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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.06.2021, RV/1100407/2020

Behinderungsbedingte Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/15/0070. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/1100070/2022 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin ist zu 100% behindert. Sie hat das ganze Jahr Pflegegeld bezogen. Sie beantragte den pauschalen Freibetrag für das auf sie zugelassene Kraftfahrzeug.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 machte die Beschwerdeführerin Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen geltend.

Die Beschwerdeführerin machte den Freibetrag gemäß § 3 der Verordnung des BMG BGBl II 430/2010 geltend. Dieser wurde der Beschwerdeführerin vom Finanzamt gewährt. Zusätzlich machte die Beschwerdeführerin folgende Aufwendungen auf Grund eigener Behinderung als außergewöhnliche Belastungen geltend:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Reparatur Fahrzeugumbauten
456,52
Kilometergeld für Fahrzeugumbauten
205,80
Kaskoprämie
851,50
Reparatur Schiebetüren
148,44
Reparatur Fahrzeugumbauten
68,00
Taxifahrt Reparatur Fahrzeugumbauten
44,40
Reparatur Rollstuhl
20,50
Reparatur Rollstuhl
85,68
Reparatur Rollstuhl
103,82
Reparatur Rollstuhl
169,58
Persönliche Assistenz
1.981,25
Kostenbeiträge für Hilfsmittel
40,62
Fahrtkosten Vertrauensarzt
30,24
Apothekenrechnungen
598,95
Fahrtkosten Apotheken
28,56
Apothekenrechnungen
124,59
Fahrtkosten Apotheken
30,24
Therapieschwimmen Eintritt
50,00
Fahrtkilometer Therapieschwimmen
184,80
Fahrtkilometer Therapie
120,96
Änderungsschneiderei
52,00
Summe Behinderungsaufwand
5.396,45

Die Beschwerdeführerin machte folgende Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt in Höhe von 4.302,72 geltend

Im Einkommensteuerbescheid 2017 vom berücksichtigte das Finanzamt Krankheitskosten in Höhe von 1.885,12 € sowie Kosten aus der eigenen Behinderung in Höhe von 880,84 €. Der PKW Freibetrag in Höhe von 2.280,00 € und das Pendlerpauschale wurden vom Finanzamt nicht berücksichtigt. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

"Aufgrund der Wegstrecke von weniger als 2 km besteht kein Anspruch auf ein Pendlerpauschale.

Krankheitskosten mit Selbstbehalt:

Die Bestätigung der Firma ***1*** umfasst das gesamte Jahr 2017, der zusätzlich beigelegte Beleg über € 58 ist somit im bestätigten Gesamtbetrag enthalten.

Für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliegt, die Behandlung in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit steht und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellt. Unter Krankheit ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verstehen, die eine Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung erfordert. Da die "MiraDry" Behandlung in keinem Zusammenhang mit Ihrer Krankheit steht, konnten diese Aufwendungen und die damit zusammenhängenden Kosten nicht anerkannt werden.

Krankheitskosten ohne Selbstbehalt: Da das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom festgestellt hat, dass es sich beim Umbau des Fahrzeuges um keine außergewöhnliche Belastung handelt, können auch keine Folgekosten im Zusammenhang, mit dem KFZ berücksichtigt werden.

Die Kosten für die Reparatur des Rollstuhles wurden von der PVA übernommen. Auf die PVA Bestätigungen wird verwiesen.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. Erk. vom , 90/14/0019) kann die Beschäftigung einer Haushaltshilfe nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände eine Belastung nach sich ziehen, die für eine Steuerermäßigung nach § 34 EStG 1988 in Betracht kommt.

Bei einem Haushaltseinkommen inklusive Sonderzahlungen von € 108.000 können Haushaltshilfen für gewisse Tätigkeiten nicht außergewöhnlich sein.

Folgende Aufwendungen konnten ebenfalls nicht anerkannt werden, da es sich nicht um außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1988 handelt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Pure Zink Nahrungsergänzungsmittel
Tantum Verde Mundspray, Salviathymol Mundspülung
Pastillen Cassis + Vitamin C
Hansaplast Pflaster
Salbei Halsbonbons, Magnesium Brause und Magnesium Calcium Nahrungsergänzung
Tetesept Bäder
Dr. Bach Bonbons
Gloria Watte
Lavendelblüten

Hinsichtlich Fahrtkosten im Zusammenhang mit der Anschaffung von Medikamenten vertritt das Bundesfinanzgericht jedoch die Ansicht, dass diese nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, weil diese Anschaffungen nach der allgemeinen Lebenserfahrung mit Anschaffungen des täglichen Lebens (Lebensmitteln etc.) verbunden werden. Ausgenommen davon sind andere Fahrten z.B. zu Ärzten oder Physiotherapien (UFSK vom , RV/0339-K/08-RS5; ; UFSWvom , RV/0890-W/12; UFSK vom , RV/0339-K/08).

Die Hallenbadeintritte sowie Änderungskosten für Kleidung stellen keine außergewöhnliche Belastung dar, da sie der Mehrzahl der Bevölkerung erwachsen und deshalb nicht außergewöhnlich sind.

Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen ist, konnten nicht berücksichtigt werden, da sie den Selbstbehalt in Höhe von 2.288,75 € nicht übersteigen.

Da Sie die tatsächlichen Kosten der Behinderung geltend gemacht haben und diese auch in Höhe von € 880,84 berücksichtigt worden sind, konnten keine weiteren behinderungsbedingten Kosten in Abzug gebracht werden."

In der Beschwerde vom brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:

Reparatur behindertengerechte Fahrzeugumbauten und Mehrpreis in der Kaskoversicherung (jenerTeil der Versicherungsprämie, der die behindertengerechten Umbauten betrifft)

Es handelt sich bei den nachgewiesenen Kosten um die Reparatur behindertengerechter Umbautenim entsprechend adaptierten Kraftfahrzeug bzw. den Mehrpreis für diese in der Kaskoversicherung.

Gemäß EStR 2000, RZ 848 letzter Satz i.V.m. RZ 850 sind Vorrichtungen an einem Kraftfahrzeug, dienicht unmittelbar dem Betrieb des Kraftfahrzeugs dienen, Hilfsmittel im Sinne des § 4 der VO des BMfür Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF. Aufwendungen für diesekönnen zusätzlich zum Freibetrag i.H.v. EUR 190,00 pro Monat geltend gemacht werden. Dies gilt auchfür die Reparatur solcher Umbauten und den Einschluss dieser in einer Kraftfahrzeugversicherung. ImÜbrigen kennt das Einkommensteuerrecht den Begriff "Folgekosten", auf den Sie sich berufen, nicht.

Bitte um Berücksichtigung weiterer EUR 1.626,22 wie nachgewiesen.

Reparaturen Rollstuhl

Die PVA hat zwar mehrere Reparaturen am Rollstuhl genehmigt und bezahlt, Ihre Behörde hat aber mit Hinweis auf die entsprechenden Bestätigungen einfach sämtliche, d.h. auch die darüber hinaus selbst bezahlten Reparaturen des Rollstuhles sowie alle angefallenen Fahrtkosten (Fa. ***2***, etc.) ohne jegliche Begründung nicht anerkannt.

Bitte um Berücksichtigung weiterer EUR 379,58 wie nachgewiesen.

Arzt- bzw. Krankheitskosten

Bei der "MiraDry"-Behandlung (und der von Ihrer Behörde im Vorjahr als "Schönheitsoperation" titulierten Dysport-Therapie) handelt es sich um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung der anerkannten Krankheit Hyperhidrose axiliär bds. Diese Krankheit hat sich bei mir inzwischen als therapieresistent erwiesen und kann nur noch lasertherapeutisch behandelt werden.

Wie bereits im E-Mail vom an Herrn ***3*** und Frau ***4*** erläutert, wird die Behandlung dieser Krankheit in Vorarlberg nicht in einem Krankenhaus durchgeführt und kann daher nur von einem niedergelassenen Arzt in Anspruch genommen werden.

Ich entbinde hiermit wiederum den behandelnden Arzt explizit von seiner Schweigepflicht. Bitte verständigen Sie mich, wenn ich darüber hinaus noch zur Aufklärung beitragen kann bzw. muss!

Bitte um Berücksichtigung von EUR 2.359,60 inkl. Fahrtkosten wie nachgewiesen.

Die Bestätigung der Firma ***1*** beinhaltet mitnichten die zusätzlich angeführten EUR 58,00 wie Ihre Behörde fälschlich behauptet. Der Beleg ist ein Jahresbeleg für 12 Mal EUR 33,-, umfasst aber nur das Kontaktlinsen-Abo und nicht die darüber hinaus zusätzlich notwendigen Kontaktlinsen.

Bitte um Berücksichtigung weiterer EUR 58,00 wie nachgewiesen.

Änderungsschneiderei

Die zwei Belege betreffen nicht die Mehrzahl der Steuerzahler, weil diese spezielle Art der Änderung durch die behinderungsbedingt ausschließlich sitzende Haltung bedingt ist und nichts mit "normaler" Änderung (z.B. der Bundweite oder der Beinlänge) zu tun hat. Kleidung "von der Stange" passt mir oft nicht. Hier waren die Rückenpartie zu verlängern bzw. die Front zu kürzen. Nicht umsonst gibt es Spezialversandhäuser für Menschen mit Behinderung. Dort kann entsprechend geschnittene Ware - meist entsprechend teurer-vorkonfektioniert eingekauft werden.

Bitte um Berücksichtigung weiterer EUR 52,00 wie nachgewiesen.

Pendlerpauschale

Wie bereits im Vorjahr erläutert, gibt der Pendlerrechner eine Wegstrecke von weniger als 2 km an, weshalb der Anspruch auf das Pendlerpauschale verwehrt wird. Der Routenplaner der ASFiNAG als Wegeerhalter gibt allerdings eine Wegstrecke von 2,2 km an.

Da der Pendlerverordnung typisierende Verhältnisse zugrunde liegen, müssen die der Berechnung zugrunde gelegten Umstände nicht notweniger Weise mit den konkreten Verhältnissen des Einzelfalles (vollkommen) übereinstimmen, Gegenbeweise sind statthaft.

Mir ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht nur nicht zumutbar, ich kann mit öffentlichen Verkehrsmitteln auch gar nicht zu meinem Arbeitsplatz gelangen. Der einzige barrierefreie Zugang zu meinem Arbeitsplatz führt über die Tiefgarage. Dort wiederum kann ich nur einen (einzigen!) speziell ausgewiesenen und mir zugewiesenen Rollstuhlparkplatz nutzen, muss also in der Tiefgarage einige Hundert Meter zusätzliche Wegstrecke zurücklegen - ob ich will oder nicht. Dies natürlich auch dann, wenn von der Tiefgarageneinfahrt wesentlich kürzer entfernt liegende Parkplätze für Mitarbeiter frei sind.

Bitte um Berücksichtigung weiterer EUR 372,00 Pendlerpauschale und EUR 8,00 Pendlereuro.

Kosten der persönlichen Assistenz - nicht Pflege oder Haushaltshilfe

Wie im Ergänzungsansuchen bereits dargestellt, DÜRFEN die persönlichen Assistentinnen des Vereins PAV gar keine pflegerische Maßnahmen durchführen. Aus diesem Grund ist eine Gegenverrechnung mit dem Pflegegeld nicht statthaft.

Die PA übernimmt ausschließlich Unterstützungsleistungen im Bereich der Haushaltstätigkeiten und Begleitungen zur gesellschaftlichen Teilhabe am Leben. Letztere wird seit September 2017 auch vom Land Vorarlberg unterstützt. Entsprechend strenger sind dabei die Vorgaben geworden.

Ihre Behörde beurteilte die in Anspruch genommen Leistungen in den vergangenen Jahren willkürlich einmal als (100%) pflegerische Leistungen, einmal als (100%) Haushaltstätigkeit und verweigert damit jegliche Berücksichtigung.

Die von mir angesetzten Beträge betreffen aber - wie mittlerweile hinlänglich erklärt - ausschließlich die Begleitung zur gesellschaftlichen Teilhabe wie die Begleitung in nicht barrierefreie Örtlichkeiten (Arztpraxen, etc.) sowie das Durchführen bzw. Durchführen lassen der Aufsichtspflicht für unsere Tochter bei Freizeitaktivitäten (wie beispielsweise Schwimmen, Radfahren, etc.) oder Besuche nicht barrierefreier Freizeiteinrichtungen, die ich aufgrund meiner körperlichen Einschränkungen einfach nicht selbst durchführen kann. Entweder kann ich mich dort nicht selbständig bewegen und/oder verletzte meine gesetzliche Aufsichtspflicht.

Für 2017 habe ich wie erläutert die vollen Kosten für die Monate September bis Dezember sowie 54 Stunden für die Monate Jänner bis August angesetzt.

Von den insgesamt im Jahr 2017 an den "Verein Persönliche Assistenz" bezahlten EUR 4.419,25 sind das EUR 1.981,25.

Bitte um Berücksichtigung weiterer EUR 1.981,25 wie nachgewiesen.

Außergewöhnliche Belastungen für ein nicht behindertes Kind (L1k)

Bitte berücksichtigen Sie in diesem Zusammenhang auch noch jene EUR 1.133,41,00 bei Position 5.2 des Formulars L1k bei mir, die mein Mann aus Versehen bei sich geltend machen wollte.

Die Rechnungskopien liegen Ihnen vor und lauten auf meinen Namen.

Bitte um Berücksichtigung weiterer EUR 1.133,41 wie dort nachgewiesen.

Medikamente

Zumindest das "Tantum Verde" Mundspray und die "Salviathymol" Mundspülung (zur Behandlung von Entzündungen im Mund- und Rachenraum) bzw. die Gloria Watte (Anti-Dekubitus Behandlung) sind Krankheitskosten - erstere mit Selbstbehalt, letztere ohne Selbstbehalt.

Bitte um entsprechende zusätzliche Berücksichtigung unter der jeweiligen Kennzahl.

Freibetrag für Gehbehinderte

Der Freibetrag für Gehbehinderte wurde von Ihrer Behörde nicht berücksichtigt, obwohl zunächst EUR 4.409,58 bzw. nach Ihrem Ergänzungsansuchen vom sogar EUR 5.396,45 in Form von Rechnungskopien als "tatsächliche Kosten der Behinderung" nachgewiesen wurden.

Umso unverständlicher ist die Behauptung Ihrer Behörde, aus dem Ansatz tatsächlicher Kosten der Behinderung darauf zu schließen, dass keine weiteren behinderungsbedingten Kosten zum Ansatz gebracht werden wollen bzw. den Ansatz dieser zum Nachteil der Beschwerdeführerin zu negieren und auch nicht zuzulassen. Nach der Kürzung durch Ihre Behörde liegen die tatsächlichen Kosten der Behinderung bei gerade einmal EUR 880,84 und unterschreiten damit den Freibetrag i.H.v. EUR 190,00 pro Monat bei Weitem!

Meines Erachtens verstößt Ihre Behörde hier klar gegen ihre Aufklärungs- und Mitwirkungspflicht."

Der Beschwerde hat das Finanzamt Bregenz mittels Beschwerdevorentscheidung vom teilweise stattgegeben. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

"1.) Reparaturen an behinderungsbedingten PKW-Umbauten

Die im Einzelerkenntnis des vom erkennenden Richter vertretene Ansicht, dass auch der Mehrpreis der Kaskoversicherung als in zwangsläufigem Zusammenhang mit den Kosten für die behinderungsbedingten Vorrichtungen steht, wird nicht geteilt, zumal der Abschluss einer Kaskoversicherung weder außergewöhnlich noch zwangsläufig ist und folglich derartige Kosten keine außergewöhnliche Belastungen iSd Legaldefinition des § 34 Abs. 1 Ziffer 1 und 2 EStG darstellen. Entgegen der im Beschwerdeschriftsatz vertretenen Meinung geht dies auch nicht aus Rz. 848 iVm. 850 der Lohnsteuerrichtlinien hervor. Auch wenn die besagten Umbauten Hilfsmittel darstellen, ermangelt es den Kaskoversicherungsprämien an der Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit, welche gegeben ist, wenn sich jemand der Belastung aus tatsächlichen rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die anteiligen Kosten der Kaskoversicherung (851,50 EUR) sind daher nicht abzugsfähig. Da bei Geltendmachung von tatsächlichen Kosten keine Behindertenpauschalbeträge gewährt werden können, sind die mit der Reparatur in Zusammenhang stehenden Aufwendungen für Taxifahrten abzugsfähig (siehe aber auch Punkt 9 und 11 unten).

= > Von den beantragten EUR 1.626,22 betreffend Fahrzeugumbau können daher lediglich EUR 774,72 bei den außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt berücksichtigt werden.

2.) Reparaturen Rollstuhl

Die im Zusammenhang mit Rollstuhlreparaturen angefallenen (und die von der PVA übernommenen Kosten (880,84 EUR) übersteigenden) Aufwendungen (EUR 379,58 laut Aufstellung; 427,56 It. eingereichten Belegen) sind nur im Ausmaß von EUR 333,48.- abzugsfähig, zumal nicht alle auf Gran Canaria angefallenen Taxifahrten mit dem Kauf von Rollstuhl-Ersatzschläuchen bzw. Reparaturen in Zusammenhang gebracht werden können (27,35/21,25 EUR vom 24.8.) bzw. doppelt geltend gemacht wurden (32,90 EUR vom 22.8.).

3) Arzt- bzw. Krankheitskosten

3a) Die für die Hyperhidrose-Behandlung (MiraDry-Behandlung) angefallenen Kosten (2.200 + 159,60 = 2.359,60 EUR) können nach Ansicht des Einzelrichtererkenntnis des als Krankheitskosten iSd. § 34 EStG unter Anrechnung auf den Selbstbehalt berücksichtigt werden, auch wenn keine Kostenübernahme der VGKK vorliegt (vgl. auch ).

3b) Die an die Firma ***1*** bezahlten Kosten iHv. 58 EUR werden zusätzlich berücksichtigt.

4) Änderungsschneiderei

Die Kosten der Änderungsschneiderei stellen keine außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34/35 EStG dar. Es mangelt den Aufwendungen an der Außergewöhnlichkeit, zumal auch Nicht- Behinderte gelegentlich Bedarf nach Anpassung ihrer Kleidung an gegebene oder geänderte körperliche Zustände (Gewicht, Figur) haben können (vgl. ).

5.) Das Pendlerpauschale und der Pendlereuro werden im beantragten Ausmaß berücksichtigt.

6.) Kosten der persönlichen Assistenz

Gemäß Informationen auf der Website www.pa-vorarlberg.at wird von der PAV anhand des Bedarfsfragebogens und einer möglichen Peer-Beratung erhoben, in welchen Lebensbereichen (Pflege/Grundbedürfnisse; Haushaltsführung wie zB. Wäsche, Aufräumen, Einkauf, Kochen, Behördengänge; Teilhabe am gesellschaftlichen Leben/Freizeit wie zB. Vereine, Kultur, Freizeit, Sport, Beziehungen pflegen); und Lebensorganisation) und in welchem Umfang Unterstützung für die Assistenznehmerin erforderlich ist. Darauf aufbauend wird dann der Assistenzplan erstellt und Unterstützung bei der Auswahl der Persönlichen Assistenz gewährt, damit die für ein selbstbestimmtes Leben erforderlichen Leistungen auf die Bedürfnisse der assistenznehmenden Person zugeschnitten werden können.

Laut Vorarlberger Integrationshilfebericht 2016/17 werden pro Person maximal 1.080 Stunden Persönliche Assistenz pro Jahr gewährt und waren im Budget 2018 dafür 1,1 Millionen Euro veranschlagt.

Ziel und Zweck des Pflegegeldes ist es, einen Teil der für die notwendige Pflege und ein möglichst selbstbestimmtes und bedürfnisorientiertes Leben anfallenden Mehraufwendungen durch eine pauschale Geldleistung abzugelten. Damit sind die Leistungen der Pflegeassistenz mit jenen der Personenbetreuerinnen vergleichbar. Personen nehmen derartige Betreuungsleistungen in Anspruch, weil sie bei bestimmten Tätigkeiten (die beispielsweise den sachlichen Lebensbereich betreffen wie Haushalt, Hilfe bei Mobilität; Begleitung bei Arztbesuchen) und gleichzeitig auch bei Betreuungsmaßnahmen (d.h. Tätigkeiten, die den persönlichen Bereich betreffen, wie Hilfe beim An- und Ausziehen) Hilfe benötigen. Pflegegeld ist somit ein Zuschuss zu jenen Kosten, welche aus Hilfsverrichtungen und Betreuungsmaßnahmen resultieren (vgl. ).

Aufwendungen für die persönliche Assistenz sind - sofern es sich um Hilfsverrichtungen und Betreuungsmaßnahmen der behinderten Person betrifft, und somit auch beispielsweise bei Kosten der Begleitung der betreuungsbedürftigen Person zum Arzt - um das Pflegegeld zu kürzen und sind infolgedessen durch das erhaltene Pflegegeld in Höhe von 8.131,20 EUR abgegolten. Derartige Aufwendungen sind außerdem vor Kürzung um das Pflegegeld um von öffentlichen Institutionen (wie zB. aus Mitteln der Sozial-, Gesundheits- und Integrationsabteilung von Bezirkshauptmannschaft, Land Vorarlberg oder dem Sozialministeriumsservice) erhaltene Zuschüsse zu kürzen (siehe auch Erkenntnis des ).

Laut dem an die Beschwerdeführerin ergangenen Erkenntnis des betreffend Einkommensteuer 2016 sowie gemäß der Judikatur des VwGH (Erk. Vom , 94/15/0141) ist bei den Kosten, welche durch die Übernahme der (beide Elternteile betreffenden) Aufsichtspflicht bzw. Begleitung der Tochter ***5*** (geb. ***6***2008) durch die Pflegeassistenz entstanden sind, von keinen Krankheitskosten von keiner außergewöhnliche Belastung auszugehen ist. Kinderbetreuungskosten iSd § 34 Abs. 9 EStG liegen ebenfalls nicht vor, zumal keineentsprechenden Kosten über die von qualifizierten Personen erbrachten Leistungen nachgewiesenwurden.

Die beantragten Kosten iHv. 1.981,235 EUR können daher nicht als außergewöhnliche Belastungen imZusammenhang mit der Behinderung Berücksichtigung finden.

7.) Außergewöhnliche Belastungen iZm dem Kind ***5***

Die vom Ehegatten in der Arbeitnehmerveranlagung 2017 iZm Krankheitskosten betreffend Tochter ***5*** geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 1.133,41 EUR, welche bei diesem wegen Unterschreitung des Selbstbehalts keine steuerliche Auswirkung hatten, und nun im Rahmen der Bescheidbeschwerde von der Kindesmutter geltend gemacht werden, sind wie folgt zu beurteilen:

Bei der augenärztlichen Behandlung der Tochter im LKH Feldkirch (D 31.0 Exophthalmus) handelte es sich um eine primarärztliche Privatbehandlung, deren Kosten größtenteils von der privaten Krankenzusatzversicherung getragen wurden. Kosten für primarärztliche Behandlungen fehlt aber grundsätzlich der Charakter der Zwangsläufigkeit, weshalb keine außergewöhnlichen Belastungen vorliegen. Da jedoch auch bei einer kassenärztlichen Behandlung (zB. bei der vorliegenden VGKK-Pflichtversicherung eines Elternteils) Kosten angefallen wären, können die (um die Verpflegungskostenersparnis zu kürzenden) Aufwendungen für die Begleitperson (49,31 EUR abzüglich 18,81 EUR) berücksichtigt werden. Dies hätte auch auf die geltend gemachten Kilometergelder (159,60 EUR) zugetroffen, wären sie nicht bereits in den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten "Fahrtkosten Dr. ***7***" enthalten.

Bei den Kosten für das Sportattest (EUR 55.-) zwecks Vorlage beim ***8***klub liegen keine zwangsläufig erwachsenen Krankheitskosten vor.

Von den beantragten Kosten können daher lediglich 337,50 EUR berücksichtigt und diese bei der KZ 730 zum Ansatz gebracht werden.

8) Medikamente

Die in der Beschwerde angeführten Medikamente werden antragsgemäß berücksichtigt (EUR 22,50 + bei KZ 439; EUR 7,90 + bei KZ 730).

Inkl. der unter Punkt 3 und 7 behandelten Aufwendungen werden daher unter KZ 730 außergewöhnliche Belastungen iHv. 4.720,72 EUR zum Ansatz gebracht.

9) Freibetrag für das Behinderten-Kraftfahrzeug

Die durch Verordnung BGBl. 303/1996 idgF. festgelegten Durchschnittssätze (Pauschalbeträge gemäß § 2 und 3 der VO) erweitern den in § 35 Abs. 3 normierten Freibetrag (die nach Behinderungsgrad abgestuften Freibetragssätze). Gemäß § 34 Abs. 6 fünfter Teilstrich iVm. § 35 Abs. 5 bis 7 EStG können anstelle des Freibetrags auch die tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden.

Zumal § 35 Abs. 5 EStG normiert, dass anstelle des Freibetrags auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden können, ist es im Umkehrschluss ausgeschlossen, dass gleichzeitig tatsächlichen Kosten und Pauschbeträge in Anspruch genommen werden können.

10) Diverses

10 a) Mitgliedsbeitrag Österr. Zivilinvalidenverband (ÖZIV)

Der unter Kennzahl 719 als Arbeitsmittel geltend gemachte Mitgliedsbeitrag an den österreichischen Zivilinvalidenverband stellt keine Werbungskosten iSd. § 16 EStG dar. Der Mitgliedsbeitrag ist auch nicht als behinderungsbedingte Krankheitskosten iSd. §§ 34/35 EStG abzugsfähig (vgl. ), da es sich nicht um Krankheitskosten handelt, sondern um den Beitrag an eine Institution, welche sich als Interessensvertretung und Dienstleister versteht. Die Arbeit des ÖZIV richtet sich sowohl an Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen, als auch an Wirtschaft, Politik und Medien. Der ÖZIV setzt sich bei der Gestaltung politischer Rahmenbedingungen für eine inklusive Gesellschaft ein und versucht gleichzeitig, durch konkrete Unterstützungsangebote die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen mit Behinderungen in Österreich zu verbessern. Des Weiteren berechtigt der Mitgliedsbeitrag beispielsweise zur Teilnahme an Vereinsveranstaltungen und inkludiert die mehrmals jährlich erscheinende Vereinszeitschrift "ÖZIV Inklusiv" und die Info-Zeitung "Monat" der ÖAR.

10 b) Reparatur Schiebetüren

Das Einstellen, Fetten und Gangbarmachen der Innen- und Schiebetüren stellen einen jeden Haushalt treffenden (oder treffen könnenden) normalen Reparaturaufwand dar und sind daher keine außergewöhnlichen, behinderungsbedingten Aufwendung (re. Fa. ***9***).

= > EUR 148,44.- können daher nicht als behinderungsbedingte, außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Zusammenfassung:

Folgende Beträge sind/wären daher zum Ansatz zu bringen:

372,00 EUR KZ 718 Pendlerpauschale

4,00 EUR KZ 916 Pendlereuro

0,00 EUR KZ 719 Arbeitsmittel

4.720,72 EUR KZ 730 Krankheitskosten mit Selbstbehalt

1.970,06 EUR KZ 439 Behinderungsbedingte tatsächliche Kosten

Da jedoch die zu gewährenden behinderungsbedingten tatsächlichen Aufwendungen ohne Anrechnung auf den Selbstbehalt mit 1.970,06 EUR geringer sind als der 2.280 EUR betragende Behinderten-KFZ Betrag gemäß § 3 Abs 1 der VO des Bundesministeriums für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (BGBl. 1996/303 idF BGBl II 2010/430), werden die Ausführungen unter Punkt 9 der Beschwerde ("Freibetrag für Gehbehinderte") - dahingehend interpretiert, dass in diesem Falle nicht die tatsächlichen Kosten, sondern alternativ der Behinderten-KFZ-Freibetrags iHv. monatlich EUR 190,00 beantragt wurde.

Der Beschwerde war daher aus den oben dargelegten Erwägungen teilweise Folge zu leisten."

Im Vorlageantrag vom brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:

"Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2017 vom in einigen Punkten geändert, der Beschwerde vom allerdings in zwei in Anbetracht der Gesamtumstände wesentlichen Punkten nicht stattgegeben.

Der nachgewiesene Mehrpreis in der Kaskoversicherung (Versicherungsprämie für die behindertengerechten Umbauten) wurde - das Einzelerkenntnis des betreffend den Einkommensteuerbescheid 2016 zum gegenständlichen Fahrzeug missbilligend - erneut nicht anerkannt, weil es ihm an Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit mangele.

Nach Ansicht des erkennenden Richters stellen die Kosten für Vorrichtungen an einem Kfz, die nicht unmittelbar dem Betrieb des Kfz dienen, außergewöhnliche Belastungen dar, die zusätzlich zum Freibetrag nach § 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl Nr. 303/1996 idF BGBl II Nr. 430/2010 abgesetzt werden können. Nichts anderes könne in diesem Zusammenhang auch für die Reparaturkosten solcher Vorrichtungen sowie für den Mehrpreis einer diesbezüglichen Kaskoversicherung gelten.

Die Versicherung eines derart spezifisch umgebauten Fahrzeugs (mitz.T. groben Eingriffen in tragende Teile, Aufschweißen und Entnahme von Teilen des Fahrzeugbodens, Einbau individuell angepasster Vorrichtungen wie Rollstuhlverladelift, etc.) dürfte aus Gründen der Abhängigkeit von einem solchen Kfz (unmittelbare Gebrauchsnotwendigkeit) unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit zu betrachten sein und infolge der Verwendbarkeit für einen sehr kleinen, bestimmten Personenkreis (fehlende Marktgängigkeit) das Kriterium der Außergewöhnlichkeit jedenfalls erfüllen.

Bei genauerer Betrachtung muss hier der aktuellen Judikatur, die bei behindertengerechtem, infolge der Behinderung zwingend kausalem Aufwand eine prima facie großzügige, ja logische bzw. folgerichtige auf dem Kausalitätsprinzip beruhende - Linie vertritt, gefolgt werden.

Nach den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2003/13/0074, , 2696, 2753,2754/76, und , 93/15/0051 kann ein Steuerpflichtiger, der wegen seiner Körperbehinderung zur Fortbewegung auf einen PKW angewiesen ist, die anteiligen Kfz-Kosten, die ihm durch die Mehrbenützung seines Kfz gegenüber gesunden Abgabepflichtigen entstehen, als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Als notwendiger und angemessener Mehraufwand sind jene Auslagen anzusehen, die nicht auf die typischen Kosten der allgemeinen Lebensführung entfallen (Hinweis Doralt, EStG, 4. Auflage § 35 Tz 14 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des VwGH); ihre

Höhe kann beim Fehlen differenzierender Unterlagen nur geschätzt werden.

Lt. UFS Wien vom , RV/2835-W/12 sind sogar die Kosten für die Parkplatzerrichtung inklusive Schneeräumung als Mehraufwendungen eines Körperbehinderten im Zusammenhang mit der Benutzung eines eigenen Kfz neben den Aufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen als außergewöhnliche Belastungen gem. § 34 Abs. 6 anzuerkennen, weil dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 zufolge der vorgesehene Freibetrag (lediglich) zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, vorgesehen ist. Weder die in Rede stehenden Errichtungskosten noch die Schneeräumung stellten Aufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen bei einem Kfz dar, womit diese Kosten nicht durch den Freibetrag abgegolten seien.

Die von mir fälschlich unter KZ 439 statt unter KZ 476 eingetragenen weiteren behinderungsbedingten Kosten wurden von der Behörde leider als "statt" des Freibetrags und nicht "zusätzlich zum" Freibetrag iHv EUR 190,00 pro Monat beantragt interpretiert und entsprechend zur Gänze nicht anerkannt. Dies ist umso unverständlicher als ich dies in Punkt 1 und 9 (Nummerierung lt. Begründungsabfolge) in meiner Beschwerde korrigierend darzustellen versucht habe und explizit von der Anerkennung "zusätzlich zum Freibetrag" bzw. "weiterer behinderungsbedingter Kosten" gesprochen habe. Der Behörde war aus den Gesamtumständen sowie den Vorjahren inkl. Involvierung des BFG hinlänglich bekannt, dass ich stets zusätzliche Kosten zum Freibetrag in Ansatz gebracht habe und dies auch 2017 beabsichtigte.

Meines Erachtens verstieß die Behörde hier klar gegen ihre Aufklärungs- und Mitwirkungspflicht. Eine gewisse Absicht, den Ansatz zu unterlassen ist der Behörde insofern zu unterstellen als auch in meinem Einkommensteuerbescheid 2018 vom die - diesmal unter der richtigen KZ beantragten - weiteren behinderungsbedingten Kosten nicht und "stattdessen" der KFZ Freibetrag anerkannt wurde.

Entgegen der Einschätzung der Behörde sind auch alle nachgewiesenen Taxifahrten auf Gran Canaria im Zusammenhang mit Rollstuhlreparaturen angefallen. Uns war nicht bewusst, dass dort bei gleichem Durchmesser breitere Schläuche in Rollstuhlreifen verwend et werden. Die bei uns üblichen Breiten sind dort so gut wie nicht erhältlich. Mein Mann ist tagelang vergeblich via Taxi Sanitätshäuser und Fahrradgeschäfte abgefahren, bis er nacheinander zwei der zu breiten Schläuche einsetzen ließ, die jedoch beide noch auf der Rückfahrt zum Hotel im Taxi barsten. Schließlich konnten wir ein Sanitätshaus ausfindig machen, das von einem Messebesuch in Deutschland einen geeigneten Schlauch vorrätig hatte und die Reparatur durchführen konnte.

Weiter verweise ich auf die Ausführungen zu den angeführten Punkten in meiner Beschwerde und beantrage, diese in den genannten Punkten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Ich beantrage die zusätzliche Anerkennung folgender Aufwendungen im gegenständlichen Bescheid:

weitere EUR 851,50 (Mehrpreis der Kasko-Versicherung) als außergewöhnliche Belastungen aus eigener Behinderung ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes,

weitere EUR 1.970,06 als außergewöhnliche Belastungen aus eigener Behinderung ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes.

weitere EUR 46,10 als außergewöhnliche Belastungen aus eigener Behinderung ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes (EUR 379,58 statt EUR 333,48)."

Der Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom an die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:

"Sie werden ersucht binnen vier Wochen nach Erhalt dieses Schreibens die im Vorlageantrag geltend gemachten Kosten detailliert aufzugliedern."

Die Vorhaltsbeantwortung vom hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:

"Der Mehrpreis in der Kaskoversicherung (weitere EUR 851,50) ist dabei selbsterklärend.

Die außergewöhnlichen Belastungen aus eigener Behinderung ohne Selbstbehalt (weitere EUR 1.970,06) ergeben sich aus der Zusammenfassung der Begründung der Behörde in der anhängigen Beschwerdevorentscheidung vom (ca. mittig auf Seite 5/7). Diese weiteren EUR 1.970,06 hätte die Behörde in KZ 439 lt. eigener Aussage wohl anerkannt, wenn sie unter KZ 476 eingetragen worden wären, worum wir ja auch gebeten haben. Hier geht es also um die Anerkennung "zusätzlich" zum Freibetrag (und nicht "statt" des Freibetrags) i.H.v. EUR 190,00 pro Monat.

Die außergewöhnlichen Belastungen aus eigener Behinderung ohne Selbstbehalt (weitere EUR 46,10) ergeben sich aus der fälschlichen Nichtberücksichtigung von Taxifahrten auf Gran Canaria et al. zur Beschaffung von Ersatzschläuchen für den Rollstuhl meiner Frau lt. Punkt "2.) Reparatur Rollstuhl" der Begründung der Behörde (oben auf Seite 2/7). Auch wenn wir schlussendlich sogar EUR 427,56 belegmäßig nachweisen konnten, sind wir im Antrag zur Vorlage zur Entscheidung der Bescheidbeschwerde an das Gericht lediglich von den ursprünglich beantragten EUR 379,58 ausgegangen, von denen nur EUR 333,48 anerkannt wurden. Hier sind keine Fahrten doppelt o.ä. wie behauptet verrechnet worden."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist zu 100% behindert. Sie hat das ganze Jahr Pflegegeld bezogen. Sie beantrage den pauschalen Freibetrag für das auf sie zugelassene Kraftfahrzeug.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 machte die Beschwerdeführerin Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen geltend.

Die Beschwerdeführerin machte den Freibetrag gemäß § 3 der Verordnung des BMF BGBl II 430/2010 geltend. Dieser wurde der Beschwerdeführerin vom Finanzamt gewährt. Zusätzlich machte die Beschwerdeführerin folgende Aufwendungen auf Grund eigener Behinderung außergewöhnliche Belastungen geltend.

Beweiswürdigung

Sämtliche noch strittigen Aufwendungen wurden von der Beschwerdeführerin belegt. Diese Belege sind aktenkundig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, sie muss zwangsläufig erwachsen und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Die Belastung ist nach § 34 Abs. 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen in der dort näher geregelten Weise zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Durch Krankheit verursachte Aufwendungen sind außergewöhnlich, sie erwachsen aus tatsächlichen bzw. bei Unterhaltsverpflichtung aus rechtlichen Gründen zwangsläufig (vgl. dazu zB Jakom/Vock EStG, 2017, § 34 Rz 90 unter "Krankheitskosten", und die dort zit. VwGH-Judikatur; Fuchs/Unger in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar,§ 34 Anhang II-ABC Tz 35).

Gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 können ua. Aufwendungen iSd § 35 EStG 1988, die anstelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5 leg. cit.) sowie Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.

Nach dem letzten Absatz dieser Bestimmung kann der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Für das Beschwerdejahr ist die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBI Nr. 303/1996 idF BGBI II Nr. 430/2010 (in der Folge kurz: VO), maßgeblich. Mit dieser VO wurden weiterführende Regelungen hinsichtlich der Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen getroffen.

Für Körperbehinderte mit eigenem Fahrzeug ist zur Abgeltung von besonderen Behindertenvorrichtungen und dafür, dass ein Massenbeförderungsmittel nicht verwendet werden kann, ein Freibetrag von 190,00 € monatlich zu gewähren (§ 3 Abs. 1 der VO).

Nach § 4 der VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel [Hilfsmittel im Sinne der VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel), die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen; sie haben infolge Verwendbarkeit für nur bestimmte individuelle Personen oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert; normale Gebrauchsgegenstände, die für jedermann nutzbar sind, sind als solche idR keine "Hilfsmittel"] sowie Kosten der Heilbehandlung [als Kosten der Heilbehandlung gelten Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen; ebenso stellen die in diesem Zusammenhanganfallenden Fahrtkosten bzw. Kosten des Krankentransportes im Ausmaß der tatsächlichen Kosten oder des amtlichen Kilometergeldes bei Verwendung des (familien-)eigenen Kraftfahrzeuges Kosten der Heilbehandlung dar] im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen. Im nachgewiesenen Ausmaß gesondert absetzbare Kosten sind jedoch nur dann unter § 4 der VO zu subsumieren, sofern diese Kosten mit der Behinderung in (unmittelbarem, ursächlichem) Zusammenhang stehen (vgl. Jakom/Vock EStG, 2017, § 35 Rz 25 und 27 mwN; Doralt, EStG15, § 35 Tz 17; Bernold/Mertens, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2015, Seiten 595 f).

Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 der VO sind nach § 1 Abs. 3 der VO ohne Kürzung um pflegebedingte Geldleistungen oder den Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 abzugsfähig.

Die Kosten für Reparaturen für die behinderungsbedingten Fahrzeugumbauten und die Fahrtkosten die von und zur Werkstatt entstanden sind, sind Mehraufwendungen iSd VO. Insoweit ist der Beschwerde stattzugeben, zumal auch das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung diese Ausgaben als behinderungsbedingte außergewöhnliche Belastung gewertet hat.

Hinsichtlich der Kaskoprämie für den behindertengerechten Umbau des eigenen PKW in Höhe von 851,50 € wird der Beschwerde stattgegeben. Auf das Erkenntnis des , das den Fall der Beschwerdeführerin im Jahr 2016 betroffen hat, wird verwiesen.

Auf Grund der Behinderung ist die Beschwerdeführerin auf Schiebetüren angewiesen. Andere Türen kann sie nicht bedienen. Die Reparatur dieser Schiebetüren ist daher die Reparatur eines Hilfsmittels und daher als außergewöhnliche Belastung absetzbar.

Dasselbe gilt für die Reparaturen Rollstuhl und die damit verbundenen Fahrtkosten. Entgegen den Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung wurden keine mit der Rollstuhlreparatur in Gran Canaria verbundenen Kosten doppelt verrechnet.

Die Aufwendung für die persönliche Assistenz stellen keine außergewöhnliche Belastung dar. Auf die Ausführungen im die Beschwerdeführerin betreffenden Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/1100238/2018 sowie auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung des gegenständlichen Verfahrens wird verwiesen.

Die geltend gemachten Apothekenrechnenungen in Höhe von 598,95 € können nur in Höhe von 478,75 € berücksichtigt werden. Auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid wird verwiesen.

Die übrigen im behinderungsbedingten Mehraufwand geltend gemachten Apothekenrechnungen, Therapie und Therapieschwimmen sowie die damit zusammenhängenden Fahrtkosten, stellen eine außergewöhnliche Belastung dar.

Die Kosten für die Änderungsschneiderei betreffen nicht die Mehrzahl der Steuerzahler, weil diese spezielle Art der Änderung durch die behinderungsbedingt ausschließlich sitzende Haltung bedingt ist und nichts mit "normaler" Änderung zu tun hat. Im gegenständlichen Fall waren die Rückenpartie zu verlängern bzw. die Front zu kürzen. Diese Kosten stellen daher einen behinderungsbedingten Mehraufwand dar.

Ein Zusammenhang der oa Aufwendungen mit dem PKW-Freibetrag besteht nicht.

Die mit "Zweck des Pflegegeldes" überschriebene Bestimmung des Art. II § 1 des Bundespflegegeldgesetzes BGBl. Nr. 110/1993 legt fest, dass das Pflegegeld den Zweck hat, in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten, um pflegebedürftigen Personen so weit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen.

Bei den von vom Bundesfinanzgericht als behinderungsbedingter Mehraufwand anerkannten außergewöhnlichen Belastungen handelt es sich aber um nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel. Eine Gegenverrechnung mit dem Pflegegeld kommt daher nicht in Betracht (vgl ).

Die strittige Kennzahl 476 errechnet sich daher folgendermaßen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Reparatur Fahrzeugumbauten
456,52
Kilometergeld für Fahrzeugumbauten
205,80
Kaskoprämie
851,50
Reapartur Schiebetüren
148,44
Reparatur Fahrzeugumbauten
68,00
Taxifahrt Reparatur Fahrzeugumbauten
44,40
Reparatur Rollstuhl
20,50
Reparatur Rollstuhl
85,68
Reparatur Rollstuhl
103,82
Reparatur Rollstuhl
169,58
Persönliche Assistenz
0,00
Kostenbeiträge für Hilfsmittel
40,62
Fahrtkosten Vertrauensarzt
30,24
Apothekenrechnungen
478,75
Fahrtkosten Apotheken
28,56
Apothekenrechnungen
124,59
Fahrtkosten Apotheken
30,24
Therapieschwimmen Eintritt
50,00
Fahrtkilometer Therapieschwimmen
184,80
Fahrtkilometer Therapie
120,96
Änderungsschneiderei
52,00
Summe Behinderungsaufwand
3.295,00

Die Einkommensteuer für das Jahr 2017 errechnet sich daher folgendermaßen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Lohnzettel
23.227,33
Pendlerpauschale
-372,00
Werbungskostenpauschbetrag
-132,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
22.723,33
Topfsonderausgaben
-730,00
Kirchenbeitrag
-34,05
außergewöhnliche Belastungen vor Abzug des Selbstbehalts
-4.720,72
Selbstbehalt
1.835,05
Pauschbetrag für Behinderten Kfz
-2.280,00
nachgewiesene Kosten der eigenen Behinderung
-3.295,00
Einkommen
13.498,61
Die Einkommensteuer gemäß § 33 Abs 1 EStG beträgt
0% für die ersten 11.000,00 €
0,00
25% für die restlichen 2.498,61
624,65
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
624,65
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Pendlereuro
-4,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
220,65
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt
0% für die ersten 620,00 €
0,00
6% für die restlichen 3.385,12 €
203,11
Einkommensteuer
423,76
Anrechenbare Lohnsteuer
-3.315,46
Rundung gemäß § 39 Abs 3 EStG
-0,30
Festgesetzte Einkommensteuer
-2.892,00

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zu sämtlichen im gegenständlichen Fall zu lösenden Rechtsfragen existiert bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100407.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at