Parkometerabgabe; unrichtige Wertung eines Anbringens durch die belangte Behörde; Zurückweisung mit Beschluss
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR. über das von der F. GmbH, Dorf, eingebrachte Anbringen vom in Zusammenhang mit dem an ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** ergangenen Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , GZ. MA67/Zahl/2021, betreffend eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, den Beschluss gefasst:
Das Anbringen vom wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 VwGVG zurückgewiesen.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Begründung
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna, zugelassen auf die Fa. F. gmbH, Dorf, wurde von einem Kontrollorgan der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion am um 17:50 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1160 Wien, Haberlgasse 10, beanstandet, da der zur Beanstandungszeit im Fahrzeug hinterlegte Parkschein Nr. 123 nach den Wahrnehmungen des Kontrollorgans Spuren von entfernten Entwertungen aufwies.
Im Zuge des an die Zulassungsbesitzerin ergangenen Lenkerauskunftsersuchens gemäß § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 (Schreiben vom ) wurde mit E-Mail vom mitgeteilt, dass das in Rede stehende Fahrzeug zur Beanstandungszeit ***Bf1***, geb. tt.mm.1969, wohnhaft in ***Bf1-Adr*** überlassen gewesen sei.
In der Folge wurde ***Bf1*** vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, mit Strafverfügung vom angelastet, dass er das in Rede stehende Fahrzeug an der bereits genannten Örtlichkeit ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parknachweis abgestellt habe, da der Parkschein Nr. 123 Spuren von entfernten Entwertungen aufgewiesen habe. Demnach habe er die Parkometerabgabe hinterzogen.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über ***Bf1*** eine Geldstrafe iHv € 140,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 9 Stunden verhängt.
***Bf1*** erhob gegen die Strafverfügung fristgerecht Einspruch (E-Mail vom ).
Mit Straferkenntnis vom wurde ***Bf1*** vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 140,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit 1 Tag und 9 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Gegen das Straferkenntnis wurde namens der F. GmbH (und ohne Aktivlegitimation) mit E-Mail vom folgendes Schreiben eingebracht:
"An: MA 67 Lenkererhebung …
Es ist bei uns in der Firma leider ein IRRTUM passiert: Bei der Lenkererhebung - KO 681 EB vom wurde leider eine falsche Person ausgefüllt. Anbei senden wir Ihnen nun die richtige Person, welche das KFZ zu diesem Zeitpunkt gelenkt hat. Wir bitten Sie, das Straferkenntnis zu stornieren und an die richtige Person zu schicken…"
Der E-Mail war eine Lenkerauskunft beigefügt, in der XY, als Lenker zur Beanstandungszeit namhaft gemacht wurde.
Die MA 67 legte das Schreiben samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt:
Das im Sachverhaltsteil näher bezeichnete Straferkenntnis vom erging an ***Bf1*** als Beschuldigten.
Mit E-Mail vom brachte die Fa. F. GmbH bei der MA 67 folgendes Schreiben ein:
"An: MA 67 Lenkererhebung …
Es ist bei uns in der Firma leider ein IRRTUM passiert: Bei der Lenkererhebung - KO 681 EB vom wurde leider eine falsche Person ausgefüllt. Anbei senden wir Ihnen nun die richtige Person, welche das KFZ zu diesem Zeitpunkt gelenkt hat. Wir bitten Sie, das Straferkenntnis zu stornieren und an die richtige Person zu schicken…"
Rechtliche Beurteilung:
Parteienerklärungen sind nach der ständigen Judikatur des VwGH ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, also wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl. , vgl. weiters Hengstschläger/Leeb, AVG, 2. Auflage 2014, § 13, RZ 38, Stand , rdb.at. und die dort zit. Judikatur). Für die Beurteilung des Charakters eines Anbringens ist sein wesentlicher Inhalt, der sich aus dem Schreiben erkennen lässt, maßgeblich und kommt es nicht auf Bezeichnungen und zufällige Verbalformen an, sondern auf das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischrittes, wobei Parteierklärungen im Zweifel so auszulegen sind, dass die diese abgebende Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht wird ().
Weist ein Anbringen einen undeutlichen Inhalt auf, so hat die Behörde nach der Rechtsprechung des VwGH gemäß §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG durch Herbeiführung einer entsprechenden Erklärung den wahren Willen des Einschreiters festzustellen, diesen also zu einer Präzisierung aufzufordern bzw. zum Inhalt einzuvernehmen (vgl. ; ; ).
Erklärt der Einschreiter ausdrücklich, sein Anbringen in einer bestimmten (innerhalb des objektiven Erklärungswertes liegenden) Richtung verstanden wissen zu wollen, ist es der Behörde verwehrt, Umdeutungen vorzunehmen (); dies selbst dann, wenn das Anbringen dadurch erfolglos oder sogar unzulässig wird ().
Selbst § 13 Abs 3 AVG, welcher die Verbesserung auch inhaltlicher Mängel von Eingaben durch den Einschreiter ermöglicht, bewirkt nicht, dass eine ursprünglich einem bestimmten Rechtsmitteltypus entsprechende eindeutige Prozesserklärung im Wege der Verbesserung nachträglich zur Erklärung eines anderen Typus (zB in eine Berufung) umgedeutet werden könnte (; ; ; siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 13 [Stand , rdb.at]).
Im Erkenntnis vom , 2007/16/0145, stellte der VwGH fest, dass für die Qualifikation eines Rechtsmittels gefordert werden müsse, dass das Rechtsmittel nicht so abgefasst ist, dass aus allen seinen Einzelheiten nichts anderes als das Begehren nach einer Berufungsentscheidung hervorgehe. Der Inhalt des Begehrens und damit auch die im Rechtsmittel zum Ausdruck kommende Erklärung sei dafür maßgebend, wer darüber entscheiden soll und welches Rechtsmittel tatsächlich ergriffen wurde (vgl. ).
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, hat das Schreiben der Fa. F. GmbH vom als Beschwerde gegen das an ***Bf1*** als Beschuldigten ergangene Straferkenntnis vom gewertet und dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entgegen der Ansicht der Magistratsabteilung 67 kann der Schriftsatz der Fa. F. GmbH nicht als Beschwerde im Verwaltungsstrafverfahren des ***Bf1*** gewertet werden. Weder tritt die Fa. F. GmbH in seinem Namen auf, noch beruft sie sich auf eine diesbezügliche Vollmacht. Angesichts der Vorgeschichte und der eindeutigen Formulierung (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I (2. Ausgabe 2014) § 13 Rz 37) handelt es sich um eine Nachreichung im Verfahren der Fa. F. GmbH betreffend Lenkerauskunft, wo eine im Nachhinein erfolgte Richtigstellung der am erteilten Lenkerauskunft vorgenommen wurde. In diesem Verfahren ist keine Beschwerde beim Bundesfinanzgericht anhängig.
Das Bundesfinanzgericht war daher für die Erledigung dieses Anbringens nicht zuständig.
Sofern gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Das Anbringen war daher mit Beschluss zurückzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm Art. 133 Abs. 9 B-VG und § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen einen die Angelegenheit abschließenden Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beurteilung von Anbringen ist durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend geklärt. Die ordentliche Revision war daher im gegenständlichen Fall für nicht zulässig zu erklären.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 28 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500387.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at