Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.06.2021, RV/7102901/2019

Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 1 lit. b BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***1*** über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung der Anträge vom auf Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer der Jahre 2013, 2014 und 2015 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer, in der Folge als Bf. bezeichnet, erzielte in den Jahren 2013 und 2014 Einkünfte aus Gewerbebetrieb, solche aus Vermietung und Verpachtung sowie solche aus nichtselbständiger Arbeit. Im Jahre 2015 erzielte der Bf. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie solche aus nichtselbständiger Arbeit.

Am brachte der Bf. einen mit dem datierten Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 BAO betreffend den Einkommensteuerbescheid 2013 vom , den Einkommensteuerbescheid 2014 vom sowie den Einkommensteuerbescheid 2015 vom beim Finanzamt ein. Begründend führte der Bf. aus, dass bei der im Jahre 2016 erfolgten Betriebsprüfung die von ihm jährlich angesetzten Werbungskosten iHv Euro 14.400 als Darlehen an die A GmbH gesehen und somit als Ausgaben gestrichen worden seien. Diese sei nunmehr aufgelöst. Daher seien die Zahlungen iHv Euro 14.400 als Ausgaben zu berücksichtigen.

Seitens des BFG wird hinsichtlich der im vorigen Absatz erwähnten GmbH angemerkt, dass diese laut Firmenbuchauszug mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet und mit Generalversammlungsbeschluss vom aufgelöst wurde. Am erfolgte deren Löschung im Firmenbuch. Der Bf. war an dieser GmbH zu 50% beteiligt und fungierte bei dieser außerdem als handelsrechtlicher Geschäftsführer.

Mittels Vorhaltes vom forderte das Finanzamt den Bf. um Bekanntgabe, um welche Zahlungen es sich bei den Beträgen von Euro 14.400 gehandelt habe sowie um Nachweis des diesbezüglichen Zahlungsflusses auf. Weiters erging an den Bf. die Aufforderung, bekannt zu geben, in welchem Zusammenhang diese Zahlungen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bzw. mit der Liquidation der A GmbH gestanden seien. Um Vorlage der Liquidationsbilanz werde ersucht. Außerdem forderte das Finanzamt den Bf. in diesem Vorhalt um Bekanntgabe, ob diese Zahlungen in den Jahr 2016 und 2017 bereits steuerlich geltend gemacht worden seien, auf.

In Beantwortung dieses Ergänzungsersuchens gab der Bf. mit Schreiben vom u.a. bekannt, dass es sich bei den gegenständlichen Zahlungen um solche von ihm an die Bank iHv. 1.200 Euro pro Monat somit 14.400 Euro pro Jahr handelte. Der Zusammenhang zwischen diesen Zahlungen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestehe darin, dass der erforderliche Kredit für das Start-Up Unternehmen A nur deshalb gewährt worden sei, weil das Geschäftslokal aus dem die Einkünfte aus Verpachtung stammten, als Sicherheit für die Bank diene.

Nachdem die Erlöse aus der A nicht die geplanten Zahlen erreicht hätten, seien sämtliche Fahrnisse und Investitionen in das betriebliche Gebäude an einen Nachfolger verkauft worden. Mit den Einnahmen seien sämtliche Verbindlichkeiten gegenüber Dritten abgegolten und der Restbetrag an die Bank bezahlt worden. Dennoch sei ein entsprechender Restbetrag, der seit 2013 in monatlichen Teilbeträgen von 1.200 vom Bf. an die Bank überwiesen werde, verblieben. Diesen Umstand habe der Bf. im Jahre 2016 dem Finanzamt im Zuge der o.e. Betriebsprüfung mitgeteilt. Aufgrund der Tatsache, dass die A damals noch nicht aufgelöst gewesen sei, seien diese Ausgaben als Darlehen, das der Bf. der A GmbH gewährt habe, gesehen worden. Da diese nunmehr aufgelöst sei, habe der Bf. den gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme gestellt.

Mit Bescheiden vom wies das Finanzamt die Anträge vom auf Wiederaufnahme der mit Einkommensteuerbescheiden 2013 und 2014 jeweils vom abgeschlossenen Verfahren sowie jenen auf Wiederaufnahme des mit Einkommensteuerbescheid 2015 vom abgeschlossenen Verfahrens ab.

In der diesbezüglich mit Schreiben vom gesondert ergangenen Begründung führte das Finanzamt unter Hinweis auf die Bestimmung des § 303 Abs. 1 BAO u.a. aus, dass ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wegen neu hervorgekommener Tatsachen/Beweismittel ausschließlich aus der Sicht des Antragstellers zu beurteilen sei und dass einem solchen nur dann zu entsprechen sei, wenn diese Tatsachen/Beweismittel zum Zeitpunkt der von der Wiederaufnahme betroffenen Entscheidung bereits vorhanden gewesen seien und dies dem Antragsteller nicht bekannt gewesen sei.

Als Wiederaufnahmegrund werde im Wiederaufnahmeantrag vom der Umstand, dass die A GmbH im Jahr 2018 aufgelöst worden sei und dass daher die Zahlungen an die Bank nunmehr als Werbungskosten bei den Einkünften aus der Vermietung und Verpachtung abgezogen werden könnten, angeführt.

Die Tatsache oder das Beweismittel müsse jedoch bereits im Zeitpunkt der Entscheidung vorhanden und aus Sicht des Antragstellers neu hervorgekommen gewesen sein. Der auf den Wiederaufnahmeantrag gestützte Umstand der Insolvenz der A GmbH sei eine im Jahre 2018 neu entstandene Tatsache, jedoch keine neu hervorgekommene Tatsache.

Somit sei diese Tatsache für den Bf. - aus dessen Sicht und Wissensstand - nicht neu hervorgekommen iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO. Daher sei der in Rede stehende Antrag mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen, nämlich mangels Neuhervorkommens einer Tatsache oder eines Beweismittels, als unbegründet abzuweisen gewesen.

In der mit Schreiben vom gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte der Bf. aus, dass die bei der Betriebsprüfung im Jahre 2016 angeführten Werbungskosten explizit mit der Begründung des Prüfers, dass es sich hierbei um Darlehen handelt habe und dass diese Aufwendungen erst nach Abschluss der Insolvenz der A GmbH im Rahmen eines Antrages auf Wiederaufnahme der relevanten Einkommenssteuererklärungen berücksichtigt werden könnten, gestrichen worden seien.

Somit handelte es sich hierbei nicht nur im eine neu entstandene Tatsache, sondern auch um eine neu hervorgekommene Tatsache, da die getätigten Aufwendungen zur Zeit des abgeschlossenen Verfahrens existent gewesen seien, jedoch im Verfahren nicht berücksichtigt worden seien.

Vom erkennenden Gericht wird hinsichtlich des im vorletzten Absatz erwähnten Beschwerdevorbringens angemerkt, dass dieses nicht aktenkundig ist.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2013, 2014 und 2015 als unbegründet ab und führte begründend aus, dass sich das Beschwerdevorbringen auf bereits im Rahmen des bisherigen Verfahrens vorgebrachte und gewürdigte Argumente erschöpfe. Diese seien jedoch nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen.

Den dagegen mit Schriftsatz vom eingebrachten Vorlageantrag begründete der Bf. nicht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 303 Abs. 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116 leg. cit.) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände (z.B. ); also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften (z.B. ; ).

Der Neuerungstatbestand (§ 303 Abs. 1 lit. b idF FVwGG 2012) fordert, dass entscheidungsrelevante Tatsachen oder Beweismittel im (abgeschlossenen) Verfahren neu hervorkommen. Gemeint ist, in jenem Verfahren, das bereits durch Bescheid abgeschlossen ist (vgl. Ritz,BAO6, § 303 Tz 46).

Wiederaufnahmsgründe sind nur im Zeitpunkt der Bescheiderlassung existente Tatsachen, die später hervorkommen (nova reperta). Später entstandene Umstände (nova producta) sind keine Wiederaufnahmsgründe (zB ; ).

Mit dem Generalversammlungsbeschluss vom , durch den die A GmbH aufgelöst wurde, lag keine neu hervorgekommene Tatsache im Sinne des § 303 BAO für den Bf. vor, denn diese Tatsache war zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung - der Bf. wurde mit Bescheiden vom zur Einkommensteuer 2013 und 2014 sowie mit Bescheid vom zur Einkommensteuer 2015 veranlagt - noch nicht existent.

Damit liegen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 1 lit. b BAO auf Antrag nicht vor und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Das Beschwerdevorbringen, wonach die bei der Betriebsprüfung im Jahre 2016 angeführten Werbungskosten explizit mit der Begründung des Prüfers, dass es sich hierbei um Darlehen handelt habe und dass die Aufwendungen erst nach Abschluss der Insolvenz der A GmbH im Rahmen eines Antrages auf Wiederaufnahme der relevanten Einkommenssteuererklärungen berücksichtigt werden könnten, gestrichen worden seien, geht in Ansehung des Umstandes, dass dieses dem gesamten Akteninhalt nicht zu entnehmen ist sowie der Tatsache, dass der Bf. den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, wonach sich das Beschwerdevorbringen auf bereits im Rahmen des bisherigen Verfahrens vorgebrachte und gewürdigte Argumente erschöpfe, in keiner Weise entgegentrat - einer solchen kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl.; ; ) Vorhaltscharakter zu - ins Leere.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht konnte sich in der gegenständlichen Entscheidung auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt daher nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102901.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at