Aufwendungen für eine Operation in einer Privatklinik als außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Bf ist Pensionist und beantragte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 unter anderem Aufwendungen in Höhe von € 6.873,41 (€ 8.995,35 - € 2.121,94 Ersatz durch Krankenkasse) für eine in einer Privatklinik durchgeführte Wirbelsäulenoperation als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Im Zuge einer Vorhaltsbeantwortung gab der Bf bekannt, dass er seit dem Jahr 2006 starke Probleme mit seiner Wirbelsäule, vor allem im Lendenbereich, mit immer zunehmendem Schmerzgeschehen habe. Ein Aufenthalt auf der LKH-Stolzalpe mit zahlreichen Therapien und einer Kaudal- und Wurzelblockade seien ohne ausreichenden Erfolg geblieben. Mehrmalige Infiltrationen hätten das Schmerzgeschehen nur für kurze Dauer verbessert. Weiters seien zahlreiche Physiotherapien, weitere Infiltrationen im UKH-Graz und von der begleitenden Hausärztin zahlreiche Stromtherapien durchgeführt und Schmerzmittel verschrieben worden.
Als Behandlung im Öffentlichen Krankenhaus wäre eine gesamte Versteifung der Lendenwirbelsäule in Frage gekommen (starke Einschränkung seiner Lebensqualität), außerdem hätte er dort eine lange Wartezeit in Kauf nehmen müssen. Zu diesem Zeitpunkt habe sein operierender Arzt leider nicht mehr im öffentlichen Krankenhaus gearbeitet. Dieser hätte eine spezielle Operationstechnik ohne Versteifung für sein Problem angeboten (leider nur in der Privatklinik). Da seine Schmerzen immer stärker geworden seien und er Ausfallserscheinungen in den Beinen gehabt habe, hätte dies zu einer Mobilitätseinschränkung und Sturzneigung geführt. Daher sei er beim operierenden Arzt in der Privatklinik vorstellig geworden. Durch die starke Problematik hätte er vom operierenden Arzt einen zeitnahen Termin für die Operation bekommen.
Das Finanzamt verweigerte im angefochtenen Bescheid die Berücksichtigung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung mit der Begründung, dass die Kosten einer Operation in einer Privatklinik (Aufenthalt vom bis ) als Krankheitskosten nur dann zwangsläufig iSd § 34 EStG 1988 erwachsen würden, wenn diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt worden seien. Kürzere Wartezeiten aufgrund einer Operation in einer Privatklinik würden keine Zwangsläufigkeit darstellen.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde führte der Bf aus, dass er anbei den Befundbericht des operierenden Arztes vom mit der Bestätigung übermitteln würde, dass die Operation vom medizinisch dringlich erforderlich und medizinisch notwendig gewesen sei.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung wiederholte das Finanzamt in der Begründung die Rechtsansicht der Judikatur, wonach die Zwangsläufigkeit bei Krankheitskosten, die die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen würden, nur dann gegeben sei, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen anfallen würden.
Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung würden noch keine triftigen medizinischen Gründe darstellen (vgl. zB ; ; 531/59; uva.). Die triftigen medizinischen Gründe müssten vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (VwGH siehe oben). Die Beweislast hierfür treffe stets den Steuerpflichtigen (Fuchs in Hofstätter/Reichel, § 34 Einzelfälle "Krankheitskosten").
Ein konkreter Nachweis des Vorliegens triftiger medizinischer Gründe für die höheren Aufwendungen (Privatklinik), die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht getragen wurden, sei nicht vorgelegt worden (). Auch eine kürzere Wartezeit vermöge für sich alleine noch keinen triftigen medizinischen Grund für eine Behandlung in einem Privatspital darzustellen ().
Ebenso würde der Befundbericht vom , der mehr als ein Jahr nach dem Aufenthalt in der Privatklinik erstellt worden sei, die Zwangsläufigkeit der Mehrkosten der Operation in der Privatklinik nicht nachzuweisen. Daraus gehe lediglich die medizinische Dringlichkeit der Operation hervor, jedoch würde dieser keine Aussage über die zeitliche Komponente hinsichtlich der Durchführung der Operation oder Angaben über feststehende oder sich konkret abzeichnende, ernsthafte gesundheitliche Nachteile treffen, die eine Durchführung in einem öffentlichen allgemeinen Krankenhaus zur Folge hätten.
Es sei nicht ersichtlich, dass eine Operation zu einem späteren Zeitpunkt bzw. durch einen anderen Arzt und/oder in einem öffentlichen Krankenhaus (konkrete) und/oder durch eine andere Operationsmethode gröbere Komplikationen medizinischer Art oder schwerwiegende gesundheitliche Nachteile nach sich gezogen hätte.
Triftige medizinische Gründe im steuerlichen Sinn würden aber nur dann vorliegen, wenn ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung konkrete, ernsthafte gesundheitliche Schäden drohen würden. Anders ausgedrückt, führe nicht jeder gesundheitliche Nachteil dazu, höhere Aufwendungen als solche, die von der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckt seien, beim Steuerpflichtigen als zwangsläufig erwachsen anzusehen; es müsse sich vielmehr um erhebliche gesundheitliche Nachteile handeln, die ohne die teurere Behandlung zu erwarten wären. Den Beweis, dass solche triftigen medizinischen Gründe (zB erwartete medizinische Komplikationen in einem öffentlichen Krankenhaus) im gegenständlichen Fall ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eingetreten wären, habe der Bf nicht erbracht.
Für den Entschluss, die Operation in einer Privatklinik durchführen zu lassen, seien daher keine triftigen medizinischen Gründe im oa. (steuerlichen) Sinn erkennbar bzw. hätten weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden können, weshalb nicht von einer Zwangsläufigkeit iSd § 34 EStG 1988 auszugehen sei.
In dem dagegen fristgerecht erhobenen Vorlageantrag wiederholte der Bf seine Krankengeschichte und führte ergänzend aus, da seine offensichtlich therapieresisenten Schmerzen immer stärker geworden seien und er nicht nur mehr eine herabgesetzte Druck- bzw. Berührungsempfindung (Hypästhesie) empfunden habe, sondern schon Ausfallserscheinungen in den Beinen ausgehend von der Wirbelsäule die Folge gewesen wären, hätte eine rasche Operation medizinisch indiziert werden müssen, um einer weiteren Verschlechterung und einer möglichen eintretenden dauerhaften Lähmung entgegenzuwirken. Außerdem hätte er schon aufgrund seiner Ausfallserscheinungen in den Beinen eine erhöhte Sturzneigung und eine immense Einschränkung der körperlichen Mobilität zu beklagen gehabt. Somit sei jede weitere Hinauszögerung eines OP-Termins, mit einer weiteren Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustandes (insbesondere der Schmerzproblematik) und mit ernsthaften medizinischen Nachteilen (insbesondere dem Voranschreiten der Lähmungserscheinungen) einhergegangen.
Neben der angeführten Problematik, hätte der operierende Arzt die Operation mit einer speziellen Operationstechnik durchzuführen vermögen, ohne, dass die Stelle im Bereich der Wirbelsäule mit einem Nagel oder einer Schraube versteift werden hätte müssen. Eine derartige Operation wäre mit herkömmlich angewandter Techniken nicht möglich gewesen, womit die Behandlung unumgänglich gewesen sei.
Weiters legte der Bf ein undatiertes und nicht unterfertigtes Schreiben des Wirbelsäulenzentrums ***1*** zur Vorlage für das Finanzamt vor, mit dem bestätigt wird, dass eine OP dringlich erforderlich u. auch notwendig gewesen u. dementsprechend auch begründbar sei.
Das Finanzamt legte die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem ergänzend aus, dass nicht in Abrede gestellt werde, dass medizinische Gründe für einen derartigen Eingriff gegeben gewesen seien, jedoch habe der Bf den Beweis, dass TRIFITGE medizinische Gründe (zB erwartete medizinische Komplikationen in einem öffentlichen Krankenhaus) im gegenständlichen Fall ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eingetreten wären, nicht erbracht (die Beweislast hierfür treffe stets den Steuerpflichtigen), weshalb die von ihm geltend gemachten Kosten nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig seien. Den Angaben des Bf, wonach er sich aufgrund der großen Schmerzen und der langen Wartezeiten in öffentlichen Krankenhäusern für die Privatklinik entschieden habe, werde entgegengehalten, dass es sich bei seiner Krankheit (Spinalkanalstenose) nicht um eine akute, sondern eine über mehrere Jahre immer schlechter werdende Erkrankung handeln würde. Des Weiteren seien derartige Operationen auch in öffentlichen Krankenhäusern, beispielsweise im LKH Univ. Klinikum Graz für Orthopädie und Traumatologie, Sektion Wirbelsäule, möglich.
Das Finanzamt beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Bf brachte in seiner persönlich dargelegten Krankengeschichte vor, seit dem Jahr 2006 starke Probleme mit seiner Wirbelsäule, vor allem im Lendenbereich mit immer zunehmendem Schmerzgeschehen zu haben. Als Behandlung im öffentlichen Krankenhaus sei eine gesamte Versteifung der Lendenwirbelsäule in Frage gekommen (starke Einschränkung seiner Lebensqualität) und außerdem hätte er dort eine lange Wartezeit in Kauf nehmen müssen. Da seine Schmerzen immer stärker geworden wären und er Ausfallserscheinungen in den Beinen, von der Wirbelsäule ausgehend, gehabt habe, hätte dies zu einer Mobilitätseinschränkung und Sturzneigung geführt.
Der BF leidet laut Diagnose im OP-Bericht vom durch den operierenden Arzt an einer Spinalkanalstenose L2/L3 mit Punctum maximun in L4/L5 mit Rezessusstenose links und Foramenstenose L3/4 links.
Bei einer Spinalkanalstenose (Spinalstenose, spinale Stenose, Wirbelkanalstenose) ist der Kanal in der Wirbelsäule verengt, durch den das Rückenmark verläuft. Der entstehende Druck auf Rückenmark, Nerven und Blutgefäße kann Rückenschmerzen und bleibende Nervenschädigungen verursachen. Meist entsteht eine Spinalkanalverengung infolge von Alterungsprozessen (siehe zB www.netdoctor.de).
Unter einer Rezessusstenose der LWS versteht man die Einengung einer Nervenwurzel, die seitlich aus der Lendenwirbelsäule austritt und zu Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in das Bein führen kann.
Orthopäden sprechen auch von einer Foramenstenose wenn eine Nervenkanalverengung mit Bedrängung von Nerven an ihren jeweiligen Austrittsstellen vorliegt. Diese tritt an der Hals- und Lendenwirbelsäule auf und liegt besonders oft bei älteren Menschen vor.
Der Bf ließ eine Wirbelsäulenoperation an einer Privatklinik durch einen von ihm ausgewählten und nur an einer Privatklinik tätigen Arzt durchführen. Die vorgelegte Rechnung wies für die Operation und den stationären Aufenthalt vom 2.8. bis folgende Leistungen auf:
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Techn. Pauschale OP-Gruppe 6 | € 2.288,90 |
Verlängerungstage im 2 Bett Zimmer | € 421,42 |
Aufenthaltspauschale 2 Nächte | € 574,66 |
OP-Gruppe VI, Ärztliches Honorar | € 1.920,71 |
OP-Gruppe VI, Ärztliches Honorar (weiterer Eingriff) | € 1.248,46 |
Klein. Konsilien | € 90,75 |
Summe | € 6.544,90 |
USt | € 328,50 |
Rechnungsbetrag | € 6.873,41 |
Zusätzlich zu diesem Betrag verrechnete die Privatklinik direkt mit der gesetzlichen Sozialversicherung einen Kassenanteil in Höhe von € 2.121,94.
Strittig ist, inwieweit die Durchführung der Wirbelsäulenoperation aus triftigen medizinischen Gründen in einer Privatklinik erfolgen musste und die daraus entstandenen Aufwendungen eine außergewöhnliche Belastung darstellen.
Beweismittel
Folgende Beweismittel wurden vorgelegt:
-Befundbericht des operierenden Arztes vom :
Klink: Klin. die Schmerzen li. ausstrahlend in den Oberschenkel und in das Knie, vereinbar mit der Recessusstenose L3/4 linksseitig
Diagnose: SKS L2/3 L3/4, Recessusstenose L2/3 L3/4 li;
Therapie: Nach Aufklärung über die Möglichkeiten Terminisierung zur OP. Aufnahme am um 14:00 Uhr in der Privatklinik zur mikrochir. Dekompression L2/3 und L3/4 li.
-OP Bericht vom :
Diagnose: Spinalkanalstenose L2/3 mit Punktum maximun in L4/5 mit Rezessusstenose links und Foramenstenose L3/4 links mit Foramen- und Recessusstenose.
Therapie: Mikrochirurgische Minilaminotomie L2-L5 links, Flavektomie, Undercutting von links nach rechts, Neurolyse mit limitierter Facettektomie L2/L3 und L4/L5 sowie auch L4/L5 linksseitig
-Befundbericht vom :
Kontrollordination zur Nahtentfernung,
Klinik: Wunde bland, geschlossen, der Patient gut mobil, geringe Restdysästhesien li, UE grob neurol. Aber uneingeschränkt, klein. Kein Instabilitätsgefühl
Diagnose: SKS L2/3, Recessusstenose L2/3 L3/4 li
Therapie: Zuweisung zur Physio: Mobilisierung und Muskelaufbau über die nächsten 2-4 Wochen, keine forcierten Flexion und Rotation für die nächsten 4 Woche. Tragen der Lumbalbandage bei Belastung.
Befundbericht vom :
Pat. nach SKS-OP und Recessusstenose L2-L4 li. mit Undercutting 1 Jahr deutlich schmerzgebessert, jetzt bei vermehrter Belastung wieder Schmerzen links ausstrahlend in den Oberschenkel und in das Knie im Bereich des Dermatoms L3/4, ein sensomotorisches Defizit ist gegeben. Die Gehstrecke nach wie vor noch deutlich gebessert. Hinsichtlich der Kostenrückerstattung wird ausgeführt, dass bei damaligem Befund bei absoluter SKS L2/3 und L3/4 mit Recessusstenose und drohender Nervenschädigung links mit Sturzgeschehen bei Quadrizepsschwäche eine OP dringlich erforderlich gewesen wäre, dahingehend sei eine dringende OP medizinisch vorgesehen und auch medizinisch begründbar und dringend notwendig.
Weiters legte der Bf ein undatiertes und nicht unterfertigtes Schreiben des Wirbelsäulenzentrum ***1*** zur Vorlage für das Finanzamt vor, wonach der Pat. an der WS bei dringlicher notwendiger Operationsindikation bei bestehender absoluter SKS L2/3 u. L3/4 mit Rezessusstenose u. drohender Nervenschädigung linksbetont, operiert worden sei. Dahingehend auch rez. Sturzgeschehen mit Quadrizepsschwäche li. vordergründig, dahingehend sei eine OP dringlich erforderlich u. auch notwendig gewesen u. dementsprechend auch begründbar.
Rechtliche Grundlagen:
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Ermittlung des Einkommens nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.
Die Belastung ist gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 dann zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Als außergewöhnliche Belastungen kommen auch Krankheitskosten, wie beispielsweise Kosten für Arzt und Krankenhaus, in Betracht. Durch Krankheit verursachte Aufwendungen erwachsen aus tatsächlichen Gründen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist die Zwangsläufigkeit bei Krankheitskosten, die die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, jedoch nur dann gegeben, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erfolgen. Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Behandlung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierten medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für die Aufwendungen dar (vgl. z.B. ; ; 531/59). Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden ().
Erwägungen:
Wie den Schilderungen des Bf über seine persönliche Krankengeschichte zu entnehmen ist, haben die krankheitsbedingten Probleme mit seiner Wirbelsäule bereits im Jahr 2006 begonnen und führten nach mehreren Therapien im Jahr 2018 zur Operation. Dieses über mehrere Jahre verlaufende Krankheitsbild spricht grundsätzlich gegen eine akute krankheitsbedingte Situation, die eine sofortige Operation in einer Privatklinik notwendig gemacht hätte.
Bezüglich der vom Bf vorgebrachten immer stärker werdenden Schmerzen und Ausfallserscheinungen in den Beinen, was zu einer Mobilitätseinschränkung und Sturzneigung geführt habe, ist davon auszugehen, dass bei einem Krankheitsbild, das eine sofortige Operation erforderlich macht, ein früherer Operationstermin auch in einem öffentlichen Krankenhaus möglich ist, da allgemein bekannt ist, dass es in öffentlichen Krankenhäusern für Notfälle eine freie Kapazität für unerwartete Operationen gibt, die bei Bedarf nach kurzer Wartezeit durchgeführt werden können.
In dem vom Bf vorgelegten Erstbefund vom , in dem der Operationstermin in der Privatklinik ungefähr 1 Monat später am vereinbart wurde, hat der operierenden Arzt festgestellt, dass der Bf an Schmerzen links ausstrahlend in den Oberschenkel und in das Knie leidet, die mit einer Recessusstenose linksseitig vereinbar sind. Erst im Zuge der Einbringung der Beschwerde am wurde ein Befundbericht des operierenden Arztes vom vorgelegt, in dem hinsichtlich der "Kosten-Rückerstattung" von einer drohenden Nervenschädigung links mit Sturzgeschehen bei Quadrizepsschwäche die Rede war, die eine dringende Operation erforderlich gemacht habe und auch medizinisch vorgesehen gewesen sei. In dem im Zuge des Vorlageantrages vorgelegten undatierten und nicht unterfertigten Schreiben des Wirbelsäulenzentrums ***1*** wird wiederholt darauf hingewiesen, dass eine OP dringlich erforderlich u. auch notwendig gewesen u. dementsprechend auch begründbar gewesen sei.
Der Umstand, dass laut Erstbefund vom Schmerzen links ausstrahlend in den Oberschenkel und in das Knie festgestellt wurden, jedoch in den nach Ergehen des angefochtenen Bescheides weiteren vorgelegten Befunden bzw. Schreiben des operierenden Arztes von drohender Nervenschädigung mit Sturzgeschehen die Rede ist und weiters bestätigt wird, dass eine Operation als dringlich erforderlich, medizinisch vorgesehen und auch begründbar und dringend notwendig sei, lässt den Schluss zu, dass der operierende Arzt den Erstbefund vom auf Wunsch des Bf für die Geltendmachung von außergewöhnliche Belastungen erweitert hat. Triftige medizinische Gründe, die eine sofortige Operation in einer Privatklinik erforderlich gemacht hätten, werden jedoch durch eine derartige Vorgangsweise weder eindeutig nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.
Zu der vom Bf vorgebrachten langen Wartezeit auf seine Operation in einem öffentlichen Krankenhaus ist darauf hinzuweisen, dass der Bf Nachweise über die behauptete lange Wartezeit auf einen Operationstermin nicht zu erbringen vermochte. Überdies hat das Bundesfinanzgericht bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine kürzere Wartezeit für sich alleine noch keinen triftigen medizinischen Grund für eine Operation in einer Privatklinik darstellt (vgl. , und die dort angeführten Erkenntnisse, sowie ).
Sein Vorbringen, dass als Behandlung im öffentlichen Krankenhaus eine gesamte Versteifung der Lendenwirbelsäule in Frage gekommen sei, was eine starke Einschränkung seiner Lebensqualität bedeutet hätte, konnte der Bf ebenfalls nicht nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Recherchen im Internet haben ergeben, dass die Operation der ersten Wahl bei der Einengung des Wirbelsäulenkanals die Mikrochirurgische Minilaminotomie ist und erst bei Zusammentreffen verschiedener Krankheitsbilder, die beim Bf nach den vorgelegten Befunden nicht festgestellt wurden, von einer Versteifung der Wirbelkörper die Rede ist.
Zudem werden von der Universitätsklinik Graz für Orthopädie und Traumatologie, Team Wirbelsäule, derartige Operationen ebenfalls angeboten. Im Jahresbericht für das Jahr 2020, Seite 43, heißt es unter anderem, dass die Abklärung, Therapieberatung, und, wenn notwendig, die operative Versorgung der Wirbelsäule erfolgen würde. Hierzu würden, beginnend bei kleineren Eingriffen wie mikroskopische Dekompression bei Stenosen oder Bandscheibenvorfällen, auch große Operationen mit langstreckigen Korrekturen von Deformitäten oder ausgedehnten Tumorresektionen, zählen. Daraus ist ersichtlich, dass die beim Bf in einer Privatklink durchgeführte Spinalkanalstenosenoperation auch in einem öffentlichen Krankenhaus, wie der Universitätsklinik Graz, durchgeführt hätte werden können.
Im weiteren Vorbringen des Bf, dass sein behandelnder Arzt zum Zeitpunkt der Operation nicht mehr in einem öffentlichen Krankenhaus gearbeitet habe, kommt wohl der Wunsch des Bf zum Ausdruck, gerade vom Arzt seines Vertrauens operiert zu werden. Wenngleich das Bundesfinanzgericht den auf den Bf im Zusammenhang mit seiner Erkrankung lastenden Leidensdruck in keiner Weise verkennt und seinen Wunsch, vom Arzt seines Vertrauens in einer Privatklinik operiert zu werden, durchaus nachvollziehen kann, ist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (vgl. ), wonach bloße Wünsche und Vorstellungen der Betreffenden über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen darstellen, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen.
Es führt somit nicht jeder gesundheitliche Nachteil (wie etwa die vom Bf angeführte längere Wartezeit auf eine Operation in einem öffentlichen Krankenhaus oder die bis zur Operation im Zusammenhang mit der Erkrankung zu erduldenden Schmerzen) dazu, höhere Aufwendungen als solche, die von der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckt sind, beim Steuerpflichtigen als zwangsläufig erwachsen anzusehen. Wie bereits ausgeführt, sind die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommenen Operationskosten nur aus triftigen medizinischen Gründen steuerlich als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden. Die Beweislast dafür, dass ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung solche triftigen, medizinischen Gründe (zB erwartete medizinische Komplikationen) eingetreten wären, trifft den Steuerpflichtigen (vgl. Renner in: BFGjournal 172/2015).
Den Nachweis, dass solche triftigen medizinischen Gründe (zB zu erwartende medizinische Komplikationen) im gegenständlichen Fall ohne die mit höheren Kosten verbundene Operation eingetreten wären, hat der Bf unter Hinweis auf die bisherigen Ausführungen nicht erbringen können. Für den Entschluss des Bf, den Eingriff an der Wirbelsäule von seinem selbst gewählten Arzt in einer Privatklinik durchführen zu lassen, waren daher keine triftigen medizinischen Gründe erkennbar, weshalb nicht von einer Zwangsläufigkeit auszugehen ist und die von ihm geltend gemachten Kosten in Höhe der ihm entstandenen Operationskosten nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme, war unter Hinweis auf die zitierte eindeutige und einheitliche Rechtsprechung (z.B. ) die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100967.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at