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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.05.2021, RV/4100527/2014

Zuflussprinzip Krankengeld, Anspruchszinsen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Melanie Maier in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Klagenfurt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 und Anspruchszinsen 2010, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde betreffend Einkommensteuer 2010 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert und die Einkommensteuer für das Jahr 2010 mit -38,89 Euro festgesetzt.

II. Die Beschwerde betreffend Anspruchszinsen 2010 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) reichte die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2010 am in Papierform beim Finanzamt ein. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 erging am , wobei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus der Beschäftigung bei der ***A*** (in der Folge: A GmbH), Bezüge von Krankengeld von der ***X*** Gebietskrankenkasse (in der Folge: GKK) und des Arbeitsmarktservice Österreich (in der Folge: AMS) angesetzt wurden. Die Einkommensteuer wurde mit einer Gutschrift in Höhe von 811,04 Euro festgesetzt.

Am wurde das Verfahren von der belangten Behörde wiederaufgenommen, weil von der A GmbH ein berichtigter Lohnzettel übermittelt wurde. Der neue Sachbescheid für das Jahr 2010 erging am mit einer Festsetzung von Einkommensteuer in Höhe von 2.452,55 Euro (Abgabennachforderung in Höhe von 3.264 Euro). Zudem erging am ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2010 in Höhe von 195,53 Euro.

Die Bf. erhob fristgerecht Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid und den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen und gab begründend an, dass sie das bezogene Krankengeld und Arbeitslosengeld zurückgezahlt habe. Mit der Beschwerde wurden folgende Unterlagen vorgelegt:
- Niederschrift des AMS vom betreffend Rückforderung von Arbeitslosengeld
- Bescheid des AMS vom betreffend Rückforderung von Arbeitslosengeld für den
Zeitraum - in Höhe von 965,20 Euro
- Bescheid des AMS vom betreffend Rückforderung von Arbeitslosengeld für den
Zeitraum - in Höhe von 6.095,18 Euro
- Schreiben der GKK vom betreffend Rückforderung von Krankengeld für den
Zeitraum - , - und -
in Höhe von 1.280,78 Euro
- Erlagschein über Zahlung von 7.060,48 Euro an das AMS mit handschriftlichem Vermerk
"bez. am "
- Erlagschein über Zahlung von 1.280,78 Euro an die GKK mit handschriftlichem Vermerk
"bez. "
- Schreiben von ***R*** vom betreffend Arbeitsrechtssache Bf.
gg. A GmbH

Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid wurde von der belangten Behörde teilweise stattgegeben und das Arbeitslosengeld aus der Bemessungsgrundlage ausgeschieden. Das Krankengeld wurde unter Verweis auf § 19 Abs. 1 EStG als im Jahr 2010 zugeflossen behandelt und somit der Besteuerung unterzogen. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2010 in Höhe von - 38,89 Euro festgesetzt (Abgabengutschrift in Höhe von 2.491 Euro).

Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

In ihrem Vorlageantrag brachte die Bf. vor, dass sie aufgrund der Rückzahlung kein Krankengeld für das Jahr 2010 bezogen habe. Betreffend Anspruchszinsen gab die Bf. an, diese könnten ihr nicht verrechnet werden, da die Falschberechnung durch die belangte Behörde entstanden sei.

Die belangte Behörde legte die Beschwerden samt den bezughabenden Akten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung im Sinne der ergangenen Beschwerdevorentscheidungen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. war im Streitjahr 2010 bei der A GmbH angestellt, das Dienstverhältnis endete am durch Entlassung. Von der A GmbH wurde am ein Lohnzettel an die belangte Behörde übermittelt. Laut Lohnzettel wurden Bruttobezüge für den Zeitraum - in Höhe von 7.330,54 Euro (Kennzahl 210) erzielt. Die steuerpflichtigen Bezüge betrugen 6.035,54 Euro (Kennzahl 245) und die einbehaltene Lohnsteuer 923,16 Euro (Kennzahl 260).

Von bis erhielt die Bf. von der GKK Krankengeld in Höhe von 536,12 Euro brutto, davon wurden 60,71 Euro als Lohnsteuer einbehalten. Die steuerpflichtigen Bezüge von Krankengeld im Jahr 2010 betrugen daher insgesamt 459,53 Euro. Weiters bezog die Bf. Arbeitslosengeld in Höhe von 965,30 Euro ( - ) und 5.240,20 Euro ( - ) sowie Krankengeld während Arbeitslosigkeit in Höhe von 220,64 Euro ( - ).

In der anhängigen Arbeitsrechtssache der Bf. gegen die A GmbH kam es im Jahr 2011 zu einer vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreites. Die A GmbH verpflichtete sich, die Entlassung der Bf. vom zurückzunehmen und das bestehende Dienstverhältnis zum einvernehmlich zur Auflösung zu bringen. Die rückständigen laufenden Gehaltsansprüche samt Sonderzahlungen für 2010 wurden der Bf. ausgezahlt. Von der A GmbH wurde der berichtigte Lohnzettel am an die belangte Behörde übermittelt. Die Bruttobezüge für den Zeitraum - betrugen insgesamt 29.604,12 Euro (Kennzahl 2010). Die steuerpflichtigen Bezüge betrugen 20.789,76 Euro (Kennzahl 245) und die einbehaltene Lohnsteuer 3.368,59 Euro (Kennzahl 260).

Aufgrund der im Jahr 2011 erfolgten nachträglichen Entgeltfortzahlung kam es zur Rückforderung des Kranken- und des Arbeitslosengeldes. Laut den von der Bf. vorgelegten Unterlagen erfolgte die Rückzahlung an die GKK am und die Rückzahlung an das AMS am .

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unbestritten und ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Aktenteilen und der Einsichtnahme in den elektronischen Veranlagungsakt.

Für die Feststellungen betreffend die im Jahr 2011 erfolgte nachträgliche Entgeltfortzahlung durch die A GmbH stützt sich das Bundesfinanzgericht auf den von der Bf. vorgelegten Schriftverkehr sowie den von der A GmbH übermittelten berichtigten Lohnzettel.

Für die Feststellungen betreffend die Rückzahlung des Kranken- und Arbeitslosengeldes im Jahr 2011 stützt sich das Bundesfinanzgericht auf den von der Bf. vorgelegten Schriftverkehr mit der GKK und dem AMS.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählen u.a. gemäß § 25 Abs. 1 lit. c EStG 1988 Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung.

Nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Für den Beschwerdefall ergibt sich daher, dass die zeitliche Zuordnung von Einnahmen aus der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Zuflussprinzip erfolgt. Die Rückzahlung ist im Wege des § 16 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen, wobei eine solche Rückzahlung den einmal erfolgten Zufluss nicht mehr rückgängig machen kann (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 19 Tz 11).

Das für den Zeitraum bis ausbezahlte Krankengeld in Höhe von 536,12 Euro ist daher im Jahr 2010 steuerlich zu erfassen. Die Beschwerde war in diesem Punkt abzuweisen. Hinsichtlich des Arbeitslosengeldes erfolgt eine Stattgabe im Sinne der Beschwerdevorentscheidung, sodass die Einkommensteuer 2010 in Höhe von - 38,89 Euro festgesetzt wird. Die Nachforderung in Höhe von 772,15 Euro ergibt sich, da im Erstbescheid vom eine Gutschrift in Höhe von 811,04 festgesetzt worden war.

Nach Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichtes in den elektronischen Veranlagungsakt für das Jahr 2011 konnte festgestellt werden, dass im Einkommensteuerbescheid vom die Rückzahlung des Krankengeldes in Höhe von 536,12 Euro als einkünftemindernd berücksichtigt wurde.

Zu Spruchpunkt II. (Abweisung)

Gemäß § 205 Abs. 1 erster Satz BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).

Der Anspruchszinsenbescheid ist an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden (vgl. Ritz, BAO6, § 205 Tz 33 mit der dort zitierten Rechtsprechung). Aufgrund dieser Bindung des Anspruchs-zinsenbescheides an den grundlegenden Einkommensteuerbescheid kann ein Anspruchszinsenbescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig. Erweist sich der Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig oder wird er entsprechend abgeändert, so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen (vgl. ; ; Ritz, BAO6, § 205 Tz 34 und 35).

Die Bf. hat die Beschwerde gegen den Anspruchszinsenbescheid 2010 damit begründet, dass sie das Kranken- und Arbeitslosengeld zurückgezahlt habe. Eine Beschwerde gegen einen Anspruchszinsenbescheid, die sich inhaltlich gegen den diesem zugrundeliegenden Einkommensteuerbescheid richtet, ist als unbegründet abzuweisen. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Ergänzend wird angemerkt, dass aufgrund der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde betreffend Einkommensteuer 2010 am ein weiterer Zinsenbescheid ergangen ist. Die Anspruchszinsen für das Jahr 2010 wurden mit einer Gutschrift in Höhe von 149,26 Euro festgesetzt.

Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dieses Erkenntnis beruht auf einer klaren gesetzlichen Grundlage. Von der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde damit nicht abgewichen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird mit diesem Erkenntnis nicht aufgeworfen, daher ist eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100527.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at