Wegfall Rechtspersönlichkeit
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Rechtssache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich je vom betreffend Körperschaftsteuer 2017, Vorauszahlung Körperschaftsteuer 2018, Umsatzsteuer 2017, Festsetzung der Umsatzsteuer 06/2018 sowie Verspätungszuschläge KSt 2017 und USt 2017 beschlossen:
1. Die Beschwerde vom wird als gegenstandslos erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Zwischen den Parteien ist die Frage der Anerkennung diverser als Reinigungsaufwand geltend gemachter Betriebsausgaben - und folglich die Festsetzung der Körperschafts- und Umsatzsteuer - strittig.
Mit Bescheiden vom Datumwurde die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) - nach Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO - zur Körperschaft- und Umsatzsteuer 2017 veranlagt; gleichzeitig erging der Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid 2018 bzw. wurde die Umsatzsteuer für 06/2018 festgesetzt. Uno actu wurden in Summe 4 Verspätungszuschlagsbescheide (KSt und USt 2017 betreffend) erlassen.
Am erhob die steuerliche Vertretung gegen die vorgenannten Erledigungen das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin im Wesentlichen aus, dass keinerlei Veranlassung zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen iSd § 184 BAO bestanden hätte und legte in einem unterfertigte Abgabenerklärungen vor. Mit Beschwerdevorentscheidungen jeweils datierend mit wurde unter Hinweis auf die Ergebnisse der zwischenzeitlich bei der Bf. erfolgten Außenprüfung den Beschwerden teilweise stattgegeben und die strittigen Reinigungsaufwände teilweise anerkannt.
Mit Schriftsatz vom begehrte die Bf. die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen; weiters wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat beantragt.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerden vor und hielt - im Wesentlichen - den in der Beschwerdevorentscheidung vertretenen Rechtsstandpunkt aufrecht bzw. verwies in einem auf die zwischenzeitlich erfolgte amtswegige Löschung der Bf. im Firmenbuch.
Sachverhalt
Die Bf. wurde mit Gesellschaftsvertrag vom Datum in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und dem Sitz in der politischen Gemeinde Wien errichtet; als Gesellschafter fungierten A einerseits und die Fa. B andererseits. C und D, waren als handelsrechtliche Geschäftsführer der Bf. je selbständig vertretungsbefugt. Der Unternehmenszweck der Gesellschaft war das Hotelmanagement, der Hotelbetrieb sowie das Hotelconsulting; de facto erstreckte sich die Geschäftstätigkeit der Bf. im strittigen Zeitraum auf den Betrieb zweier Hotels in Ort. Die Bf. wurde im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien unter der FN xxxxxx eingetragen.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum.2018 wurde über das Vermögen der Bf. das Konkursverfahren eröffnet; am Datum erließ die belangte Behörde die beschwerdegegenständlichen Bescheide nach Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO. Per Datum wurde die Schließung des Betriebes angeordnet; schließlich wurde der Konkurs am Datum nach der Schlussverteilung (Quote 2,5%) aufgehoben.
Die Bf. wurde mit Wirkung zum Datum im Firmenbuch gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.
Die aus den angefochtenen Bescheiden resultierende Abgabennachforderung iHv gesamt € Betrag 1 wurde nicht entrichtet, sondern die Einhebung gemäß § 212 a BAO ausgesetzt. Das Abgabenkonto der Bf. weist eine Forderung zugunsten der belangten Behörde in Höhe von € Betrag 2 aus.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen basieren einerseits auf den von der belangten Behörde vorgelegten Aktenteilen, sowie andererseits auf einer Einschau in das öffentliche Firmenbuch. Dass die Einhebung ausgesetzt wurde, bzw. zu Lasten der Bf. eine Abgabenschuld besteht, zeigt eine Einsicht in den elektronischen Veranlagungsakt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 323 b Abs. 1 BAO idF BGBl. I 2020/99 tritt das Finanzamt Österreich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Partei des Verfahrens ist nunmehr das Finanzamt Österreich als belangte Behörde, deren Bezeichnung war somit im Spruch entsprechend richtig zu stellen.
Zu Spruchpunkt 1. (Einstellung)
Nachdem - wie festgestellt - die Bf. zwischenzeitlich wegen Vermögenslosigkeit amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht wurde, ist die Rechtsfrage zu klären, ob und wenn ja, welche Konsequenzen damit für die anhängige Beschwerde verbunden sind.
Gemäß § 79 BAO gelten für die Rechts- und Handlungsfähigkeit die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Nach der einhelligen Lehre und Judikatur hat die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person jedoch bloß deklaratorischen Charakter () und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist ( 8 Ob A 46/06g) und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind (Ritz, BAO5 § 79 Tz 10, 11; ). Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn die Abgabenfestsetzung etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugsteuern oder Vorsteuern zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher im Fall eines bestehenden Abwicklungsbedarfs grundsätzlich rechtswirksam (). Da die streitgegenständlichen Abgabenforderungen iHv gesamt € Betrag 1 bislang jedoch nicht entrichtet wurden, würde selbst eine vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde zu keinem Aktivvermögen der gelöschten Bf. führen, zumal insgesamt Abgaben im Betrag von ca. € Betrag 2 unberichtigt aushaften. Weder die Bf. noch in weiterer Folge deren Gläubiger könnten ein Abgabenguthaben lukrieren. Mangels Aktivvermögen gilt die Bf. somit gemäß § 40 Abs. 1 FBG mit der Löschung als aufgelöst, sie ist demnach mit Datum (das ist der Tag des Vollzuges der amtswegigen Löschung im Firmenbuch) als vollbeendet anzusehen (vgl. dazu auch ). Ab diesem Zeitpunkt mangelt es der Bf. somit auch an der Rechtsfähigkeit iSd eingangs zitierten Norm des § 79 BAO. Wird - nach der einhelligen Judikatur - eine an sich Bescheidcharakter aufweisende Erledigung an eine rechtsunfähige Person gerichtet, so ist dieser behördlichen Erledigung die Bescheidqualität abzusprechen (vgl. etwa ; , 2002/17/0273).
Diese Prämissen vorausgeschickt zeigt sich sohin im Zusammenhang mit den angefochtenen Bescheiden, dass diesen zwar grundsätzlich Bescheidcharakter zukommt. Durch die amtswegige Löschung der Bf. ist jedoch deren Rechtspersönlichkeit im laufenden Verfahren untergegangen. Das Beschwerdeverfahren ist bei derartigen Konstellationen einzustellen (vgl. etwa RV/0061-K/09; ; , RV/7200072/2009). Diese Einstellung hat durch Beschluss zu erfolgen (vgl. ). Wegen der fehlenden Möglichkeit eine Rechtsmittelentscheidung der Bf. gegenüber rechtswirksam zu erlassen, hat dieser Beschluss daher nur an die belangte Behörde zu ergehen.
Gemäß § 248 BAO kann zwar der nach den Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Beschwerde wegen seiner Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1 BAO) innerhalb der für die Einbringung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde erheben. Die Bekanntgabe des Abgabenanspruchs an den Haftungspflichtigen hat anlässlich der Geltendmachung der Haftung durch Zusendung einer Ausfertigung des maßgeblichen Bescheides zu erfolgen (). Da Gegenstand dieses Verfahrens nicht eine Beschwerde einer zur Haftung herangezogenen Person ist, kommt auch eine Zustellung an einen Haftungspflichtigen nicht in Betracht (so auch ; , RV/7103101/2012; uvam).
Nur der Ordnung halber sei an dieser Stelle angemerkt, dass für das erkennende Gericht keinerlei Veranlassung besteht, eine Kuratorenbestellung gemäß § 82 Abs. 1 BAO beim zuständigen Gericht zu initiieren: Diese setzt nämlich ein zwar handlungsunfähiges aber rechtsfähiges Steuersubjekt voraus. Die Rechtsfähigkeit hat die Bf. jedoch per Datum verloren, sodass die Anwendungsvoraussetzungen für eine gerichtliche Kuratorenbestellung nicht vorliegen.
Schließlich ist zur beantragten mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat anzumerken, dass deren Durchführung mangels vertretungsbefugter Personen der Gesellschaft nicht denkbar bzw. faktisch unmöglich ist. Überdies ergibt sich bei analoger Anwendung der § 272 Abs. 4 BAO und § 274 Abs. 5 BAO (für den Fall einer Gegenstandslosigkeit) die Zuständigkeit des Berichterstatters und der Entfall der beantragten mündlichen Verhandlung. Es war daher von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung Abstand zu nehmen und der Beschluss hatte durch die Berichterstatterin zu erfolgen (; , RV/7200030/2014).
Zu Spruchpunkt 2. (Revision)
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt gegenständlich nicht vor: Die vorliegende Entscheidung fußt auf der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (etwa 35).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
Schlagworte | Wegfall Rechtspersönlichkeit Zustellung Löschung § 40 FBG |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103802.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at