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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.06.2021, RV/5102078/2016

Kein Nachweis von Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Grossgut-Palotás in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Böhm & Partner Wirtschaftsprüfung- Steuerberatung-Unternehmensberatung GmbH, Hopfengasse 23, 4020 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
2014
Einkommen
81.246,89 €
EinkommensteuerAnrechenbare Lohnsteuer
31.248,58 €-30.864,57 €
Festgesetzte Einkommensteuer (Abgabenschuld)
384,00 €

Die Berechnung der Bemessungsgrundlagen und der Höhe der Abgabe entspricht der Beschwerdevorentscheidung vom .

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Angefochten ist der Einkommensteuerbescheid 2014.

Der Beschwerdeführer ist bei der M GmbH als Einkaufsleiter tätig und hatte im Vorjahr in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 die Anerkennung des Berufsgruppenpauschales für Vertreter in Höhe von 2.190 € begehrt, was vom Finanzamt abgelehnt worden war.

Mangels Vorlage einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 wurde die Veranlagung auf Basis der vorliegenden Lohnzettel und Meldungen im Schätzungswege vorgenommen (Bescheid vom ).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer elektronisch am durch seine steuerliche Vertreterin Beschwerde und beantragte die Anerkennung des Vertreterpauschales in Höhe von 2.190 € und des Kinderfreibetrages in Höhe von 220 €. Auf die Beschwerdeausführungen wird verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die gegenständliche Beschwerde betreffend Vertreterpauschale als unbegründet ab; hingegen anerkannte es den Kinderfreibetrag. Auf die Bescheidbegründung wird verwiesen.

Daraufhin brachte der Beschwerdeführer durch seine steuerliche Vertreterin den Vorlageantrag am elektronisch ein. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist Einkaufsleiter der M GmbH (K-betrieb) und zuständig für den Einkauf von Rohmaterialien und den Verkauf von Nebenprodukten in ganz Europa. Zu seinen Aufgabengebieten zählen laut Schreiben der M GmbH vom folgende Tätigkeiten: Anbahnung neuer Geschäftspartner, Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen, Betreuung der Lieferanten, Repräsentant der Firma bei Messen und Kongressen. Bei Bewältigung seines Tätigkeitsbereiches kann der Beschwerdeführer auf drei Mitarbeiter (Logistik: 2, Einkauf im Schwester-Joint-Venture-Betrieb: 1), die seinen Anweisungen Folge zu leisten haben, zurückgreifen; für deren Betreuung und Schulung ist er zudem zuständig (auch telefonische Betreuung möglich, Einschulung nur für einige Tage). Die Tage im Außendienst gibt er mit drei bis vier Tage pro Woche an; laut seinen Ausführungen im Vorlageantrag beträgt die Außendiensttätigkeit mindestens 50 % der Arbeitstätigkeit.

Überdies ergibt sich aus den vorgelegten Seiten des Dienstvertrages, dass der Beschwerdeführer im Außendienst unter anderem folgende Tätigkeiten ausübt (Bezeichnung des "Bulletpoints unter Main tasks" in Klammern gesetzt): (2) Beratungstätigkeit ("Consult and advise potential sources on how to easiest deal with mixed plastics …"), (3) Qualitätsmanagement ("Evaluate potential suppliers, particularly their quality of mixed plastics …"), (4) PR-Arbeit, ("Turn contacts and information …"), (5) Aufbau von Netzwerken ("Keep closest contact to the ESR, ASR industry, establish networks with suppliers, work in close cooperation with ESD, sales, production management and quality management").

Ob überhaupt Werbungskosten angefallen sind, ist nicht erwiesen.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen stützen sich auf die seitens des Beschwerdeführers vorgelegten Unterlagen. Es liegen keine Beweismittel von aufgrund der Tätigkeit angefallener Werbungskosten vor.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

  • Rechtslage

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 16 Abs. 3 1. Satz EStG 1988 ist für Werbungskosten, die bei nicht selbständigen Einkünften erwachsen, ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 132 Euro jährlich abzusetzen.

Gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungswerten der Praxis festgelegt werden.

Gemäß § 1 Z 9 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen (VO), BGBl II 382/2001, werden für Vertreter anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich, auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses als Werbungskosten festgelegt. Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.

Gemäß § 5 VO können, wenn die Pauschbeträge in Anspruch genommen werden, daneben keine anderen Werbungskosten aus dieser Tätigkeit geltend gemacht werden.

  • Rechtliche Erwägungen

Strittig ist, ob dem Beschwerdeführer für seine Tätigkeit bei der M GmbH das Vertreterpauschale zusteht.

Ohne Nachweis der tatsächlichen Aufwendungen können Werbungskosten auf Grund von Erfahrungswerten geltend gemacht werden. Gemäß § 1 Z 9 dieser Verordnung steht Vertretern ein Pauschbetrag von 5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 € jährlich zu. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass überhaupt Werbungskosten angefallen sind.

Die Pauschalierung von Werbungskosten dient der Verwaltungsvereinfachung, weil § 17 Abs. 6 EStG 1988 den Bundesminister für Finanzen (nur) ermächtigt, in Fällen, in denen die genaue Ermittlung von Werbungskosten mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist, Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege festzulegen (vgl. ). Die Verordnung darf aber in verfassungskonformer Auslegung nicht dazu dienen, Werbungskosten (in pauschaler Höhe) auch in Fällen zuzuerkennen, in denen derartige Werbungskosten gar nicht anfallen. Voraussetzung für den Abzug von Werbungskosten (auch in pauschaler Höhe) ist demnach, dass der Abgabepflichtige als Werbungskosten abzugsfähige Aufwendungen oder Ausgaben überhaupt aus versteuertem Einkommen zu tragen hat. Dies erfordert einen entsprechenden Nachweis durch den Abgabepflichtigen ().

Ein solcher Nachweis wurde nicht erbracht, sodass bereits aus diesem Grund das Vertreterpauschale nicht zu gewähren ist.

Zudem ist fraglich, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers überhaupt unter die Definition "Vertreter" zu subsumieren ist.

Vertreter sind nach übereinstimmender Lehre, Verwaltungsübung und Rechtsprechung Personen, die regelmäßig im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften im Namen und für Rechnung ihres Arbeitgebers und zur Kundenbetreuung tätig sind (; ; ; Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 17 Tz 6; LStRL Rz 406). Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden (Jakom/Lenneis EStG, 2019, § 16 Rz 66).

Voraussetzung für die Zuerkennung des Vertreterpauschales ist, dass der Arbeitnehmer eine ausschließliche Vertretertätigkeit im Sinne der Verordnung ausüben muss (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 17 Tz 71). Wesentlich dabei ist, dass eine Außendiensttätigkeit vorliegt, deren vorrangiges Ziel die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen für den Arbeitgeber ist. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist abzuleiten, dass nur für Personen, die im Absatzbereich tätig sind - dh. Umsätze für den Dienstgeber durch ihre Abschlüsse lukrieren - Vertreter iSd § 1 Z 9 VO sind (zB , "… ist er als Vertreter tätig, solange der Kundenverkehr in Form des Abschlusses von Geschäften im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers über den Verkauf von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen eindeutig im Vordergrund steht.").

Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist (zB beratende Tätigkeit), zählt nicht als Vertretertätigkeit (). Hingegen schadet die Verrichtung anderer Tätigkeiten in einem völlig untergeordneten Ausmaß nicht (; das Erkenntnis betraf einen Vertreter, der zugleich auch handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH war, welche "nahezu nur aus dem Beschwerdeführer selbst" bestanden hat).

Aus Pkt. 1 des Dienstvertrages (Tätigkeit und Funktion, Dienstort) ergibt sich, dass der Beschwerdeführer im Außendienst auch für Beratungstätigkeiten, Qualitätsmanagement, Produktleitung, PR-Arbeit und den Aufbau von Netzwerken zuständig ist. Eine andere Außendiensttätigkeit aber, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, ist keine Vertretertätigkeit (zB ); ebenso wenig stellt das Ausüben von Werbeaktivitäten eine Vertretertätigkeit dar (vgl. ).

Zur Vertretertätigkeit gehört neben der Tätigkeit im Außendienst auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Hier hat der Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit als Einkaufsleiter auch Führungsaufgaben auszuüben. Die Annahme einer - wie vom Beschwerdeführer angegebenen - mindestens 50 %igen Außendiensttätigkeit hat zur Folge, dass von einer Innendiensttätigkeit, (für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeiten, Führungstätigkeiten, Schulungs- und Betreuungsaufgaben für die Mitarbeiter) im nicht völlig untergeordneten Ausmaß auszugehen ist, wobei ein nicht unerheblicher Teil der Tätigkeit als Einkaufsleiter zugerechnet werden muss.

Bei den oben geschilderten Aufgabenbereichen des Beschwerdeführers kann nicht mehr von einer "völlig untergeordneten anderen Tätigkeit", die der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales nicht entgegensteht, gesprochen werden. Eine ausschließliche Vertretertätigkeit im Sinne der Verordnung liegt nicht vor. Dem Beschwerdeführer steht daher ein jährlicher Pauschbetrag von 2.190 € nicht zu.

Hingegen sieht das Bundesfinanzgericht hinsichtlich der Anerkennung des Kinderfreibetrages keinen Änderungsbedarf, sodass dieser im Sinne der Beschwerdevorentscheidung anzuerkennen ist.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wird über ein geltend gemachtes Vertreterpauschale abgesprochen. Zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 iVm § 1 Z 9 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen liegt eine einheitliche Rechtsprechung vor. Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.V

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. Nr. 32/1993
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5102078.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at