Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 28.04.2021, RV/7103577/2014

Wettgebühr - "Teilnahme vom Inland aus" ; § 206 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Ilse Rauhofer, die Richterin Mag. Diana Sammer sowie die fachkundigen Laienrichter KomzlR. Christian Gerzabek und Alexander Kuba in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***5***, als Liquidator, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Wettgebühren 01-06/2011, in der Sitzung vom , zu Recht erkannt:

  • Die Bescheide betreffend Wettgebühren 01/2011 - 06/2011 werden gemäß § 279 BAO dahingehend abgeändert, dass von der Abgabenfestsetzung gemäß § 206 Abs 1 lit b BAO Abstand genommen wird.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Offenlegung zur Selbstberechnung der Wettgebührenabrechnung für 01/2011 bis 06/2011 /Selbstanzeige

Von der Beschwerdeführerin (***Bf1***, kurz Bf.) mit Sitz in Malta wurden ab Jänner 2011 (bis Juni 2011) elektronische Selbstberechnungen für die Wettgebühren durchgeführt. Nach einem Ergänzungsersuchen des Finanzamtes brachte sie in Beantwortung desselben mit Schreiben vom bei der belangten Behörde eine "Offenlegung zur Selbstberechnung Wettgebühren Jänner - April 2011" sowie "Richtigstellung zur Wettgebührenabrechnung Mai 2011" und eine Selbstanzeige ein.

Zur Berechnung der führte sie aus:

"3.a) Vermittlung in Wettlokalen

Die Ermittlung der Wettumsätze, die von Österreich vermittelt werden und die als Bemessungsgrundlage dienen, erfolgt über das Computersystem der ***4***. erfolgt. Die inländischen Wettlokale sind dabei direkt über eine gesicherte Datenleitung mit den Servern in Malta verbunden. Aufgrund der EDV-technischen Zuordnung der in den Annahmestellen eingegebenen Wetten ist eine Lokalisierung des Eingabestandortes innerhalb Österreichs eindeutig möglich. Jeweils am Monatsende erfolgt die Abrechnung hinsichtlich der vertraglich vereinbarten Vermittlungsprovision auf Basis der dem Vermittler zuzuordnenden Umsätze.

3.b) Vermittlung Online

"Da es technisch bis dato nicht möglich war, eine eindeutige Verifizierung aller vom Inland aus getätigten Wetten sicherzustellen, kann lediglich eine hilfsweise Annäherung an die vom Gesetzgeber vorgesehene Regelung durchgeführt werden. Insofern wurden nur die Wettumsätze jener User für die Berechnung der Wettgebühr im Onlinebereich herangezogen, die sich als österreichischer Onlinewettkunden registriert haben.

Wie bereits in unserer Eingabe vom sowie in der Offenlegung vom 20.Mail 2011 erwähnt halten wir in diesem Zusammenhang fest, dass uns aufgrund der Unbestimmtheit des Begriffes der "Teilnahme vom Inland aus" die eindeutige Bestimmung aller Teilnehmer, die sich im Zeitpunkt eines durchgeführten Glücksspieles im Staatsgebiet der Republik Österreich befunden haben technisch mittels Auswertung von IP-Adresse nicht möglich ist. Insofern kann auch die Feststellbarkeit aller Tatbestände, die unter die vom Gesetzgeber vorgesehenen Abgabentatbestand fallen, derzeit nicht vollständig gewährleistet werden. [...]"

Ebenso erfolgte eine Offenlegung zur Selbstberechnung Wettgebührenabrechnung Juni 2011.

Die Bf. übermittelte mit den Offenlegungen auch eine Aufstellung betreffend die Berechnung für die jeweiligen Monate und beantragte die bescheidmäßige Festsetzung der Wettgebühren gemäß § 201 Abs. 3 BAO.

Die Beschwerdeführerin gab für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum nachfolgende monatliche Anmeldungen ab (offengelegte Beträge inkl. Online-Wettvermittlung):


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Zeitraum
Bemessungsgrundlage in €
Gebühr in €
01/2011
3.479.483,90
69.589,68
02/2011
3.023.131,20
60.462,62
03/2011
2.940.772,95
58.815,46
04/2011
2.776.890,65
55.537,81
05/2011
3.492.341,00
69.846,62
06/2011
2.856.863,40
57.137,27

2. Ermittlungen durch das Finanzamt - Außenprüfung

In der Folge führte das Finanzamt bei der Bf. eine Außenprüfung gemäß § 147 BAO durch. Gegenstand der Prüfung waren die Wettgebühren (und Glücksspielabgabe) im Zeitraum bis .

Im Zuge der Außenprüfung wurde am eine Selbstanzeige gem. § 29 FinStrG überreicht, worin offengelegt wurde, dass sowohl in den abgegebenen Anmeldungen als auch in den vorgelegten elektronischen Daten die Einspielergebnisse der "SLT"-Wetterminals für den Zeitraum April bis Juni 2011 nicht inkludiert waren. Es erfolgte eine Berichtigung der Aufstellung der Wettgebührenabrechnung April bis Juni 2011:


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Zeitraum
Wetteinsatz in €
Wettgebühr in €
04/2011
91.391,35
1.827,83
05/2011
333,113,96
6.662,28
06/2011
325.954,57
6.519,09

Im Bericht vom waren ua. folgende Prüfungsfeststellungen enthalten:

"I)Gebühr gem. §33TP17(1)1 GebG

1) Gesetzliche Grundlagen:

Die gesetzlichen Grundlagen im GebG wurden zuletzt mit BGBL 2010/111 ab umfassend geändert. Die Gebühr gem. §33 TP17 (1) GebG (Im Inland abgeschlossene Wetten, die nicht dem GSpG unterliegen, wenn zumindest eine der am Rechtsgeschäft mitwirkenden Personen Unternehmer im Sinne des §2 Abs.2 GSpG ist) beträgt einheitlich für sämtliche derartige Wetten 2% vom Wetteinsatz (wenn die Wetteinsätze verschieden sind vom höheren Wetteinsatz). Wetten die vom Inland ins Ausland vermittelt werden oder bei denen die Teilnahme am Rechtsgeschäft vom Inland aus erfolgt, gelten dabei gem. § 33TP17(2)GebG auch als im Inland abgeschlossen.

Zusätzlich zu dieser Bundesgebühr konnten bis zum die Länder für Wetten auf sportliche Veranstaltungen, bei denen die sportliche Veranstaltung im jeweiligen Bundesland stattfindet, einen Zuschlag zu dieser Gebühr festsetzen, der ebenfalls an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern zu entrichten war. Diese Landeszuschläge zur Gebühr gem. §33 TP17 GebG sind mit weggefallen.

2) Sachverhalt:

Die ***4*** mit Sitz in ***6***, führt seit Jänner 2011 als Veranstalter von Sportwetten für die von Österreich nach Malta vermittelten Wetten die Selbstberechnung der abzurechnenden Gebühr gem. §33TP17(1)1 GebG durch.

Die Gesellschaft berechnet dabei die Gebühr für die von verschiedenen Wettvermittlungspartnern vermittelten Wetten. Dazu zählt vor allem die ***7*** (die bis zum die Gebühr selbst berechnete), die ***8***) und bis ***9*** während andere Partner wie ***10***) und ***11***") die Gebühr weiterhin selbst berechnen. Nach den Bestimmungen des § 28 Abs. 3 sind sowohl Personen die gewerbsmäßig Wetten abschließen als auch jene die gewerbsmäßig Wetten vermitteln zur ungeteilten Hand zur Entrichtung der Gebühr verpflichtet, weshalb sowohl der Wettvermittlungspartner als auch der Veranstalter der Wetten eine Steuernummer beim FAGVG zur Selbstberechnung erhalten können. Insoweit einer der Gesamtschuldner die Abgabe vollständig entrichtet, ist der andere aus der Gesamtschuld entlassen. Der Abschluss der Wetten erfolgt je nach Standort über Wettschalter oder über Wettterminals. Das Wettangebot besteht nur aus Wetten auf reale Sportveranstaltungen. Zum Nachweis über die Art der den Wetten zugrunde liegenden Sportveranstaltungen wurden für die Monate Jänner - Juni 2011 die elektronisch aufgezeichneten Daten für jedes einzelne Wettticket vorgelegt. Da auf den einzelnen Wetttickets mehrere Wettereignisse in Form von System- oder Kombiwetten verknüpft werden, wurden diese Daten einerseits für das gesamte Ticket (Datei "Header" - bei diesen Daten ist die unterste Ebene das einzelne Wettticket ohne Detail über die Zusammensetzung der Wettereignisse jedoch mit allen übrigen Daten wie Sys-ID, Ticket-ID, Zeitpunkt, Tickettyp, Einsatz, Gewinn, Auszahlung und Wettstatus.) als auch aufgegliedert für jedes Einzelspiel (Datei "Details" - hier sind zusätzliche Daten wie Mannschaft1 und Mannschaft 2, genaue Wettart ersichtlich) vorgelegt.

Zusätzlich wurden Datenträger mit elektronisch aufgezeichneten Daten über alle im Prüfungszeitraum abgeschlossenen Wetten vorgelegt.

Zu den Sportwetten zählt auch das als "Sys1 - COBOL dogs horses" bezeichnete Wettsystem. Es handelt sich dabei um ein Wettsystem auf Basis eines EDV-Programmes, welches die Hunde- bzw. Pferderennen des englischen Anbieters "SIS" (www.sis.tv) in den Wettpunkt-Filialen in der Zeit von ca 13h bis ca. 22h30 verfügbar macht. Am wurde am Standort ***12*** Einsicht in dieses System welches von 2 Angestellten betreut wird gewährt. Nach Angabe des Abgabepflichtigen werden aus dem System des Anbieters "SIS" ausschließlich die realen, vorwiegend englischen und irischen Rennen als Wette angeboten, während die virtuellen SIS-Wetten nicht angeboten werden - dieses Segment wird durch die eigenen play4-Angebote abgedeckt.

….

Zusätzlich zu den Anmeldungen der Gebühr gem. §33TP17(1) GebG wurde auf Grund des Ergänzungsersuchens vom bekannt gegeben, welche inländischen Vermittler Vertragspartner sind, wer für diese die Gebühren entrichtet und in welcher Form die Vermittlung vom Inland in das Ausland erfolgt. Dabei wurde auch eine Offenlegung zur Selbstberechnung der Wettgebühren Jänner - April 2011, eine Richtigstellung der Wettgebührenabrechnung Mai 2011 und eine Sachverhaltsdarstellung über die Problematik der Wettvermittlung die bei der online-Vermittlung den Tatbestand der "Teilnahme vom Inland" erfüllt angeschlossen und aus Gründen der finanzstrafrechtlichen Vorsicht eine Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG eingebracht, insoweit die abgegebenen Anmeldungen aufgrund der technischen Probleme nicht vollständig wären.

3) Feststellungen:

a) Sys-ID's:

In den vorgelegten Daten ist auch die System-ID inkludiert. Diese System-ID ermöglicht einen Rückschluss auf den Wettvermittler. Vorgelegt wurden die Daten folgender Sys-IDs:

Hinsichtlich der Vollständigkeit dieser Liste an Sys-ID's war die Mitwirkung des Abgabepflichtigen von wesentlicher Bedeutung, da nur von diesem eine Zuordnung der Standorte in jene die dem Gebührengesetz unterliegen und jene die nicht gebührenpflichtig sind (keine Teilnahme / Vermittlung vom Inland) möglich war.

Bei den Anmeldungen der Gebühr gem. § 33 TP17 (1) GebG wurde auf Grund des Ergänzungsersuchens vom eine Detaillierung des angemeldeten Betrages hinsichtlich der auf die Vermittler ***1*** entfallenden Teilsummen vorgenommen.

Der Vergleich der elektronischen Daten für die einzelnen Sys-ID's die den jeweiligen Vermittlern zuzuordnen waren, erbrachte eine weitgehende Übereinstimmung der elektronischen Daten mit den angemeldeten Beträgen (die Nachforschung hinsichtlich geringfügiger Abweichungen erscheint im Hinblick auf die Geringfügigkeit der steuerlichen Auswirkungen und des großen zeitlichen Aufwandes wegen des umfangreichen Datenvolumens als unzweckmäßig).

Seitens des Abgabepflichtigen wurde auch darauf hingewiesen, dass aufgrund der Unbestimmtheit des Begriffes "Teilnahme vom Inland" die eindeutige Bestimmung aller Teilnehmer, die sich zum Zeitpunkt eines Glücksspieles (oder der Wette) im Staatsgebiet der Republik Österreich befunden haben technisch mittels Auswertung von IP-Adressen nur näherungsweise möglich sei. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage erfolgte daher näherungsweise durch Heranziehung der Wetteinsätze jener Spieler, die im Rahmen ihrer Registrierung einen inländischen Wohnort angegeben haben.

Da die Ungenauigkeit dieser Schätzung aber einerseits nur jenen geringen Anteil am Gesamtvolumen der Wetten betrifft, bei denen der Kunde den Wettabschluss über das Internet und nicht am Wettterminal oder Schalter im Lokal abgeschlossen hat und andererseits die Schätzung der online-Wettumsätze durch Heranziehung der bei der Registrierung angegebenen Wohnadressen eine plausible und ausreichend genaue Methode zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage darstellt, da jeder Schätzmethode eine gewisse Ungenauigkeit anhaftet und auch alternative Schätzungen z.B. auf Basis der Touristenströme letztlich zu keiner 100% Genauigkeit führen würden, stellt die gewählte Schätzmethode (die auch bei den exportierten elektronischen Daten der vorgelegten Grundaufzeichnungen angewendet wurde) eine geeignete Methode dar, die für die Selbstberechnung bzw. Festsetzung der Gebühr herangezogen werden kann. Eine Vornahme von Zu- und Abschlägen für zum Zeitpunkt des Spieles im Inland befindliche Spieler mit ausländischem Wohnsitz bzw. zum Zeitpunkt des Spieles im Ausland befindliche Spieler mit inländischem Wohnsitz würde im gegenständlichen Fall vielmehr trotz des damit verbundenen wesentlich größeren Aufwandes bei der Schätzung nur zu einer geringfügigen Änderung in der Abgabenhöhe führen, ohne die Genauigkeit der Schätzung auch nachweislich signifikant zu erhöhen. Von einer derartigen Vorgangsweise wurde aus Gründen der Zweckmäßigkeit daher sowohl seitens des Abgabepflichtigen als auch des Finanzamtes Abstand genommen und die vom Abgabepflichtigen gewählte Schätzmethode auch bei der bescheidmäßigen Festsetzung der Abgabe beibehalten.

Die vorgelegten elektronischen Grundaufzeichnungen entsprachen den gesetzlichen Bestimmungen."

3. Wettgebührenbescheide

Mit Bescheiden vom setzte die belangte Behörde gegenüber der Bf. gemäß § 201 BAO die Wettgebühr für die Monate Jänner bis Juni 2011 fest.


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Zeitraum
Festgesetzte Wettgebühr
Selbstberechneter Betrag
01/2011
€ 68.848,26
€ 59.610,28
02/2011
€ 60.716,71
€ 52.383,95
03/2011
€ 58.817,58
€ 50.310,07
04/2011
€ 57.377,64
€ 47.173,49
05/2011
€ 76.453,73
€ 69.846,82
06/2011
€ 63.657,96
€ 57.137,27

Die festgesetzte Wettgebühr wurde gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 mit 2% vom Wetteinsatz berechnet.

Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

"Der Bemessung wurde das Ergebnis der durchgeführten Außenprüfung zu Grunde gelegt. Begründung und genaue Berechnungen sind der Niederschrift über die Schlussbesprechung oder dem Prüfbericht zu entnehmen, welche insoweit integrierende Bestandteile dieses Bescheides bilden.

Die Festsetzung erfolgte gemäß § 201 Abs. 2 Zi. 2 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Rechtskraft) einzuräumen.

Auch können die steuerlichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie nicht bloß als geringfügig bezeichnet werden.

Daher war dem Gesetzeszweck mittels einer Erlassung eines rechtmäßigen Sachbescheides ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Steuerergebnis zu erzielen, Rechnung zu tragen."

4. Beschwerde vom

Fristgerecht wurde durch die Bf. Beschwerde gegen die Bescheide der belangten Behörde vom erhoben und der Antrag auf Unterlassung der Berufungsvorentscheidung sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellt.

Die Bf. äußerte verfassungsrechtliche Bedenken betreffend der "Teilnahme vom Inland aus" und legte dar, dass es technisch unmöglich sei, das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung "Teilnahme vom Inland aus", dh an welchem Ort ein registrierter User sich um Zeitpunkt seiner Wettteilnahme befunden habe, festzustellen. Sie führte zusammenfassend aus:

"Auf Basis der dargelegten Argumente steht fest, dass bei Online Wetten weder durch Geolokalisierung oder ähnlicher technischer Verfahren Anknüpfung an die IP-Adresse noch durch Selbstauskunft der Spieler (zB durch Anklicken von JA/NEIN bzw. durch die Wohnortangabe bei Registrierung) ermittelt werden kann, ob sie die Wettteilnahme tatsächlich vom Inland aus stattgefunden hat, d.h. ob sich der Wettteilnehmer zum Zeitpunkt des Abschlusses der Wette gerade im Inland oder Ausland befindet."

Aufgrund der verfassungswidrigen Norm des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG bezüglich der Bestimmung "Wettteilnahme vom Inland aus seien die in der Beschwerde dargelegten Beträge betreffen Online-Wetten zu Unrecht festgesetzt und werde eine diesbezügliche Abänderung der in Beschwerde gezogenen Bescheide beantragt".

5. Beschwerdevorlage an das Bundesfinanzgericht

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde - eine Kopie davon erging an die Bf. - dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und gab eine ausführliche Stellungnahme ab.

6. Änderung des Firmenwortlautes

Mit Schreiben vom teilte die steuerliche Vertretung der Bf. der belangten Behörde mit, dass die ***4***. auf ***Bf1***. umbenannt wurde.

Diese Information wurde am durch das FA auch dem Bundesfinanzgericht zur Kenntnis gebracht, weiters wurde bekannt gegeben, dass sich die Bf. in Liquidation befinde.

7. Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtssache der nunmehr zur Entscheidung zuständigen Gerichtsabteilung zugeteilt.

8. Vorhalte des Bundesfinanzgerichtes

Mit zugestellt an die dem Bundesfinanzgericht bekannte Vertreterin der Bf., ***3*** - wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, bekanntzugeben, ob sie ihre bisherigen Anträge aufrechterhalte oder diese modifizieren möchte.

Mit Schreiben der ***3*** vom retournierte diese den Beschluss des BFG und teilte mit, das bereits seit einigen Jahren keine Vertragsbeziehung mehr mit der Bf. bestehe.

Auf Nachfrage des BFG bei der belangte Behörde teilte diese mit, dass keine Informationen über einen neuen Vertreter vorlägen. Die Bf. sei seit in Malta in Liquidation, das Verfahren sei lt. Beantwortung (im November 2019) eines im Mai 2018 an die maltesische Behörde gestellten Auskunftsersuchen noch aufrecht. Laut Information im Jänner 2021 sei ein Gerichtsverfahren gegen die ***Bf1*** (in Malta) eingeleitet worden. Eine Kontenregisterabfrage sei erfolglos gewesen.

Gegen die an den Liquidator der Bf., (***5***) nachweislich zugestellten Beschwerdevorentscheidungen zum Zeitraum 07/2011 bis 01/2013 sei kein Vorlageantrag eingebracht worden.

Mit E-Mail vom brachte die belangte Behörde ein Schreiben des CLO hinsichtlich eines gemäß Rili 2010/24/EU gestellten Betreibungsersuchens mit, dass der Fall als abgeschlossen gilt, die maltesische Behörde teile Folgendes mit:

"Dear Colleagues,

Reference is hereby being made to the below request for recovery in relation to ***Bf1*** having reference number R/OTD/AT/2020/001.

Kindly be informed that we have initiated legal proceedings against ***Bf1***. and have obtained executive title (attached kindly find court judgement delivered on teh 30th November 2020). However, ***Bf1***, is currently in process of being liquidated and thus we cannot issue a garnishee order as according to Article 222 of the Companies Act, Chapter 286 of the Laws of Malta.

,When a company is being wound up by court, any act or warrant, whether precautionary or executive, other than a warrant of prohibitory injunction, issued or carried into effect against the company after the date of its deemed dissolution, shall be void'.

Thus, our office has exhausted all possible remedies and the case is deemed closed."

Die belangte Behörde teilte weiters mit dass einerseits wohl von einer Uneinbringlichkeit auszugehen sei, andererseits davon, dass das Subjekt nicht mehr existent sei.

9. Ladung zur mündlichen Senatsverhandlung und Beschluss vom

Die Ladung zur mündlichen Verhandlung am wurde mit internationalem Rückschein an den Liquidator der Bf. versendet. Aufgrund der vorherrschenden Covid19 - Situation wurde bekannt, dass derzeit ein Annahmestopp von Briefsendungen in Malta besteht, weshalb die Ladung an das Bundesfinanzgericht retourniert wurde.

Mit Beschluss vom wurde gegenüber der belangten Behörde die Abberaumung der mündlichen Verhandlung bekanntgegeben.

Zudem wurde das Finanzamt zur Abgabe einer Stellungnahme dahingehend aufgefordert, dass das BFG aufgrund des momentanen Ermittlungsstandes davon ausgehe, dass der Abgabenanspruch nicht durchsetzbar sei und das BFG daher die Anwendung des § 206 BAO beabsichtige.

Für den Fall, dass dem BFG zwischenzeitlich eine Löschung im maltesischen Handelsregister zur Kenntnis gelange, werde die beschlussmäßige Einstellung des Verfahrens beabsichtigt.

Am teilte das Finanzamt mit, dass keine Einwände gegen die Anwendung des § 206 Abs. 1 lit b BAO bzw. gegen eine (im Falle einer Löschung im Handelsregister) beschlussmäßige Einstellung des gegenständlichen Verfahrens bestünden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Die Bf. ***Bf1*** ist ein Unternehmen mit Sitz in Malta; sie betreibt ihr Unternehmen von Malta aus und verfügt über keine Niederlassung in Österreich.

Die Bf. befindet sich bis dato laut maltesischem Handelsregister "in dissolution" (in Liquidation).

Die Bf. besitzt eine maltesische Wett- und Glücksspiellizenz, jedoch keine inländische Konzession im Sinne des § 14 GSpG ("Lotterienkonzession"), sie führte ab Jänner 2011 als Veranstalter von Sportwetten für die von Österreich nach Malta vermittelten Wetten durch.

Die Bf. berechnete dabei die Gebühr für die von verschiedenen Wettvermittlungspartnern vermittelten Wetten. Der Abschluss der Wetten erfolgte je nach Standort über Wettschalter oder über Wettterminals. Das Wettangebot bestand nur aus Wetten auf reale Sportveranstaltungen.

Zu den Sportwetten zählen auch das als "Sys1 - COBOL dogs horses" bezeichnete Wettsystem. Es handelt sich dabei um ein Wettsystem auf Basis eines EDV-Programmes, welches die Hunde- bzw. Pferderennen in den Wettpunkt-Filialen verfügbar macht. Es wurden hier jedoch ausschließlich die realen, vorwiegend englischen und irischen Rennen als Wette angeboten, während die virtuellen SIS-Wetten nicht angeboten werden.

Es gab einerseits eine Vermittlung in Wettlokalen, andererseits eine Vermittlung Online. Die Ermittlung der Wettumsätze, die von Österreich vermittelt wurden, erfolgte über das Computersystem der Bf. Die inländischen Wettlokale waren dabei direkt über eine gesicherte Datenleitung mit den Servern in Malta verbunden. Aufgrund der EDV-technischen Zuordnung der in den Annahmestellen eingegebenen Wetten war eine Lokalisierung des Eingabestandortes innerhalb Österreichs eindeutig möglich. Jeweils am Monatsende erfolgt die Abrechnung hinsichtlich der vertraglich vereinbarten Vermittlungsprovision auf Basis der dem Vermittler zuzuordnenden Umsätze.

Bei der Vermittlung Online wurden die Wettumsätze jener User für die Berechnung der Wettgebühr im Onlinebereich herangezogen, die sich als österreichischer Onlinewettkunden registriert hatten.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den aktenkundigen Erhebungen der belangten Behörde, welche vom Bundesfinanzgericht eingesehen wurden und denen von der Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten wurde, weiters auf den im Rahmen der Beschwerde erfolgten Ausführungen der Beschwerdeführerin und Informationen der belangten Behörde, sowie den vom BFG durchgeführten Abfragen im maltesischen Handelsregister.

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

1. Rechtslage

1.1. Zur Wettgebühr

Gemäß § 1 GebG unterliegen den Gebühren Schriften und....Rechtsgeschäfte.

Gemäß § 15 Abs. 1 GebG sind Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist.

Gemäß § 16 Abs. 5 GebG entsteht die Gebührenschuld bei Wetten im Sinne des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG mit der Bezahlung des Wetteinsatzes (GSpG-Novelle 2008, BGBl. I 2010/54 ab ).

Gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG unterliegen der Rechtsgeschäftsgebühr Glücksverträge, wodurch die Hoffnung des noch ungewissen Vorteils versprochen und angenommen wird: Im Inland abgeschlossene Wetten, die nicht dem GSpG unterliegen, wenn zumindest eine der am Rechtsgeschäft mitwirkenden Personen Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG ist, vom Wetteinsatz und, wenn die Wetteinsätze verschieden sind, vom höheren Wetteinsatz 2 vH.

Gemäß § 33 TP 17 Abs. 2 GebG gilt eine Wette auch dann als im Inland abgeschlossen, wenn sie vom Inland in das Ausland vermittelt (§ 28 Abs. 3) wird oder wenn die Teilnahme an dem Rechtsgeschäft Wette vom Inland aus erfolgt.

Gemäß § 28 Abs. 3 GebG sind zur Entrichtung der Gebühr bei Wetten im Sinne des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 die Personen, die gewerbsmäßig Wetten abschließen oder vermitteln, zur ungeteilten Hand verpflichtet. Die Gebühr ist von diesen Personen unmittelbar zu entrichten....

Gemäß § 30 GebG haften für die Gebühr neben den Gebührenschuldnern die übrigen am Rechtsgeschäft beteiligten Personen sowie bei nicht ordnungsgemäßer Gebührenanzeige alle sonst gemäß § 31 Abs. 2 zur Gebührenanzeige verpflichteten Personen.

• Zur Teilnahme vom Inland aus

Zum Tatbestandelement "Teilnahme vom Inland aus" liegen bereits mehrere Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (u.a. , ) des unabhängigen Finanzsenates und des Bundesfinanzgerichtes sowie vor.

Das Tatbestandsmerkmal "Teilnahme vom Inland" ist nach der Judikatur des BFG und des UFS dann erfüllt, wenn sich der Spielteilnehmer im Zeitpunkt des Abschlusses des Spielvertrages tatsächlich, physisch im Inland (als geographisch festlegbarem Ort) befindet. Auf technischen Gegebenheiten (wie zB Standort des Servers; Einwahlknoten, verwendete IP-Adresse) kommt es nicht an. Ebenso ist nicht entscheidend, ob der Spielteilnehmer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat und welche Staatsangehörigkeit er besitzt (vgl. zur Wettgebühr gemäß § 33 TP 17 GebG: ; , , ) und zur Glücksspielabgabe: , , und ).

Zur Frage der Ermittelbarkeit der Teilnahme aus dem Inland hat der Folgendes ausgesprochen:

"Der Teilnahme sowohl an einer Wette als auch an einer elektronischen Lotterie nach § 57 Abs. 2 GSpG liegt der Abschluss eines Glücksvertrages zugrunde. Dieser Abschluss kann in beiden Fällen über das Internet erfolgen. In beiden Fällen führt dieser Abschluss nach der insofern gleichlautenden Bedingung des § 33 TP 17 Abs. 2 GebG und des § 57 Abs. 2 GSpG nur dann zu einer Besteuerung nach dem GebG oder nach dem GSpG, wenn die Teilnahme an der Wette oder der elektronischen Lotterie vom Inland aus erfolgt. Es macht in dieser Hinsicht keinen Unterschied, ob der über Internet abgeschlossene Glücksvertrag die Teilnahme an einer Wette oder an einer elektronischen Lotterie zum Inhalt hat. In beiden Fällen lässt sich die Teilnahme vom Inland aus nur anhand von Indizien beurteilen, die in gleicher Weise von den Angaben der Teilnehmer und den technischen Gegebenheiten abhängen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit Wetten bereits mehrfach ausgeführt, dass es bei der Frage, ob an einer Wette vom Inland aus teilgenommen wurde (§ 33 TP 17 Abs. 2 GebG), um einen als Ergebnis der Beweiswürdigung festzustellenden Sachverhalt geht, der den zur Abgabenpflicht führenden Tatbestand verwirklicht, und dass zu einer solchen Sachverhaltsfeststellung sowohl die Registrierung des Users mit einer inländischen Wohnanschrift als auch die Zuordnung der Wette zu einer inländischen IP-Adresse als Indizien dafür dienen können, dass sich der Wettteilnehmer bei Verwirklichung des Tatbestandes im Inland befunden hat (vgl. , mwN). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Gewichtung einzelner Indizien und somit auch die Sachverhaltsfeststellung auf ein Indiz zu stützen und ein anderes Indiz im Wege der Beweiswürdigung zu verwerfen, in seiner Bedeutung über den Einzelfall nicht hinausgeht (vgl. wieder ; , Ro 2018/16/0046). Das bedeutet aber auch für den vorliegenden Revisionsfall, dass durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage, ob Registrierungsadressen der Teilnehmer bzw. IP-Adressen der benutzten Endgeräte als Indizien für die Annahme eines inländischen Aufenthaltsortes der Teilnehmer herangezogen werden können, geklärt ist. Weiters wurde klargestellt, dass die Frage, ob sich die Abgabenbehörde nur auf eines der genannten Indizien stützen darf, in der Regel keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung darstellt. Dass das BFG im Revisionsfall die konkrete Beweiswürdigung in einer unvertretbaren, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise vorgenommen hätte, wird von der revisionswerbenden Partei in ihrem Zulässigkeitsvorbringen im Übrigen nicht behauptet."

1.2. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken:

Für eine verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der hier anzuwendenden Bestimmungen spricht, dass der Verfassungsgerichtshof in vergleichbaren Fällen von Wettgebühren die Behandlung der jeweiligen Beschwerde abgelehnt hat (z.B. zu , RV/1799-W/12 ua.; zu ; zu - die hierzu anhängige Revision beim VwGH wurde zurückgewiesen, ).

2. Erwägungen:

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass es sich bei den von der Bf. angebotenen Wetten um Glücksverträge iSd gesetzlichen Definition des § 33 TP 17 Abs. 1 Z. 1 GebG handelt.

Ebenso unstrittig ist, dass der Ort des Vertragsabschlusses auf Grund der Geschäftsbedingungen der Bf. in Malta liegt.

Dass im gegenständlichen Besteuerungszeitraum (01/2011 - 06/2011) von der Bf. auch Wetten von Spielern angenommen wurde, die sich im Zeitpunkt des Zustandekommens des Glücksvertrages - körperlich - im Inland aufhielten, wird auch von der Bf. nicht bestritten.

Nach der Rechtsprechung des VwGH betreffend Wettgebühr handelt es sich beim Tatbestandsmerkmal "Teilnahme aus dem Inland" um eine Tatsache, die als Ergebnis einer Beweiswürdigung festzustellen ist und sind bei dieser Sachverhaltsfeststellung sowohl die Registrierung des "Users" mit einer inländischen Wohnanschrift als auch die Zuordnung der Wette zu einer "inländischen IP-Adresse" ein Indiz dafür, dass sich der Wettteilnehmer dabei im Inland befunden hat (siehe dazu ua. ; , ). Einem solchen Indiz kann zwar für konkrete Wettfälle durchaus entgegengetreten werden, doch müssen dazu konkrete diesem Beweisergebnis entgegenstehende Indizien angeführt werden ().

Wie die Bf. mehrfach vorgebracht hat, verfügt sie nicht über die IP-Adressen auf Ebene einzelner Transaktionen. Sie hat daher dem Finanzamt gegenüber nur offengelegt, welche Wettumsätze im Besteuerungszeitraum mit Spielern mit inländischer Registrierungsadresse erfolgt sind. Da für das zweite vom VwGH angesprochene Indiz der inländischen IP-Adresse der Abgabenbehörde keine Daten bekannt sind, ist bei der bescheidmäßigen Festsetzung des Wettgebühr - ebenso wie bei der Selbstberechnung - vom für die Feststellung der "Teilnahme vom Inland" geeigneten Indiz "inländische Registrierungsadresse" ausgegangen worden.

Für die Zwecke der zwingenden Selbstberechnung durch die Bf. hat der Verwaltungsgerichtshof () festgestellt, dass sowohl die Registrierung des Wettteilnehmers mit inländischem Wohnsitz, als auch die Zuordnung der Wette zu einer inländischen IP-Adresse ein Indiz für die Teilnahme vom Inland aus darstellen können.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Bf. die Methode der Selbstberechnung nach dem registrierten Wohnort des Wettteilnehmers zugrunde gelegt, und damit ein geeignetes Indiz ihrer Selbstberechnung zu Grunde gelegt.

Da von der Bf. für konkrete Wettverträge nicht einmal die Behauptung aufgestellt wurde, dass in einem bestimmten Einzelfall trotz Registrierung mit österreichischer Adresse keine Teilnahme vom Inland aus erfolgt ist, noch etwaige Nachweise für derartige Angaben vorgelegt wurden, erweist sich die Abgabenfestsetzung durch das Finanzamt zum Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide als rechtmäßig.

3. Zur Nicht - Durchsetzbarkeit des Abgabenanspruches

§ 206 Abs. 1 lit. b BAO lautet:

Die Abgabenbehörde kann von der Festsetzung von Abgaben ganz oder teilweise Abstand nehmen, soweit im Einzelfall auf Grund der der Abgabenbehörde zur Verfügung stehende Unterlagen und der durchgeführten Erhebungen mit Bestimmtheit anzunehmen ist, dass der Abgabenanspruch gegenüber dem Abgabenschuldner nicht durchsetzbar sein wird.

Maßnahmen nach § 206 liegen im Ermessen der für die Abgabenfestsetzung zuständigen Abgabenbehörde bzw der Verwaltungsgerichte (vgl zB ; -F/08).

Die gemäß den §§ 263 Abs 1 und § 279 Abs 1 (jeweils idF FV wGG 2012) bestehende Befugnis, Abgabenbescheide abzuändern, umfasst auch die Abänderung in einem auf § 206 gestützten "Nichtfestsetzungsbescheid". Dies gilt auch für meritorische Erledigungen von Bescheidbeschwerden (vgl zB ; , RV/0236-L/07; ErlRV 2007 BlgNR 24. GP, 16; Fischerlehner, Abgabenverfahren 2, § 206 Anm 1; Richtlinien zu Beschwerdevorentscheidungen, Abschn 3.3; ).

§ 206 ermöglicht die gänzliche oder teilweise Abstandnahme von der erstmaligen Festsetzung von Abgaben; gilt aber auch für abändernde Bescheide (zB Maßnahmen gem § 295, Beschwerdevorentscheidungen; vgl zu § 206 idF vor BGBl I 2003/124, BMF, AÖF 1994/96). (Ritz, BAO 6, § 206, Rz 1,2)

Voraussetzung einer Maßnahme nach § 206 Abs 1 lit b ist, dass die Abgabenbehörde/das Verwaltungsgericht Erhebungen zur Uneinbringlichkeit durchführt.

Diese gesamthafte Uneinbringlichkeitsprüfung wurde durch das FVwGG mit dem Einfügen der Wortfolge "gegenüber dem Abgabenschuldner" in § 206 Abs 1 lit b im Sinne einer Entkoppelung von Fragen der "Ersatzeinbringlichkeit" bei Mitschuldnern und Haftenden aufgegeben. Die ErläutRV 2007 BlgNR 24. GP 16) halten zur Novellierung des § 206 durch das FVwGG fest:

"Die Änderungen des § 206 BAO dienen der Verwaltungsökonomie. Nach § 206 Abs 1 lit b BAO ermöglichen sie eine Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung gegenüber der/m Abgabepflichtigen unabhängig davon, ob für die betroffenen Abgaben persönliche Haftungen in Betracht kommen. Dies gilt auch für in Beschwerdevorentscheidungen und in Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte vorgenommene Abstandnahmen. […]" (BAO Kommentar Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz § 206, Rz 12)

Unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung ist im gegenständlichen Verfahren hervorgekommen, dass der Abgabenanspruch gegenüber der Beschwerdeführerin nicht durchgesetzt werden kann.

Wie die ho. Erhebungen ergeben haben, wurde bekannt, dass die Bf. bereits seit Jahren in Liquidation ist. Das Betreibungsersuchen blieb ohne Erfolg, das Finanzamt selbst geht von einer Uneinbringlichkeit der Forderung aus. Es ist davon auszugehen, dass keine Aussicht darauf besteht, den Abgabenanspruch durchzusetzen.

Somit sind die Voraussetzungen des § 206 lit. b BAO erfüllt.

Im gegenständlichen Fall ist daher ohne berechtigten Zweifel von einer gänzlichen Uneinbringlichkeit der beschwerdegegenständlichen Abgaben auszugehen, sodass von einer Festsetzung derselben gemäß § 206 Abs. 2 BAO Abstand zu nehmen war.

Maßnahmen gemäß § 206 BAO liegen im Ermessen der für die Abgabenfestsetzung zuständigen Abgabenbehörde bzw der Verwaltungsgerichte (Ritz, BAO 6, § 206 Rz 1).

Nach § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben, in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Die maßgebenden Kriterien für die Übung des Ermessens ergeben sich primär aus dem das Ermessen einräumenden Bestimmung. Billigkeit bedeutet die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei.

Zweckmäßigkeit berücksichtigt das öffentliche Interesse an der Einbringung, aber auch das Interesse an der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung.

Dazu gehört auch die Berücksichtigung der Verwaltungsökonomie (Ritz, BAO 6, § 20 Rz 7).

Angesichts der im gegenständlichen Fall aufgezeigten fehlenden Einbringungsmöglichkeit, war es dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltungsführung entsprechend geboten, mit der Abstandnahme von der Festsetzung vorzugehen, da der mit dem Umfang des durchzuführenden Beschwerdeverfahrens verbundene Verwaltungsaufwand nicht mehr verhältnismäßig ist.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dem nicht entgegensteht: Durch die Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung wird der gesetzliche Abgabenanspruch als solches nicht "vernichtet", sondern es wird lediglich - wegen Uneinbringlichkeit - auf seine Durchsetzung gegenüber der Bf verzichtet (; ).

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen war daher von einer Festsetzung der Abgaben entsprechend der Bestimmung des § 206 Abs. 1 lit b BAO Abstand zu nehmen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

4. Zur Nichtdurchführung der mündlichen Verhandlung

Seitens der Bf. wurde die mündliche Verhandlung vor dem Senat beantragt. Zwischenzeitig befindet sich die Bf. in Liquidation, die Zustellung der Ladung an den Liquidator nach Malta war aufgrund von COVID-19 Maßnahmen hinsichtlich einer Briefannahmestopps in Malta nicht möglich. Ein (steuerliche) Vertretung der Bf. in Österreich ist nicht bekannt.

Nach Aktenlage wurde in den verfahrensleitenden Beschwerden die Aussetzung der strittigen Beträge beantragt und sind diese Aussetzungen bis zum heutigen Tag aufrecht. Der streitgegenständliche Abgabenbetrag ist sohin bis dato nicht entrichtet.

Selbst im Fall einer Stattgabe des Rechtsmittels wäre kein Rückforderungsanspruch der Bf. gegenüber dem Abgabengläubiger gegeben.

Mündliche Verhandlungen dienen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Wahrung der Parteienrechte, insbesondere der Mitwirkung der Aufklärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes ().

Hinsichtlich des gegenständlichen Falles ist auszuführen, dass mittlerweile eine umfangreiche Judikatur des VwGH zur Thematik der "Teilnahme vom Inland aus" vorliegt. Zudem ist nach wie vor eine hohe COVID-19 Gefährdungslage gegeben.

In Zusammenschau dieser Punkte, insbesondere auch bezogen auf die Tatsache, dass die Bf. seit Jahren in Liquidation ist und selbst die belangte Behörde von einer Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten ausgeht, konnte einerseits aus verwaltungsökonomischen Gründen und andererseits aus der Tatsache, dass durch die Anwendung des § 206 BAO der Bf. keine Nachteile erwachsen, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (u.a. VwGH ; , ), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die Auslegung des Gesetzes unstrittig. Die getroffene Entscheidung folgt der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 28 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 17 Abs. 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 15 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 30 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 16 Abs. 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 206 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103577.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at