweit die erfassten geleisteten Arbeitszeiten letztlich als Normal- oder aber Überstunden zu bewerten sind, überhaupt nicht vornehmen können ". Auch in der Beschwerde selbst sei "in verständiger Betrachtung eine solche Bewertung (nämlich die Bewertung der Arbeitszeit als Überstunde) wie etwa im Zusammenhalt mit über mehrere Wochen/Monate laufende Durchrechnungszeiträume evident ersichtlich überhaupt nicht möglich "

Auch unter Heranziehung von § 68 Abs 4 Z 7 EStG 1988 EStG 1988 lässt sich im Beschwerdefall nicht zweifelsfrei feststellen, wann eine Überstunde vorliegt: Eine Überstunde, die durch Überschreiten der innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer allgemein üblichen Normalarbeitszeit zustande kommt, liegt entweder vor, wenn die Arbeitszeit von 40 Stunden in der Woche oder wenn die Tagesarbeitszeit überstiegen wird.
Der von der Bf. gezogene Schluss, dass die jeweils neunte Arbeitsstunde jeden Arbeitstages eine Überstunde ist, ist daher genau so wenig zwingend wie der Schluss, dass die ersten 40 Stunden jeder Woche Normalarbeitszeit sind, alle weiteren Stunden Überstunden.

Zusätzlich dazu wurde durch die Vereinbarung eines Durchrechnungszeitraumes selbst dann, wenn man der Argumentation der Bf. folgt und nur 8 Stunden täglich als Normalarbeitszeit ansieht, eine Situation geschaffen, in der die neunte tägliche Arbeitsstunde zu einem Zeitausgleich führen könnte und nicht zu einer Überstunde.

Dementsprechend geht auch das Finanzamt davon aus, dass zwar Überstunden an sich geleistet werden (die nach § 68 Abs 2 EStG 1988 begünstigt sind), versagt aber zu Recht die Begünstigung für qualifizierte Überstunden an Sonn- und Feiertagen bzw. in der Nacht gem. § 68 Abs 1 EStG 1988, weil aufgrund der fehlenden Vereinbarung der Normalarbeitszeit nicht gesagt werden kann, wann die Überstunden genau gemacht wurden.

Soweit sich daher - wie im Beschwerdefall - eine genaue Lagerung der Normalarbeitszeit nicht ermitteln lässt, kann es unabhängig davon, wie genau die Arbeitszeiten aufgezeichnet sind, zu keiner Begünstigung für Überstundenzuschläge gemäß § 68 Abs 1 EStG 1988 (für Überstunden an Sonn- und Feiertagen bzw. in der Nacht) kommen, weil nicht festgestellt werden kann, wann genau die Überstunden gemacht wurden.

Abgesehen davon muss in Anbetracht der dem § 68 Abs. 1 EStG 1988 zu Grunde liegenden Intention, nur jene Arbeitnehmer steuerlich zu begünstigen, die gezwungen sind, zu den im § 68 Abs. 1 EStG 1988 angeführten Zeiten Leistungen zu erbringen, auch der zwingende betriebliche Grund, gerade an diesen Tagen und Zeiten die Tätigkeiten zu erbringen, nachgewiesen werden, hätten es doch sonst Arbeitgeber und Arbeitnehmer weitgehend in der Hand, eine begünstigte Besteuerung des Arbeitslohnes durch Verlagerung der (Überstunden)Tätigkeit in begünstigte Zeiten herbeizuführen (, , ).

Die Aufteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage wird zwischen dem Dienstgeber und dem Dienstnehmer vereinbart, ohne dass dafür der Nachweis eines zwingenden betrieblichen Grundes gegeben wäre. Dementsprechend wurde auch diesbezüglich kein Nachweis erbracht.

Da im Beschwerdefall mangels Vorliegens einer Normalarbeitszeit die genaue Anzahl und die zeitliche Lagerung aller im Einzelnen tatsächlich geleisteten Überstunden nicht feststeht, können aus dem Überstundenpauschale keine steuerfreien Beträge herausgerechnet werden.

Die Beschwerde war daher wie im Spruch ersichtlich abzuweisen.

4. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall hat der VwGH in mehreren (hier zitierten) Erkenntnissen über die Voraussetzungen des § 68 Abs 1 EStG 1988 abgesprochen, sodass keine Rechtsfrage grundlegender Bedeutung vorliegt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100880.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at