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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.06.2021, RV/2100301/2021

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Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Aufgrund einer dem Finanzamt am übermittelten internationalen Kontrollmitteilung über den Bezug einer Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von € 1.829,22 im Jahr 2015, welche die Beschwerdeführerin (Bf) neben einer österreichischen Pension von der PVA bezogen hat, wurde die Bf mit nachweislich am zugestelltem Ergänzungsersuchen vom betreffend 2015 und 2016 ersucht, Nachweise über den ausländischen Rentenbezug sowie entsprechende Abgabenerklärungen vorzulegen und diverse Fragen zur steuerlichen Beurteilung des Sachverhalts zu beantworten. Die Frist zur Beantwortung des Vorhaltes ist am abgelaufen. Am erfolgte automatisiert ein Erinnerungsschreiben mit Fristablauf , in dem der Bf mitgeteilt wurde, dass sie offenbar übersehen habe, die von ihr einzubringende Beantwortung betreffend den Vorhalt für die Jahre 2015 bis 2016 fristgerecht bis einzureichen. Nach den Angaben im Vorlagebricht hat sich die Bf am in einem Telefonat bezüglich des Vorhaltes erkundigt.

Am hat das Finanzamt unter Einbeziehung der ausländischen Einkünfte den Einkommensteuerbescheid 2015 mit einer Einkommensteuernachforderung in Höhe von € 469,00 erlassen und begründend ausgeführt, dass die Bf aufgrund ihres Anrufs am einer Veranlagung für das Jahr 2015 unter Berücksichtigung Ihrer ausländischen Pensionseinkünfte aus Deutschland zugestimmt habe. Die ausländischen Pensionseinkünfte aus Deutschland würden aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland unter Progressionsvorbehalt für die Steuerberechnung herangezogen werden.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde verweist die Bf auf die 5-jährige Verjährung. Der Einkommensteuerbescheid 2015 sei ihr mit Schreiben vom übermittelt worden. Sie möchte festhalten, dass sie bei ihrem Anruf am zwecks Erhalts näherer Auskünfte und Informationen über ein Schreiben vom keineswegs eine Zustimmung zur Veranlagung erteilt habe. Sie beantrage die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und führte in der Begründung nach Hinweis auf die in diesem Zusammenhang geltenden gesetzlichen Bestimmungen (§ 207 Abs. 2 BAO, § 208 Abs. 1 lit. a BAO und § 209 Abs. 1 BAO) aus, dass im Veranlagungsjahr 2015 ein Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Einkommensteuergesetzt 1988 (EStG) aufgrund der ausländischen (Pensions-)Einkünfte der Bf vorgelegen sei. Am hätte das Finanzamt der Bf ein Ersuchen um Ergänzung übermittelt, welches am mit Rsb abgefertigt worden sei. Am sei ein Erinnerungsschreiben betreffend Ersuchen um Ergänzung vom ergangen und die Bf habe beide Schreiben nicht fristgerecht bis zum beantwortet. Aufgrund der dargestellten Tatsachen sei am (wohl gemeint ) der Einkommensteuerbescheid 2015 unter Berücksichtigung der ausländischen (Pensions-)Einkünfte der Bf aus Deutschland von Amts wegen ergangen.

Gemäß den Bestimmungen des § 207 Abs. 2 BAO in Verbindung mit § 208 Abs. 1 lit. a BAO und § 209 Abs. 1 BAO sei der gegenständliche Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 innerhalb der Verjährungsfrist(en) der BAO fristgerecht ergangen, da das Ersuchen um Ergänzung vom eine nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches für das Jahr 2015 darstellen würde.

In dem dagegen fristgerecht erhobenen Vorlageantrag wiederholte die Bf, dass sie Beschwerde wegen 5-jähriger Verjährung erheben würde. Der Einkommensteuerbescheid 2015 sei ihr mit den Schreiben vom erstmalig übermittelt worden. Einen früheren Bescheid oder ein früheres Schreiben mit dem Datum habe sie nicht entgegengenommen. Sie sei auch nicht über die Hinterlegung eines Rsb-Briefes für diesen Zeitraum mittels gelber Postbenachrichtigung informiert worden. Sie möchte erneut festhalten, dass sie bei ihrem Anruf am zwecks Erhalts näherer Auskünfte und Informationen über ein Schreiben vom keineswegs eine Zustimmung zur Veranlagung erteilt habe.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf bezog im Jahr 2015 eine österreichische Pension von der PVA. Über den Bezug einer Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund wurde das Finanzamt durch eine internationale Kontrollmitteilung am16.6.2016 informiert.

Mit Ergänzungsersuchen vom , übernommen laut Unterschrift der Bf auf der Übernahmebestätigung am , wurde die Bf mit Frist zur Beantwortung bis zur Klärung des steuerlichen Sachverhalts ersucht, bekannt zu geben, seit wann sie die ausländischen Einkünfte beziehen würde sowie die Höhe der Einkünfte. Sie werde ersucht, die diesbezüglichen Unterlagen (z.B. Lohnbescheinigung, Rentenbescheinigung, Steuerbescheid) in Kopie sowie (gegebenenfalls) eine Abgabenerklärung innerhalb der oben angeführten Frist vorzulegen und folgende Fragen zu beantworten:

"- Warum haben Sie Ihre ausländischen (Pensions-)Einkünfte im angeführten Kalenderjahr dem zuständigen Finanzamt nicht bekannt gegeben?
- Wo lebt ihre Familie?
- Welche Staatsbürgerschaft haben sie?
- Handelt es sich bei der von ihnen bezogenen ausländischen Pension um eine Sozialversicherungspension, eine Pension aus einer öffentlichen Kassa oder eine Firmenpension?
- Welche Tätigkeit übten sie in ihrer Aktivzeit aus?"

Beweismittel

An Beweismitteln wurden vorgelegt:
- die an das Finanzamt übermittelte Kontrollmitteilung
- das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes an die Bf vom
- die von der Bf unterschriebene Übernahmebestätigung, worin bestätigt wird, das Ergänzungsersuchen am übernommen zu haben
- das Erinnerungsschreiben vom

Rechtliche Grundlagen

§ 41 Abs. 1 EStG 1988 lautet auszugsweise:
"Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn
1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt,
2. im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind."

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.

Gemäß § 208 Abs. 1 lit a BAO beginnt die Verjährungsfrist in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.

Gemäß § 22 Abs. 1 ZustG ist die Zustellung vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

Gemäß § 22 Abs. 2 ZustG hat der Übernehmer des Dokuments die Übernahme auf dem Zustellnachweis durch seine Unterschrift unter Beifügung des Datums und, wenn er nicht der Empfänger ist, sein Naheverhältniss zu diesem zu bestätigen. Verweigert er die Bestätigung, so hat der Zusteller die Tatsache der Verweigerung, das Datum und gegebenenfalls das Naheverhältnis des Übernehmers zum Empfänger auf dem Zustellnachweis zu vermerken. Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden.

Erwägungen

Zu den anderen Einkünften gemäß § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 gehören unter anderem ausländische Pensionen (Jakom, EStG Kommentar, 13. Auflage, Tz 5 zu § 41). Weiters hat die Bf mit dem Bezug der steuerpflichtigen ausländischen Rente und der inländischen Pension auch den Tatbestand des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 erfüllt, weswegen von einer Pflichtveranlagung auszugehen ist. Da ein Pflichtveranlagungstatbestand vorgelegen ist, war der Umstand, ob die Bf anlässlich ihres Anrufes am ihre Zustimmung zur Veranlagung erteilt hat, nicht relevant.

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei der Einkommensteuer fünf Jahre, die gemäß § 208 Abs. 1 lit a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, zu laufen beginnt. Bei der gegenständlich festgesetzten Einkommensteuer 2015 hat die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2015 begonnen und wäre mit Ablauf des Jahres 2020 abgelaufen.

Das Finanzamt hat mit Datum ein Ergänzungsersuchen an die Bf bezüglich der Versteuerung ihrer deutschen Rente versendet. Das Finanzamt hat dadurch innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbar eine Amtshandlung zur Geltendmachung der Einkommensteuer 2015 unternommen, wodurch sich die Verjährungsfrist gemäß § 209 Abs. 1 BAO um ein Jahr, also bis zum Ablauf des Jahres 2021, verlängert hat.

Wenn die Bf nunmehr einwendet, dass sie das vom datierte Schreiben des Finanzamtes nicht entgegengenommen habe und auch über die Hinterlegung eines Rsb-Briefes für diesen Zeitraum mittels gelber Postbenachrichtigung nicht informiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass das Finanzamt dieses Schreiben mit Zustellnachweis gemäß § 22 Zustellgesetz versendet hat, wodurch belegt ist, dass dieses Schreiben der Bf zugestellt wurde.

Eine Information über die Hinterlegung eines Rsb-Briefes für diesen Zeitraum mittels gelber Postbenachrichtigung kann die Bf nicht erhalten haben, da sie das Schreiben vom persönlich vom Briefträger übernommen hat und dies in der Übernahmebestätigung mit ihrer Unterschrift bestätigt hat.

Aus der Übernahmebestätigung der Post (Formular 4/1 zu § 22 Zustellgesetz) ist der Name und die Adresse der Bf, das Datum der Übernahme am , die Unterschrift der Bf und der Vermerk, dass die Bf die Empfängerin (und keine Mitbewohner(in) war, ersichtlich. Weiters wird als Absender das Finanzamt Graz-Umgebung, die Steuernummer, das ausfertigende Team, eine DVR-Nummer und der Inhalt angegeben sind, wobei als Inhalt "Bescheid(e)" anstatt "Ergänzungsersuchen" vom angegeben ist, was jedoch auf die tatsächliche und rechtmäßige Zustellung des Inhaltes der Postsendung keinen Einfluss hat.

Ritz, BAO Kommentar, 6. Auflage, Rz 2 zu § 22 ZustG, weist darauf hin, dass der Zustellnachweis eine öffentliche Urkunde ist (zB ). Ein "unbedenklicher" - dh die gehörige äußere Form aufweisender - Zustellnachweis begründet die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorganges, doch ist der Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit zulässig (zB ; , 94/07/0030; , 96/03/0350). Wer behauptet, es lägen Zustellmängel vor, hat diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die genannte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (zB ; , 2001/16/0405-0408; ; ; ).

Die von der Bf unterfertigte Übernahmebestätigung (Zustellnachweis) ist angesichts ihrer oben beschriebenen gehörigen äußeren Form als unbedenkliche öffentlich Urkunde anzusehen. Ihr Vorbringen, dass sie das in Rede stehende die Verjährungsfrist verlängernde Schriftstück nicht erhalten habe, hätte die Bf entsprechend begründen und geeignete Beweise vorlegen oder anbieten müssen, um die Vermutung der Richtigkeit des Zustellnachweises und damit des Zustellvorganges zu widerlegen. Die Bf hat sowohl in der Beschwerde als auch im Vorlageantrag lediglich behauptet, das Schreiben des Finanzamtes vom nicht erhalten zu haben, von Nachweisen ihrer Behauptung kann keine Rede sein.

In Anbetracht dieses Sachverhaltes, insbesondere der eigenhändigen Unterschrift der Bf, mit der sie die Übernahme des Schreibens des Finanzamtes vom bestätigt hat und die im Übrigen den Unterschriften auf der Beschwerde und dem Vorlageantrag als absolut ähnlich zu beurteilen ist sowie dem Vermerk auf der Übernahmebestätigung, dass die Bf als Empfängerin (und nicht beispielsweise als Mitbewohnerin) unterschrieben hat, bestehen für das Bundesfinanzgericht keine Zweifel daran, dass das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom der Bf am 20.11.202 rechtmäßig und auch tatsächlich zugestellt wurde. Dadurch hat das Finanzamt eine Amtshandlung zur Verlängerung der Verjährungsfrist gesetzt, womit die Festsetzung der Einkommensteuer mit dem angefochtenen Einkommensteuer 2015 am in rechtmäßiger Weise erfolgt ist.

Die Beschwerde war daher, wie aus den Spruch ersichtlich, als unbegründet abzuweisen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme, war unter Hinweis auf die zitierte eindeutige und einheitliche Rechtsprechung die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 41 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 22 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 22 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100301.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at