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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.06.2021, RV/7101985/2016

Pendlerpauschale und Betriebsausgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr zuständig: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013, Steuernummer ***StNr***, zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Einkommensteuer für das Jahr 2013 mit € 1.495,00 festgesetzt. Die Bemessungsgrundlagen und die Berechnung der festgesetzten Abgabe entsprechen der Beschwerdevorentscheidung vom .

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 vom machte der Beschwerdeführer (neben unstrittigen und von der belangten Behörde zuerkannten Versicherungsprämien i.H.v € 392,64, Aufwendungen zur Schaffung/Errichtung/Sanierung von Wohnraum i.H.v. € 32,34 und Pflichtbeiträgen i.H.v € 78,30) ein Pendlerpauschale i.H.v € 3.672,00 sowie sonstige außergewöhnliche Belastungen (handschriftlicher Zusatz: "Kreditrückzahlung von bereits geschlossenem Betrieb") i.H.v. € 4.377,00 geltend.

Mit Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer ersucht, bis im Zusammenhang mit dem Pendlerpauschale mehrere Fragen zu beantworten (Adresse des Arbeitsortes und des Ausgangspunktes der Fahrten, Häufigkeit der Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte, Dienstbeginn und -ende, zurückgelegte Kilometer, Zurverfügungstellung eines Fahrzeuges durch den Arbeitgeber, Begründung einer allfälligen Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel). Diesen Vorhalt ließ der Beschwerdeführer unbeantwortet.

Mit weiterem Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, bis die geltend gemachten "sonstigen außergewöhnlichen Belastungen" belegmäßig nachzuweisen. Hierauf übermittelte der Beschwerdeführer ein Schreiben der ***Bank*** vom , in welchem bestätigt wurde, dass er im Jahre 2013 € 4.377,00 an Kreditrückzahlung geleistet hat. Handschriftlich vermerkte der Beschwerdeführer auf diesem Schreiben, dass aus einer früheren selbstständigen Tätigkeit ein Kredit verblieben sei, den er noch zurückzuzahlen habe. Diese Kosten seien daher jetzt nachträgliche außergewöhnliche Belastungen.

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2013 mit € 3.201,00 fest. Das Pendlerpauschale i.H.v. € 3.672,00 und die Kreditrückzahlung i.H.v. € 4.377,00 erkannte die belangte Behörde hierbei nicht an. Begründend wurde ausgeführt, dass unter Wahrung des Parteiengehörs die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen hinterfragt wurden, er jedoch die benötigten Unterlagen (zum Teil) nicht beigebracht habe, sodass die Aufwendungen in freier Beweiswürdigung nur in Höhe der nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Aufwendungen berücksichtigt werden konnten. Zu den geltend gemachten Kreditrückzahlungen führte die belangte Behörde aus, dass diese keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 darstellen.

Mit (als "Berufung" bezeichneter) Beschwerde vom wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Nichtberücksichtigung des Pendlerpauschales und der Kreditrückzahlung. Er legte eine mit dem Pendlerrechner erstellte und unterschriebene Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro vor, in welcher er angibt, dass ihm kein arbeitgebereigenes Kfz für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt werde, dass er diese Strecke an mehr als zehn Tagen in Kalendermonat zurücklege und dass ihm die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf der überwiegenden Strecke nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Die Abfrage des Pendlerrechners wurde für Montag den (Arbeitsbeginn: 8:00 Uhr, Arbeitsende: 16:00 Uhr) erstellt. Das Pendlerpauschale wird mit € 3.672,00 jährlich/€ 306,00 monatlich, der Pendlereuro mit € 366,00 jährlich/€ 30,50 monatlich ausgewiesen, die Entfernung zwischen Wohnung (***Bf-Adr***) und Arbeitsstätte (***AG2-Adr***) mit 183 km. Zur Kreditrückzahlung führte er aus, dass diese laut einem Anruf beim Finanzamt als Werbungskosten angesetzt werden sollen und ersuchte daher um diesbezügliche Richtigstellung. Ergänzend machte er (erneut) geltend, dass er selbstständig tätig gewesen sei und ihm ein Kredit übriggeblieben sei, den er nicht mehr absetzen konnte. Er müsse diesen Kredit noch viele Jahre zurückzahlen und seien diese Aufwendungen laut Auskunft als "nachträglicher Verlust" absetzbar.

In Beantwortung eines weiteren Vorhaltes brachte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom vor, dass der Kredit aus einer früheren betrieblichen Tätigkeit stamme, er seit Einstellung des Betriebes nur noch unselbstständig tätig sei und nun diese alte Verbindlichkeit zu begleichen habe. Gleichzeitig legte er ein Schreiben der ***Bank*** vom vor, worin bestätigt wird, dass die ***Bf GmbH***, ***Bf GmbH-Adr***, mit Wirksamkeit vom einen Kredit für die Geschäftsablöse einer Pizzeria i.H.v. ATS 1,200.000,00 beantragt und erhalten hat, sowie dass dieser Kredit nach Schließung der Firma bzw. nach dem Verkauf mit Wirksamkeit vom (damals noch aushaftend: € 57.000,00) auf den Beschwerdeführer als Privatperson umgeschuldet wurde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom dahingehend ab, dass nun auch das Pendlerpauschale i.H.v. € 3.672,00 und der Pendlereuro i.H.v. € 366,00 zuerkannt wurden. Die Aufwendungen zur Kreditrückzahlung wurden weiterhin nicht anerkannt. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass unter Werbungskosten Aufwendungen zu verstehen seien, die zur Erwebung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen dienen. Schuldübernahmen durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer seien grundsätzlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und als Gesellschaftereinlage zu werten, sodass sie nicht als Werbungskosten anerkannt werden können. Die Einkommensteuer 2013 wurde in der Beschwerdevorentscheidung mit € 1.495,00 festgesetzt.

Mit einem als "Beschwerde" bezeichneten, jedoch als Vorlageantrag zu wertenden Schreiben vom machte er die strittigen Kreditkosten - nach mittlerweiliger Rücksprache mit einem Steuerberater - nunmehr als nachträgliche Kosten im Zusammenhang mit seiner (früheren) selbstständigen Tätigkeit geltend. Gleichzeitig legte er eine Einkommensteuererklärung für 2013 samt Anlage E1a vor, in welcher die Aufwendungen zur Kreditrückzahlung i.H.v. € 4.377,00 nunmehr als (negative) Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als Geschäftsführer erklärt werden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Im Jahr 2013 hat der Beschwerdeführer ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bezogen, nämlich € 13.192,25 von der Firma ***AG1***, ***AG1-Adr***, und € 8.654,24 von der ***AG2***, ***AG2-Adr*** (jeweils Kennzahl 245).

An der Arbeitsstätte in ***AG2-Adr*** war der Beschwerdeführer im Jahr 2013 an mehr als zehn Tagen im Kalendermonat tätig. Arbeitsbeginn war jeweils um 8:00 Uhr, Arbeitsende um 16:00 Uhr. Bei Einhaltung dieser Arbeitszeiten beträgt die Fahrtdauer von der Wohnung zur Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln 199 Minuten, die Fahrtdauer von der Arbeitsstätte zur Wohnung 195 Minuten. Bei Benützung eines Kraftfahrzeuges beträgt die Fahrzeit in beiden Richtungen je 112 Minuten. Die einfache Fahrtstrecke zwischen seiner Wohnung und dieser Arbeitsstätte beträgt 183 km.

Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer und zu 79 % (Stammeinlage ATS 395.000,00 von ATS 500.000,00) Gesellschafter der im streitgegenständlichen Veranlagungsjahr bereits gelöschten ***Bf GmbH*** (***FN Bf GmbH***). Die ***Bf GmbH*** hat mit Wirksamkeit vom bei der ***Bank*** einen Kredit zur Finanzierung der Geschäftsablöse einer Pizzeria im Betrag von ATS 1,200.000,00 aufgenommen. Nach Einstellung des Betriebes der ***Bf GmbH*** wurde der Kredit mit Wirksamkeit vom auf den Beschwerdeführer als Privatperson umgeschuldet, sodass er spätestens seit diesem Zeitpunkt für die Kreditverbindlichkeit der ***Bf GmbH*** (damals noch aushaftend: € 57.000,00) persönlich haftet. Aufgrund dieser persönlichen Haftung hat der Bescherdeführer im Jahr 2013 € 4.377,00 an Kreditrückzahlung geleistet.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen zu den Einkünften und Arbeitgebern des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem im Akt erliegenden Lohnzettel, der auch Teil des angefochtenen Bescheides ist.

Die Feststellungen bezüglich der Fahrten des Beschwerdeführers zur Arbeitsstätte in ***AG2-Adr***, beruhen auf den glaubwürdigen diesbezüglichen - auch von der belangten Behörde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung nicht in Zweifel gezogenen - Angaben des Beschwerdeführers in seinem Schreiben vom sowie der damit übermittelten Abfrage des Pendlerrechners. Anzumerken ist, dass der mit der PendlerVO, BGBl II 276/2013, eingeführte und erst ab dem Veranlagungslahr 2014 anzuwendende Pendlerrechner Abfragen für das Jahr 2013 nicht zulässt. Der Beschwerdeführer hat den abgefragt. Auch die gängigen Online-Routenplaner für öffentliche Verkehrsmittel (ÖBB Scotty, Google Maps) lassen eine Abfrage für die Vergangenheit nur eingeschränkt zu und ist eine Abfrage für das Jahr 2013 nicht möglich. Laut einer Abfrage des aktuellen Pendlerrechners müsste der Beschwerdeführer bei Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel seine Wohnung um 4:41 Uhr verlassen, um den Dienst an der Arbeitsstätte um 8:00 Uhr antreten zu können, und würde bei Verlassen der Arbeitsstätte um 16:00 Uhr erst um 19:15 Uhr zu seiner Wohnung zurückkehren. Anhaltspunkte dafür, dass die aktuellen Wegzeiten erheblich von jenen im Jahr 2013 abweichen, liegen nicht vor, sodass das Gericht davon ausgeht, dass die Zeiten, die für die Wegstrecken im Jahr 2013 aufzubringen waren, im Wesentlichen jenen Zeiten entsprechen, die hierfür heute aufzubringen sind, also (m.o.w.) 199 Minuten für die Hinfahrt und 195 Minuten für die Rückfahrt. Die festgestellte Fahrzeit mit einem Pkw beruht auf einer aktuellen Abfrage von Google Maps.

Die Feststellungen zur Beteiligung des Beschwerdeführers an der ***Bf GmbH*** sowie seiner Geschäftsführerfunktion ergeben sich aus dem offenen Firmenbuch. Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem Kredit bei der ***Bank*** ergeben sich aus deren Schreiben vom und .

Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

3.1.1. Zum Pendlerpauschale/Pendlereuro

Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I Nr. 53/2013 sind sämtliche Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z. 1) sowie ein allenfalls zustehendes Pendlerpauschale und einen allenfalls zustehenden Pendlereuro (§ 33 Abs. 5 Z. 4) abgegolten. Das Pendlerpauschale (Werbungskosten) beträgt, wenn der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt, ihm hierfür kein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt wird und die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar ist, bei einer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von mehr als 60 km € 6.372,00 jährlich (sog. "Großes Pendlerpauschale"). Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale, gebührt ihm ein Pendlereuro in Form eines Absatzbetrages in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Da der Beschwerdeführer die Arbeitsstätte in ***AG2-Adr***, an mehr als zehn (sohin mindestens elf) Tagen pro Monat aufgesucht hat, ihm hierfür kein arbeitgebereigenes Fahrzeug zur Verfügung stand und die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 183 km (sohin mehr als 60 km) beträgt, sind die diesbezüglichen Voraussetzungen für das große Pendlerpauschale erfüllt. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar bzw. unzumutbar ist, war vor Inkrafttreten der PendlerVO, daher auch für das hier verfahrensgegenständliche Veranlagungsjahr 2013 nicht hinreichend klar geregelt. Der VwGH hat unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien judiziert, dass im Nahebereich von 25 km die Benützung eines Massenbeförderungsmittels jedenfalls zumutbar ist, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt, bzw. jedenfalls unzumutbar ist, wenn die Fahrzeit mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als dreimal so lange dauert als mit dem eigenen Kfz (; , 2006/15/0001). Grundsätzlich ist die Frage der Zumutbarkeit nach der Rechtsprechung des VwGH anhand eines Vergleiches zwischen den Fahrzeiten im öffentlichen Verkehr und im Individualverkehr zu beurteilen. Bei geringfügiger Differenz dieser Fahrzeiten ist hierbei nach der gesetzlichen Wertung des § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 und seiner vorrangigen Anknüpfung an den öffentlichen Verkehr der Verzicht auf die Benutzung des Individualverkehrs zumutbar (: Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die damit verbundene Wegzeit lediglich das 1,2-fache der Wegzeit mit dem Kfz beträgt). Im vorliegenden Fall beträgt die Wegzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln das 1,78-fache (Hinfahrt) bzw. 1,74-fache (Rückfahrt) der Wegzeit mit einem Pkw. Dies ist zwar unterhalb jener Grenze, ab welcher der VwGH jedenfalls die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel annimmt, nach Auffassung des Gerichtes kann aber angesichts dessen, dass dem Beschwerdeführer bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der erforderlichen Zeiten für Nahrungsaufnahme (Frühstück, Abendessen) und Körperpflege kaum noch 8 Stunden Nachtruhe verbleiben würden, davon ausgegangen werden, dass ihm die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zumutbar war. Die mit der Benützung eines Kfz verbundene Zeitersparnis (im vorliegenden Fall immerhin 2 Stunden und 50 Minuten pro Tag) wiegt für die Frage der Zumutbarkeit nach Auffassung des Gerichtes umso schwerer, je länger die für Arbeit und Fahrt aufzuwendende Zeit insgesamt ist und je mehr dadurch die verbleibende Tagesfreizeit bzw. die notwendige Ruhezeit eingeschränkt wird. Das (große) Pendlerpauschale im Betrag von € 3.672,00 war daher - wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung - anzuerkennen.

Anzumerken ist, dass die für den Veranlagungszeitraum gültigen Lohnsteuerrichtlinien 2002 (Richtlinie vom , BMF-010222/0142-VI/7/2012 und Richtlinie vom , BMF-010222/0049-VI/7/2013) die Benützung eines Massenbeförderungsmittels als jedenfalls unzumutbar erachteten, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 2,5 Stunden beträgt (Tz 255), sowie dass gemäß § 2 Abs. 1 Z. 2 der (erst ab der Veranlagung 2014 anwendbaren) PendlerVO, BGBl II 2013/276, die Benützung eines Massenbeförderungsmittels bei einer Fahrzeit von mehr als 120 Minuten stets unzumutbar ist. Auch nach diesen Bestimmungen wäre dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den gegenständlichen Arbeitsweg nicht zumutbar.

3.1.2. Zur Kreditrückzahlung

Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs 4 EStG 1988). Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind Zahlungen, die ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH infolge einer persönlichen Haftungsübernahme zur Begleichung von Gesellschaftsverbindlichkeiten leistet, grundsätzlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und entziehen sich damit einem Abzug (bei einer Beteiligung von bis zu 25 %) als Werbungskosten bzw. (wie hier: bei einer Beteiligung von mehr als 25 %) als Betriebsausgaben bei den Geschäftsführereinkünften. Dieser Rechtsprechung liegt die Überlegung zugrunde, dass Aufwendungen, die einem Gesellschafter-Geschäftsführer in seiner einkommensteuerlich relevanten Sphäre erwachsen, entweder durch seine Tätigkeit als Geschäftsführer (und sohin im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbstständiger oder selbstständiger Arbeit) oder durch seine Stellung als Gesellschafter veranlasst sind, wobei die jeweilige Veranlassung bei der steuerlichen Beurteilung der einzelnen Aufwendung zu prüfen ist. Einkommensteuerrechtlich macht es keinen Unterschied, ob der Gesellschafter seine Gesellschaft von vornherein mit entsprechend hohem Eigenkapital ausstattet, das in der Folge durch Verluste der Gesellschaft verloren geht, oder ob er später Einlagen tätigt oder als Bürge Schulden der Gesellschaft bezahlt bzw. deren Schulden übernimmt, ohne bei der Gesellschaft Rückgriff nehmen zu können. Folglich hängt die Übernahme einer persönlichen Haftung primär mit der Gesellschafterstellung zusammen, weshalb es der Verwaltungsgerichtshof ablehnt, Vermögensverluste, die dem Gesellschafter aus der Übernahme derartiger Haftungen entstehen, bei seinen Geschäftsführerbezügen als einkünftemindernd zu berücksichtigen. Übernimmt demnach der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft Verpflichtungen seiner Gesellschaft, so sind die ihm daraus erwachsenen Kosten grundsätzlich als Gesellschaftereinlage zu werten, die ebenso wenig als Betriebsausgaben abziehbar sind, wie andere Geld- und Sacheinlagen. Solche Einlagen können auch nicht in Betriebsausgaben des Gesellschafters umgedeutet werden, die diesem in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer erwachsen, und zwar mit dem Argument, dass damit der Fortbestand seiner Einkünfte als Geschäftsführer gesichert würde. Primär dienen nämlich die Einlagen des Gesellschafters einer in ihrer Existenz gefährdeten Kapitalgesellschaft dem Fortbestand der Gesellschaft. Die Sicherung allfälliger Geschäftsführerbezüge ist erst eine weitere Folge des Fortbestandes der Gesellschaft und tritt daher gegenüber dem primären Zweck der Einlage in den Hintergrund (; , 2009/13/0071). Im vorliegenden Fall ist zudem zu beachten, dass der Kredit erst nach Einstellung des Betriebes der ***Bf GmbH*** auf den Beschwerdeführer als Privatperson umgeschuldet wurde. Sollte er erst anlässlich dieser Umschuldung (und nicht etwa bereits anlässlich der Einräumung des Kredites) die persönliche Haftung übernommen haben, kommt eine Sicherung der Geschäftsführerbezüge als Zweck der Haftungsübernahme schon von vornherein nicht in Betracht. Die Aufwendungen des Beschwerdeführers zur Rückzahlung der Kreditverbindlichkeit der seinerzeitigen ***Bf GmbH*** konnten daher nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden.

Nachdem der Beschwerdeführer die Kreditrückzahlung ursprünglich als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht hat, ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass ein Abzug auch unter diesem Titel nicht infrage kommt. Aufwendungen eines Gesellschafters-Geschäftsführers einer GmbH aufgrund der Inanspruchnahme aus einer übernommenen persönlichen Haftung für einen der Gesellschaft gewährten Kredit stellen keine außergewöhnliche Belastung dar, weil der Gesellschafter-Geschäftsführer in einem solchen Fall ein Wagnis übernimmt, das dem eines Unternehmers gleicht (). Bei einer derartigen Haftungsübernahme mangelt es daher - sofern keine gesetzliche Verpflichtung hierzu bestand - an der Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988, da nach den sittlichen Wertvorstellungen rechtlich denkender Menschen auch in Notfällen weder den Gesellschafter noch den Geschäftsführer eine moralische Verpflichtung treffen wird, für Gesellschaftsschulden einzustehen (; , 2001/15/0173).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Mit dem vorliegenden Erkenntnis ist das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des VwGH abgewichen. Zur Frage, ob im Zusammenhang mit dem Pendlerpauschale die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, hat der VwGH mit der unter Punkt 3.1.1. zitierten Rechtsprechung für den - hier maßgeblichen - Zeitraum vor Inkrafttreten der PendlerVO Grenzen abgesteckt und hält sich das vorliegende Erkenntnis innerhalb dieser Grenzen. Zudem hängt die Frage dieser Zumutbarkeit wesentlich von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Frage, ob die Begleichung von Verbindlichkeiten einer Kapitalgesellschaft durch deren Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund einer persönlichen Haftungsübernahme als Werbungskosten/Betriebsausgaben oder außergewöhnliche Belastung anzuerkennen ist, ist durch die unter Punkt 3.1.2 zitierte Rechtsprechung geklärt und wurde auch vom Bundesfinanzgericht im Sinne dieser Rechtsprechung beantwortet.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101985.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at