Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.06.2021, RV/2101145/2019

Fahrten mit Stretchlimousinen unterliegen als Personenbeförderung dem begünstigten Steuersatz nach § 10 Abs. 2 Z 6 UStG

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2101145/2019-RS1
Ein Beförderungsvertrag liegt vor, wenn zwischen dem Auftraggeber und dem Beförderungsunternehmer eine Einigung über die Beförderung von Personen (oder Gütern) von einem bestimmten Ort zu einem anderen bestimmten Ort erzielt wird. Bei einem Beförderungsvertrag erhält der Auftraggeber kein unmittelbares Verfügungsrecht über den Fahrer und das Fahrzeug. An der Beurteilung als Beförderungsleistung ändert sich dadurch nichts, dass der Leistung ein Vergnügungselement innewohnt ().

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Thomas Medenjak Wirtschaftstreuhandgesellschaft mit beschränkter Haftung, Eggenberger Gürtel 34a, 8020 Graz, über die Beschwerde vom gegen diee Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Umsatzsteuer 2015 und 2016 sowie Festsetzung der Umsatzsteuer für 1-11/2017, 12/2017 und 1-4/2018 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die Umsatzsteuer wird

für das Jahr 2015 mit € -6.891,74 (bisher lt. Finanzamt Gutschrift von € -4.253,56),

für das Jahr 2016 mit € -4.761,26 (bisher Zahllast iHv. € 1.820,40),

für den Zeitraum 1-11/2017 mit € 971,53 (bisher Zahllast iHv. € 7.132,35),

für den Zeitraum 12/2017 mit € -8.824,05 (bisher Gutschrift von € -8.127,09) sowie

für den Zeitraum 1-4/2018 mit € -3.182,10 (bisher Gutschrift von € -601,94)

festgesetzt.

Die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen und die Berechnung der festgesetzten Abgaben sind den Entscheidungsgründen sowie den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen; diese bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

(1) Der Beschwerdeführer (Bf.) betreibt das Taxi- und Mietwagengewerbe. Im Rahmen seines Unternehmens bietet er ua. Fahrten mit Stretchlimousinen an. Strittig ist, ob die aus diesen Fahrten resultierenden Erlöse als Beförderungsumsätze nach § 10 Abs. 2 Z 6 UStG 1994 dem ermäßigten Steuersatz unterliegen oder - als Vermietungs- oder sonstige Umsätze - mit dem Normalsteuersatz zu versteuern sind.

(2) Im Jahr 2018 fand beim Bf. eine die beschwerdegegenständlichen Zeiträume umfassende Außenprüfung statt. In der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom wurden die Prüfungsfeststellungen wie folgt festgehalten:

"Vom Unternehmen … (Stretch - Limousinen - Bf. e.U.) wurde im Prüfungs- und Nachschauzeitraum das Mietwagengewerbe und Taxigewerbe betrieben. Die Leistung des Unternehmens besteht einerseits aus der Vermietung von Stretchlimousinen, andererseits aus der Personenbeförderung innerhalb von Taxifahrten.

Die Buchung der Stretchlimousinen erfolgt nach in den AGB des Unternehmens festgeschriebenen Kriterien und stellt bei Annahme einen Vertrag dar. Der Fuhrpark der zu mietenden Kfz besteht aus mehreren verschiedenen Ausführungen von Stretchlimousinen, aus denen der Mieter nach Verfügbarkeit wählen kann. Die Limousinen werden mit Chauffeur gemietet bzw. zur Verfügung gestellt. Die Buchungen erfolgen im Vorhinein, stets für eine bestimmte Zeit, dh. ab einem bestimmten Zeitpunkt wird die gewünschte Limousine zur Verfügung gestellt und steht dann für einen vorbestimmten Zeitraum zur Verfügung; sollten Termine mit anderen Buchungen bzw. Reservierungen nicht kollidieren, sind spontane Mietzeitüberschreitungen (nach festen Sätzen verrechnet) möglich. (Preiserstellung grundsätzlich nach Dauer; bei Überlandfahrten mag die Distanz eine kalkulatorische Rolle spielen, wird jedoch nicht ausgewiesen; geschäftlich konkurrenziert wird innerhalb der Preislisten mit der Dauer); zusätzliche Anbote im Stretchlimousinenbereich beinhalten Getränkeservice wie Sektangebot, Stoppelgeld wird verrechnet, und etwa das Ausrollen eines roten Teppichs.

Die Umsätze aus der Stretchlimousinen-Vermietung wurden bisher als Beförderungsleistung dem 10% Umsatzsteuersatz unterworfen. Da bei der Zurverfügungstellung der Stretchlimousinen die Dauer und Wesensart des Kfz im Vordergrund steht mitsamt Vergnügungsfaktor und die Beförderung Ausgangspunkt - Zielpunkt, dh. die Zurücklegung einer Wegstrecke, um von A nach B zu gelangen, höchstens einen marginalen Teil der vereinbarten Leistung darstellt, ist dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung folgend, der gesamte Umsatz aus der Vermietung der Stretch Limousinen dem Normalsteuersatz zu unterwerfen und fällt nicht unter die Ermäßigung des § 10 Abs. 2 Z. 12 bzw. 6 UStG 1994 (vgl.: , RV/0568-W/06) …"

Im Bericht vom wurde ergänzend "angemerkt, dassseitens des Finanzamtes die Sichtweise >Vermietungsleistung< bei der Zurverfügungstellung von Stretchlimousinen die maßgebliche Hauptleistung aufgrund der im Regelfall stattfindenden Vorausbuchung, der zeitlichen Komponente (das Kfz wird für einen Zeitraum gebucht), der Stornoverpflichtung, sollte es zu einem Rücktritt vom Buchungsvertrag kommen, der diversen angebotenen Serviceleistungen (unüblich zB bei Beförderungen durch Taxi), darstellt."

(3) In den angefochten Bescheiden wurden die für Fahrten mit Stretchlimousinen vereinnahmten Entgelte den Prüfungsfeststellungen folgend der 20%-igen Umsatzsteuer unterworfen.

(4) Die dagegen erhobene Beschwerde brachte im Wesentlichen vor, dass der begünstigte Steuersatz von 10% heranzuziehen sei, da den Umsätzen vorrangig eine Beförderung von Personen zugrunde liege, unabhängig davon, mit welcher Art von Kfz diese Leistung erbracht werde. Für die überwiegende Mehrheit der Kunden stehe die Beförderung von A nach B als Hauptleistung im Vordergrund. Laut Literatur würden selbst Fiaker-Fahrten eine Personenbeförderung darstellen; folgte man hingegen der (vom Finanzamt zitierten) UFS Entscheidung RV/0459-W/06 wäre bei diesen die Beförderung nicht der Hauptzweck der Leistung, sondern die Überlassung der Kutsche, die Nähe zum Tier, das gemütliche Besichtigen der Innenstadt etc. Auch habe der VwGH (, 2012/15/0044) bei Schiffsreisen (zB von Melk nach Passau) die Hauptleistung in der Personenbeförderung gesehen. Die pauschale Abrechnung des Beförderungsentgeltes sei im Taxi- und Mietwagengewerbe durchaus üblich. Auch nach Ansicht des BMF in den Richtlinien sowie der Literatur (Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MWSt, § 10 Rz 17) sei es gleichgültig, ob das Beförderungsentgelt nach der Kilometerzahl oder nach der Zeit oder gar pauschal berechnet werde. Möchte etwa ein Kunde von Weiz zum Casino nach Graz fahren, müsse er den Wagen vorher bestellen und den gewünschten Termin sowie Start- und Zielpunkt (und allfällige Zwischenziele) bekanntgeben. Der Bf. berechne dann mit dem Routenplaner die Dauer und Streckenlänge der Fahrt. Danach richte sich dann das zu leistende Entgelt. Nur aufgrund eines vorbestimmten Buchungszeitraumes auf eine Sach-Miete zu schließen, sei verfehlt, weil der gebuchte Zeitraum abhängig von dem vom Kunden gebuchten Start- und Endziel sei bzw. davon berechnet werde. Eine Verlängerung der Fahrt sei keine (auf Vermietung abstellende) Verfügung über Fahrer und Fahrzeug; weder könne der Kunde dies einseitig bestimmen noch die Route abändern. Die Route werde vom Bf. vor der Fahrt auf Grund der vom Kunden gewünschten Wegpunkte festgelegt, der Kunde könne sich keinen anderen Wegverlauf wünschen. Zusammenfassend stelle daher die Raumüberwindung den Hauptzweck der Leistung dar. Der Leistungsempfänger habe kein Weisungsrecht über das Fahrzeug bzw. gegenüber dem Fahrer. Dass die Stretchlimousinen eine entsprechende Außenwirkung haben, möge zutreffend sein, aber das ändere nichts am Hauptinteresse des Leistungsempfängers, von A nach B zu kommen.

(5) Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerde unter Hinweis auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung als unbegründet ab und führte ergänzend aus wie folgt: "Bei der Personenbeförderung innerhalb des Mietwagen-und Taxigewerbes spielt der Fahrzeugtyp (das äußere und innere Erscheinungsbild) eine untergeordnete Bedeutung, geht es dabei in erster Linie um Funktionalität; regelmäßig wird ein Mietwagen oder Taxi kurzfristig bestellt bzw. von einem Standplatz aus spontan zur Personenbeförderung einem Ausgangspunkt zu einem Zielpunkt in Anspruch genommen. Personenbeförderungen nach Bestellung, ohne vertragliche Vereinbarung außerhalb des Stretchlimousinenprogramms wurden durchgeführt und entsprechend im Rechenwerk des Prüfers berücksichtigt (ermäßigter Steuersatz).

Der Erlebnis-, Spaß-, Eventcharakter, die (innen-)räumlichen Verhältnisse sind überwiegend Motivation zum Mieten einer Stretchlimousine;

Pünktlichkeit, kurze Fahrtdauer und weitere rationale Überlegungen beeinflussen kaum die Entscheidung, eine Stretchlimousine zu mieten, werden aber, typisch für jegliche Sachenmiete, wohl seitens des Leistungsempfängers vorausgesetzt. Im Rahmen der Prüfung wurde ferner festgestellt, dass das Ermessen des Chauffeurs, vielfach der Unternehmer selbst, betreffend Flexibilität der Fahrtdauer, des Fahrtzieles, zwischenzeitlicher Anhaltepunkte etc. sich nach den zeitlichen Ressourcen richtet und den Wünschen des Leistungsempfängers dementsprechend nachgekommen wird und selbstredend nur im Interesse des Unternehmens liegen kann."

(6) Im Vorlageantrag wurde unter Bezugnahme auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung ergänzend entgegnet, dass beim Mietwagen- und Taxigewerbe der Fahrzeugtyp sehr wohl eine große Rolle spiele, weil viele andere Taxiunternehmer sich teure Wagen anschaffen würden, um mehr Kunden anzusprechen; trotzdem gelte auch hier aber die pünktliche Beförderung von Personen von A nach B als Hauptzweck. Dies treffe folglich auch für die Fahrten in Stretchlimousinen zu. Der Hauptzweck sei stets die Beförderungsleistung, mag sie auch Vergnügen, Luxus oder Ähnliches bieten. Falle zB beim Rafting die Fahrt aus (weil etwa das Boot kaputt ist), würde es niemandem einfallen, die Fahrt ersatzweise mit dem Auto durchzuführen, um 5 km flussabwärts anzukommen. Wenn allerdings die Fahrt mit der Stretch-Limousine ausfällt (weil sie zB kaputt ist), würden fast alle Kunden die Fahrt ersatzweise mit einem Taxi oder einem anderen Ersatzwagen durchführen, weil eben immer noch die Beförderung an sich im Vordergrund stehe (man denke an eine Hochzeitsgesellschaft, Polterabend, Geburtstagsfeier, etc.). Man müsse immer irgendwie ans Ziel kommen: Mit mehr oder weniger Spaß, mit einem normalen Taxi, einem besonders teuren Taxi, einem gestretchten KFZ, einem schusssicheren, gepanzerten Hummer mit Sternenhimmel, mit oder ohne Musik, mit oder ohne Getränk.

(7) In der mündlichen Verhandlung am hielten beide Parteien ihre bisherigen Ausführungen im Wesentlichen aufrecht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der Bf. bietet im Rahmen seines Unternehmens Fahrten mit Stretchlimousinen an. Die Limousinen werden mit Chauffeur zur Verfügung gestellt.

Aus Punkt 8. der AGB des Bf. geht hervor, dass der Kunde bei Buchung eines Fahrzeuges - neben Buchungsdatum, Abholzeit und Buchungsdauer - stets auch die Abholadresse, allfällige Zwischenziele sowie die Zieladresse anzugeben hat. Den im Arbeitsbogen des Prüfers einliegenden Rechnungen/Buchungsbestätigungen/Fahrtaufträgen ist zu entnehmen, dass stets konkrete Adressen von Abholort, Zwischenziel(en) und Zielort angeführt sind. Laut Preisliste für 2017 bestimmt sich der Preis maßgeblich nach der Buchungsdauer (zB Fzg-A für 1 h: € 110,-); für Fahrten, die nicht direkt in Graz, sondern von und zu anderen Orten durchgeführt werden, erfolgt eine individuelle Berechnung. Die Fahrtpreise enthalten gemäß Punkt 7. der AGB neben den Kosten für An- und Rückfahrt der (leeren) Limousine, der Beistellung eines roten Teppichs und den Chauffeurkosten für jene Fahrten, die nicht in Graz stattfinden, einen gewissen Kilometersatz für die jeweils zurückzulegende Fahrtstrecke. Eine exakte Preisauskunft erfolgt laut Punkt 6. der AGB nach Angabe aller fahrtrelevanter Daten.

Die Konsumation von Getränken ist im Preis nicht inkludiert, sondern wird gesondert verrechnet und dem Normalsteuersatz unterworfen.

Das Finanzamt vertritt den Standpunkt, dass die Beförderung nicht den Hauptzweck der Leistung darstelle. Im Vordergrund stünde vielmehr der Vergnügungsfaktor und die Wesensart des Kfz. Die erforderliche Vorausbuchung, die vorbestimmte Dauer, unübliche Serviceleistungen sowie eine Stornoverpflichtung würden für das Vorliegen einer Vermietungsleistung sprechen. Dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung folgend liege daher keine Personenbeförderung iSd. § 10 Abs. 2 Z 6 UStG vor.

Der Bf. vertritt hingegen die Ansicht, dass für den Großteil seiner Kunden die zielgerichtete Beförderungsleistung und nicht die Fahrt in einer Stretchlimousine an und für sich im Vordergrund stehe. Es sei nicht einsichtig, warum in der vom Bf. angebotenen Leistung die Beförderung im Gegensatz zu vergleichbaren Leistungen von Fiakern oder "Luxustaxis" (bei denen ein begünstigter Steuersatz von 10% zur Anwendung komme) nicht als Hauptzweck gewertet werden sollte. Bei der Fahrt in einer Stretchlimousine werde die Fahrtroute nach Angabe des gewünschten Start- und (Zwischen-)Ziels im Vorhinein vom Bf. festgelegt; der Kunde könne diese nicht abändern. Der Kunde habe auch kein Weisungsrecht gegenüber Fahrer und Fahrzeug.

Strittig ist also, ob eine umsatzsteuerlich begünstigte Personenbeförderungsleistung oder eine dem Normalsteuersatz unterliegende Leistung vorliegt.

§ 10 Abs. 1 UStG 1994 normiert, dass die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 20% der Bemessungsgrundlage (§§ 4 und 5) beträgt.

Gemäß § 10 Abs. 2 Z 6 UStG 1994 ermäßigt sich die Steuer auf 10% für "die Beförderung von Personen mit Verkehrsmitteln aller Art, soweit nicht § 6 Abs. 1 Z 3 oder § 10 Abs. 3 Z 9 anzuwenden ist. Das Gleiche gilt sinngemäß für die Einräumung oder Übertragung des Rechtes auf Inanspruchnahme von Leistungen, die in einer Personenbeförderung bestehen". (Für 2015 war diese Regelung in § 10 Abs. 2 Z 12 UStG verankert).

Die Umsatzsteuer wird grundsätzlich für jede einzelne Leistung erhoben. Nur wenn Leistungen wirtschaftlich zusammengehören und eine Einheit bilden, behandelt das Umsatzsteuerrecht - nach dem Grundsatz der Unteilbarkeit (Einheitlichkeit) der Leistung - die wirtschaftliche Einheit mehrerer Leistungen als eine Leistung. Aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung folgt, dass unselbstständige Nebenleistungen umsatzsteuerlich das Schicksal der Hauptleistung teilen. Die Steuerpflicht und der Steuersatz für die Nebenleistung richten sich daher nach der Hauptleistung (zB ; ).

Unter Beförderung ist die zielgerichtete Bewegung von Personen oder Gütern zum Zweck der Überwindung räumlicher Entfernungen zu verstehen. Entscheidend ist, ob die Überwindung räumlicher Entfernungen das charakteristische Element dieser Leistung ist. Leistungen, die (zumindest überwiegend) der Unterhaltung bzw. einer sportlichen oder Abenteuer vermittelnden Betätigung dienen, stellen keine Beförderung in diesem Sinne dar (Pernegger in Melhardt/Tumpel, UStG³ § 10, Rz 343, mwN). Keine Beförderung ist etwa beim Rafting gegeben, da hier die Sportausübung im Vordergrund steht ().

Im Übrigen ist der Zweck der Beförderung gleichgültig, sodass auch Vergnügungsfahrten und Stadtrundfahrten (mit Bus oder Fiaker) etc. begünstigt sind (zB Ruppe/Achatz, UStG4, § 10 Tz 151).

Ein den Werkverträgen zuzurechnender Beförderungsvertrag liegt in allen jenen Fällen vor, in welchen zwischen dem Auftraggeber und dem Beförderungsunternehmer eine Einigung über die Beförderung von Personen (oder Gütern) von einem bestimmten Ort zu einem anderen bestimmten Ort erzielt wird. Bei einem Beförderungsvertrag erhält daher der Auftraggeber kein unmittelbares Weisungsrecht über den Fahrer und das Fahrzeug; er muss vielmehr dem Beförderungsunternehmer einen bestimmten Beförderungsauftrag erteilt haben, in dem einerseits der Ausgangs- und Endpunkt der Beförderung und andererseits das Beförderungsobjekt umschrieben ist (zB UStR Rz 1309).

Die Beförderungsleistung besteht darin, dass der Unternehmer selbst die Beförderung erbringt oder durch unselbständige Erfüllungsgehilfen erbringen lässt. Keine Beförderung ist daher die Vermietung von Beförderungsmitteln, mit deren Hilfe der Leistungsempfänger selbst die Beförderung vornimmt. Maßgebend ist im Einzelfall, was der Unternehmer nach der zivilrechtlichen Vereinbarung schuldet (Gebrauchsüberlassung für einen bestimmten Zeitraum oder Beförderung für eine bestimmte Strecke). Entscheidend ist, wer vertraglich über das Beförderungsmittel und über das Bedienungspersonal (Chauffeur) verfügt. Wird ein Kfz mit Fahrer für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellt, ohne dass die im Einzelnen zu erbringende Beförderungsleistung vorher bestimmt ist (zB für eine Schullandwoche), so liegt zivilrechtlich Miete bzw. Personalgestellung und daher umsatzsteuerlich keine Personenbeförderung vor. Die Praxis anerkennt in Fällen, in denen eine Einigung über die Beförderung von Personen von einem bestimmten Ort zu einem anderen bestimmten Ort erzielt wird und der Auftraggeber kein unmittelbares Weisungsrecht über den Fahrer und das Fahrzeug erhält, einen Beförderungsvertrag (Ruppe/Achatz, aaO, § 10 Tz 152; sowie Pernegger, aaO, § 10 Rz 363, mwN).

In Anbetracht der dargestellten Sach- und Rechtslage steht für das BFG nicht in Zweifel, dass die strittigen Leistungen des Bf. als Beförderungsleistungen anzusehen sind: Jeder Kunde hat bei der Buchung das jeweilige Start- und Endziel (gegebenenfalls auch Zwischenziele) anzugeben. Es wird zwischen dem Bf. und dem Kunden eine im Vorhinein bestimmte Strecke mit einem konkreten Endziel vereinbart. Eine Abänderung der Strecke muss - wie bei einer "normalen" Taxifahrt - mit dem Unternehmer bzw. seinem Erfüllungsgehilfen allenfalls neu vereinbart werden. Der Bf. legt auch plausibel dar, dass eine unmittelbare Verfügungsmöglichkeit des Kunden über Fahrer und Fahrzeug schon deshalb nicht möglich ist, da mit einer Strechlimousine - auf Grund deren Länge - nicht überall gefahren werden kann. Ungeachtet der Tatsache, dass sich der Fahrtpreis (auch) nach der vereinbarten Buchungsdauer richtet, liegt sohin keine Vermietung der Limousine vor. Der Bf. schuldet dem Kunden jeweils die Beförderung (den "Transfer") von Personen über eine bestimmte Strecke. Sowohl Anfangs- als auch Endpunkt der Beförderung sind stets konkret umschrieben bzw. vereinbart.

Der VwGH hatte in seinem Erkenntnis vom , 2002/15/0069, ua. zu beurteilen, ob es sich bei den von der do. Bf. durchgeführten Fahrten mit Heißluftballons um Beförderungsleistungen handelt. In der Begründung dieses Erkenntnisses führte der VwGH dazu wie folgt aus:

"Die Beschwerdeführerin hebt zutreffend hervor, dass das Hauptmerkmal der von ihr erbrachten Leistungen darin bestehe, die Passagiere raumüberwindend von einem Ort zu einem anderen zu befördern, wobei es auf das Motiv und den Zweck der Beförderung wie bei anderen Vergnügungsfahrten nicht ankomme. Sie erbringt diese Leistungen auf der Grundlage einer verkehrsrechtlichen Bewilligung zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen mit Heißluftballonen.

Die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass mit den in Rede stehenden Ballonfahrten Beförderungsleistungen erbracht wurden, trifft zu (vgl. das Urteil des EuGH in der Rs. C-331/94 vom , Slg. I-2675, betreffend Schiffsrundfahrten). An der Beurteilung als Beförderungsleistung ändert sich dadurch nichts, dass ihnen ein Vergnügungselement innewohnt, wie "das stille und sanfte Schweben über dem Erdboden, getrieben allein vom Wind, und der Genuss des Panoramas", "der grandiose Panoramablick", "ein überwältigendes Erlebnis". Das von der belangten Behörde herangezogene "Riverrafting" (Wildwasserfahrten mit aufblasbaren Ruderfahrzeugen auf alpinen Flussläufen), welches dem hg. Erkenntnis vom , 90/15/0158, VwSlg 6.664/F, zu Grunde lag, unterscheidet sich vom Beschwerdefall wesentlich, denn die im erwähnten Erkenntnis als Hauptleistung gesehene Ermöglichung der (Abenteuer vermittelnden) Sportausübung unter Beistellung von Sportgeräten wird im Beschwerdefall den Passagieren der Ballonfahrten nicht geboten."

Der VwGH hat letztlich Fahrten in einem Heißluftballon ungeachtet des diesen immanenten Erlebnis- und Vergnügungsfaktors als Beförderungsleistungen anerkannt (die steuerliche Begünstigung im Ergebnis jedoch mangels Vorliegens eines Verkehrsmittels ausgeschlossen).

Vergleicht man nun den hier beschwerdegegenständlichen Sachverhalt mit jenem Sachverhalt, der dem genannten VwGH-Erkenntnis zugrunde lag, so stimmen beide Fälle dahingehend überein, dass sich die Kunden jeweils für ein außergewöhnliches Gefährt entschieden haben. Beiden Fällen liegt ein nicht unerhebliches Vergnügungselement zugrunde, beide Male wird das Gefährt vom Unternehmer (bzw. einem unselbständigen Erfüllungsgehilfen) gelenkt. Ebenso werden in beiden Fällen räumliche Entfernungen zurückgelegt und Personen von einem bestimmten Ort zu einem anderen Ort befördert. Das Erreichen eines konkreten Zielorts ist bei einer Heißluftballonfahrt jedoch schon aufgrund der Wettereinflüsse unsicher und wird für den Kunden kein wesentliches Entscheidungskriterium sein. Im Gegensatz dazu wird bei einer Stretchlimousinenfahrt mit dem Kunden in jedem Fall ein bestimmter Zielort vereinbart und dieser (im Regelfall) auch erreicht. Dass eine Stretchlimousine als KFZ ein Verkehrsmittel darstellt, steht außer Zweifel.

In Anbetracht dieser Rechtsprechung, wonach selbst Ballonfahrten, bei denen die Erreichung eines bestimmten Reisezieles erfahrungsgemäß nicht die Hauptintention des Kunden ist und denen jedenfalls ein beträchtliches Vergnügungselement innewohnt, als Personenbeförderungen anzusehen sind, ist nach Ansicht des BFG auch die Fahrt in einer Stretchlimousine unzweifelhaft als Beförderungsleistung zu qualifizieren. Der Bf. schuldet der mit dem Kunden getroffenen Vereinbarung zufolge die Beförderung über eine bestimmte - im Vorhinein festgelegte - Strecke. Motiv und Zweck der Beförderung sind nicht von Relevanz. Dass diese in einem besonders ausgestalteten Fahrzeug (und allenfalls mit Musikuntermalung, Getränkekonsumation oä.) erfolgt, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Ein Weisungsrecht gegenüber dem Fahrer kommt dem Kunden nicht zu.

Dass sich die Preisgestaltung maßgeblich nach der gebuchten Zeiteinheit (und nur zum Teil nach der Kilometerzahl) richtet, schadet der Einstufung als Beförderungsleistung nicht (vgl. zB UStR Rz 1309). Auch bei Ballonfahrten werden Preise nicht nach den zurückgelegten Kilometern verrechnet.

Das Hauptmerkmal der vom Bf. erbrachten Leistungen besteht - analog dem VwGH-Erkenntnis 2002/15/0069 - nach Auffassung des BFG darin, Personen raumüberwindend von einem Ort zu einem anderen zu befördern, wobei es auf das Motiv und den Zweck der Beförderung wie bei anderen Vergnügungsfahrten nicht ankommt.

Im Hinblick auf das VwGH-Judikat betreffend Fahrten mit Heißluftballons kann aufgrund der dargestellten Vergleichbarkeit der Sachverhalte "Ballonfahrten - Stretchlimousinenfahrten" der vom Finanzamt herangezogenen UFS-Entscheidung vom , RV/0459-W/06, bei der in einem ähnlichen gelagerten Fall keine (überwiegende) Beförderungsleistung, sondern eine dem Normalsteuersatz unterliegende sonstige Leistung sui generis angenommen wurde, nicht gefolgt werden.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und die vom Bf. erzielten Umsätze waren wie ursprünglich von ihm erklärt wie folgt der Umsatzsteuer zu unterwerfen:


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Zeitraum
Umsätze
10%
20%
2015
€ 32.645,46
€ 3.350,84
2016
€ 84.877,10
€ 13.598,59
1-11/2017
€ 94.579,29
€ 7.811,51
12/2017
€ 9.461,82
€ 1.397,50
1-4/2018
€ 38.084,80
€ 3.408,14

Zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob die Durchführung von Fahrten mit Stretchlimousinen, denen unbestritten (auch) ein nicht unerheblicher Vergnügungsfaktor innewohnt, als umsatzsteuerlich begünstigte Personenbeförderung iSd. § 10 Abs. 2 Z 6 UStG 1994 anzusehen ist, wurde bislang in der Rechtsprechung des VwGH noch nicht behandelt. Daher liegt nach Ansicht des BFG eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im oben genannten Sinne vor. Die Revision war folglich zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Luxusfahrzeug
Luxuslimousine
Verweise
Zitiert/besprochen in
Setina/Lackner in BFGjournal 2021, 356
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2101145.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at