Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs.1 GSpG bildet die Gesamtheit aller, der inländischen Öffentlichkeit in Aussicht gestellten, Gewinne
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , betreffend Glücksspielabgabe 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin, (Bf.), führte im Zeitraum bis zum ein Gewinnspiel durch, dessen Teilnehmerkreis auf Österreich und Deutschland beschränkt war. Verlost wurden monatlich 16 Einkaufsgutscheine im Wert von je 1.000,00 Euro. Voraussetzung für ein Gewinnlos war die Einsendung eines Kassabeleges über gleichzeitig gekaufte drei original ***1***-Produkte.
Für dieses Preisausschreiben führte die Bf., keine Selbstberechnung der Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs.3 GSpG durch, mit der Begründung, die Bagatellgrenze des § 58 Abs.3 GSpG sei nicht überschritten worden. Als Bemessungsgrundlage dafür zog die Bf. die, in Österreich tatsächlich verlosten, Gutscheine im Gesamtbetrag von € 93.000.- bzw. den "österreichischen Anteil an der Gewinnchance" idHv von geschätzten 4% sohin € 5.760,00 (= 4% von € 144.000,00) heran. Der Schätzung der 4% lag der durchschnittliche Prozentsatz der, in Österreich erfolgten, Umsätze der letzten vier Jahre zu Grunde.
Nach Überprüfung dieser Selbstberechnung setzte die belangte Behörde gegenüber der Bf. die Glücksspielabgabe mit dem, im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Bescheid, gemäß § 201 Abs.2 Z 3 BAO iVm § 58 Abs.3 GSpG, idHv. € 7.200,00 fest. Als Bemessungsgrundlage dafür zog sie den Gesamtwert des, im Jahr 2016 veranstalteten, o.a. Gewinnspieles im Betrage von € 144.000,00 heran.
Gemäß § 58 Abs.3 GSpG unterliege ein Gewinnspiel der Glücksspielabgabe, wenn es sich auch an die inländische Öffentlichkeit richte. In diesem Falle bilde die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne die Bemessungsgrundlage. Der gesamte Preispool des verfahrensgegenständlichen Gewinnspieles, sei einheitlich in Österreich und Deutschland in Aussicht gestellt worden. Die Bemessungsgrundlage gemäß § 58 Abs.3 GSpG setze sich daher aus dem Wert aller, für Österreich und Deutschland in Aussicht gestellten, Gewinne zusammen. Dazu wurde auf die Erkenntnisse des ,0038 verwiesen.
Dagegen erhob die Bf. fristgerecht Beschwerde. Wenn auch der Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des § 58 Abs.3 GSpG als verfassungswidrig abgelehnt habe, und in der Folge der VwGH mit seinem Erkenntnis Ro /2015/0035 der umsatzabhängigen Aufteilung als Bemessungsgrundlage eine Absage erteilt habe, seien diese höchstgerichtlichen Entscheidungen nicht als abschließend zu bewerten, weil darin keine Feststellungen über den Verstoß des § 58 Abs.3 GSpG gegen die Dienstleistungsfreiheit des AEUV getroffen worden seien.
Ihrer Ansicht nach, verstoße § 58 Abs.3 GSpG gegen die Dienstleistungsfreiheit des Art. 62 AEUV. Die Besteuerung von Gewinnen in Österreich, die durch ein deutsches Unternehmen nach Deutschland und Österreich ausgeschüttet werden, stelle einen staatlichen Eingriff in Form einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehres dar. Eingriffe in die Dienstleistungsfreiheit seien nach der Rechtsprechung des VwGH nur aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der, aus Gründen des Gemeinwohls zu verfolgenden, Zielen erforderlich ist. Die Besteuerung von 100% der auf Deutschland und Österreich entfallenden Gewinne sei- im Hinblick darauf, dass tatsächlich nur 4% der Dienstleistungen auf den Österreichischen Markt entfallen- nicht verhältnismäßig.
Aufgrund dieser aufgezeigten Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit hätte die "Vorlage der weltweiten Besteuerung durch die österreichische Glücksspielabgabe" an den EuGH erfolgen müssen.
Die belangte Behörde wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab.
Preisausschreiben seien geeignet, die Spielleidenschaft anzuregen; dieser Umstand berge die Gefahr, Anreize zur Teilnahme an konventionellen, entgeltlichen Glücksspielen zu bieten, die für den Teilnehmer das Risiko eines wirtschaftlichen Ruins bedeuten könnten.
Der Gesetzgeber habe daher entschieden, dem Phänomen der steigenden Anzahl von Preisausschreiben und der dabei steigenden Anzahl und Höhe der zu gewinnenden Preise mit einer Abgabe-durch Nutzung seines politischen Gestaltungsspielraumes- mit § 58 Abs.3 GSpG steuernd entgegen zu wirken.
Mit dieser Gesetzesbestimmung erfolge die Anknüpfung der Glücksspielabgabe an das Inland über die Veröffentlichung ebendort.
Der Steuersatz von 5% sei vergleichsweise gering und zudem habe es der Veranstalter in der Hand, bei grenzüberschreitenden Gewinnspielen eigene Gewinnpools für Österreich vorzusehen, und somit das Ausmaß der Glücksspielabgabe zu beeinflussen. Die Anpassung der in Österreich in Aussicht gestellten Preise an den dortigen Umsatz diene dazu, ein Gleichgewicht zwischen der Bedeutung des Preisausschreibens und dem Absatz bzw. Umsatz von Waren und Dienstleistungen in Österreich herzustellen.
Somit schränke § 58 Abs.3 GSpG die Dienstleistungsfreiheit im Verhältnis zu den Zielen des Glücksspielgesetzes nicht unverhältnismäßig ein.
Die Regelung des § 58 Abs.3 GSpG entspräche auch verwaltungsökonomischen Erwägungen, weil damit die Bemessungsgrundlage aufgrund der Spielbedingungen sicher und einfach festgestellt werden könne. Im Hinblick darauf, dass sogar ein absolutes Verbot von Glücksspielen im Hinblick auf die Ziele der Europäischen Union gerechtfertigt sein könnte, entspräche § 58 Abs.3 GSpG dem Kohärenzgebot.
Dagegen brachte die Bf.-unter Wiederholung ihres Beschwerdebegehrens- fristgerecht einen Vorlageantrag nach § 264 BAO ein. Das Bundesfinanzgericht, (BFG), möge die Frage der Vereinbarkeit des § 58 Abs.3 GSpG mit dem europäischen Unionsrecht dem EuGH vorlegen.
Das BFG hat hiezu erwogen:
Rechtslage:
Die, auf den vorliegenden Fall bezogenen, Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, (GSpG) lauten in ihrer verfahrensmaßgeblichen Fassung wie folgt:
§ 1 Abs. GSpG:
"Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt"
"Ausspielungen sind Glücksspiele,
1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und
2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn)".
"Verlosungen von Vermögensgegenständen gegen Entgelt, die keine Ausspielungen sind und sich an die Öffentlichkeit wenden, und Lotterien ohne Erwerbszweck nach §§ 32 bis 35 unterliegen einer Glücksspielabgabe von 12 vH aller erzielbaren Einsätze".
"Die Glücksspielabgabe nach Abs. 1 ermäßigt sich für Lotterien ohne Erwerbszweck nach §§ 32 bis 35 auf 5 vH, wenn das gesamte Reinerträgnis der Veranstaltung ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwendet wird. Die widmungsgemäße Verwendung des Reinerträgnisses ist dem Finanzamt Österreich über dessen Aufforderung nachzuweisen."
"Glücksspiele im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) ohne vermögenswerte Leistung gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 (Einsatz) unterliegen einer Glücksspielabgabe von 5 vH der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinn), wenn sich das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet. Die Steuerpflicht entfällt, wenn die Steuer den Betrag von 500 Euro im Kalenderjahr nicht überschreitet."
Erwägungen:
Eingangs ist der Vollständigkeit halber festzustellen:
Mit Beschluss Zl. A 2015/0011-1 (Ro 2015/16/0035-4) vom , hegte der VwGH Bedenken, dass die, in § 58 Abs.3 GSpG, bei länderübergreifenden Gewinnspielen geforderte Besteuerung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße und- mit dem Ergebnis dieser Gleichheitswidrigkeit- Art.6 StGG zuwider laufe und die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 15 EU-GRC, in unverhältnismäßiger Weise einschränke.
Der VfGH wies mit Erkenntnis vom , G 650/2015 u.a., diesen Antrag ab.
Begründend führte er u.a. in der Sache aus:
"Der Verfassungsgerichtshof stimmt der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofes zu, dass § 58 Abs. 3 GSpG eine Bemessung im Verhältnis zu den schätzungsweise auf das Inland entfallenden Teilnahmen bei grenzüberschreitenden Glücksspielen im Rahmen von Gewinnspielen (Preisausschreiben) nicht vorsieht. Der dem Einzelnen in Aussicht gestellte Gewinn bildet in seiner Gesamtheit die Bemessungsgrundlage für die Abgabe.
Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist im Lichte der geltend gemachten gleichheitsrechtlichen Bedenken nicht entscheidend, ob und inwieweit sich der Begriff des Glücksspiels gemäß § 58 Abs.3 GSpG mit jenem in § l GSpG deckt; entscheidend ist vielmehr, ob der Gesetzgeber den Besteuerungsgegenstand und den Steuersatz gemäß § 58 Abs. 3 GSpG in unsachlicher Weise festgelegt hat. Eine solche Unsachlichkeit kann der Verfassungsgerichtshof nicht finden:
Preisausschreiben iSd § 58 Abs. 3 GSpG unterscheiden sich zwar von herkömmlichen Glücksspielen darin, dass sie ohne vermögenswerte Leistung des Teilnehmers erfolgen. Ungeachtet dessen bestehen Gemeinsamkeiten, weil auch Preisausschreiben den Charakter eines Spiels aufweisen und damit in einem weiten Sinn als Ausspielung betrachtet werden können (vgl. auch - den nicht mehr geltenden - § 15 Abs. 1 Z 6 ErbStG, wonach Preisausschreiben als unentgeltliche Ausspielungen gegolten haben). Nicht zuletzt dies rechtfertigt, dass der Gesetzgeber die Belastungsentscheidung im Glücksspielgesetz auf Preisausschreiben ausdehnt, zumal - worauf die Bundesregierung zutreffend verweist - Lenkungsaspekte, die der Besteuerung von Glücksspielen zugrunde liegen, auch für Preisausschreiben von Bedeutung sein können.
Unterschiede im Tatsächlichen gebietet der Gleichheitssatz auch nicht, dass die Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage von Preisausschreiben notwendigerweise jener der Glücksspielabgaben entsprechen müsste."
Da der VwGH seine Bedenken im Lichte des Art.6 StGG und des Art.15 EU-GRC mit dem Ergebnis der Gleichheitswidrigkeit des § 58 Abs.3 GSpG begründet hatte, verwies der VfGH hinsichtlich dieser Bedenken auf seine, einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz verneinenden, Ausführungen.
In der Folge stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis Ro 2015/16/0035 vom fest:
"Der Verwaltungsgerichtshof legte seinem Prüfungsantrag die Auslegung zugrunde, dass der Tatbestand des § 58 Abs. 3 GSpG bei grenzüberschreitenden Glücksspielen eine verhältnismäßige Bemessung oder Reduzierung der Glücksspielabgabe nicht vorsehe. Der Verfassungsgerichtshof teilte diese Auslegung im zitierten Erkenntnis vom (Rz 24): Der dem Einzelnen in Aussicht gestellte Gewinn bilde in seiner Gesamtheit die Bemessungsgrundlage für die Abgabe.
Ausgehend von diesem Verständnis kommt der Amtsrevision, die sich gegen eine verhältnismäßige Bemessung oder Reduzierung der Glücksspielabgabe richtet, Berechtigung zu. Als Bemessungsgrundlage ist nach dem Gesagten der Wert aller in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen heranzuziehen".
Außerdem stellt der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis fest:
"Der Verwaltungsgerichtshof hält die - vom Verfassungsgerichtshof (Hinweis Erkenntnis vom , G 650/2015 u. a.) geteilte - Auslegung aufrecht, dass § 58 Abs. 3 GSpG eine verhältnismäßige Bemessung der Glücksspielabgabe bei grenzüberschreitenden Glücksspielen unter Zugrundelegung der auf das Inland entfallenden Teilnahmen oder Gewinne nicht vorsieht. Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG bildet die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne. Maßgeblich ist der Empfängerhorizont der inländischen Öffentlichkeit und nicht eine Intention oder Mentalreservation des Veranstalters."
Bezogen auf den zu beurteilenden Fall bedeuten diese höchstgerichtlichen Ausführungen, dass als Bemessungsgrundlage sämtliche, bei dem verfahrensgegenständlichen Gewinnspiel, ausgelobten Gewinne heranzuziehen waren, da sich der inländischen Öffentlichkeit in den Spielregeln weder eine erkennbare Einschränkung noch eine erkennbare Modifizierung der in Aussicht gestellten Gewinne erschloss. (vgl. auch )
Zu dem, von der Bf. ins Treffen geführten, Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit ist festzuhalten:
Der Verfassungsgerichtshof hat in etlichen Ablehnungsbeschlüssen festgestellt, dass die Glücksspielabgaben nicht unionsrechtswidrig sind und die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe nicht den rechtspolitischen Gestaltungsfreiraum des Gesetzgebers überschreitet. Laut den genannten Beschlüssen verletzen die Regelungen der §§ 57ff GSpG auch nicht die Erwerbsausübungsfreiheit. Wenn der Steuergesetzgeber im öffentlichen Interesse liegende Ziele durch eine Erhöhung der Abgabenbelastung erreichen möchte und damit eine Verminderung der Rentabilität einhergehen kann, führt das nicht zu einem unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich verbürgte Rechtspositionen. (; , E 1756/2016, E 2416/2016).
Die Dienstleistungsfreiheit ermöglicht Anbietern gewerblicher, kaufmännischer, handwerklicher und freiberuflicher Tätigkeiten den freien Zugang zu den Dienstleistungsmärkten aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Sie ist in Art.56-62 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geregelt
Auf die Dienstleistungsfreiheit können sich Staatsangehörige eines Mitgliedstaates berufen können,
-die in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind (und dort die Dienstleistung ausüben dürfen),
-eine Leistung in einem anderen Mitgliedstaat erbringen,
-eine Dienstleistung erbringen und keine Waren liefern (Nichtkörperlichkeit Unterschied zur Warenverkehrsfreiheit),
-selbstständig tätig sind (Unterschied zur Arbeitnehmerfreizügigkeit) und
-in der Regel ein Entgelt fordern.
Nach § 58 Abs.3 GSpG unterliegt die Gesamtheit der im Rahmen eines länderübergreifenden Gewinnspieles ausgespielten Gewinne, dann der Glücksspielabgabe, wenn all diese Gewinne (auch) der inländischen Öffentlichkeit in Aussicht gestellt werden. In der darin enthaltenen Intention des Gesetzgebers, der Veranstalter -gleichgültig ob er seine Niederlassung in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU hat- möge der inländischen Öffentlichkeit bei länderübergreifenden Gewinnspielen die Gewinne, die in Österreich zu erhalten sind, verdeutlichen, kann weder ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit noch eine überschießende Maßnahme des Spielerschutzes erblickt werden. Als überschießend wäre anzusehen, wenn sämtliche im Rahmen eines länderübergreifenden Gewinnspiels ausgespielten Gewinne nach § 58 Abs.3 GSpG zu versteuern sind, unbeschadet dessen, ob sie der inländischen Öffentlichkeit zur Gänze in Aussicht gestellt werden.
Es ist eine Tatsache, dass, im Hinblick auf § 58 Abs.3 GSpG, Veranstalter länderübergreifender Gewinnspiele zur Steuerverminderung in Österreich für die inländische Öffentlichkeit Begrenzungen z.B. in Form Gewinnpools bilden müssen, und diese Begrenzungen sich der inländischen Öffentlichkeit in den Spielregeln (Spielbedingungen) erschließen müssen. Diese Einschränkung, betreffend die Veranstaltung länderübergreifender Gewinnspiele, wird jedoch, ausfolgenden Gründen, nicht als Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit angesehen:
Nach Rechtsprechung des EuGH ist es "Sache jedes Mitgliedstaates zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgen legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen, wobei die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das von den betreffenden nationalen Stellen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen sind".(Carmen Media Group, Rn 46).
Fest steht, dass es Ziel des österreichischen Gesetzgebers war, mit der Bestimmung des § 58 Abs.3 GSpG, dem-unbestrittener Weise im Interesse der Allgemeinheit gelegenen- Spielerschutz Rechnung zu tragen.
Der EuGH vertritt in Stanleybet International LTD, C-186/11 Rn 45 die Auffassung, dass im Gegensatz zur Einführung eines freien und unverfälschten Wettbewerbs auf einem traditionellen Markt die Betreibung eines derartigen Wettbewerbs auf dem sehr spezifischen Markt für Glücksspiele d.h. zwischen mehreren Veranstaltern, die die gleichen Glücksspiele betreiben dürfen, insofern nachteilige Folgen haben könnte, als diese Veranstalter versucht wären, einander an Einfallsreichtum zu übertreffen, um ihr Angebot attraktiver als das ihrer Mitbewerber zu machen, sodass für Verbraucher die mit dem Spiel verbundenen Ausgaben und die Gefahr der Spielsucht erhöht würden.
Mit der Besteuerung solcher Gewinnspiele (Preisausschreiben) nach § 58 Abs.3 GSpG wirkt der Gesetzgeber dieser Gefahr entgegen, indem er den Veranstaltern einen Anreiz bietet, die Anzahl und Höhe der im Inland zu gewinnenden Preise zu begrenzen, und damit die Förderung solcher unentgeltlichen Glücksspiele verhindert.
Eine von vorne herein erfolgte Anpassung der, der inländischen Öffentlichkeit, in Aussicht gestellten Gewinne auf den Absatz oder Umsatz in Österreich führt zu einem geringeren Steueranfall in Österreich beim Veranstalter, und gleicht das Verhältnis der Bedeutung solcher Preisausschreiben zum Absatz bzw. Umsatz von Waren bzw. Dienstleistungen in Österreich aus. Wesentlich ist auch, dass diese Anpassung, der, vom Gesetzgeber im öffentlichen Interesse beabsichtigten, Zurückdrängung von, der Steigerung der Spielleidenschaft zuträglicher, Gewinnspiele dient.
Eine, für die Steuerbemessung, prozentuelle Aufteilung aller ausgespielten Gewinne auf die teilnehmenden Länder, würde zwar insbesondere bei den kleineren Ländern zu einer geringeren Steuerbelastung führen, bietet aber deren Veranstaltern wenig Anreiz zur Vornahme der genannten Anpassung in den Spielbedingungen, und ist daher jedenfalls deutlich weniger als die Besteuerung nach § 58 Abs.3 GSpG geeignet, dem Ziel des Glücksspielgesetzes, nämlich der Lenkung und Regulierung der Spielleidenschaft, zu dienen.
Aus Sicht des BFG liegt sohin der, von der Bf. aufgezeigte, Verstoß des § 58 Abs.3 GSpG gegen die Dienstleistungsfreiheit, nach den Bestimmungen des AEUV, nicht vor.
Nach Artikel 267 AEUV kann ein Gericht eine Frage über die Auslegung der Verträge dem EuGH vorlegen, wenn das Gericht eine Entscheidung darüber zum Anlass seines Urteils für erforderlich hält. Können die Entscheidungen des Gerichtes nicht mehr mit Rechtmitteln des innerstaatlichen Rechtes angefochten werden, ist dieses Gericht zur Aufrufung des EuGHs verpflichtet.
Für das Bundesfinanzgericht besteht somit lediglich eine Vorlageberechtigung aber keine Vorlageverpflichtung, weil seine Entscheidungen durch Rechtsmittel an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes bekämpft werden können. ( zur Berechtigung des UFS)
Dem, als Anregung zu verstehende, Antrag der Bf., das Gericht möge seine Vorlageberechtigung gemäß Art.267 AEUV in Anspruch nehmen, wird aus den vorstehend dargestellten Gründen nicht gefolgt. Bestärkt darin wird das BFG durch die Feststellungen des Generalstaatsanwaltes in der Rechtssache C-591/15, wonach die Vorschreibung der Glücksspielabgabe nach § 58 Abs.3 GSpG nicht gegen EU-Recht verstößt. Aufgrund dieser Feststellungen kam das BFG, bereits im Erkenntnis zu GZ: RV/1100216/2016, der Anregung § 58 Abs.3 GSpG dem EUGH vorzulegen, nicht nach.
Zur Festsetzung gemäß § 201 Abs.2 Z 3 BAO:
Nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 (bis : "des § 303 Abs. 4") die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (bis "von Amts wegen") vorliegen würden.
Gemäß § 303 Abs. 4 BAO aF ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen u.a. in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Nach § 303 BAO nF kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren u.a. von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn nach lit b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen, im Spruch anderslautenden, Bescheid herbeigeführt hätte.
Erst durch Überprüfung der o.a. Selbstberechnung der Glücksspielabgabe gemäß § 58 Abs.3 GSpG erlangte die belangte Behörde über die, den verfahrensrelevanten Sachverhalt bildenden, Umstände (sämtliche, im Gewinnspiel ausgelobten, Gewinne sind der inländischen Öffentlichkeit uneingeschränkt in Aussicht gestellt worden) und erwies sich- in Kenntnis dieser Umstände- die Abstandnahme von der Anmeldung der Glücksspielabgabe für das Jahr 2016, aufgrund des Nichterreichens der Bagatellgrenze nach § 58 Abs.3 GSpG, als unrichtig.
Die Sicherung des öffentlichen Interesses an der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sprach-unbeschadet der vorgebrachten Billigkeitsgründe. für die Ergreifung einer Maßnahme nach § 201 BAO.
Zulässigkeit der Revision
Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht stützt die Entscheidung auf die einschlägigen Vorschriften und auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und auf die des Verfassungs-und Verwaltungsgerichtshofes.
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Aus den aufgezeigten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
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Materie | Steuer Glücksspiel |
betroffene Normen | § 58 Abs. 3 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 1 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102512.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at