Der in einem Verfahren nach § 138 IO wiederbestellte Insolvenzverwalter ist Partei im Abgabenverfahren, wenn das zu verteilende Vermögen Abgabenansprüche betrifft
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7102143/2020-RS1 | Aufgrund des noch bestehenden Abwicklungsbedarfes gegenüber dem Abgabengläubiger kommt der GmbH trotz Löschung im Firmenbuch und Wegfall der Handlungsfähigkeit insoweit Parteifähigkeit zu.
Der im Verfahren gemäß § 138 IO wiederbestellte Insolvenzverwalter ist insoweit Partei im Abgabenverfahren. |
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***DrX als IV der GmbH***, ***FN***, vertreten durch ***Rechtsanwalt***, ***Adresse***, betreffend Beschwerde vom gegen die als Bescheid bezeichnete Ausfertigung des Finanzamtes ***XY*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend die Einstellung eines Beschwerdeverfahrens beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
I. Die hier gegenständliche Beschwerde vom richtet sich gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung der belangten Behörde vom betreffend die Einstellung des bei der belangten Behörde anhängigen Beschwerdeverfahrens der GmbH (in der Folge Beschwerdeführerin =kurz GmbH). Ausgangspunkt des Beschwerdeverfahrens ist die bei der belangten Behörde anhängige Beschwerde der GmbH vom gegen die unten näher bezeichneten Bescheide, die aufgrund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Außenprüfung ergangen sind.
II. Mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung der belangten Behörde vom , die sich an die GmbH richtet, aber an die belangte Behörde selbst adressiert ist, wird ausgeführt, dass das Verfahren der GmbH betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren zur Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2009 vom , die Umsatzsteuerbescheide 2009-2011 vom , die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 01-07/2012 vom , die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 04-09/2013 vom , die Körperschaftsteuerbescheide 2009-2011 vom , die Anspruchszinsenbescheide 2009-2011 vom , die Haftungsbescheide zur Kapitalertragsteuer 2009-2011 vom und den Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid 2014 vom gemäß § 256 BAO eingestellt wird.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die GmbH aufgrund von Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG im Firmenbuch am ***2/2017*** amtswegig gelöscht worden sei. Infolge der Löschung gemäß § 40 FBG sei die Vertretungsregelung des § (ergänzt) 80 Abs. 3 BAO nicht mehr anwendbar. Mangels Handlungsfähigkeit der gelöschten GmbH könnten keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden (weil laut OGH konstitutiv der Wegfall der organschaftlichen Vertretung mit der deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft verbunden sei). Eine Zustellung etwa an den früheren Gesellschafter wäre unwirksam. Eine Beschwerdevorentscheidung könne daher nicht mehr zugestellt werden. Daher werde das Verfahren eingestellt.
III. Gegen diese Erledigung der belangten Behörde richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom . Darin führt der Beschwerdeführer (auszugsweise) aus wie folgt:
1.
Über das Vermögen der GmbH, ***FN***, wurde mit Beschluss des zuständigen vom ***/2014*** zur ***GzS*** ein Konkursverfahren eröffnet und der Beschwerdeführer wurde zum Masseverwalter bestellt. Die GmbH hat am - sohin vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens - fristgerecht Beschwerde gegen die oben unter Punkt II angeführten Bescheide erhoben.
Im Konkursverfahren über das Vermögen der Schuldnerin hat die belangte Behörde mit Rückstandsausweis vom Forderungen im Ausmaß von insgesamt 696.651,69 Euro angemeldet. Die Höhe der angemeldeten Forderung wurde schriftlich am um den Betrag von 2.052,00 Euro auf insgesamt 694.651,69 eingeschränkt. Wie aus dem Rückstandsausweis vom ersichtlich ist, beinhalte die Forderungsanmeldung des Finanzamtes auch jene Abgabenforderungen, welche in den von der GmbH angefochtenen Bescheiden ausgewiesen waren. Der Beschwerdeführer hat die Forderungen der belangten Behörde unter Hinweis auf das anhängige Rechtsmittelverfahren bestritten. Das Konkursverfahren der GmbH wurde mit Beschluss des Konkursgerichtes vom ***/2017*** aufgehoben und der Beschwerdeführer als Masseverwalter enthoben. Bis zur rechtskräftigen Erledigung des Insolvenzverfahrens war über die Beschwerde der GmbH nicht entschieden worden. Der Beschwerdeführer hat die auf die angemeldete Forderung der belangten Behörde entfallende Quote daher sichergestellt.
2.
Am wurde dem Beschwerdeführer das als Bescheid bezeichnete Schriftstück über die Einstellung des Verfahrens der belangten Behörde vom übermittelt.
Im Zeitpunkt der Übermittlung war das Insolvenzverfahren rechtskräftig erledigt und der Beschwerdeführer als Insolvenzverwalter enthoben. Der Beschwerdeführer hat aus Anlass der des Erhalts des als Bescheid bezeichneten Schriftstückes der belangten Behörde vom einen Antrag auf Wiedereinsetzung als Insolvenzverwalter an das Konkursgericht übermittelt. Mit Beschluss des Konkursgerichtes vom ***/2019*** erfolgte die Wiedereinberufung antragsgemäß.
In seiner Funktion als Insolvenzverwalter der GmbH erhobt der Beschwerdeführer binnen offener Frist gegen die Einstellung vom , dem Beschwerdeführer zugegangen am , sohin binnen offener Frist nachfolgende Beschwerde:
3.
Der "Bescheid" ist an die "***X-Y-GmbH***" zu Handen des "***Finanzamt***" adressiert. Der Firmenwortlaut der Schuldnerin lautet richtig "***TIGGmbH***". Der Bescheidadressat ist sohin unrichtig.
4.
Der angefochtene "Bescheid" ist mit dem Mangel der unrichtigen rechtlichen Beurteilung belastet.
4.1. Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es der Behörde frei, einen angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie gemäß § 14 Abs. 2 VwGVG dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. In der gegenständlichen Angelegenheit ist die Frist für die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die belangte Behörde jedenfalls abgelaufen. Zuständig für die inhaltliche Entscheidung über die Beschwerden der Schuldnerin ist sohin das Bundesfinanzgericht und nicht mehr die belangte Behörde. Die Vorlage der Akten hätte bereits im März 2014 erfolgen müssen.
Sofern es sich bei dem bekämpften Bescheid daher um eine Beschwerdevorentscheidung handeln soll, ist diese zu spät ergangen und damit rechtswidrig.
4.2. Die belangte Behörde stellt mit dem übermittelten "Bescheid" das Verfahren gemäß § 256 BAO ein. Die Bestimmung des § 256 BAO regelt die Zurücknahme von Beschwerden. Im gegenständlichen Fall wurden die eingebrachten Beschwerden jedoch nicht von der Schuldnerin zurückgenommen, sodass diese Bestimmung nicht zur Anwendung kommen und insbesondere die Einstellung des Verfahrens nicht damit begründet werden kann.
(…)
5.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Verfahren betreffend die Beschwerde der GmbH unter Anwendung einer falschen gesetzlichen Bestimmung (§ 256 BAO) eigestellt worden ist und auch die Begründung der Behörde für die Einstellung des Verfahrens entsprechend der obigen Ausführungen ins Leere geht.
6.
Der Beschwerdeführer stellt in seiner Funktion als Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH den Antrag auf Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom .
IV. Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde die Beschwerde des Beschwerdeführers vom gemäß § 260 BAO zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde Folgendes aus:
"Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Gemäß § 260 BAO ist eine Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, wenn sie gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter eingebracht wird.
Mangelnde Bescheidqualität liegt u.a. vor, wenn die Erledigung an keine Rechtsperson gerichtet ist (sondern z.B. an eine nicht mehr existente GmbH) oder wenn mangels Zustellung ein Bescheid rechtlich nicht existent geworden ist (Ritz, BAO, § 260 S 994).
Das gegenständliche Schriftstück über die Einstellung des Verfahrens ist kein Bescheid (sog. "Nichtbescheid"):
Es ist einzig für eine interne Erledigung erstellt.
Eine rechtswirksame Zustellung von Schriftstücken an die im FB (Firmenbuch) gelöschte GmbH ist nicht möglich.
Die Löschung gemäß § 40 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (), jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (
6 Ob 330/98t; ), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam ().
Die Löschung der GmbH im Firmenbuch gemäß § 40 FBG erfolgte am ***2/2017***, womit mangels Handlungsfähigkeit keine wirksame Bescheiderlassung möglich ist.
Das am ***/2014*** eröffnete Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss vom ***/2017*** aufgehoben und damit auch der Insolvenzverwalter und sein Stellvertreter des Amtes enthoben.
Das bedeutet weiter, dass es seit ***Monat*** 2017 weder einen gesetzlichen noch einen gewillkürten Vertreter der gelöschten GmbH geben kann.
An den ehemaligen Insolvenzverwalter wurde die interne Erledigung am per E-Mail (nicht taugliche Zustellung) lediglich zur Information und als Serviceleistung der Abgabenbehörde (Abteilung Abgabensicherung) übermittelt - und dies ausschließlich im Zusammenhang mit ausständigen Zahlungen aus dem bereits 2017 abgeschlossenen Insolvenzverfahren (Aufhebung des Insolvenzverfahrens vom ***/2017***).
Eine Beschwerde gegen dieses Schriftstück ist aus o.a. Gründen unzulässig. Es war spruchgemäß zu entscheiden."
V. Mit Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Beschwerde vom zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht. Ergänzend zum Vorbringen in seiner Beschwerde führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass das von der belangten Behörde als interne Erledigung bezeichnete Schriftstück vom nicht nur als "Bescheid" bezeichnet, sondern auch wie ein Bescheid aufgebaut sei, ferner auf einem von den Finanzbehörden verwendeten Formular gedruckt worden sei und mit einer für Bescheide vorgesehenen Rechtsmittelbelehrung ende.
Nicht richtig sei, dass der Bescheid dem Beschwerdeführer lediglich per Mail übermittelt worden sei. Dieser sei dem Beschwerdeführer vielmehr am per Mail und zwei Tage später, am , per Post zugestellt worden. Die Argumentation der belangten Behörde, wonach die Zustellung des Bescheides nicht tauglich gewesen sei, gehe daher ins Leere.
In ihrem Begleitmail vom habe die belangte Behörde den Bescheid selbst als "Erledigung der noch offenen Beschwerden" bezeichnet. Eine interne Erledigung von Beschwerden wie von der belangten Behörde nunmehr bezeichnet, sei vom Gesetzgeber jedoch nicht vorgesehen.
Im Übrigen wurde auf die Ausführungen in der Beschwerde vom verwiesen.
VI. Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.
In der Stellungnahme des Finanzamtes zum Vorlagebericht wurde zusammenfassend festgehalten, dass die interne Erledigung über die Einstellung des Beschwerdeverfahrens der GmbH vom keinen Bescheid darstelle, weil dieses Schriftstück
1.zu internen Zwecken erstellt worden sei
2.eine rechtswirksame Zustellung nicht erfolgt sei, da als Zustelladresse das ***FinanzamtXY, adresse*** angegeben worden sei, woraus ersichtlich sei, dass es sich um eine interne Erledigung handle
3.mangels Handlungsfähigkeit aufgrund der Löschung der GmbH im Firmenbuch gemäß § 40 FBG eine Zustellung nicht wirksam gewesen wäre.
Auf Verlangen des Beschwerdeführers als ehemaligem Insolvenzverwalter der GmbH sei diesem die interne Erledigung lediglich zum Zweck der Information per Mail von der Abteilung Abgabensicherung übermittelt worden.
Laut Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***/2019*** sei das Insolvenzverfahren gemäß § 138 IO eingeleitet und der Beschwerdeführer als Insolvenzverwalter der GmbH eingesetzt worden. Dieser Beschluss sei jedoch nicht im Firmenbuch eingetragen worden und die GmbH sei nach wie vor gelöscht, die Handlungsunfähigkeit sei weiterhin gegeben und eine Vertretungsbefugnis des Beschwerdeführers als Insolvenzverwalter sei nicht ersichtlich.
Entscheidungsrelevanter Sachverhalt
Aufgrund einer Beschwerde der GmbH vom gegen Bescheide, die ihm Rahmen einer abgabenbehördlichen Außenprüfung ergangen sind, war bei der belangten Behörde ein Beschwerdeverfahren anhängig.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***/2014*** zur ***GzS*** wurde ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet und der Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***/2017*** wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben und der Beschwerdeführer seines Amtes enthoben. Die amtswegige Löschung der GmbH gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit wurde am ***2/2017*** ins Firmenbuch eingetragen.
Die hier gegenständliche Erledigung der belangten Behörde wurde am verfasst. Zu diesem Zeitpunkt war die GmbH bereits gemäß § 40 FBG amtswegig gelöscht. Die als Bescheid bezeichnete Erledigung wurde an die "***X-Y-GmbH***", zu Handen ***FAXY*** adressiert (Adresse der belangten Behörde).
Mit Beschluss des Konkursgerichtes vom ***/2019*** wurde das Verfahren gemäß § 138 IO eingeleitet und der Beschwerdeführer wieder zum Insolvenzverwalter der gelöschten GmbH bestellt. Weder dieser Beschluss noch die Vertretung der GmbH durch den Beschwerdeführer als Insolvenzverwalter wurden im Firmenbuch eingetragen. Die Löschung der GmbH im Firmenbuch ist weiterhin aufrecht.
Erwägungen
Gemäß § 93 Abs. 2 BAO (Bundesabgabenordnung) idF. BGBl. Nr. 194/1961 ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
Gemäß § 260 Abs. 1 BAO (Bundesabgabenordnung) idF. BGBl. I Nr. 14/2013 ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a BAO obliegt die Entscheidung dem Senat, wenn dies in der Beschwerde beantragt wird.
Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so können gemäß § 272 Abs. 4 BAO die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden. Diesem obliegen auch zunächst die Erlassung von Mängelbehebungsaufträgen (§ 85 Abs. 2) und von Aufträgen gemäß § 86a Abs. 1 sowie Zurückweisungen (§ 260), Zurücknahmeerklärungen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1), Gegenstandsloserklärungen (§ 256 Abs. 3, § 261), Verfügungen der Aussetzung der Entscheidung (§ 271 Abs. 1) und Beschlüsse gemäß § 300 Abs. 1 lit. b.
Gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Beschwerde beantragt wird.
Nach § 274 Abs. 3 Z 1 BAO kann der Senat ungeachtet eines Antrages (Abs. 1 Z 1) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260).
Gemäß § 40 Abs. 1 FBG (Firmenbuchgesetz) idF. BGBl. I Nr. 104/2019 kann eine Kapitalgesellschaft, die kein Vermögen besitzt, auf Antrag der nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung oder eines Finanzamtes oder von Amts wegen gelöscht werden; mit der Löschung gilt die Gesellschaft als aufgelöst.
Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (zB ; ; , 0132; ; Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 260, Rz 8).
Auch eine Bescheidbeschwerde gegen eine Erledigung, in der kein Bescheidadressat im Spruch bezeichnet wird, ist mangels tauglichen Beschwerdegegenstandes zurückzuweisen (vgl zB ; Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 260, Rz 9).
Das strittige Schriftstück der belangten Behörde vom wurde zwar als Bescheid bezeichnet, jedoch schon aufgrund der Adressierung an das ***FAXYw***, ist erkennbar, dass ihm keine Wirkung für die GmbH zukommt.
Es handelt sich hier um eine interne Erledigung der belangten Behörde, die keinerlei Außenwirkung entfaltet.
Die Adressatin laut dem strittigen Schriftstück ist die bereits gelöschte GmbH, die jedoch im Zeitpunkt der Ausfertigung nicht handlungs- und parteifähig war.
Darüber hinaus mangelt es, wie schon ausgeführt, an der Adresse der Bescheidadressatin.
In der strittigen Erledigung vom hielt die belangten Behörde fest, dass das offene Beschwerdeverfahren der GmbH aufgrund der amtswegigen Löschung gemäß § 40 FBG und der dadurch eingetretenen mangelnden Handlungsfähigkeit der GmbH eingestellt wird, weil eine wirksame Zustellung einer Beschwerdevorentscheidung nicht mehr möglich ist.
Laut der belangte Behörden wurde diese Erledigung irrtümlich in einem für Bescheide vorgesehenen Formular erstellt und nicht in einem einfachen Aktenvermerk. Dass die belangte Behörde mit dieser Ausfertigung einen Bescheid oder eine Beschwerdevorentscheidung erlassen wollte, kann nicht festgestellt werden. Vielmehr wollte die belangte Behörde in dieser schriftlichen Ausfertigung dokumentieren, dass eine Bescheidzustellung an die rechtlich nicht mehr existente GmbH nicht mehr wirksam möglich ist und das offene Beschwerdeverfahren aus diesem Grund einzustellen war.
Daher handelt es sich bei der vorliegenden schriftlichen Ausfertigung der belangten Behörde vom um eine Erledigung, die keinen Bescheidcharakter aufweist und gegen die eine Bescheidbeschwerde gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO nicht zulässig ist. Dass die Behörde die Einstellung des Verfahrens laut dieser Ausfertigung unrichtigerweise auf § 256 BAO stützt, ist unerheblich, da es sich um einen sogenannten Nichtbescheid handelt. Die Bundesabgabenordnung sieht zudem eine Erledigung über die Einstellung eines Beschwerdeverfahrens in Form eines Bescheides nicht vor, was ebenso für eine interne Erledigung der belangten Behörde spricht.
Die hier gegenständliche und als Bescheid bezeichnete Erledigung der belangten Behörde wurde am erstellt. Zu diesem Zeitpunkt war die GmbH bereits amtswegig gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden.
Die Löschung der GmbH im Firmenbuch erfolgte bereits am ***2/2017***.
Selbst mit einer nur deklarativ wirkenden Löschung einer GmbH im Firmenbuch ist konstitutiv der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der bisherigen Geschäftsführer oder Liquidatoren verbunden (siehe dazu zB OGH, , 3Ob113/07z). Die GmbH war zum Zeitpunkt der Ausfertigung der als Bescheid bezeichneten Erledigung der belangten Behörde daher rechtlich nicht mehr existent und nicht parteifähig, weswegen eine Beschwerde auch aus diesem Grund gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO als unzulässig zurückzuweisen wäre (; RV/2100702/2020).
Zudem zurückzuweisen ist auch eine Bescheidbeschwerde gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid (; ; ; Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 260, Rz 8).
Die Ausfertigung des Finanzamtes vom wurde dem Beschwerdeführer auf dessen Wunsch mit E-Mail vom übermittelt.
Zustellungen von Erledigungen der Abgabenbehörden sind grundsätzlich nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr 200/1982, oder im Wege der elektronischen Zustellung vorzunehmen. Eine Zustellung per E-Mail ist in der Bundesabgabenordnung nicht vorgesehen und rechtlich nicht wirksam. Würde daher in diesem Fall eine Erledigung mit Bescheidcharakter vorliegen, wäre eine solche auch mangels wirksamer Zustellung rechtlich nicht existent geworden.
Wie bereits oben ausgeführt, war zum Zeitpunkt der Erstellung des strittigen Schriftstückes am eine rechtswirksame Zustellung an die bereits gelöschte GmbH ohnehin nicht mehr möglich.
Daran würde auch die nicht aktenkundige nachfolgende postalische Zustellung der Erledigung am - wie vom Beschwerdeführer im Vorlagenantrag behauptet, aber nicht nachgewiesen - nichts ändern.
Gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung der belangten Behörde vom ist daher mangels Bescheidqualität die Einbringung einer Bescheidbeschwerde nicht möglich und war die Beschwerde vom folglich gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO als unzulässig zurückzuweisen.
Mit Beschluss des Konkursgerichtes vom ***/2019*** wurde das Verfahren gemäß § 138 IO eingeleitet und der Beschwerdeführer wieder zum Insolvenzverwalter der GmbH bestellt, da aufgrund der Sicherstellung der auf die angemeldete Abgabenforderung der belangten Behörde entfallende Quote durch den Beschwerdeführer nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens und vor Abschluss des Beschwerdeverfahrens offenbar noch Abwicklungsbedarf besteht.
Aufgrund des noch bestehenden Abwicklungsbedarfes gegenüber dem Abgabengläubiger kommt der GmbH trotz Löschung im Firmenbuch insoweit Parteifähigkeit zu ().
Da der Beschwerdeführer die Beschwerde und den Vorlageantrag nach Einleitung des Nachtragsverteilungsverfahrens und Bestellung zum Insolvenzverwalter am ***/2019*** eingebracht hat, war er zum Einschreiten befugt und ist ihm der Beschluss des Bundesfinanzgerichts als Insolvenzverwalter der ehemaligen GmbH zuzustellen.
Der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO) und die Entscheidung durch den Senat (§ 272 Abs. 2 lit. a BAO).
Ungeachtet eines Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann gemäß
§ 274 Abs. 3 Z 1 BAO dann davon abgesehen werden, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260).
Im konkreten Fall ist das Vorliegen eines nicht bekämpfbaren "Nichtbescheides" offenkundig. Es ist nicht erkennbar, inwieweit ein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung an der mangelnden Bescheidqualität des strittigen Schriftstückes etwas ändern könnte.
Durch die Abstandnahme von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung werden keine berechtigten Interessen der Partei verletzt. Das Unterlassen der Durchführung der mündlichen Verhandlung entspricht vielmehr dem Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.
Gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a BAO obliegt die Entscheidung dem Senat, wenn dies - wie im vorliegenden Fall - in der Beschwerde beantragt wird.
Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so können gemäß § 272 Abs. 4 BAO die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter, wie etwa Zurückweisungen (§ 260) wahrgenommen werden.
Da sich die vorliegende Beschwerde gegen einen Nichtbescheid richtet, konnte die Beschwerde von der Berichterstatterin ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 272 Abs. 4 BAO und § 274 Abs. 3 Z 1 BAO als unzulässig zurückgewiesen werden.
Zulässigkeit der Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall ist die zu klärende Rechtsfrage durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend entschieden, eine Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991 § 138 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102143.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at