Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 08.07.2021, RV/7102810/2012

Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den SenatsvorsitzendenRi, die Richterin 1 als weiteres Mitglied sowie die fachkundigen Laienrichter 2 und 3 im Beisein der Schriftführerin 4 in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Steuerberater, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend die gemäß § 93 EStG 1988 iVm § 95 Abs. 5 EStG 1988 erfolgte Festsetzung (Direktvorschreibung) der Kapitalertragsteuer für das Jahr 2009 nach am durchgeführter mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Außenprüfung betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2009

Zunächst fand beim Bf. im Jahr 2012 eine die Umsatz- und Einkommensteuer der Jahre 2007 bis 2009 umfassende Außenprüfung statt, im Zuge dessen der Prüfer in der Tz 2 des Berichtes vom nachstehende, für des verwaltungsgerichtliche Verfahren relevante Feststellung traf:

Ausgehend von der Stellung des Bf. als 50 % Gesellschaftergeschäftsführer der Pension ***12*** seien von vorangeführtem Unternehmen mit Faktura vom Betriebsmittel um den Betrag von 150.000,00 Euro zuzüglich 30.000,00 Euro Umsatzsteuer an die ***2*** veräußert worden.

Behufs der Abwicklung nämlicher Transaktion sowie jener des Liegenschaftsverkaufs habe ein zwischen dem Bf. sowie den Herrn ***3*** und ***4*** (Gesellschafter der ***2***) geschlossener Treuhandvertrag existiert und sei in Erfüllung desselben vom Anderkonto des Notars mit Valuten vom sowie vom Teilbeträge von 42.389,71 Euro sowie 57.871,91 Euro (darin enthalten der Restbetrag von 57.610,29 Euro des treuhänderisch bedungenen Kaufpreisanteils von 100.000,00 Euro) dem, auf den Namen des Bf. lautenden Konto zugezählt worden.

In Ansehung der Tatsache, dass vorgenannter Betrag zivilrechtlich der Pension ***12*** zuzurechnen sei, dessen ungeachtet jedoch vom Bf. vereinnahmt, respektive von diesem der Gesellschaft nicht mehr rückgeführt worden sei, erfülle vorgeschriebene Gestion des Bf. den Tatbestand einer auf den Betrag von 100,000,00 Euro lautenden verdeckten Gewinnausschüttung.

Demzufolge sei in Anbetracht des Faktums, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung Hand in Hand mit der Unterlassung der Kürzung der Kapitalerträge durch den Abzugsverpflichteten (= Pension ***12***) einhergehe, in rechtlicher Hinsicht der in § 95 Abs. 5 Z 1 EStG 1988 determinierte Tatbestand der Direktvorschreibung der auf den Betrag von 25.000,00 Euro lautenden Kapitalertragsteuer an den Empfänger der Kapitalerträge, sprich den Bf. verwirkt worden.

Ergänzend sei auszuführen, dass im Rahmen der Direktvorschreibung, das im Rahmen dieser Maßnahme zu beachtende Ermessen in Anbetracht der Tatsache, dass die ausschüttende Pension ***12*** in Konkurs gegangen sei, respektive diese am ***5*** wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG von Amts wegen gelöscht worden sei und ergo dessen die Geltendmachung eines Haftungsanspruches nicht oder nur erschwert durchsetzbar erscheine, im Sinne des Gesetzes geübt worden sei.

2. Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer vom

Die belangte Behörde folgte den Ausführungen des Prüfers und setzte gegenüber dem Bf. mit Bescheid vom gemäß § 93 EStG 1988 iVm § 95 Abs. 5 EStG 1988 Kapitalertragsteuer in Höhe von 25.000,00 Euro fest.

3. Berufung (Beschwerde) vom

Mit Schriftsatz vom erhob der Bf. durch seinen vormaligen steuerlichen Vertreter gegen den unter Punkt 2. dargestellten Bescheid Berufung (Beschwerde) und führte hierzu begründend aus, dass das auf den Namen des Bf. lautende Konto von der Pension ***12*** gestioniert worden sei, respektive von den im Ausmaß von 100,000,00Euro eingehenden Betrag ein Betrag von 27.727,72 Euro via Überweisung auf das Girokonto ***6*** zur Abdeckung von Krediten bzw. Verbindlichkeiten vorgenannter Gesellschaft verwendet worden sei, wobei dieser Vorgang anhand der an Herrn Dr. ***14*** bekannt gegebenen Salden sowie den Überweisungsbeleg nachweisbar sei. Über den Rest habe die Zweitgesellschafterin Frau ***7***, unter anderem via Transferierung eines Betrages von 48.400,00 Euro auf ihr Konto verfügt. Lediglich ein Betrag von 10.000,00 Euro sei auf ein, dem Bf. zuzurechnenden Konto überwiesen worden.

In Ansehung vorstehender Ausführungen sei der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Für den Fall der Vorlage des Rechtsmittels an den unabhängigen Finanzsenat ergehe der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie einer Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat.

4. Stellungnahme des Prüfers vom

Mit Schriftsatz vom erstattete der Prüfer eine Rechtsmittelstellungnahme nachstehenden Inhalts:

In Ansehung des unstrittigen Zuflusses des Betrages von 100.000,00 Euro gehe das Vorbringen des Bf. demgemäß "andere Personen" an seinem Konto gestioniert hätten, völlig ins Leere. Die vorgelegte Saldenbekanntgabe böte Beweis dafür, dass der Bf. Gelder der Gesellschaft zur Abdeckung seiner eigenen Verbindlichkeiten verwendet habe. Diese Ansicht gründe vor allem auf dem Faktum, dass die seitens der ***15*** dem Notar Dr. ***14*** am übermittelte Saldenbekanntgabe - ein zwecks Lastenfreistellung der im Alleineigentum des Bf. stehenden Liegenschaft, über den in Höhe von 1.000.000,00 Euro bedungenen Verkaufspreis derselben angesiedeltes, zum Stichtag im Ausmaß von 1.041.962, 17 Euro bestehendes Abdeckungserfordernis - aufweise. In nämlicher Art und Weise sei auch das Vorbringen eine Forderung der Gesellschaft - via Zuzählung des Geldbetrages auf das dieser zurechenbare Girokonto - im Ausmaß von 27.727,72 Euro abgedeckt zu haben, sei angesichts der Tatsache, dass letzteres offensichtlich vorweg die, im Alleineigentum des Bf. stehende, der Gesellschaft in Bestand gegebene Liegenschaft betreffende Höchstbetragshypothek (ATS 20.000.000.-) abgesichert habe, nicht nachvollziehbar.

5. Gegenäußerung des Bf. vom

In seiner mit datierten Gegenäußerung stellt der Bf. im Wesentlichen mit dem Argument der Nichterfüllung der objektiven und subjektiven Tatseite das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung sowie die darauf fußende Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Kapitalertragsteuer via Direktvorschreibung generell in Abrede. Darüber hinaus seien - entgegen der Auffassung des Prüfers - via Abwicklung über das Konto des Bf. Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Höhe von 27.727,72 Euro abgedeckt worden, da diese zur Abdeckung desselben verpflichtet gewesen sei.

6. Vorlage der Berufung an den unabhängigen Finanzsenat(UFS)

Am wurde die Berufung - ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung - dem UFS vorgelegt.

7. Stellungnahme der belangten Behörde vom

Unter Bezugnahme auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung gab die belangte Behörde dem BFG mit Eingabe vom bekannt, dass eine Teilnahme eines informierten Vertreters aus terminlichen Gründen nicht erfolgen werde. In der Sache selbst wurde ergänzend nachstehendes ausgeführt:

"In Ansehung der Beschwerdesache selbst erlaubt sich das Finanzamt Österreich, Dienststelle 08 zu den Feststellungen der Betriebsprüfung einerseits und dem Vorbringen des Beschwerdeführers (Bf.) andererseits die nachstehende Stellungnahme abzugeben und ergeht auf diesem Weg das Ersuchen bzw. der Antrag, insbesondere die Stellungnahme des Finanzamtes im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu verlesen.

Vorweg erlaubt sich das Finanzamt in Ansehung des Sachverhaltes - um Wiederholungen zu vermeiden - auf die Feststellungen der Betriebsprüfung und die Ausführungen im Vorlagebericht zu verweisen und gelten die dort gemachten Ausführungen auch an dieser Stelle als angeführt.

Dem Bf. sind von der Pension ***12*** € 100.000 persönlich zugeflossen und wird der Zufluss zu Gunsten des Bf. in der Beschwerde auch eindeutig zuerkannt, wenn dort ausgeführt wird, dass die "Mittel von € 100.000" "auf dem Konto von Herrn ***10***" eingegangen sind. Der o.a. Betrag ist daher in die wirtschaftliche Verfügungsmacht des Bf. gelangt und diesem daher zugeflossen.

Wie der Bf. die Gelder weiterverwendet hat (etwa, falls er diese tatsächlich zur Abdeckung von Verbindlichkeiten eines Kontos der Pension ***12*** verwendet haben sollte, um zum Beispiel seine eigene Haftung als Gesellschafter zu minimieren), ist für den Zufluss der Gelder an sich nicht maßgeblich. Insofern der Bf. als Gesellschafter tatsächlich Gelder zur Abdeckung von Verbindlichkeiten der GmbH verwendet haben sollte, minimiert der Gesellschafter entweder seine eigene Haftung als Gesellschafter oder tätigt eine Einlage in die GmbH. Die Mittelverwendung ist für den Zufluss beim Bf. selbst hingegen schlichtweg irrelevant.

Ebenso irrelevant zur den Zufluss beim Bf. selbst, ist der Umstand, ob und gegebenenfalls wann eine eventuell andere über das Konto des Bf. zeichnungsberechtigte Person Gelder von diesem Konto weiterüberweisen sollte. Auch diese Weiterüberweisung ist eine schlichte Mittelverwendung und für den Zufluss beim Bf. selbst schlichtweg irrelevant.

Insofern der Bf. Vorbringen sollte, dass mit dieser (angeblich durch eine nahe Angehörige, die auf seinem Konto zeichnungsberechtigt gewesen wäre, durchgeführten) Überweisung eine Verbindlichkeit gegenüber eben dieser nahen Angehörigen getilgt worden wäre, ist festzuhalten, dass der Bf. das Vorliegen der steuerlichen Anerkennung für Verträge zwischen nahen Angehörigen (eindeutiger Inhalt, ausreichende Publizität, Fremdvergleich) in keinster Weise nachgewiesen hätte. Auch aus diesem Grund wäre der Zufluss beim Bf. gegeben (gewesen).

Letztendlich ist seitens des Finanzamtes festzuhalten, dass die involvierten Konten unstrittig auf den Bf. persönlich gelautet haben (beziehungsweise lauten).

Dass dem Bf. die Kest direkt vorgeschrieben worden ist (Direktvorschreibung), hatte seinen Grund insbesondere darin, dass über das Vermögen der Pension ***12*** mit Verfahren ***13*** des Handelsgerichtes Wien das Insolvenzverfahren eröffnet und das Unternehmen mit Beschluss des Gerichtes per ***16*** geschlossen worden ist.

Die Direktvorschreibung der KeSt an den Bf. erfolgte daher zu Recht.

In Ansehung der Aktenlage und der obigen Ausführungen stellt das Finanzamt auch an dieser Stelle den Antrag die Beschwerde des Bf. als unbegründet abzuweisen."

8. Replik des Bf. vom

Mit Schriftsatz vom erstattete die steuerliche Vertretung des Bf. zur Stellungnahme der belangten Behörde eine Replik nachstehenden Inhalts:

"Wie schon im Verfahren seitens Herrn ***10*** mehrmals angeführt wurde, wurden die Beträge, die auf sein Konto überweisen wurden zur Abdeckung von Verbindlichkeiten der GmbH verwendet. Die Behauptung der Betriebsprüfung, dass Herrn ***10*** Mittel zugeflossen sind und in der Folge Einlagen getätigt wurden, ist falsch. Vielmehr ist richtig, dass aufgrund der komplizierten Kaufvertragsabwicklungen Zahlungen auf ein auf ihn lautendes Konto geleistet wurden. Alle Beträge, welche auch über sein Konto geflossen sind, dienten ausschließlich zur Begleichung von Verbindlichkeiten der GmbH. Die Mittel, die Herrn ***10*** zugeflossen sind, sind Beträge, welche der GmbH zustehen. Sie wurden vom Konto ***10*** lediglich wieder rücküberwiesen. Es liegt daher keine Mittelverwendung, wie das Finanzamt behauptet vor, sondern es wurden die Mittel, welche aufgrund eines nicht mehr nachvollziehbaren Auszahlungsmodus des Vertragserrichters auf das Konto von ***10*** überwiesen wurden, rückgeführt.

Des Weiteren möchten wir anmerken, dass zwischen der GmbH und Herrn ***10*** ein Mietvertrag bestand. Aufgrund der Liquiditätsschwäche der GmbH existieren Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber dem Vermieter. Etwaige nicht zuordenbare Zahlungen wären daher als Zahlungen zur Abdeckung dieser Verbindlichkeiten zu qualifizieren und nicht als verdeckte Gewinnausschüttung. Falls es zur verdeckten Gewinnausschüttung gekommen ist, kann die Kapitalertragsteuer nur jenem Gesellschafter vorgeschrieben werden, welcher begünstigt war. Dies ist nachgewiesener Weise ***7***.

Wir ersuchen Sie daher im Sinne unserer Beschwerde den Kapitalertragsteuerbescheid ersatzlos aufzuheben."

9. Mündliche Verhandlung vom

Im Rahmen der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung führte der Bf. zur Situation der ***12*** ergänzend aus, dass er als gelernter Koch den Küchenbereich betreut habe, während seine Gattin die buchhalterischen Agenden der Gesellschaft übergehabt habe. Im Zeitraum 2008/2009 sei der Bf. schwer erkrankt, wobei sich der Erstverdacht eines Herzinfarktes nicht bestätigt habe, sondern schlussendlich die Diagnose Panikattacken gestellt worden sei, was den Umstand einer umfangreichen medikamentösen Behandlung zur Folge gehabt habe. An dieser Krankheit sei letztendlich auch seine Ehe gescheitert und sei schlussendlich die Scheidung erfolgt. Der Bf. betonte, dass er als buchhalterischer Laie keinen Einblick in das Rechnungswesen gehabt habe. Der Zufluss der 100.000,00 Euro sowie der Inhalt der Saldenbekanntgabe der ***15*** vom werde außer Streit gestellt.

Der steuerliche Vertreter betonte, dass zwischen dem Bf. als Liegenschaftseigentümer und der ***12*** jedenfalls ein - wenn auch in mündlicher Form - abgeschlossener Bestandsvertrag existiert habe und Mietrückstände seitens der GmbH bestanden hätten. Nach dem Dafürhalten des steuerlichen Vertreters wären Zahlungen unter dem Titel "Mietzahlungen" zu behandeln.

Für den Fall der Vorschreibung von Kapitalertragsteuer sei Frau ***7*** als begünstigte Gesellschafterin zu behandeln, wobei ergänzend anzumerken ist, dass dieses Vorbringen im Zuge des Verwaltungsverfahrens von der Betriebsprüfung ungewürdigt verblieben ist.

Zusammenfassend werde die ersatzlose Aufhebung des Kapitalertragssteuerbescheides beantragt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes (BFG)

Nach der Bestimmung des § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

2. Festgestellter Sachverhalt und Streitgegenstand

In der Folge legt das BFG dem Erkenntnis nachstehend festgestellten Sachverhalt zu Grunde:

Dem Konto des im Streitzeitraum als 50 % Gesellschaftergeschäftsführer der Pension ***12*** fungierenden Bf. sind in Erfüllung eines im Zuge einer am 23. erfolgten Veräußerung von Betriebsmitteln der Gesellschaft abgeschlossenen Treuhandvertrages mit Valuten vom sowie ein - unstrittiger Weise der Gesellschaft zivil und steuerrechtlich zustehender - Gesamtbetrag von 100.00,00 Euro gutgeschrieben worden, wobei die Geldmittel in weiterer Folge sprich im Zeitpunkt der ersten Zuzählung im Betrag von 42.389,71 Euro, zur Abdeckung der Kreditkonten des Bf. für die in seinem Alleineigentum stehende, in ***9*** domizilierte Liegenschaft verwendet wurde, bzw. auch der Differenzbetrag von 57.610, 29 Euro nicht an die in Insolvenz geratene und am ***5*** gemäß § 40 FBG von Amts wegen gelöschte Gesellschaft rückgeführt wurde.

Der ob des Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung erfolgten Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer in Höhe von 25.000,00 Euro tritt der Bf. mit den Argumenten der generellen Nichtverwirkung des Tatbestandes der verdeckten Gewinnausschüttung, der via Transferierung auf das Konto in Höhe von 48.400,00 Euro bewirkten Verwendung der Geldmittel durch die Zweitgesellschafterin, sowie der in Höhe von 27.727,72 Euro erfolgten Abdeckung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft entgegen.

3. Rechtliche Würdigung

3.1. Rechtsgrundlagen

Nach der Bestimmung des § 27 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 zählen Gewinnanteile, Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Solche Einkünfte unterliegen, wenn der Schuldner der Kapitalerträge Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat (inländische Kapitalerträge), der Kapitalertragsteuer nach § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988.

Die Kapitalertragsteuer wird nach § 93 Abs. 1 EStG 1988 durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben.

Nach § 95 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 (in der für das Streitjahr geltenden Fassung) ist zum Abzug der Kapitalertragsteuer bei inländischen Kapitalerträgen der Schuldner der Kapitalerträge verpflichtet. Der zum Abzug Verpflichtete hat die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen (§ 95 Abs. 4 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung). Der zum Abzug Verpflichtete hat die einbehaltenen Steuerbeträge unter der Bezeichnung "Kapitalertragsteuer" binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge abzuführen (§ 96 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung). Er hat zu diesem Zweck die Kapitalertragsteuer in einer KESt-Anmeldung zu dokumentieren und an das Finanzamt zu übermitteln.

Gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung ist der Empfänger der Kapitalerträge der Schuldner der Kapitalertragsteuer.

Nach § 95 Abs. 5 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung ist dem Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn

1. der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder

2. der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nichtvorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

3.2. Rechtliche Beurteilung

3.2.1. Verwirkung des Tatbestandes der verdeckten Gewinnausschüttung dem Grunde nach

Das KStG 1988 selbst enthält keine Begriffsdefinition der verdeckten Gewinnausschüttung. Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung versteht man nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der Literatur (z.B. ,und vom , 89/14/0133; Kirchmayer in Leitner, Handbuch verdeckte Gewinnausschüttung, S. 140) alle nicht ohne weiteres als Ausschüttung erkennbaren Zuwendungen (Vorteile)einer Körperschaft an die unmittelbar oder mittelbar Beteiligten, die zu einer Gewinnminderung bei der Körperschaft führen und die dritten, der Körperschaft fremden, nicht gewährt werden. Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Diese Ursache ist an Hand eines Fremdvergleiches zu ermitteln.

Die verdeckte Ausschüttung setzt daher eine Vermögensminderung bei der betreffenden Körperschaft voraus.

Ausgehend von obigen Prämissen ist einleitend festzuhalten, dass die Überweisung der aus der Veräußerung der der Gesellschaft zuzurechnenden Betriebsmittel stammenden Geldbetrages von 100,000,00 Euro auf das Konto des Bf. einzig und allein auf dessen Stellung als Geschäftsführergesellschafter beruhte.

In diesem Zusammenhang ist auch die Tatsache nicht außer Acht zu lassen, dass seitens des Bf. bzw. seiner Vertretung weder im Zuge des Prüfungsverfahrens, noch des Rechtsmittelverfahrens keine wie immer gearteten Zweifel an der berechtigten Zurechnung der Geldmittel an die Gesellschaft geäußert wurden.

Aus vorgenannten Gründen erachtet der erkennende Senat das in der Gegenäußerung zur Rechtsmittelstellungnahme des Prüfers erstattete Vorbringen, wonach der Bf. weder den objektiven, noch den subjektiven Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt zu haben als nicht nachvollziehbar.

Diese Schlussfolgerung gründet hierbei auf der Tatsache, dass der Geldbetrag von 100.000,00 Euro unzweifelhaft dem Konto des Bf. gutgeschrieben wurde und eine Rückführung dieser Mittel an die Gesellschaft nach Aktenlage gerade nicht erfolgt ist.

Korrespondierend damit ist nach dem Dafürhalten des Verwaltungsgerichts sowohl die Vermögensminderung der Gesellschaft (objektive Tatseite), als auch das Vorliegen der auf Nichtrückzahlung der Geldmittel beruhenden Bereicherungsabsicht des Bf. (subjektive Tatseite) evident.

In diesem Zusammenhang kommt angesichts der unstrittigen Tatsache, dass sowohl der Treuhandvertrag, den Bf. als Vertragspartner ausweist, als auch das Konto auf den Namen des Bf. lautet, auch dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung getätigten Vorbringen, wonach der Bf. als buchhalterischer Laie keinen Einblick in die rechnerische Gebarung des Unternehmens gehabt habe, keine Bedeutung zu.

Zusammenfassend hat der Bf. im streitgegenständlichen Zeitraum - aus einer verdeckten Gewinnausschüttung - herrührende Einkünfte gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988 erzielt und war daher dem Rechtsmittel insoweit eine Absage zu erteilen.

3.2.2. Ausmaß der verdeckten Ausschüttung

Ausgehend von der unter Punkt 3.2.1. getroffenen Schlussfolgerung hatte der erkennende Senat über die weiteren - offenbar in Richtung einer betragsmäßigen Reduktion der verdeckten Gewinnausschüttungen - abzielenden Vorbringen des Bf., demgemäß ein Betrag von 48.400,00 Euro durch die Zweitgesellschafterin verwendet worden sei, respektive der Bf. Verbindlichkeiten der Gesellschaft im Ausmaß von 27.727,72 Euro via Rückführung der Geldmittel auf deren Girokonto abgedeckt habe, zu befinden.

Dem Vorbringen, wonach eine Mittelverwendung durch die Zweitgesellschafterin im Ausmaß von 48.400,00 Euro erfolgt sei, ist seitens des BFG zu entgegnen, dass via Zuzählung des Betrages von 100.000,00 Euro auf das - nach Aktenlage in der ausschließlichen Verfügungsmacht des Bf. - stehenden Kontos die - aus der verdeckten Gewinnausschüttung herrührenden - Einkünfte gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG als bezogen gelten und ergo dessen spätere (Weiter) -Transferierungen auf das Konto der Zweitgesellschafterin als ertragsteuerlich unbeachtliche, - das Ausmaß der Ausschüttung nicht tangierende - Einkommensverwendung zu qualifizieren ist.

In diesem Zusammenhang erscheint dem Senat auch der in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand der abgabenbehördlichen Nichtauseinandersetzung mit der "Rolle" der Gesellschafterin ***7*** in Anbetracht wiederholt zu Papier gebrachter Ausführungen betreffend die ertragsteuerliche Qualifikation deren Gestion am Konto des Bf. als unbegründet, bzw. nicht nachvollziehbar.

Betreffend den zweiten Einwand der Abdeckung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft von 27.727,72 Euro ist der Bf. nochmals auf den Inhalt der dem Notar Dr. ***14*** übermittelten Saldenbekanntgabe zu verweisen, aus welchem die mittels Höchstbetragshypothek auf dem im Alleineigentum des Bf. stehenden Liegenschaft erfolgte Besicherung einer persönlichen Forderung zu folgern ist. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass auch das sowohl in der Gegenäußerung, als auch in dem mit datierter Replik erstatteten Vorbringen, wonach in realiter die Gesellschaft - ob aus dem Bestandsverhältnis zum Bf. herrührender Verbindlichkeiten - zur Abdeckung des Girokontos verpflichtet gewesen sei, unbewiesen im Raum verblieben ist.

Im Rahmen der Verhandlung wies der steuerliche Vertreter des Bf. zwar nochmals auf die Existenz, des wenn auch nur in mündlicher Form bedungenen Bestandsverhältnis zwischen dem Bf. und der ***12*** hin, ohne jedoch das Ausmaß der Mietschulden der Körperschaft zu beziffern, respektive dieses zu belegen.

Zusammenfassend war daher seitens des Senates auch den gegen das Ausmaß der Ausschüttung erhobenen Einwendungen nicht näher zu treten.

3.2.3. Rechtmäßigkeit der Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer in Höhe von 25.000,00 Euro

Sind die Voraussetzungen des § 95 Abs. 5 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung erfüllt, liegt es im Ermessen der Abgabenbehörde, ob sie die Haftung des Schuldners der Kapitalerträge (also der ausschüttenden Gesellschaft) geltend macht oder den Steuerschuldner unmittelbar in Anspruch nimmt (siehe ausführlich Zorn in SWK 20/21/2015, 978; ).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Vornahme verdeckter Ausschüttungen ein klassischer Fall der Anwendung dieser Gesetzesbestimmung, besteht das Wesen verdeckter Ausschüttungen doch gerade darin, die Zuwendung von Vorteilen an die Gesellschafter nicht nach außen in Erscheinung treten zu lassen und auch keine vorschriftsmäßige Kürzung der Kapitalerträge vorzunehmen (vgl. mit weiteren Verweisen).

Bei einer verdeckten Ausschüttung sind die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 95 Abs. 5 EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung somit idR verwirklicht. Es liegt daher im Ermessen der Abgabenbehörden, ob die Haftung gegenüber der ausschüttenden Gesellschaft geltend gemacht wird oder eine Vorschreibung an den Empfänger der Kapitalerträge erfolgt.

Die Ermessensübung stellt immer auf den Einzelfall ab, wobei - wie es noch an unterer Stelle näher auszuführen gilt -, die Einbringlichkeit der Kapitalertragsteuer bei der Gesellschaft als bedeutsamer Umstand zu werten ist.

In Anbetracht der Tatsache, dass - wie bereits unter Punkt 3.2.1 angemerkt -, im vorliegenden Fall der dem Konto des Bf. zugezählte, aus dem Verkauf der Betriebsmittel der Gesellschaft stammende, in zivil- und steuerrechtlicher Sicht dieser zustehende Betrag evidenter Maßen nicht an diese rückgeführt wurde, dem Bf. kraft seiner Stellung als Geschäftsführer ein Vermögensvorteil zugewendet wurde, der Tatbestand der verdeckten Ausschüttungen vorliegt. Korrespondierend damit ist eine vorschriftsmäßige Kürzung der Kapitalerträge gerade nicht erfolgt und ergo dessen der Tatbestand des § 95 Abs. 5 Z 1 EStG 1988 erfüllt.

Die Einbringung der Kapitalertragsteuer war bei dieser wegen Konkurseröffnung bzw. deren Löschung wegen Vermögenslosigkeit nicht mehr zu erwarten. Damit war eine leichtere direkte Durchsetzbarkeit des Abgabenanspruches gegenüber dem Empfänger der Kapitalerträge gegeben gewesen. Nicht außer Acht zu lassen ist auch der Umstand, dass die Vorschreibung an den Bf. auch unter dem Blickwinkel des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gerechtfertigt ist. Auf Grund des steuerlichen Verhaltens des Bf. im Zusammenhang mit der Nichtrückführung, der der Gesellschaft zustehenden Geldmittel verstößt nach dem Dafürhalten des erkennenden Senates die Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer letztendlich auch nicht gegen berechtigte Interessen der Partei. Das Ermessen wurde somit im Rahmen der gesetzlich gegebenen Ermessenskriterien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit ausgeübt.

Zusammenfassend daher wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Insoweit im vorliegenden Fall die gesetzlichen Bestimmungen einer weiteren Auslegung bedurften, wurde diese im Sinne der angeführten herrschenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgenommen (vgl. zur Anwendung des § 95 Abs. 5 EStG 1988 bei verdeckten Ausschüttungen und zur direkten Inanspruchnahme des Abgabenschuldners).

Demzufolge war die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichthof für unzulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at