Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.06.2021, RV/7101517/2021

Familienbeihilfe - Berufsausbildung zielstrebig und ernsthaft?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Familienbeihilfe 11.2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Das Finanzamt erließ den beschwerdegegenständlichen Abweisungsbescheid wie folgt:
Ihr Antrag vom auf Familienbeihilfe wird abgewiesen für:
Name des Kindes - VNR/Geb.dat. - Zeitraum von - bis
(Sohn der Bf.) - … . 07 97 - ab Nov. 2020
Begründung:
Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird.
Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.

Die Beschwerde wurde erhoben wie folgt:
Gegen den Abweisungsbescheid beim Finanzamt: Ich möchte gegen den Abweisungsbescheid vom Beschwerde einlegen, da ich dies nicht akzeptiere.
Ich lege Unterlage bei, wo man genau ablesen kann was Eingerechnet würde und
was nicht (die Ziefer die Sie sehen bestätigt das 10 Fächer bis jetzt "ernsthaft und
zielstrebig" ausgebessert würde), da mein Sohn seit in neue Lehrplan
reingefallen ist, würde ihm vieles nicht eingerechnet. Daher versuchte er die
Gegenstände die ihm nicht eingerechnet würde auszubessern. Zwischen
bis hat er versucht die Noten auszubessern, es ist ihm gelungen 10
Fächern "ernsthaft und zielstrebig" auszubessern. Er hat begonnen
seines Zivildienstes zu leisten und da COVID-19 zwischen kam, hat er sehr
schwere Zeit durchgemacht. Da seines Zivildienstes bis gedauert hat, hat
er trotzdem angefangen seine Abendschule von weiter zu machen, dass
bedeutet das er seines Zivildienstes gemacht und Abendschule besucht. Wie oben
erwähnt versuche er auch diese Semester so viel wie möglich auszubessern und die
Ausbildung "ernsthaft und zielstrebig" innerhalb eines angemessen Zeitraum zu
fertigen.
Darüber hinaus, hatte ich vor seinem Zivildienst unter gleiche Voraussetzung die
Familien Beihilfe umgehend erhalten.
Bei dieser Gelegenheit hat man ihr versichert, dass alles in Ordnung, und die
Kinderbeihilfe weiter zu Recht zu beziehen sei.
Ich ersuche daher um nochmalige Prüfung.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, das mit folgender Begründung:
Sachverhalt:
Ihr Sohn Name, geboren am … .07.1997 besuchte im Wintersemester 2020/21 die Handelsakademie für Berufstätige. Da der Schulbesuch nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben wird, wurde Ihr Antrag auf Familienbeihilfe mit Bescheid vom abgewiesen.
Im Zuge Ihrer Beschwerde haben Sie das Zeugnis vom Wintersemester 2020/21 nachgereicht.
Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) steht Familienbeihilfe u.a. dann zu, wenn das Kind in Berufsausbildung steht.
Würdigung:
Der Begriff "Berufsausbildung" ist im Gesetz nicht näher definiert. Auf Grund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergeben sich als wesentliche Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt wird, eine angemessene Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung. Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reicht für sich allein noch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 anzunehmen. Die Ausbildung muss ernsthaft und zielstrebig betrieben werden. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind durch Prüfungsantritte innerhalb eines angemessenen Zeitraumes die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung erfüllt (vgl. ZI. 98/15/0001).
Jede Berufsausbildung umfasst somit eine quantitative und eine qualitative Komponente. Zur Berufsausbildung gehört zweifellos die allgemein bildende Schulausbildung. Aus der Judikatur des UFS/BFG ergibt sich hinsichtlich der quantitativen Komponente als Vergleichsmaßstab der auch für den Besuch einer AHS oder BHS erforderliche Zeitaufwand von zumindest 30 Wochenstunden (vgl. u.a. ).
Name hat im Wintersemester 2020/21 lediglich neun beurteilte Wochenstunden erreicht, daher sind die oben skizzierten Voraussetzungen einer zielstrebigen und ernsthaften Berufsausbildung im Rückforderungszeitraum nicht gegeben.
Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Am langte folgendes Schreiben der Bf. (Fristverlängerungsansuchen) beim Finanzamt ein:
Ich schreibe Ihnen bezüglich Beschwerdevorentscheidung von 29. März
2021. Da wir am mit Ihnen telefonisch gesprochen haben,
haben wir versucht die Sache in der folgenden Wochen zu erledigen. Da
von bis die Schulen in Fern Unterricht waren,
konnte mein Sohn keinen Termin mit dem Schulkoordinator zu vereinbaren
und der Schulkoordinator hat ihn darauf hingewiesen; dass während
Lockdown leider kein persönliches Treffen möglich war und per E-Mail
konnte er auch nicht Auskunft geben. Laut Ihrem Schreiben musste ich
Ihnen bis die Dokumenten weiter reichen, deswegen möchte
ich Sie Bitten um eine angemessene Verlängerung meine Einbringung des
Antrages.
Mein Sohn hat schon einen Termin mit dem Schulkoordinator vereinbart
und ich werde so schnell wie möglich die gesuchten Dokumenten
nachreichen.

Am langte folgendes Schreiben der Bf. (Vorlageantrag) beim Finanzamt ein:
Beschwerde
Gegen die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die Beschwerde
vom , eingelangt am von (Bf.) gegen den
Abweisungsbescheid vom .
Wegen lockdown frühestmöglichen Termin mit dem Klassenvorstand war am
, das habe ich Ihnen in separaten Brief am bekannt gegeben.
Daher erhebe ich innerhalb offener Frist das Rechtmittel der Beschwerde.
Die Beschwerde richtet sich gegen folgenden Punkt (der
Beschwerdevorentscheidung):
Nach Absprache mit dem Klassenvorstand von Name vom
(frühestmöglichen Termin), hat er uns bescheid gegeben da gilt ein anderes Gesetz
für Handelsakademie und Handelsschule für Berufstätige als
"Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige".
Argumente:
Gemäß § 32 das oben genannte Gesetz musste Name erforderliche
Zeitaufwand von zumindest 10 beurteilte Wochenstunden in dem Zeitraum
von zwei Semestern erreichen. Laut seines Sommersemester Zeugnisses
2020 und Wintersemester Zeugnisses 2020/21, hat Name mehr als 10
beurteilte Wochenstunden erreicht, daher sind die oben skizzierten
Voraussetzungen einer zielstrebigen und ernsthaften Berufstätige Schüler im
Rückforderungszeitraum gegeben.
Zusätzlich hat Name am begonnen seines Zivildienstes zu leisten
und da COVID-19 da zwischen kam, hat er sehr schwere Zeit durchgemacht.
Aus dem Grund, dass seines Zivildienstes bis gedauert hat, hat er
trotzdem seine Abendschule von weitergemacht und für die
Schule gelernt, gleichzeitig hat er seines Zivildienstes geleistet.
Darüber hinaus hat Name immer nebenbei geringfügig gearbeitet, somit hat er
mir als seine alleinerziehende Mutter Unterstützt.
Bei dieser Gelegenheit hat man ihr versichert, dass alles in Ordnung ist, und
die Familienbeihilfe weiter zu Recht zu beziehen sei.
Ich ersuche daher um nochmalige Prüfung.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Die Bf stellte eigentlich einen Antrag auf Wegfall der Familienbeihilfe ab November 2020 für ihren am … .7.1997 geborenen Sohn, weil dieser den Zivildienst beendet hatte. Aufgrund des Faktes, dass die Bf für den Sohn allerdings keine Familienbeihilfe bezog, wurde dieser Antrag als Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe gedeutet und abgewiesen. Der Sohn der Bf besucht die Bundeshandelsakademie, Bundeshandelsschule und Bundeshandelsakademie für Berufstätige in Wien. In der Beschwerde legte die Bf nur Unterlagen vor, die die Berufsausbildung vor dem streitgegenständlichen Anspruchszeitraum betreffen. Aufgrund eines Ergänzungsersuchens legte die Bf das Semesterzeugnis für das WS 2020 vor, aus dem ersichtlich ist, dass ihr Sohn in vier von elf Unterrichtsgegenständen negativ respektive nicht beurteilt wurde.
Beweismittel: Siehe Inhaltsverzeichnis
Stellungnahme:
Zur Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages: Die Beschwerdevorentscheidung gilt ab Beginn der Abholfrist - sohin am - als zugestellt, dh die Frist zur Einbringung des Vorlageantrages endete am (2.5. fällt auf einen Sonntag). Die Rechtzeitigkeit hängt davon ab, ob schon das Schreiben vom als Vorlageantrag ausgelegt wird oder ob erst das mit "Beschwerde" betitelte Schreiben vom als Vorlageantrag angesehen werden kann. Im letzteren Fall wäre der Vorlageantrag unstrittig verspätet und wäre zurückzuweisen. Gem § 264 Abs 1 zweiter Satz BAO hat der Vorlageantrag die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten. Auch das Schreiben vom nimmt auf die Beschwerdevorentscheidung Bezug, weswegen nach Ansicht der ho. Dienststelle schon dieses als Vorlageantrag gewertet werden kann respektive als Fristverlängerungsantrag zur Einbringung des wirklichen Vorlageantrages. In beiden Fällen wäre allerdings die Frist gewahrt und der Vorlageantrag fristgerecht eingebracht. Zum Antrag auf Aussetzung der Einhebung … .
Inhaltlich wird wie folgt Stellung genommen:
Die Lehre (Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 2 Rz 40) geht von einer Berufsausbildung iSd FLAG dann aus, wenn ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kursbesuch und Vorbereitungszeit außerhalb des Kurses von mindestens 30 Stunden anfällt. Das Bundesfinanzgericht nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an, insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden, um von einer Berufsausbildung iSd FLAG zu sprechen (vgl bspw Erkenntnis des ). Der Verwaltungsgerichtshof hat darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass Lehrveranstaltungen am frühen Nachmittag oder am Abend stattfinden und dass eine Ausbildung auch berufsbegleitend besucht werden könne, zwar nicht grundsätzlich dem Vorliegen einer Berufsausbildung iSd FLAG 1967 entgegensteht, es aber zutreffend sei, dass die zeitliche Gestaltung ein Indiz sein könne, die gewählte Bildungsmaßnahme nähme nicht die volle Zeit in Anspruch (vgl Erkenntnis des , ). Da vier von elf Unterrichtsgegenständen negativ bzw aufgrund Abwesenheit gar nicht beurteilt werden konnten, wird nicht von einer zielstrebig und ernsthaft betriebenen Berufsausbildung ausgegangen.
Es wird beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Vom bis leistete der Sohn der Bf. den Zivildienst (Beschwerde und Vorlageantrag).

Im Schuljahr 2020/21 besuchte der Sohn der Bf. die International Business College Bundeshandelsakademie, Bundeshandelsschule und Bundeshandelsakademie für Berufstätige Wien 12 in der Klasse 6BSKB vom bis (Schulbesuchsbestätigung vom ).

Das Semesterzeugnis 2020/21 weist Folgendes aus:


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Pflichtgegenstände-Stammbereich
Semester
Wochen-
stunden
Beurteilung
Religion
6
1
1
Englisch einschließlich Wirtschaftssprache
6
2
A
Spanisch
6
3
5
Betriebswirtschaft
6
3
A
Unternehmensrechnung
3
4
Nicht beurteilt
Unternehmensrechnung
5
3
5
Wirtschaftsinformatik
6
2
A
Politische Bildung und Geschichte (Wirtschafts- und Sozialgeschichte)
6
2
A
Mathematik und angewandte Mathematik
4
4
Nicht beurteilt
Mathematik und angewandte Mathematik
6
4
A
Pflichtgegenstände-ErweiterungsbereichManagement, Controlling und Accounting
6
2
4

A: Angerechnet auf Grund anderer Ausbildung
(Beilage der Beschwerde: Handelsakademie für Berufstätige
Ansuchen um Einrechnungen und Einstufungsprüfungen nach Lehrplan 2015)

Anrechenbare Vorbildung: 1. bis 8. Semester HAK (LP alt) (o.a. Beilage der Beschwerde: Handelsakademie für Berufstätige).

Im Sommersemester 2019 hatte der Sohn der Bf. das 4. Semester der Handelsakademie für Berufstätige besucht (Beilage der Beschwerde: Handelsakademie für Berufstätige- Ansuchen um Einrechnungen und Einstufungsprüfungen nach Lehrplan 2015).

Im Jahr 2020 übte der Sohn der Bf. eine Teilzeitbeschäftigung (als Angestellter der B. AG) aus, laut dem Lohnzettel, der dem Finanzamt gemeldet wurde, war er bis 31. Dezember des Jahres beschäftigt (Abgabeninformationssystemabfrage).

Beweiswürdigung

Das von der Bf. vorgelegte Semesterzeugnis 2020/21 bezieht sich auf den beschwerdegegenständlichen Zeitraum ab November 2020; zuvor, bis Ende Oktober 2020, hatte der Sohn der Bf. den Zivildienst geleistet.

In diesem Semester legte der Sohn der Bf. die Pflichtgegenstände
- Religion mit 1 Wochenstunde und
- Erweiterungsbereich Management, Controlling und Accounting mit 2 Wochenstunden
erfolgreich
somit Pflichtgegenstände mit insgesamt 3 Wochenstunden (!) erfolgreich
ab.
In diesem Semester legte der Sohn der Bf. die Pflichtgegenstände
- Spanisch mit 3 Wochenstunden und
- Unternehmensrechnung (5. Semester) mit 3 Wochenstunden
nicht erfolgreich ab, somit Pflichtgegenstände mit insgesamt 6 Wochenstunden nicht erfolgreich ab (Beurteilung jeweils mit 5/nicht genügend)
Die Pflichtgegenstände
- Unternehmensrechnung (3. Semester) mit 4 Wochenstunden und
- Mathematik und angewandte Mathematik (4. Semester) mit 4 Wochenstunden
wurden nicht beurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) steht Familienbeihilfe für volljährige Kinder (die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben) u.a. zu, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden.
Gemäß lit e dieser Bestimmung ferner für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz-, oder Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird.

§ 32 des Bundesgesetzes, mit dem die Unterrichtsordnung für Schulen für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge erlassen wird (Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge - SchUG-BKV) bestimmt.
Beendigung des Schulbesuches
Abs. 1: Die Eigenschaft als Studierender einer Ausbildung endet:
1. mit erfolgreichem Abschluss (§ 27) der betreffenden Ausbildung,
2. mit dem Zeitpunkt einer schriftlich gegenüber der Schulleitung erklärten Abmeldung vom Schulbesuch,
3. mit dem Zeitpunkt, in dem feststeht, dass ein Studierender im Falle des Weiterbesuches die gemäß § 31 zulässige Höchstdauer des Schulbesuches überschreitet,
4. mit dem Ende eines Halbjahres, wenn nicht in diesem und in dem vorangegangenen Halbjahr Module im Mindestausmaß von 10 Wochenstunden erfolgreich abgeschlossen wurden, sofern dies nicht auf rücksichtswürdige Gründe zurückzuführen ist,
5. mit dem Zeitpunkt, in dem die Leistungen des Studierenden bei der letztmöglichen Ablegung oder Wiederholung eines Kolloquiums nicht oder mit "Nicht genügend" beurteilt wurden,
6. bei Fernbleiben vom Unterricht mit dem ungenützten Ablauf der zweiwöchigen Frist seit der Zustellung der schriftlichen Aufforderung gemäß § 45, sofern diese nicht aus rücksichtswürdigen Gründen unterblieben ist oder
7. mit dem Eintritt der Rechtskraft eines Ausschlusses (§ 46 Abs. 1).

Der Familienbeihilfenanspruch für volljährige Kinder hat nach dieser Gesetzesbestimmung somit zur Voraussetzung, dass das volljährige Kind in Berufsausbildung steht. Eine Berufsausbildung liegt dann vor, wenn der Studierende sich nach außen erkennbar ernstlich und zielstrebig um den Studienfortgang und den Studienabschluss bemüht. Ein derartiges Bemühen manifestiert sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur im laufenden Besuch der angebotenen Lehrveranstaltungen, sondern und insbesondere auch dadurch, dass die Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, abgelegt werden () bzw. zu diesen zumindest angetreten wird ().

Alleine der laufende Besuch von Lehrveranstaltungen reicht somit nicht aus, um eine Berufsausbildung annehmen zu können (zB ).

Im Erkenntnis vom , RV/7100358/2021, erwog das Bundesfinanzgericht, dass dann anzunehmen sein wird, eine Ausbildung wurde ernsthaft und zielstrebig betrieben, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.

Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage, welche die Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat (vgl. , ). Die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Familienbeihilfe zählt, stellt einen zeitraumbezogenen Abspruch dar ().

Nachdem der Sohn der Bf. bis Ende Oktober 2020 den Zivildienst geleistet hatte, setzte er seine Ausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt fort.
Dass unter den oben angeführten Umständen von einer zielstrebig und ernsthaft betriebenen Berufsausbildung des Sohnes der Bf. im beschwerdegegenständlichen Zeitraum - ab November 2020 - nicht die Rede sein kann, bedarf keiner weiteren Ausführungen.
Keine abweichende Beurteilung lässt die von der Bf. ins Treffen geführte Bestimmung des § 32 SchUG-BKV zu: Die Regelung, wann die Eigenschaft als Studierender einer Ausbildung endet, ist nicht gleichzusetzen mit der Beurteilung, wann eine zielstrebige und ernsthaft betriebene Berufsausbildung gegeben ist. Nochmals ist festzuhalten, dass das erfolgreiche Ablegen von Gegenständen mit insgesamt 3 Wochenstunden (!) iVm dem nicht erfolgreichen Ablegen von Gegenständen mit insgesamt 6 Wochenstunden in einem Semester nicht hierunter fällt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Fall nicht gegeben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101517.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at