Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.03.2020, RV/2100644/2018

Keine Wohnsitzbegründung in vom Arbeitgeber befristet angemieteten Unterkünften

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr., vertreten durch Huber & Rosenthal Steuerberatung KG, Stadtplatz 56, 5280 Braunau am Inn, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Judenburg Liezen vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) beantragte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 Steuerberatungskosten und Kosten für Familienheimfahrten. Er ist deutscher Staatsbürger und war lt. Lohnzettel seines Arbeitgebers A Filmges.m.b.H vom 17.03. - und vom 01.05. - in Österreich als Kamera-Assistent unselbständig erwerbstätig. Die Abfrage im Zentralen Melderegister ergab, dass der Bf. vom 12.05 - in Österreich an der Adresse X, mit Nebenwohnsitz gemeldet war.

Aus dem Veranlagungsakten der Vorjahre ist dem Finanzamt bekannt, dass der Bf. verheiratet (Heiratsurkunde vom in R) und Vater eines Sohnes ist (lt. Geburtsurkunde vom in R geboren).

In einem Vorhalteverfahren vor dem Finanzamt wurde der Bf. um Nachweis der beantragten Steuerberatungskosten ersucht und auf die Bestimmung des § 26 Abs. 1 BAO hinsichtlich Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt hingewiesen, sowie ersucht, für den Fall einer Option in die unbeschränkte Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988, die Bescheinigung E9 zum Nachweis der im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtigen Einkünfte vorzulegen.

Die steuerliche Vertretung des Bf. ersuchte um Fristverlängerung für die Vorlage der E9-Bescheinigung bis .

Der Bf. legte weder eine E9-Bescheinigung noch den Nachweis für die Steuerberatungskosten vor, sodass der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 am erging. Der Bf. wurde als beschränkt steuerpflichtig veranlagt und Kosten für die Familienheimfahrten in Höhe von 1.836 € wurden berücksichtigt, sodass sich eine Abgabengutschrift von 407 € ergab.

Gegen diesen Bescheid wurde von der steuerlichen Vertretung fristgerecht die Beschwerde erhoben mit der Begründung, dass der Bf. unbeschränkt steuerpflichtig sei, da er im Kj 2014 ca. 6 Monate für seinen Arbeitgeber in Österreich tätig gewesen und für ihn eine Wohnung angemietet worden sei. Somit liege ein Wohnsitz iSd § 26 Abs. 1 BAO in Österreich vor, der zur unbeschränkten Steuerpflicht führe. Die Dauer des Aufenthaltes sei nach der Rechtsprechung des , nicht von erheblicher Bedeutung. Der Bf. habe im Kj 2014 in Deutschland Einkünfte in Höhe von 7.174,83 € erzielt. Als Beilage wurde eine von einem deutschen Steuerberater unterfertigte Bescheinigung E9 übermittelt.

Mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes wurde der Bf. um Nachreichung des Formulars E9 von der deutschen Steuerbehörde oder um eine Kopie des deutschen Einkommensteuerbescheides 2014 ersucht.

Mit E-Mail übermittelte die steuerliche Vertretung des Bf. E9-Formulare für 2013 und 2014, die von einem deutschen Steuerberater unterfertigt sind, mit dem Hinweis, dass die E9-Bescheinigungen vom deutschen Finanzamt erst bestätigt werden würden, wenn die Bescheide ergangen sind; diese würden erst erstellt werden, wenn die österreichische Steuerangelegenheit erledigt ist.

In der Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da mangels Vorlage eines vom deutschen Finanzamt unterfertigten Formulars E9 keine Option (§ 1 Abs. 4 EStG) in die unbeschränkte Steuerpflicht vorgenommen werden könne. Weiters wurde in der Begründung ausgeführt:
"Gem. § 1 Abs. 2 EStG 1988 ist eine Person unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie in Österreich einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (länger als sechs Monate) hat.
Einen Wohnsitz hat gemäß § 26 Abs. 1 BAO jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dieses Beibehalten und Benutzen drückt unter anderem ein Zeitmoment aus, das sich auf die in Betracht kommende Wohnsitzbegründung bezieht. Entscheidend ist dabei, ob die ursprüngliche Absicht auf einen längeren Aufenthalt als sechs Monate gerichtet war. Ein von vornherein nur für wenige Monate beabsichtigtes Innehaben einer Wohnung kann nicht als Wohnsitzbegründung qualifiziert werden. Es war daher von einer beschränkten Steuerpflicht auszugehen."

Daraufhin stellte die steuerliche Vertretung des Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) mit der Begründung, dass es bislang nicht möglich gewesen sei, die geforderte E9-Bescheinigung vom deutschen Finanzamt unterfertigt zu erhalten. Die Erklärungen in Deutschland seien mit der Begründung, dass dafür die österreichischen Erklärungen notwendig seien, noch nicht veranlagt worden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Bf. ist deutscher Staatsbürger, verheiratet und hat seinen Familienwohnsitz in Deutschland. Er war im hier zu beurteilenden Jahr für eine deutsche Filmgesellschaft in Österreich tätig. Der Arbeitgeber des Bf. beschäftigt sich mit Filmproduktionen aller Art, die auch in Österreich durchgeführt werden. So entstand ua. am Drehort in der Y die Serie "Die Z", an der der Bf. als Kamera-Assistent mitgewirkt hat. In der Nähe des Drehorts mietete der Arbeitgeber Unterkünfte an, die er den Mitgliedern der Filmcrew zur Verfügung stellte (siehe auch ).

Aus dem dem Finanzamt übermittelten Lohnzettel ergeben sich folgende Beschäftigungszeiten des Beschwerdeführers für das Jahr 2014:


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von - bis
Tage
17.03. - 11.04.
25
01.05. - 28.09.
150
gesamt
175 = 5,8 Monate

Lt. Abfrage im Zentralen Melderegister war der Bf. im Jahr 2014 vom 12.05. bis 29.09. in X, bei der Unterkunftgeberin Frau B (Homepage: www.c-appartements.at) mit einem Nebenwohnsitz gemeldet, das sind 4,7 Monate.

Festzustellen ist daher, dass weder die Lohnzettel noch die Anmeldungen im ZMR auf einen länger als sechs Monate dauernden inländischen Aufenthalt des Bf. im Kalenderjahr 2014 hinweisen und wurde eine solche Behauptung auch gar nicht aufgestellt. Auch in den Vorjahren 2012 und 2013 war der Bf. bei derselben Unterkunftgeberin, allerdings nicht im selben Appartement, jeweils weniger als sechs Monate mit Nebenwohnsitz gemeldet und war der Bf. lt. übermittelter Lohnzettel desselben Arbeitgebers in Österreich weniger als sechs Monate beschäftigt.

§ 1 EStG 1988 bestimmt Folgendes:
"(1) Einkommensteuerpflichtig sind nur natürliche Personen.
(2) Unbeschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
(3) Beschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 aufgezählten Einkünfte.
(4) Auf Antrag werden auch Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 98 haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90% der österreichischen Einkommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 11000 Euro betragen. Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten in diesem Zusammenhang als nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegend. Die Höhe der nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte ist durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Abgabenbehörde nachzuweisen. Der Antrag kann bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides gestellt werden."

Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn der Abgabenvorschriften hat gemäß § 26 Abs. 2 BAO jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. In diesem Fall erstreckt sich die Abgabepflicht auch auf die ersten sechs Monate. Das Bundesministerium für Finanzen ist ermächtigt, von der Anwendung dieser Bestimmung bei Personen abzusehen, deren Aufenthalt im Inland nicht mehr als ein Jahr beträgt, wenn diese im Inland weder ein Gewerbe betreiben noch einen anderen Beruf ausüben.

Für das Vorliegen eines Wohnsitzes müssen die Voraussetzungen "Wohnung", "Innehabung derselben" sowie die "Beibehaltung und Benutzung" kumulativ vorliegen. Unter einer Wohnung sind Räumlichkeiten zu verstehen, die ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein den persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten ().

Unter dem Innehaben einer Wohnung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die rechtliche und/oder tatsächliche Möglichkeit zu verstehen, über die Wohnung zu verfügen, insbesondere sie für den Wohnbedarf jederzeit benützen zu können (vgl. ). Bei der Beurteilung des Tatbestandsmerkmales des Innehabens steht die tatsächliche Verfügungsmacht im Vordergrund (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, Seite 334).

Bei der Wohnung, die der Bf. im Veranlagungsjahr in Österreich benutzt hat, handelte es sich um ein Appartement, das von seinem Arbeitgeber (befristet) angemietet und bezahlt worden ist. Dem Bf. war es daher nicht möglich, die Wohnung jederzeit ungehindert und uneingeschränkt benützen zu können. Der Arbeitgeber stellte dem Bf. eine Wohnung nur für die Zeit des jeweiligen Aufenthaltes im Inland zur Verfügung. Dieser bestimmte die Zeit der Nutzung durch den Bf. und hatte es daher in der Hand, die Wohnung auch anderen Mitgliedern der Filmcrew zur Verfügung zu stellen (siehe ). Zudem handelte es sich nicht stets um dieselbe Wohnung, wie sich dies aus den unterschiedlichen Anmeldeadressen in den Jahren 2012 bis 2014 ergibt. Es liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass der Bf. das Appartement auch außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit in Österreich benutzt hat oder benützen hätte können, noch gibt es Hinweise dafür, dass der Vermieterin oder dem Arbeitgeber nicht das Recht zugestanden wäre, die Wohnung anderweitig zu vergeben.

Darüber hinaus war auch das Beibehalten und Benutzen für eine längere Zeit nicht erkennbar. Ob die Wohnung vom Abgabepflichtigen auch tatsächlich benutzt wird, ist nicht entscheidend, sondern nur, ob Umstände dafür sprechen, dass sie ständig vom Abgabepflichtigen benutzt werden kann. Im vorliegenden Fall gibt es weder Hinweise dafür, dass der Bf. die Wohnung unbefristet nutzen konnte, noch wurde dies vom Bf. behauptet. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen ist nicht davon auszugehen, dass der Bf. im Kalenderjahr 2014 über einen inländischen Wohnsitz im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO verfügt hat.

Die Bestimmung des § 26 Abs. 2 BAO verlangt (ebenso wie die des Abs. 1) das Vorliegen äußerer Umstände, und zwar solcher, die erkennen lassen, dass der Abgabepflichtige am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsland nicht nur vorübergehend verweilt. Ein gewöhnlicher Aufenthalt ist begrifflich im Gegensatz zu einem vorübergehenden Aufenthalt zu sehen. Ein gewöhnlicher Aufenthalt ist im Allgemeinen mit einem dauernden Aufenthalt gleichbedeutend. Daher erfüllt ein nur vorübergehender Aufenthalt nicht den Tatbestand des gewöhnlichen Aufenthalts (Stoll, BAO-Kommentar, 336 f). Ein gewöhnlicher Aufenthalt erfordert im Allgemeinen mehr als bloß ein körperliches Anwesendsein wegen der Arbeit (). Im gegenständlichen Fall hat sich der Bf. im Inland nur wegen seiner Arbeit aufgehalten. Seine Tätigkeit im Inland war von vornherein zeitlich beschränkt und es stand somit fest, dass der Bf. nur vorübergehend im Inland verweilen und er nach Beendigung seiner Tätigkeit wieder zu seinem (Haupt)Wohnsitz in Deutschland zurückkehren wird. Der Bf. hat auch wöchentliche Familienheimfahrten zum Familienwohnsitz in Deutschland geltend gemacht und ist dadurch manifestiert, dass die Bindungen zum ausländischen Aufenthaltsort enger waren als die zum inländischen.

Als nicht nur vorübergehend gilt ein Aufenthalt auch dann, wenn er sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, wobei die Verwaltungspraxis in der Regel davon ausgeht, wenn sich der Zeitraum der Anwesenheit zumindest über sechs Monate erstreckt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () kann ein gewöhnlicher Aufenthalt auch bei einer unter Umständen wesentlich kürzer verbrachten Aufenthaltsdauer in Österreich vorliegen, sofern der Aufenthalt unter Umständen genommen wird, die erkennen lassen, dass es sich nicht um ein bloß vorübergehendes Verweilen handelt. In dem zitierten Rechtsfall (Beschäftigung von ausländischen Golftrainern) sah der VwGH in der vertraglichen Bindung der Arbeitnehmer, in Österreich ein Jahr tätig zu sein, einen solchen Umstand, der - trotz eines tatsächlich oft nicht einmal 6 Monate dauernden Aufenthaltes im Inland - die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes rechtfertigt. Dass ein derartiger Umstand vorliegt, wurde im gegenständlichen Fall aber nicht behauptet und liegt nach der Aktenlage auch diesbezüglich kein Hinweis vor.

Der Bf. meint, da er ca. 6 Monate für seinen Arbeitgeber in Österreich tätig gewesen und für ihn eine Wohnung angemietet worden sei, habe er einen Wohnsitz nach § 26 Abs. 1 BAO begründet. Die Dauer des Aufenthaltes sei nach seiner Meinung nach der Rechtsprechung des , nicht von erheblicher Bedeutung.

Dem vom Bf. zitierten Erkenntnis des VwGH lag der Fall eines Abgabepflichtigen zu Grunde, der seine bisherige Wohnung in Österreich auch nach seiner Ernennung zum Universitätsprofessor an der Technischen Universität in Berlin beibehalten und wiederholt benutzt hat, wodurch die unbeschränkte Steuerpflicht gegeben war. Dieser Sachverhalt ist jedoch mit dem hier zu beurteilenden Fall nicht vergleichbar, da der Bf. im Streitjahr das Appartement in c nicht beibehalten und wiederholt benutzt hat. Vielmehr wurde im darauf folgenden Jahr an einer anderen Adresse wieder ein Nebenwohnsitz angemeldet.

Im hier vorliegenden Fall wurde im Streitjahr lediglich ein unter 6 Monate liegender inländischer Aufenthalt festgestellt, der erst Mitte März begann. Auch in den zwei vorhergehenden Jahren, hielt sich der Bf. nur etwa zwei bzw. weniger als sechs Monate in Österreich auf, im nachfolgenden Jahr ca. drei Monate.
Für einen gewöhnlichen Aufenthalt ist es nicht erforderlich, dass eine ununterbrochene Anwesenheit vorliegt. So wird ein gewöhnlicher Aufenthalt auch dann anzunehmen sein, wenn das Verweilen, die Anwesenheit, vorübergehend unterbrochen wird, die Umstände aber erkennen lassen, dass die (nicht nur vorübergehende) Verbundenheit mit diesem Ort oder diesem Land aufrecht bleibt. Aus diesem Blickwinkel sind vorübergehende Unterbrechungen unschädlich (Stoll, w.o., S 337) und ist es auch nicht Voraussetzung, dass der Aufenthalt von mehr als sechs Monaten im Inland innerhalb eines Kalenderjahres liegen muss (Fuchs in Hofstätter/Reichl, ESt-Kommentar, § 1 Tz 11). Im gegenständlichen Fall kann man allerdings nicht von vorübergehenden, kurzen Unterbrechungen sprechen, da diese mehrere Monate dauerten, und die Bindungen zum ausländischen Aufenthaltsort deutlich enger sind (siehe Familienheimfahrten zum Familienwohnsitz in Deutschland) als zum inländischen.

Auch wenn der Bf. sich nachweislich in vier aufeinanderfolgenden Jahren aus Arbeitsgründen im Inland aufgehalten hat, rechtfertigt dies noch nicht die Annahme, dass er nicht nur vorübergehend im Inland verweilen wollte, sondern vielmehr, dass sein Aufenthalt in Österreich tatsächlich nur vorübergehend - nämlich für die Zeit der Filmproduktion - gedacht war (vgl. zu Saisonarbeitern; Fuchs in Hofstätter/Reichl, w.o.).

Mangels eines Wohnsitzes im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO und mangels eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Sinne des § 26 Abs. 2 erster Satz BAO war in weiterer Folge noch zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 26 Abs. 2 zweiter Satz BAO gegeben waren. Allein der Zeitablauf des Aufenthaltes löst nach der zuletzt genannten Bestimmung die unbeschränkte Steuerpflicht aus (Stoll, BAO-Kommentar, S 340).

Im gegenständlichen Fall wurde nicht behauptet, dass ein mehr als 6-monatiger inländischer Aufenthalt im strittigen Veranlagungsjahr vorliegt und ergibt auch die Aktenlage kein solches Bild. Die Auslandsaufenthalte können auch nicht als kurzfristige Unterbrechungen angesehen werden. Eine Anwendung des Ersatztatbestandes nach § 26 Abs. 2 zweiter Satz BAO kommt daher - anders als in dem vergleichbaren Fall, der vom BFG mit Erkenntnis vom , RV/2101824/2016, entschieden wurde - nicht in Betracht.

Eine E9-Bescheinigung der deutschen Steuerbehörde iSd § 1 Abs. 4 EStG 1988 wurde trotz wiederholtem Hinweis nicht vorgelegt, daher ist eine Option in die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 4 EStG 1988 nicht möglich.

Aus den dargestellten Erwägungen war im Streitjahr zu Recht von einer beschränkten Steuerpflicht des Bf. auszugehen und es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfragen, wann von einem Wohnsitz bzw. einem gewöhnlichen Aufenthalt auszugehen ist, sind durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinlänglich geklärt, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zugelassen wurde.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100644.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at