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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.06.2021, RV/7200030/2018

Erfolgte die Heranziehung als Zollschuldner gem. Art. 203 ZK zu Recht?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***BF.***, vertreten durch ***RA***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Wien vom , Zl. ***1***, betreffend Festsetzung einer Zollschuld gem. Art. 203 ZK zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt

Mit Bescheid vom , Zl. ***1***, setzte das damalige Zollamt Wien dem nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf.), Herrn ***BF***, die Zollschuld fest.

Zu nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkten zwischen und seien eingangsabgabepflichtige Waren unter den im Spruch des Bescheides angeführten CRN (Customs Reference Numbers) in das Carnet TIR-Verfahren überführt worden. Diese Waren seien der zollamtlichen Überwachung unterzogen worden. Dadurch sei jeweils gemäß Artikel 203 Absatz 1 Zollkodex (ZK) iVm § 2 Absatz 1 ZolIrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) die Eingangsabgabenschuld für diese Waren entstanden.

Der Bf. habe als ehemaliger Mitarbeiter der ***K*** in deren Auftrag zu diesen Sendungen die Transportaufträge und die Anweisungen zur Nichtgestellung erteilt. Er sei daher an der jeweiligen Entziehung beteiligt, da er wusste oder billigerweise hätte wissen müssen, dass die Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen werden. Er sei somit gem. Art. 203 Abs. 3 zweiter Anstrich ZK zum Zollschuldner geworden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom . Der Bf. meint zunächst, insbesondere mangels Gewährung des rechtlichen Gehörs vor der Abgabenfestsetzung, durch den angefochtenen Bescheid eklatant in seinen Verteidigungsrechten verletzt worden zu sein.

Entgegen den Ausführungen im Bescheid sei er niemals Mitarbeiter von ***K*** gewesen und habe auch niemals in deren Auftrag dem ***P*** Transportaufträge sowie Anweisungen für die Nichtgestellung erteilt. Er kenne ***K*** nicht bzw. habe mit ihr niemals "etwas zu tun gehabt".

Der Bf. habe bei keinem der in Rede stehenden 31 Carnet TIR-Verfahren mitgewirkt, auch nicht in untergeordneter Form.

Es hätten offensichtlich andere Beschuldigte, um eventuell von ihren inkriminierten bzw. kriminellen Tathandlungen abzulenken, auf den Bf. als Verfahrensbeteiligten "verwiesen" und diesen entgegen dem historischen Sachverhalt der Mitwirkung beschuldigt.

Die Erstinstanz habe kein umfangreich nachvollziehbares Ermittlungsverfahren getätigt und habe ohne jede Begründung die vom Bf. begehrte zeugenschaftliche Einvernahme des Abfertigungsbeamten unterlassen.

Das Zollamt Wien entschied über diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. ***2***. Mit dieser Entscheidung nahm das Zollamt eine Konkretisierung und Komprimierung des Spruchs der angefochtenen Entscheidung vor und wies im Übrigen die Beschwerde als unbegründet ab.

Der Bf. stellte daraufhin mit Schriftsatz vom den Vorlageantrag, ohne in der Sache Neues vorzutragen.

Das Landesgericht für Strafsachen Wien hat mit Urteil vom , ***3***, den Bf. vom Vorwurf, er habe zu nachstehenden Zeiten in Wien, Eisenstadt und andernorts eingangsabgabenpflichtige Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen, und zwar

"im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten ***K*** und ***P*** im Zeitraum bis insgesamt 282 Containerladungen insbesondere beinhaltend Knoblauch und Textilien mit einem auf die Waren entfallenden Abgabenbetrag in Höhe von Euro 14.882.180,06 (davon Euro 5.494.675,66 Zoll und Euro 9.398.504,40 Einfuhrumsatzsteuer), die aus China kommend in diversen europäischen Häfen (z.B. Hamburg, Rotterdam) in das Zollgebiet der Europäischen Union gelangten, in der Regel im T1 -Versandverfahren per LKW oder per Bahn nach Wien verbracht wurden und das Zollgebiet schließlich im Carnet TIR-Verfahren an den EU - Austrittszollämtern Tompa an der ungarisch-serbischen Grenze und Halmeu an der rumänisch-ukrainischen Grenze wieder verlassen sollten, indem er ***P*** den Auftrag erteilte, die angeführten Containertransporte auf die unter I./1./ geschilderte Weise durchzuführen, dafür sorgte, dass die Austrittsbestätigungen mit gefälschten Zollstempeln versehen wurden und diese in weiterer Folge wieder an ***P*** zur Retournierung an die Arbeitsgemeinschaft internationaler Straßenverkehrsunternehmer Österreichs ((AISÖ) übergab,"

gemäß § 214 FinStrG freigesprochen.

Dieses Urteil betrifft u.a. die im angefochtenen Bescheid aufgelisteten 31 Carnet TIR-Verfahren und ist in Rechtskraft erwachsen.

Am fand in Wien die mündliche Verhandlung statt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Siehe Pkt. I

2. Beweiswürdigung

Die Beweiserhebung seitens des Bundesfinanzgerichtes erfolgte durch Einsichtnahme in die vom Zollamt elektronisch vorgelegten Verwaltungsakte und unter Berücksichtigung des o.a. Strafurteils vom . Darüber hinaus wurde auch auf die im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse Bedacht genommen.

Daraus ergibt sich der oben wiedergegebene Sachverhalt und der geschilderte Verfahrensgang.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Rechtslage:

Die für den Streitfall wichtigsten Bestimmungen der im Beschwerdefall noch maßgeblichen Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 302 vom , (Zollkodex -ZK) lauten:

Gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.

Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird (Art. 203 Abs. 2 ZK).

Gemäß Art. 203 Abs. 3 ZK sind Zollschuldner:

- die Person, welche die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen hat;

- die Personen, die an dieser Entziehung beteiligt waren, obwohl sie wussten oder billigerweise hätten wissen müssen, dass sie die Ware der zollamtlichen Überwachung entziehen;

- die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wussten oder billigerweise hätten wissen müssen, dass diese der zollamtlichen Überwachung entzogen worden war;

- gegebenenfalls die Person, welche die Verpflichtungen einzuhalten hatte, die sich aus der vorübergehenden Verwahrung einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware oder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben.

Die für den Streitfall wesentlichsten Bestimmungen der BAO lauten:

§ 115 BAO:

(1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.

(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.

(4) Solange die Abgabenbehörde nicht entschieden hat, hat sie auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu würdigen.

§ 166 BAO:

Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

§ 167 BAO:

(1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.

(2) Im Übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Erwägungen:

Das Bundesfinanzgericht erachtet es als erwiesen, dass in allen in Rede stehenden 31 Fällen die im Carnet TIR-Verfahren beförderten eingangsabgabenpflichtigen Waren nicht wie in Art. 92 Abs. 1 ZK vorgesehen innerhalb der vorgeschriebenen Frist unter Beachtung der von den Zollbehörden zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen unverändert der Bestimmungszollstelle gestellt worden sind. Dies ergibt sich schon aus den die erwähnten 31 Carnet TIR-Verfahren betreffenden, in Rechtskraft erwachsenen, Entscheidungen ; ; .

Im Zusammenhang mit Versandverfahren ist Art. 203 Abs. 1 ZK ein geradezu typischer Zollschuldentstehungstatbestand. In Fällen nicht erledigter gemeinschaftlicher Versandverfahren, in denen der Verbleib der Waren nicht geklärt werden kann, entsteht die Zollschuld wegen des Entziehens der Waren aus der zollamtlichen Überwachung (vgl. Witte, ZK 5, Art. 203, Rz 8 und 8d sowie die dort zitierte Judikatur).

Das Zollamt Wien ist somit auf Grund der außer Streit stehenden Unterlassung der Gestellung der verfahrensgegenständlichen Waren bei den diversen Bestimmungsstellen zu Recht davon ausgegangen, dass die Zollschuld gem. Art. 203 Abs. 1 ZK entstanden ist, dass also ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung vorliegt.

Zu prüfen bleibt, ob der Bf. zu Recht als Abgabenschuldner herangezogen worden ist.

Das Zollamt vertritt die Ansicht, der Bf. sei an den jeweiligen Entziehungshandlungen beteiligt gewesen und habe gewusst oder hätte billigerweise wissen müssen, dass die anderen Zollschuldner die Waren der zollamtlichen Überwachung entziehen. Dies deshalb, weil der von ***K*** dazu beauftragte Bf. den ***P*** Aufträge für Containertransporte mit den verfahrensgegenständlichen eingangsabgabenpflichtigen Waren gegeben habe: Im Wissen darüber, dass diese Wirtschaftsgüter dem gemeinschaftlichen Versandverfahren unterliegen, habe er Anweisungen für die Nichtstellung der dann im Carnet TIR-Verfahren transportierten Waren gegeben.

Der Bf. sei dadurch gem. Art. 203 Abs. 3 zweiter Anstrich ZK zum Zollschuldner geworden.

Die Heranziehung als Beteiligter iSd zitierten Norm ist nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein konkreter Zusammenhang zwischen einer bestimmten Entziehung und einem sie fördernden Verhalten des Beteiligten nachgewiesen werden kann (siehe Witte ZK 5, Art. 203, Rz. 18).

Nach der Aktenlage stützt das Zollamt seine Ansicht, der Bf. habe entsprechende zollschuldbegründende Handlungen gesetzt ausschließlich auf die Aussagen des ***P***, der den Bf. diesbezüglich belastet.

Dem steht das o.a. Urteil vom , ***3***, entgegen, in dem u.a. festgestellt wird: "Soweit **P** den **Bf** belastet, dass **P** von **Bf** die Aufträge erhielt, ist darin eine bloße Schutzbehauptung zu sehen."

Das Zollamt hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass keinerlei weitere Beweise für das zollunredliche Verhalten des Bf. vorliegen und dass die belastenden Aussagen des **P** die Grundlage für die Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides bildeten.

Der Vertreter des Zollamtes wies allerdings darauf hin, dass sich die Beweiswürdigung im Finanzstrafverfahren von jenem im Abgabenverfahren unterscheidet.

Dazu wird ausgeführt:

Der VwGH hatte sich im Rahmen einer ao Revision mit dem Überzeugungsgrad, den das BFG bei der Beweiswürdigung anzuwenden hat, zu befassen. Der VwGH hat ausgesprochen, dass die Verwaltungsgerichte gemäß § 269 Abs. 1 BAO im Beschwerdeverfahren die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind, haben. Die durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform unveränderte Bestimmung des § 167 Abs. 2 BAO, wonach die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, ist daher wie schon vor der Reform durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nunmehr auch durch die Verwaltungsgerichte anzuwenden ().

Gemäß § 166 BAO können - wie im gegebenen Fall - die in einem zugleich laufenden Finanzstrafverfahren durchgeführten Erhebungen auch für das Abgabenverfahren herangezogen werden.

Aufgrund ungleicher Verfahrensarten - zB Abgabenverfahren und Strafverfahren - kann es durchaus zu einer unterschiedlichen Beurteilung ein und desselben Sachverhaltes kommen (zB ).

In einem Strafverfahren muss das Ergebnis einer von einem Verstoß gegen die Denkgesetze oder die allgemeine Lebenserfahrung freien Beweiswürdigung darin bestehen, dass kein Zweifel daran bestehen bleibt, dass eine bestimmte Tatsache erwiesen ist.

Nach dem in Abgabenverfahren vorherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) genügt als Beweismaß die größere Wahrscheinlichkeit. Es genügt im Rahmen der freien Überzeugung von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt ( und ; vgl. auch Ritz, BAO6, § 167, Tz 8 ff und die dort wiedergegebene Rechtsprechung).

Dass dabei Zweifel - wie in einem Strafverfahren - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sind, ist nicht erforderlich (zB ).

Dem Zollamt ist daher zuzustimmen, wenn es meint, dass die Beweisregeln in Abgaben- und Strafverfahren durchaus unterschiedlich ausgeformt sind. Für den Standpunkt des Zollamtes, das weiterhin davon ausgeht, den Bf. zur Recht als Abgabenschuldner herangezogen zu haben, ist damit aber nichts gewonnen.

Dies wird wie folgt begründet:

Der Bf. behauptet, er sei niemals Mitarbeiter der **K** gewesen und habe auch niemals in deren Auftrag dem **P** Transportaufträge sowie Anweisungen für die Nichtgestellung erteilt. Er kenne **K** nicht bzw. habe mit ihr niemals "etwas zu tun gehabt". Die diesbezüglichen Feststellungen im Abgabenbescheid seien daher unzutreffend.

Dafür, dass die angesprochenen Vorwürfe des Zollamtes berechtigt sind, gibt es außer den diesbezüglichen den Bf. belastenden Aussagen des **P** keinerlei Ermittlungserkenntnisse.

Im o.a. Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom heißt es u.a.

"***P*** fungierte seit Anbeginn als Transporteur von Waren von den verschiedenen EU-Häfen zu den Verzollungszollämtern und weiter zu den Abladestellen. Seine Aufträge erhielt er von **K**."

"In der Zeit von bis wurden insgesamt 282 Container mit verschiedenen Waren aus China, nämlich Knoblauch, Bekleidung, Kunststoffwaren und dergleichen in die Europäische Union verbracht. **P** wusste und wollte durch seinen Tatbeitrag, dass die für die 282 Container anfallenden Eingangsabgaben nicht vorgeschrieben, somit nicht bezahlt und dadurch hinterzogen werden.

Mit diesen in Österreich eröffneten Carnet-TIR fuhren die LKW-Fahrer jedoch nicht zu den vorgesehenen EU-Grenzzollämtern, sondern im Auftrag des **P** meist nach Budapest. Dort wurden die Zollplomben im Auftrag des **P** heruntergenommen und die Ware an bislang unbekannte Abnehmer ausgefolgt. Die Waren der 282 Containerladungen verblieben somit im Zollgebiet der Europäischen Union. Dort wurden auch die Carnet-TIR von **P** an bislang unbekannte Personen weitergegeben. 1-2 Tage später erhielt **P** diese mit gefälschten Zollstempel versehenen Carnet-TIR zurück."

"**P** bediente sich der Firma des ***Bf1*** als Transporteur. ***Bf1*** wurde von **P** angewiesen, den Transport eines geringen Teils der 282 Container über eine Teilstrecke in Österreich beziehungsweise in Ungarn durchzuführen. **Bf** hatte zu keinem Zeitpunkt Kenntnis, dass seitens **P** oder **K** beabsichtigt war, die Eingangsabgaben zu hinterziehen. **Bf** hatte auch keine Genehmigung, in das EU-Ausland Waren zu transportieren."

"Hinsichtlich des Anklagefaktum I./2 konnte bei **Bf** aufgrund des Beweisverfahren nicht festfestgestellt werden, dass **Bf** über den Tatplan des **P** und der **K** Bescheid wusste."

"***P*** gesteht selbst zu, dass er seit Anbeginn als Transporteur von Waren von den verschiedenen EU-Häfen zu den Verzollungszollämtern und weiter zu den Abladestellen fungierte und seine Aufträge er von **K** erhielt."

"Da dem **Bf** Glauben zu schenken war, dass er seine Aufträge von **P** erhielt und **Bf** weiter glaubwürdig aussagte, die Carnet-TIR nicht besorgt zu haben, ergeben sich die Feststellungen, dass sich **P** an ***M*** wandte, der ihn ***F***, dem damaligen Geschäftsführer Fa. **F**, vermittelte.

Soweit **P** den **Bf** dahingehend belastet, dass **Bf** die Carnet-TIR besorgt haben soll und der **P** die Aufträge von **Bf** erhalten haben soll, kann den Aussagen des **P** nicht geglaubt werden. Wie noch einzugehen wird, hat **P** schon seit längerem eine Geschäftsbeziehung mit **K**. Aus den Aussagen des **Bf** ergibt sich, dass er nur einige Transporte für **P** als (Sub-)Frächter übernommen hat. Somit können den diesbezüglichen Angaben des **P** nicht gefolgt werden."

"Soweit **P** den **Bf** belastet, dass **P** von **Bf** die Aufträge erhielt, ist darin eine bloße Schutzbehauptung zu sehen. Aus den Erhebungen des Zollamtes und der Aussage des **Bf** ergibt sich, dass **Bf** nur einige Male Transportleistungen für **P** erledigte. Aus der Aussage des **P**, die mit den Erhebungen der Zollverwaltung übereinstimmen, hat **P** alle 282 Containerladungen organisiert."

Die Tatsache, dass das Strafgericht nach eingehender Befragung des **P** und des Bf. im Rahmen der Hauptverhandlung zum Ergebnis gelangte, dass **P** die Aufträge von **K** erhalten hatte und **P** letztlich auch des Schmuggels für schuldig erkannte, spricht eindeutig gegen die Richtigkeit des Vorwurfes des **P**, er habe die Aufträge vom Bf. erhalten.

Das Zollamt hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die belastenden Aussagen des **P** die Grundlage für das Ergehen des nunmehr angefochtenen Abgabenbescheides gebildet haben und dass außer diesen Aussagen keinerlei Beweise für das zollunredliche Verhalten des Bf. vorliegen.

Die Aussagen des **P**, der Bf. sei ein "sehr enger Mitarbeiter" der **K**, sind sehr unglaubwürdig, zumal der Bf. damals gemeinsam mit einem Geschäftspartner ein eigenes Transportunternehmen betrieb. Viel wahrscheinlicher ist es, dass es sich bei den diesbezüglichen Anschuldigungen des **P** (wie im o.a. Strafurteil ausgeführt) um bloße Schutzbehauptungen handelt und dass der **P** (wie im Rahmen der Hauptverhandlung schließlich auch eingestanden) selbst von **K** beauftragt worden war.

Es ist somit festzustellen, dass in allen 31 Fällen keine belegbaren Nachweise für die Beteiligung des Bf. an der Unterlassung der vorgeschriebenen Gestellung im Carnet TIR-Verfahren vorliegen.

Wie bereits oben ausgeführt, wurde der Bf. im parallel zum vorliegenden Abgabenverfahren durchgeführten Finanzstrafverfahren von allen Vorwürfen freigesprochen. Eine Bindung der Abgabenbehörde an Freisprüche in rechtskräftigen Strafurteilen besteht nicht (vgl. ). Dennoch kann das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Rechtsmittelverfahren dieses Urteil im Rahmen der freien Beweiswürdigung nicht völlig unbeachtet lassen, zumal außer den (als unglaubwürdig zu erachtenden) Anschuldigungen des **P** nichts für eine Beteiligung des Bf. an den Zuwiderhandlungen spricht.

Das durchgeführte Finanzstrafverfahren war vom Grundsatz der Offizialmaxime und vom Grundsatz der amtswegigen Sachverhaltsermittlung beherrscht und zielte auf die Erforschung der materiellen Wahrheit ab. Im Rahmen dieses Finanzstrafverfahrens war daher alles, was zur Be- oder Entlastung des beschuldigten Bf. führte, von Amtswegen zu erforschen. Im Abgabenverfahren gelten zwar - wie oben ausgeführt - andere Regeln der Beweisführung und Beweislastverteilung; für die Frage, ob die vom Bf. in Abrede gestellte Beteiligung an den Entziehungshandlungen in den beschwerdegegenständlichen Fällen erwiesen ist, liegt die Beweislast letztlich jedoch bei der Behörde.

Das Bundesfinanzgericht erachtet es in Anbetracht der unverändert gebliebenen Sach- und Beweislage und der ausführlichen beweiswürdigenden Erwägungen im o.a. Strafurteil mit der für die Durchführung eines Abgabenverfahrens erforderlichen Sicherheit nicht als erwiesen, dass der Bf. die ihm seitens des Zollamtes zur Last gelegten zollschuldbegründenden Schritte tatsächlich gesetzt hat.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Heranziehung des Bf. lagen somit nicht vor und der Beschwerde war sohin stattzugeben.

3.2. Zu Spruchpunkt II (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösungen zu den im vorliegenden Fall zu klärenden Rechtsfragen ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 214 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7200030.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at