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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.07.2021, RV/7100136/2021

Basisausbildung im Rahmen der Polizeigrundausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 04.2020 Steuernummer zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) stellte am einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für seinen 1998 geborenen Sohn J. mit u.a. folgenden Angaben:

Für nachstehendes Kind beantrage ich die Familienbeihilfe:
x Zuerkennung ab (TTMMJJJJ) 01042020
Grund: Beginn der Polizeischule
Derzeitige Wohnanschrift des Kindes: (Wohnanschrift des Bf.)
Kostentragung: Der Antragsteller trägt die Kosten für das Kind zu mehr als 50 %.
Voraussichtliches Ende der Ausbildung (MMJJJJ) 032022

Dem Antrag war eine Bestätigung der Landespolizeidirektion Wien, Personalabteilung, vom angeschlossen, nach welcher Herr J.M. (Sohn des Bf.) als Vertragsbediensteter des Bundes mit Sondervertrag für die exekutivdienstliche Ausbildung seit in einem Ausbildungsverhältnis bei der Landespolizeidirektion Wien im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie Wien steht.

Das Finanzamt erließ am den beschwerdegegenständlichen Bescheid, mit dem der Antrag des Bf. vom auf Familienbeihilfe für seinen Sohn ab April 2020 mit folgender Begründung abgewiesen wurde:
Eine Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG 1967) liegt nicht vor, wenn eine Integration in einen Betrieb bereits erfolgt ist, ein Nahebezug zum künftigen Arbeitsplatz gegeben ist und keine allgemein anerkannte Qualifikation erreicht wird.
Ihr Sohn J. absolviert seit die Grundausbildung für die exekutivdienstliche Ausbildung bei der Landespolizeidirektion Wien.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) vertritt in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, die Auffassung, dass Grundausbildungen oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentliche Bedienstete in der ersten Zeit ihres Dienstverhältnisses absolvieren, als Berufsausübung und nicht als Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 anzusehen sind, weshalb ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht gegeben ist.
Demzufolge besteht ua. für Personen, die eine Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung ("Polizeischüler/innen"), eine Ausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich ("Grenzpolizisten/ Grenzpolizistinnen") und für die exekutivdienstliche Ausbildung für den Justizwachedienst ("Justizwacheschüler/innen") absolvieren, kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Ihr Antrag auf Familienbeihilfe war daher abzuweisen.

Gegen den Abweisungsbescheid legte der Bf. am Beschwerde ein wie folgt:
I. Sachverhalt:
Ich habe am für meinen Sohn J.M. ab dem Zeitraum die Familienbeihilfe beim zuständigen Finanzamt Hollabrunn beantragt, da dieser seit eine Berufsausbildung absolviert. Das Finanzamt Hollabrunn hat mit Bescheid diesen Antrag abgewiesen.
II. Zulässigkeit der Bescheidbeschwerde
Gegen diesen Bescheid ist die Bescheidbeschwerde statthaft.
III. Rechtsverletzung und Beschwerdegründe:
Der Abweisungsbescheid des Finanzamtes Hollabrunn vom , GZ: derzeit unbekannt, verletzt mich in meinem subjektiven Recht. Diese Rechtsverletzung ergibt sich im Detail aus folgenden Überlegungen:
ISd § 2 Abs 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht der Anspruch auf Familienbeihilfe bei Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz haben, für ein volljähriges Kind, welches das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , 2016/15/0076, , 2007/15/0050). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen.
Mein Sohn J.M. hat am die Polizeigrundausbildung im Bildungszentrum Wien - aufgrund eines Sondervertrages nach § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung begründeten - privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund (§ 1 Abs. 1 VBG) - begonnen.
Die im angefochtenen Abweisungsbescheid angeführte Begründung, wonach ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis (einschließlich Grundausbildung oder Ausbildungsphase/n) hingegen bereits als "Berufsausübung" zu werten ist und nicht die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 erfüllt, weshalb in diesem Zusammenhang kein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag besteht (vgl. VwGH Ra 2018/16/0203 vom ) geht ins Leere, da in casu mein Sohn keine fremden- und grenzpolizeiliche exekutivdienstliche Ausbildung absolviert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sehr deutlich den Unterschied der im Bereich des Bundesministeriums für Inneres vorhandenen exekutivdienstlichen Ausbildungen aufgearbeitet:
Zur Verdeutlichung werden die Unterschiede der Ausbildungslaufbahn der "Grenzpolizisten" jenen der "Polizisten" (Exekutivdienst) überblicksmäßig gegenübergestellt:

Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner festgehalten, dass es
unstrittig ist, dass die Basisausbildung der Grundausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich (Dauer 6 Monate) und die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst (9 Monate) als Berufsausbildung im Sinne des Familientastenausgleichsgesetzes anzusehen sind.
Das Finanzamt Hollabrunn hat unzutreffend und rechtswidrig eine Ausbildungsphase der fremden- und grenzpolizeilichen exekutivdienstlichen Ausbildung, die keinen Anspruch auf Familienbeihilfe begründet (weil das FLAG 1967 den Begriff der Ausbildungsphase nicht kennt) bei der 24-monatigen durchgehenden Ausbildung meines Sohnes angenommen.
Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre ).
Die 24-monatige - nicht durch Ausbildungsphasen unterbrochene - durchgehende Grundausbildung für den Exekutivdienst, welche mein Sohn absolviert, ist daher als eine Berufsausbildung anzusehen und begründet den Anspruch auf Familienbeihilfe gem. § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967.
IV. Beschwerdeerklärung und Anträge
Ich erhebe daher gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , GZ: derzeit unbekannt, in offener Frist gem § 243 BAO iVm Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG und Art 131 Abs 3 B-VG Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen und stelle den Antrag das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen möge
- den angefochtenen Bescheid vom , mit der GZ: derzeit unbekannt, aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen - meinem Antrag stattgebenden - Bescheides an das Finanzamt Hollabrunn zurückverweisen,
- in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass meinem Antrag auf Familienbeihilfe für meinen Sohn J.M. ab stattgegeben wird.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung mit folgender Begründung:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Ziel einer Berufsausbildung im Sinn des FLAG 1967, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (zB , ). Unter den Begriff "Berufsausbildung" fallen alle Arten schulischer und kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (zB ). Laut Verwaltungsgerichtshof können im Zuge einer Berufsausbildung auch praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden (zB ) und es fällt auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf unter eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 (zB ).
Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0203, stellt die Ausbildungsphase/Grundausbildung eines (Grenz-)Polizisten keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 dar.
Dieses Erkenntnis betrifft zwar den Zeitraum, in dem der Sohn des Revisionswerbers nach Absolvierung der ersten Ausbildungsphase seinen Dienst als Grenzpolizist ausgeübt hat, jedoch verneint der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis das Vorliegen einer Berufsausbildung für die gesamte Grundausbildung oder Ausbildungsphase von öffentlich Bediensteten und qualifiziert dies als Berufsausübung (vgl. Rz 16, 17). Es ist daher unerheblich, ob eine Grundausbildung, praktische Verwendung oder Ergänzungsausbildung absolviert wird (vgl. ).
Mit einer Berufsausübung sind die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit b FLAG nicht erfüllt und es spielt daher auch keine Rolle, ob das Ausbildungsentgelt einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis iSd § 5 Abs. 1 lit b FLAG 1967 gleichgehalten werden könnte.
Da Ihr Sohn J. keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 absolviert, besteht für den Zeitraum ab April 2020 bis laufend kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Der Bf. brachte daraufhin einen Vorlageantrag ein und ersuchte abermals um Zuerkennung der Familienbeihilfe.

Die Beschwerdevorlage des Finanzamtes erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Der Sohn des Beschwerdeführers (Bf.) befindet sich seit in der Grundausbildung für die exekutivdienstliche Ausbildung bei der Landespolizeidirektion Wien. Der Bf. beantragt für den Zeitraum der Grundausbildung Familienbeihilfe mit der Begründung, dass es sich um eine Berufsausbildung handelt. Das Finanzamt wies den Antrag ab. Dagegen richtet sich die Beschwerde.
Stellungnahme:
Bisher wurde mit folgender Begründung die Familienbeihilfe abgelehnt: Eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 liegt nicht vor, wenn eine Integration in einen Betrieb bereits erfolgt ist, ein Nahebezug zum künftigen Arbeitsplatz gegeben ist und keine allgemein anerkannte Qualifikation erreicht ist. Der VwGH vertritt in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, die Auffassung, dass Grundausbildungen oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentliche Bedienstete in der ersten Zeit ihres Dienstverhältnisses absolvieren, als Berufsausübung und nicht als Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 anzusehen sind, weshalb ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht gegeben ist. Demzufolge besteht ua. für Personen, die eine Grundausbildung für den Exekutivdienst absolvieren, kein Anspruch auf die Familienbeihilfe.
Inwieweit diese Interpretation angesichts der VwGH-Entscheidung Ra 2020/16/0039-6 vom noch haltbar ist, möge das BFG entscheiden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der im Mai 1998 geborene Sohn des Bf. begann am die Polizeigrundausbildung bei der Landespolizeidirektion Wien im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie Wien auf Grund eines mit Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung begründeten privatrechtlichen Dienstverhältnisses zum Bund (§ 1 Abs. 1 VBG). Das Dienstverhältnis ist auf die Dauer von 24 Monaten (bis ) befristet.

Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den Angaben des Bf. im Antrag vom und in der Beschwerde vom in Verbindung mit der vorgelegten Bestätigung der Landespolizeidirektion Wien, Personalabteilung, vom und sind unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Die Polizeigrundausbildung ist in der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Diese Verordnung wurde aufgrund der Bestimmungen der §§ 26 und 144 BDG, des § 67 VBG und des §§ 1 Abs. 4 SPG erlassen.

Diese Verordnung regelt gemäß § 1 Z 1 für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (BMI) die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung.

Ausbildungsziel der Grundausbildungen ist die inhaltliche und methodische Vermittlung jener Kompetenzen, die erforderlich sind, um den Anforderungen des jeweiligen Aufgabenbereichs professionell und verantwortungsvoll nachzukommen. Der Lehrstoff ist entsprechend dem neuesten Stand der Wissenschaft, den dienstlichen Erfordernissen sowie den aktuellen pädagogisch-didaktischen Grundsätzen zu vermitteln (§ 2 der VO).

Die Sicherheitsakademie (SIAK) hat für die in § 1 angeführten Grundausbildungen nach Maßgabe des dienstlichen Bedarfes Grundausbildungslehrgänge bereitzustellen. Die Leitung der Grundausbildungslehrgänge obliegt der SIAK (§ 3 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildungen sind in Form von Grundausbildungslehrgängen zu gestalten. Die Inhalte und die Mindeststundenanzahl der Lehrgegenstände der Grundausbildungslehrgänge für die jeweilige Grundausbildung sind in den Anlagen 1 bis 3 festgelegt (§ 4 Abs. 1 der VO).

Die Zuweisung zu einem Grundausbildungslehrgang erfolgt durch die zuständige Dienstbehörde nach Maßgabe der im BDG 1979 sowie im VBG vorgesehenen Voraussetzungen (§ 5 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildung wird durch die Ablegung einer Dienstprüfung vor einem Prüfungssenat (§ 11) abgeschlossen. Die Anlagen 1 bis 3 beinhalten Aufbau, Ablauf und Inhalt der Dienstprüfung für die jeweilige Grundausbildung. Die Bediensteten sind von Amtswegen zur Dienstprüfung zuzuweisen. Voraussetzung für die Zulassung zur Dienstprüfung ist das Erreichen der gemäß § 4 Abs. 2 definierten Lernziele aller Ausbildungsmodule der jeweiligen Grundausbildung (§ 9 Abs. 1 und 2 der VO).

Nach der Anlage 1 zu dieser Verordnung umfasst die Polizeigrundausbildung folgende Lehrgegenstände:

A - LEHRPLAN
Lehrgegenstand … Mindeststundenanzahl

B - Dienstprüfung
MÜNDLICHE GESAMTPRÜFUNG: Im Zuge der Prüfung sollen exekutivspezifische Sachverhalte praxisorientiert, themenübergreifend und kompetenzorientiert behandelt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei in den polizeifachlichen Kompetenzen, wobei seitens der Prüfer auch Themengebiete aus den anderen im Lehrplan angeführten Ausbildungsmodulen berücksichtigt werden sollen.

Laut dem Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst gliedert sich die zweijährige Grundausbildung in die
- Basisausbildung (12 Monate Theorie),
- das Berufspraktikum I (3 Monate),
- die Vertiefung der Ausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung) und
- das viermonatige Berufspraktikum II.

Ferner werden im Ausbildungsplan Struktur und Ausbildungsziele der Polizeigrundausbildung wie folgt beschrieben:
Die Polizeigrundausbildung soll den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch praxisnahe Lehre unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden jene Kompetenzen vermitteln, die im Kompetenzprofil für den uniformierten Polizeidienst als relevant definiert werden. Die Schwerpunkte der polizeilichen Grundausbildung sind Handlungssicherheit und Bürgernähe auf Basis menschenrechtskonformen Verhaltens.

BASISAUSBILDUNG - 12 MONATE
Die Polizeibediensteten sollen jenes rechtliche sowie einsatztaktische und -technische Basiswissen erlangen, das sie für den Dienst in einer Polizeiinspektion (PI) benötigen. Die Wissensvermittlung soll kompetenzorientiert und praxisnah unter Vernetzung aller Ausbildungsinhalte erfolgen.

BERUFSPRAKTIKUM I - KENNENLERNEN DES DIENSTBETRIEBES - 3 MONATE
Das Berufspraktikum dient zur Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut.

VERTIEFUNG - 5 MONATE
Die Polizeibediensteten sollen die Ausbildungsinhalte, Erlebnisse und Erfahrungen des Berufspraktikums reflektieren. Darüber hinaus sollen sie das in der Basisausbildung erworbene Wissen vertiefen und mit den Ausbildungsinhalten des Berufspraktikums vernetzen.

BERUFSPRAKTIKUM II - EINFÜHRUNG IN DEN DIENSTBETRIEB - 4 MONATE
Während der Einführung in den Dienstbetrieb werden die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt.

In der im Ausbildungsplan ferner enthaltenen Stundentafel werden die in der Anlage 1 zur Ausbildungsverordnung angeführten Lehrgegenstände und Unterrichtseinheiten wie folgt näher aufgegliedert:

Lehrgegenstand - Unterrichtseinheiten - Gesamt

1. PERSONALE UND SOZIALKOMMUNIKATIVE KOMPETENZEN

2. POLIZEIFACHLICHE KOMPETENZEN

3. SITUATIONSADÄQUATE HANDLUNGSKOMPETENZEN SOWIE WAHRNEHMUNGS- UND REFLEXIONSKOMPETENZEN

4. BERUFSPRAKTIKUM
(Quelle: https://bmi.gv.at/104/Beruf_und_Karriere/start.aspx; vgl. ).

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG wird im Gesetz nicht näher definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung eine Reihe von Kriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen, um vom Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG ausgehen zu können. Im Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, hat der Verwaltungsgerichtshof diese in der Rz 11 wie folgt zusammengefasst:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , ). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (). Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre ).

Im Erkenntnis , wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass bei einer "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel, die in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten besteht, eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegt (Rz 32).

Weiters hob der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung hervor, dass das von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums absolvierte Unterrichtspraktikum eine Einschulung am Arbeitsplatz im Beruf eines Lehrers und keine Berufsausbildung mehr darstelle (Rz 26, 27). Dagegen stelle die Ableistung der Gerichtspraxis durch einen Rechtspraktikanten eine Berufsausbildung dar, da es sich dabei um eine Berufsvorbildung und keine Einschulung am Arbeitsplatz handle (Rz 28).

Angesichts dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung stellen jedenfalls die oben näher dargestellte zwölfmonatige Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "12 Monate Theorie") und die fünfmonatige Vertiefung dieser Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung") eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar.

Das zwischen diesen beiden Theorie-Ausbildungsblöcken zu absolvierende Berufspraktikum I dient nach dem Ausbildungsplan der Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut. Dieser Teil der Ausbildung stellt somit eine typische Form der Vermittlung praktischer Grundkenntnisse dar, die nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls unter die Berufsausbildung fällt (vgl. ). Auch der Umstand, dass dieses Praktikum vor Ablegung der Dienstprüfung geleistet wird, spricht dafür, dass das Berufspraktikums I noch keine Berufsausübung darstellt.

Auf die beispielhaft angeführten h.a. Erkenntnisse wird verwiesen:
; ;
;

Da der Sohn des Bf. im Zeitpunkt des Ergehens des in Beschwerde gezogenen Bescheides noch am Anfang der Polizeigrundausbildung stand (Beginn des Dienstverhältnisses und der Basisausbildung am ; Abweisungsbescheid vom ), war nach den obigen Ausführungen entsprechend der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass jedenfalls die Basisausbildung eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG darstellt, der Beschwerde stattzugeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht den Erkenntnissen , 0064, folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100136.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at