Unzulässigwerden einer Beschwerde infolge Aufhebung der angefochtenen Bescheide gem § 299 BAO; Einbringung einer Beschwerde trotz Rechtsmittelverzichts (Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts)
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht fasst durch den Richter***R1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, sowie gegen die Haftungsbescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 den Beschluss:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Verfahrensgang
Im Rahmen einer bei der ***X1*** GmbH durchgeführten Außenprüfung betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, Sozialversicherungsbeiträge und Kommunalsteuer (GPLA) betreffend die Jahre 2012 bis 2016 wurden im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Die ***X1*** GmbH habe an bestimmte Arbeitnehmer über das Ausmaß der einschlägigen lohngestaltenden Vorschriften hinaus Tagesgelder bezahlt, die - soweit die Voraussetzungen des § 26 Z 4 EStG 1988 nicht vorlagen - nachzuversteuern seien.
Zum Teil seien von der ***X1*** GmbH Nächtigungsgelder ausbezahlt worden, obwohl dem Arbeitnehmer kein Nächtigungsaufwand erwachsen sei (Quartierbeistellung durch den Arbeitgeber) und habe insoweit eine Nachversteuerung zu erfolgen.
Für den bestimmten Arbeitnehmern zugeflossenen geldwerten Vorteil aus der Privatnutzung eines Firmen-PKW sei unrichtigerweise kein Sachbezug angesetzt worden.
Die bestimmten Arbeitnehmern von der ***X1*** GmbH gewährten Fahrtkostenersätze seien unrichtigerweise als nicht steuerbar behandelt worden.
Mit Bescheiden vom zog das Finanzamt Grieskirchen Wels (im Folgenden bezeichnet als "belangte Behörde") die ***X1*** GmbH unter Verweis auf die oa im Rahmen der Außenprüfung getroffenen Feststellungen zur Haftung für Lohnsteuer heran und forderte Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nach (jeweils für die Jahre 2012 bis 2016). Zudem wurde mit Bescheiden vom betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 jeweils ein Säumniszuschlag festgesetzt. Begründend wurde dabei jeweils auf den Bericht über das Ergebnis der oa Außenprüfung vom und "allenfalls" auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung verwiesen.
Mit Schreiben vom wurde vom damaligen steuerlichen Vertreter der ***X1*** GmbH gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Säumniszuschlag betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 sowie gegen die Haftungsbescheide der belangten Behörde vom betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und deren ersatzlose Aufhebung, in eventu die Neufestsetzung der lohnabhängigen Abgaben unter Außerachtlassung der Bemessungsgrundlagen laut den nach Ansicht der Beschwerdeführerin rechtswidrigen Bescheiden der belangten Behörde vom , beantragt. Begründend wurde dazu zusammengefasst wie folgt ausgeführt: Gegen die Feststellungen des GPLA-Prüfers (konkret hinsichtlich der Nachverrechnungsbeträge und den hieraus resultierenden geänderten Bemessungsgrundlagen) werde kein Einwand erhoben und sei insoweit ein Rechtsmittelverzicht gemäß § 255 BAO erklärt worden (Niederschrift vom ). Dieser Rechtsmittelverzicht habe sich jedoch ausschließlich auf die aufgrund der GPLA erfolgenden Nachverrechnungen bezogen und nicht auf die von der belangten Behörde zuvor infolge einer Betriebsprüfung mit Bescheiden vom bereits erfolgten Nachverrechnungen lohnabhängiger Abgaben (Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015), mit denen von der Beschwerdeführerin erfasste Eingangsrechnungen aus Personalüberlassungen selbstständiger Personalüberlassungsunternehmen aberkannt wurden, 50 % der Nettofakturenbeträge als Lohnaufwand behandelt und hievon Lohnabgaben berechnet wurden. Trotz dieser ausdrücklichen Einschränkung des Rechtsmittelverzichtes seien in die Bemessungsgrundlagen der gegenständlich angefochtenen Bescheide allerdings nicht nur die erklärten und die aus der GPLA resultierenden (geringen) Beträge eingeflossen, sondern auch jene Nachverrechnungen aus den nach Ansicht der Beschwerdeführerin rechtswidrigen Bescheiden vom . Die gegenständlich angefochtenen Bescheide seien in sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO erlassen worden, weil Tatsachen bzw. Beweismittel neu hervorgekommen sind (Verweis auf Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , S 2) und somit an Stelle der früheren Lohnabgabenbescheide (vom ) getreten. Sie seien daher in vollem Umfang anfechtbar, zumal aus den genannten Gründen ein wirksamer Rechtsmittelverzicht nicht vorliege. Es entspreche der Gesetzeslage und der ständigen Judikatur des VwGH, dass der spätere Bescheid einem früheren Bescheid in derselben Sache derogiert. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes hätte sich nach den Ergebnissen der GPLA saldiert ein Guthaben ergeben müssen.
Mit Bescheiden der belangten Behörde vom wurden daraufhin die Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 gemäß § 299 BAO aufgehoben, da am bereits Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 ergangen seien und insoweit keine zusätzlichen Erstbescheid hätten ergehen dürfen.
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde gegen die Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 gemäß § 261 BAO als gegenstandslos erklärt, da die betreffenden Bescheide gemäß § 299 BAO aufgehoben worden seien. Die Beschwerden gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2016, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2016, Säumniszuschlag betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 sowie gegen die Haftungsbescheide der belangten Behörde vom betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 wurden gemäß § 260 BAO unter Verweis auf den Rechtsmittelverzicht gemäß § 255 BAO vom hinsichtlich der erfolgten Nachverrechnungen der GPLA für die Jahre 2012 bis 2016 als unzulässig zurückgewiesen. Betreffend die Lohnsteuerhaftungsbescheide wurde begründend zudem wie folgt ausgeführt: Ein Haftungsbescheid gemäß § 82 EStG 1988, der sich auf mehrere Arbeitnehmer und Monate bezieht, stelle einen Sammelbescheid dar, weil die Lohnabgaben grundsätzlich pro Arbeitnehmer und Monat anfallen. Bei einem solchen Haftungsbescheid sei die Sache des Verfahrens damit definiert, für welchen Arbeitnehmer für welche Zeiträume der Arbeitgeber mittels Bescheid herangezogen wurde. Bei den Haftungsbescheiden betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 - 2015 vom , die im Zuge der Betriebsprüfung erlassen wurden, hafte das Unternehmen für die Lohnsteuer jener Personen, die im Zuge der Personalgestellung als Dienstnehmer für das geprüfte Unternehmen behandelt wurden. Die Haftungsbescheide betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 - 2015 vom , die auf Grund der GPLA-Prüfung erlassen wurden, beträfen die Dienstnehmer, die bereits vom geprüften Unternehmer als Dienstnehmer angemeldet waren. Da somit in den Lohnsteuerhaftungsbescheiden für die Jahre 2012 - 2015 vom und vom jeweils andere Dienstnehmer erfasst wurden, seien auch die späteren Haftungsbescheide vom wirksam und sei somit auch der Rechtsmittelverzicht, der im Zuge der GPLA abgegeben wurde, wirksam.
Mit Schreiben vom stellte der steuerliche Vertreter der ***X1*** GmbH rechtzeitig einen Antrag auf Vorlage der oa Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Begründend wurde darin im Wesentlichen vorgebracht, dass den gegenständlich angefochtenen Bescheiden bzw der Niederschrift vom zweifelsfrei zu entnehmen sei, dass die belangte Behörde eine Neufestsetzung gem §§ 202 iVm 201 Abs 2 Z 3 BAO in sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO beabsichtigt habe und somit eine Wiederaufnahme des Verfahrens sowohl hinsichtlich der Haftungsabgaben als auch hinsichtlich der anderen Selbstberechnungsabgaben beabsichtigt gewesen sei. Im Hinblick auf die dem Prüfer ausdrücklich dargelegten Vorbehalte gegen die Bescheide vom habe die Beschwerdeführerin erwarten können (Verweis auf § 255 Abs 2 BAO), dass hinsichtlich sämtlicher verfahrensgegenständlicher Abgaben in den neu zu erlassenden Bescheiden dieser Umstand Berücksichtigung findet und die mit Bescheiden vom erfolgten Nachverrechnungen obsolet werden.
Zudem erhob der steuerliche Vertreter der ***X1*** GmbH mit Schreiben vom rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015. Begründend wurde dazu ausgeführt, die Aufhebung gem § 299 BAO erweise sich als rechtswidrig, da die belangte Behörde - wenn sie vermeint, dass "kein zusätzlicher Erstbescheid" zu den Bescheiden vom hätte ergehen dürfen - verkennt, dass es sich bei den Bescheiden vom nicht um "zusätzliche Erstbescheide", sondern vielmehr um Wiederaufnahmebescheide iSd § 201 Abs 2 Z 3 iVm § 303 BAO gehandelt habe. In diesem Zusammenhang werde ausdrücklich auf die Bescheidbegründung der Bescheide vom (enthalten auf S 2 des Schlussbesprechungsprotokolls vom 5.20.2017) verwiesen.
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die oa Beschwerde vom gem § 260 BAO als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde dazu ausgeführt, in der Beschwerde vom sei beantragt worden, dass die Festsetzungsbescheide vom betreffend DB und DZ für die Jahre 2012 bis 2015 zur Gänze zu beheben seien. Diesem Begehren sei mit den angefochtenen Aufhebungsbescheiden vom gemäß § 299 BAO entsprochen worden. Zudem wurde von der belangten Behörde angemerkt, dass im Hinblick auf die bereits existierenden Bescheide anlässlich der Feststellungen der GPLA gemäß § 303 BAO eine Wiederaufnahme erfolgen hätte müssen. Da dies aber nicht erfolgt sei und zusätzliche Erstbescheide ergangen seien, erfolgte die Aufhebung der (neuerlichen) Festsetzungsbescheide vom .
Mit Schreiben vom stellte der steuerliche Vertreter der ***X1*** GmbH rechtzeitig einen Antrag auf Vorlage der oa Beschwerde vom an das Bundesfinanzgericht. Begründend wurde darin zusammengefasst vorgebracht, dass entgegen den Ausführungen seitens der belangten Behörde keine "zusätzlichen Erstbescheide", sondern Wiederaufnahmebescheide iSd §201 Abs 2 Z 3 iVm § 303 BAO vorlägen. Dies gehe aus den jeweiligen Bescheidbegründungen hervor. Die Besonderheit der Wiederaufnahme iSd § 201 Abs 2 Z 3 BAO (dies gelte auch für Haftungsbescheide gem § 202 BAO) liege darin, dass im Unterschied zu § 307 BAO die Festsetzung nur mit einem Abgabenbescheid zu erfolgen hat und somit nicht zwei Bescheide (Wiederaufnahmebescheid und neuer Sachbescheid) ergehen. Gemäß § 262 BAO iVm § 300 BAO wäre die belangte Behörde zudem verpflichtet gewesen, über die Bescheidbeschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung (Anm: und nicht mittels Aufhebungsbescheid gem § 299 BAO) - in der Sache - zu entscheiden und liege somit ein Verstoß gegen das in § 300 BAO normierte Eingriffsverbot vor.
Am erfolgte durch die belangte Behörde die Vorlage der Beschwerden gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Säumniszuschlag betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016, gegen die Haftungsbescheide der belangten Behörde vom betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 sowie gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 an das Bundesfinanzgericht.
Am fand über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Säumniszuschlag betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 sowie gegen die Haftungsbescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 und über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 eine Erörterung gemäß § 269 Abs 3 BAO statt. Dabei wurde von den Parteien betreffend die verfahrensrechtlichen Streitpunkte im Wesentlichen wie in den bisherigen Schriftsätzen ausgeführt. Darüber hinaus wurde dem Bundesfinanzgericht seitens der beschwerdeführenden Partei ein das bisherige Beschwerdevorbringen ergänzender Schriftsatz vorgelegt, der Ausführungen betreffend die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Lohnsteuerhaftung für die Jahre 2012 bis 2015 enthält. So seien im Ergebnis von der belangten Behörde in Zusammenhang mit Arbeitskräfteüberlassungen, die von drei verschiedenen Unternehmen an die ***X1*** GmbH stattgefunden hätten, zu Unrecht Dienstverhältnisse zwischen den überlassenen Arbeitskräften und der ***X1*** GmbH angenommen worden. Gemeinsam mit dem vorgenannten Schriftsatz wurde dem Bundesfinanzgericht ein Konvolut aus insgesamt 18 Beilagen vorgelegt, die zum Beweis der im schriftlich vorgelegten Ergänzungsvorbringen gemachten Angaben dienen sollen. Erläuternd wurde seitens der beschwerdeführenden Partei insbesondere angemerkt, dass aus der Aufstellung laut Beilage XVI hervorgehe, dass im Zuge der Bescheiderlassung vom als Bemessungsgrundlagen nicht nur die selbstberechneten und gemeldeten Abgaben, sondern auch jene der (inhaltlich rechtswidrigen) Bescheide vom aufsummiert herangezogen wurden. Ergänzend wurde seitens der beschwerdeführenden Partei die Beischaffung der Steuerakten der drei Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen beantragt; dies zum Nachweis dafür, dass diese Unternehmen die Lohnabgaben für die bei diesen Unternehmen beschäftigten Dienstnehmer abgeführt haben.
Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5101650/2019, wurden die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 und die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Säumniszuschlag Lohnsteuer 2012 bis 2016 als unbegründet abgewiesen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:
Mit Bescheiden des Finanzamtes Grieskirchen Wels (im Folgenden bezeichnet als "belangte Behörde") vom erfolgte gegenüber der ***X1*** GmbH infolge einer bei der ***X1*** GmbH durchgeführten Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer, Zusammenfassende Meldung, Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer und Kammerumlage für die Jahre 2012 bis 2014 die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe für die Jahre 2012, 2013, 2014 und 2015, die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012, 2013, 2014 und 2015 sowie eine Haftungsinanspruchnahme der ***X1*** GmbH betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012, 2013, 2014 und 2015.
Eine von der ***X1*** GmbH gegen die vorgenannten Bescheide eingebrachte Beschwerde wurde gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO als verspätet zurückgewiesen (siehe ).
Im Rahmen der Schlussbesprechung über das Ergebnis einer bei der ***X1*** GmbH durchgeführten Außenprüfung betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, Sozialversicherungsbeiträge und Kommunalsteuer (GPLA) betreffend die Jahre 2012 bis 2016 wurde vom steuerlichen Vertreter der ***X1*** GmbH am ein Rechtsmittelverzicht mit folgendem Inhalt erklärt:
"Im Anschluss an die gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben erklärt der (die) Abgabepflichfige/Dienstgeber bzw. sein (ihr) Vertreter:
Ich verzichte auf das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die auf Grund der beiliegenden Übersicht der Bemessungsgrundlagen, Abgabenhöhen und Abweichungen von den bisherigen Festsetzungen zu erlassenden Bescheide.
Der Rechtsmittelverzicht betrifft ausschließlich die auf Grund der gegenständlichen GPLA-Prüfung erfolgenden Nachverrechnungen gegenüber den erklärten Beträgen und betrifft jedenfalls nicht die auf Grund der Bescheide je vom Finanzamt St-Nr.: ***St-Nr*** festgesetzten nachverrechneten Lohnabgaben der Jahre 2012 bis 2015 (Lohnsteuer, DB-Beitrag u. DZ-Beitrag).
Über die Wirkung des Rechtsmittelverzichtes bin ich belehrt worden."
In der Niederschrift über die Schlussbesprechung über das Ergebnis der bei der ***X1*** GmbH durchgeführten GPLA vom wurden unter anderem die nach Ansicht des Prüfers vorzunehmenden "Nachverrechnungen" an Lohnsteuer, DB und DZ dergestalt dargestellt, dass die jeweiligen Nachforderungsbeträge sowie die den jeweiligen Nachforderungsbeträgen zuzuordnenden Bemessungsgrundlagen angegeben wurden. Weiters wurden in der Niederschrift die den Nachforderungen zugrunde gelegten Sachverhalte dargestellt und ist insoweit erkennbar, dass es sich um andere Sachverhalte handelte als jene, die den oa Bescheiden der belangten Behörde vom zugrunde gelegt worden waren und dass die ***X1*** GmbH insoweit für Lohnabgaben anderer (weiterer) Arbeitnehmer in Anspruch genommen wurde, die nicht Gegenstand des mit den Bescheiden vom vom abgeschlossenen Verfahrens gewesen waren.
Mit Bescheiden der belangten Behörde vom erfolgte gegenüber der ***X1*** GmbH unter Verweis auf die im Rahmen der oa Außenprüfung (GPLA) getroffenen Feststellungen erneut - bzw erstmalig betreffend das Jahr 2016 - die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe für die Jahre 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016, die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 sowie eine weitere - bzw erstmalige betreffend das Jahr 2016 - Haftungsinanspruchnahme der ***X1*** GmbH betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016. Die Nachforderungs- bzw Haftungsbeträge entsprachen dabei jeweils den in der Niederschrift über die Schlussbesprechung über das Ergebnis der bei der ***X1*** GmbH durchgeführten GPLA vom dargestellten "Nachverrechnungsbeträgen".
Mit Schreiben vom wurde seitens der ***X1*** GmbH unter anderem gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016 und betreffend Lohnsteuerhaftung für die Jahre 2012 bis 2016 das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.
Mit Aufhebungsbescheiden der belangten Behörde vom wurden die Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2012 - 2015 und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2012 - 2015 gemäß § 299 Abs 1 BAO aufgehoben.
Am erfolgte durch die belangte Behörde die Vorlage unter anderem der Beschwerde gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016 und betreffend Lohnsteuerhaftung für die Jahre 2012 bis 2016 an das Bundesfinanzgericht.
Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den aktenkundigen Unterlagen und sind allesamt unstrittig.
Betreffend den von der beschwerdeführenden Partei gestellten Antrag auf "Beischaffung der Steuerakten" von drei im Antrag genannten Unternehmen ist wie folgt auszuführen:
Beweisanträge sind gemäß § 183 Abs 3 BAO abzulehnen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen ua unerheblich sind. Erheblich ist ein Beweisantrag nur dann, wenn Beweisthema eine Tatsache ist, deren Klärung, wenn sie schon nicht (sachverhalts-)erheblich ist, zumindest mittelbar beitragen kann, Klarheit über eine (sachverhalts-)erhebliche Tatsache zu gewinnen (vgl ).
Der seitens der beschwerdeführenden Partei gestellte Beweisantrag ist somit - da er sich ausschließlich auf die behauptete Rechtswidrigkeit der gegenüber der ***X1*** GmbH ergangenen Bescheide der belangten Behörde vom bezieht - mangels Erheblichkeit für die Klärung des unter Punkt 1 dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalts (siehe dazu die Ausführungen unter Punkt 3) abzulehnen.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist
Gründe für eine Unzulässigkeit der Bescheidbeschwerde iSd § 260 Abs 1 lit a BAO sind vor allem (vgl Ritz, BAO6 § 260 Rz 5): Mangelnde Aktivlegitimation des Einschreiters, mangelnde Bescheidqualität, Beseitigung des angefochtenen Bescheides aus dem Rechtsbestand vor Erledigung der Beschwerde, Rechtsmittelausschluss (vgl § 244 BAO), Rechtsmittelverzicht (§ 255 BAO).
3.1. Beschwerde gegen gemäß § 299 BAO aufgehobene Bescheide
Die Bescheide der belangten Behörde vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2012 - 2015 und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2012 - 2015 wurden mit Aufhebungsbescheiden der belangten Behörde vom gemäß § 299 Abs 1 BAO aufgehoben. Eine Nichtigkeit der Aufhebungsbescheide vom kann entgegen der von der beschwerdeführenden Partei vertretenen Ansicht aus § 300 BAO nicht abgeleitet werden, da eine Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Aufhebung der mit Bescheibeschwerde angefochtenen Bescheide gemäß § 300 Abs 1 BAO erst ab der am erfolgten Vorlage der Beschwerde gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 gegeben gewesen wäre. Diesbezüglich ist auf die im Erkenntnis des , erfolgten Ausführungen zu verweisen.
Wird ein mit Bescheidbeschwerde angefochtener Bescheid - wie im gegenständlichen Beschwerdefall - ersatzlos aufgehoben, so wird die Bescheidbeschwerde unzulässig. Sie ist gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO als unzulässig geworden zurückzuweisen (vgl Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 260 Anm 6; Althuber in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB § 260, 736; Ritz, BAO6 § 260 Rz 15). Die Rechtmäßigkeit der erfolgten Bescheidaufhebungen war im Rahmen der Entscheidung über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 zu klären (siehe dazu das Erkenntnis des ).
3.2. Einbringung einer Beschwerde trotz Rechtsmittelverzichts
§ 255 BAO lautet wie folgt:
"(1) Auf die Einbringung einer Bescheidbeschwerde kann verzichtet werden. Der Verzicht ist schriftlich oder mündlich zu erklären.
(2) Vor Erlassung eines Bescheides kann ein Verzicht rechtswirksam nur abgegeben werden, wenn aus der Verzichtserklärung (Niederschrift) hervorgeht, dass dem Verzichtenden im Zeitpunkt ihrer Abgabe der Inhalt des zu erwartenden Bescheides, bei Abgabenbescheiden die Grundlagen der Abgabenfestsetzung, die Höhe der Abgabe und die Abweichungen von den bisherigen Festsetzungen, bekannt waren. Eine Abschrift der Niederschrift ist dem Abgabepflichtigen auszufolgen.
(3) Eine trotz Verzicht eingebrachte Bescheidbeschwerde ist unzulässig (§ 260). Die Möglichkeit, den Bescheid hinsichtlich der Fälligkeit einer festgesetzten Abgabe anzufechten, bleibt unberührt."
Dass betreffend die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für das Jahr 2016, die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrages für das Jahr 2016 und die Haftungsinanspruchnahme für die Lohnsteuer 2016 ein wirksamer Rechtsmittelverzicht erklärt wurde, ist unstrittig und ergibt sich dies für das Bundesfinanzgericht unzweifelhaft aus der aktenkundigen Niederschrift über den vom steuerlichen Vertreter der ***X1*** GmbH am erklärten Rechtsmittelverzicht, der ausschließlich betreffend die Jahre 2012 bis 2015 eine Einschränkung erkennen lässt. Somit ist die gegenständliche Beschwerde aber insoweit gemäß § 255 Abs 3 iVm § 260 Abs 1 lit a BAO als unzulässig zurückzuweisen.
Seitens der beschwerdeführenden Partei wird allerdings bestritten, dass betreffend die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2012 - 2015, betreffend die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2012 - 2015 sowie betreffend die Haftungsinanspruchnahme betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2015 ein wirksamer Rechtsmittelverzicht abgegeben wurde.
Ob das Beschwerdevorbringen zutreffend ist, kann aufgrund der erfolgten amtswegigen Aufhebung gemäß § 299 BAO der mit Bescheideschwerde angefochtenen Bescheide vom betreffend die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2012 - 2015 und betreffend die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2012 - 2015 insoweit dahingestellt bleiben (siehe dazu oben unter Punkt 3.1). Zu prüfen ist jedoch, ob hinsichtlich der Lohnsteuerhaftung für die Jahre 2012 bis 2015 ein wirksamer Rechtsmittelverzicht vorliegt.
Im Hinblick auf die seitens der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführte Bestimmung des § 255 Abs 2 BAO erfordert die Gültigkeit eines Verzichtes, dass dem Abgabepflichtigen anlässlich der Abgabe seiner Verzichtserklärung dieselbe Steuerbelastung wie die sodann im Bescheid festgesetzte bekanntgegeben wurde (vgl ).
Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass die ***X1*** GmbH mit den gegenständlichen Haftungsbescheiden betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2015 genau in Höhe jener Lohnsteuerbeträge in Anspruch genommen wurde, wie sie der Niederschrift über die Schlussbesprechung über das Ergebnis der bei der ***X1*** GmbH durchgeführten GPLA vom zu entnehmen sind. Wenn seitens der beschwerdeführenden Partei demgegenüber zum Ausdruck gebracht wird, sie sei davon ausgegangen, bei der Erlassung der gegenständlichen Lohnsteuerhaftungsbescheide wäre zu berücksichtigen, dass die zuvor bereits erfolgte Haftungsinanspruchnahme der ***X1*** GmbH betreffend Lohnsteuer mit Bescheiden der belangten Behörde vom ihrer Ansicht nach rechtswidrig erfolgt sei, ist dazu wie folgt auszuführen:
Während sich die bescheidmäßige Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag auf die gesamte im Bemessungszeitraum zu entrichtende Abgabe und nicht bloß auf eine restliche und nur bestimmte Sachverhalte in Betracht ziehende Abgabenforderung zu erstrecken hat (vgl zB ; ; Ritz, BAO6 § 201 Rz 42 mwN), ist der Spruch eines Haftungsbescheides (§ 224 BAO) die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe (vgl zB ; , Ra 2018/13/0006; , 2001/15/0029, jeweils unter Hinweis auf Ritz, Wiederaufnahme eines Lohnsteuerverfahrens oder zweiter Haftungsbescheid? SWK 1996, A 604).
Der Lohnsteuerhaftungsbescheid stellt, wenn er sich auf mehrere Arbeitnehmer und Monate bezieht und von der gesetzlichen Bestimmung des § 86 Abs 2 EStG 1988 kein Gebrauch gemacht wird, einen Sammelbescheid dar, weil die Lohnsteuer grundsätzlich pro Arbeitnehmer und Monat anfällt. Vor diesem Hintergrund bedarf es nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH keiner Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn der Arbeitgeber in einem Haftungsbescheid für Lohnabgaben eines Arbeitnehmers für mehrere Monate oder auch mehrerer Arbeitnehmer und in einem späteren Haftungsbescheid für Lohnabgaben anderer (weiterer) Arbeitnehmer in Anspruch genommen wird (vgl ; ; vgl auch Ritz, Wiederaufnahme eines Lohnsteuerverfahrens oder zweiter Haftungsbescheid? SWK 1996, A 604).
Im gegenständlichen Beschwerdefall ist unstrittig, dass die im Rahmen der Schlussbesprechung über das Ergebnis der bei der ***X1*** GmbH durchgeführten GPLA (vgl Niederschrift vom ) in Aussicht gestellten Lohnsteuernachforderungen einerseits und die Lohnsteuerhaftungsbescheide vom 17. Mai 20017 jeweils andere Arbeitnehmer betreffen. Nach der oa ständigen Rechtsprechung des VwGH war es im gegenständlichen Fall somit aber nicht erforderlich, eine Wiederaufnehme der mit den Lohnsteuerhaftungsbescheiden vom abgeschlossenen Verfahren zu verfügen und wurden dementsprechend auch keine Wiederaufnahmebescheide erlassen.
Soweit die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang auf die ausdrückliche Einschränkung des erklärten Rechtsmittelverzichtes, wonach dieser "ausschließlich die auf Grund der gegenständlichen GPLA-Prüfung erfolgenden Nachverrechnungen gegenüber den erklärten Beträgen" betreffe, Bezug nimmt, ist festzuhalten, dass diese Einschränkung - soweit die Haftung für Lohnsteuer betroffen ist - vor dem Hintergrund der oa ständigen Rechtsprechung des VwGH von vorneherein ins Leere geht. Wird gegen einen Lohnsteuerhaftungsbescheid Beschwerde erhoben, beschränkt sich die Änderungsbefugnis nach § 279 Abs 1 BAO nämlich auf Lohnsteuerschuldigkeiten derselben Arbeitnehmer und für dieselben Zeiträume wie zuvor das Finanzamt mittels erstinstanzlichen Haftungsbescheides herangezogen hat (vgl ). Vorbringen in Zusammenhang mit Lohnsteuerschuldigkeiten anderer Arbeitnehmer sind somit ohnedies nicht "Sache des Beschwerdeverfahrens".
Sollte der damalige steuerliche Vertreter der ***X1*** GmbH - entsprechend dem nunmehrigen Beschwerdevorbringen - im Zeitpunkt der Erklärung des Rechtsmittelverzichtes tatsächlich der Meinung gewesen sein, dass die im Rahmen der Schlussbesprechung über das Ergebnis der bei der ***X1*** GmbH durchgeführten GPLA (vgl Niederschrift vom ) in Aussicht gestellten Lohnsteuernachforderungen entgegen der oa ständigen Rechtsprechung des VwGH an die Stelle der Lohnsteuerhaftungsbescheide vom treten würden, so ist zu prüfen, ob insoweit ein die Unwirksamkeit des abgegebenen Rechtsmittelverzichtes zu bewirkender (Rechtsfolgen-)Irrtum vorlag.
3.3. Vorliegen und Konsequenzen eines Rechtsirrtums bei Erklärung eines Rechtsmittelverzichts
Der Rechtsmittelverzicht vermag den Steuerpflichtigen nur dann zu verpflichten, wenn er auch den allgemeinen Erfordernissen entspricht, die - ebenso im öffentlichen wie im privaten Recht - für das Zustandekommen einer Willenserklärung verlangt werden (vgl ).
Somit schließt etwa ein Irrtum iSd § 871 ABGB die Wirksamkeit eines Rechtsmittelverzichtes aus. Nach dieser Bestimmung entsteht für den Erklärenden ua dann keine Verbindlichkeit, falls er in einem wesentlichen Irrtum befangen und dieser durch den anderen Teil veranlasst war (vgl ). Folglich schließt etwa ein von der Abgabenbehörde veranlasster wesentlicher Irrtum des Steuerpflichtigen die Rechtswirksamkeit eines von ihm abgegebenen Rechtsmittelverzichtes iSd § 255 BAO aus (vgl die bei Ritz, BAO6 § 255 Rz 8 zitierte Rechtsprechung).
"Veranlassen" umfasst in diesem Zusammenhang jedes für die Entstehung des Irrtums ursächliche Verhalten des anderen, im Abgabenverfahren der Organwalter der Abgabenbehörde (vgl , mwN). Dass der steuerliche Vertreter der ***X1*** GmbH vor Erklärung des Rechtsmittelverzichtes durch ein der Abgabenbehörde zurechenbares Verhalten - sei es durch den Prüfer oder weitere Organwalter des Finanzamtes - zu einem Irrtum über die Rechtsfolgen der zu erlassenden Lohnsteuerhaftungsbescheide veranlasst worden wäre, ergibt sich allerdings weder aus den Verwaltungsakten, noch wurde dies von der beschwerdeführenden Partei dargetan. Im Hinblick darauf, dass - anders als bei der Lohnsteuerhaftung - die bescheidmäßige Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag auf die gesamte im Bemessungszeitraum zu entrichtende Abgabe und nicht bloß auf eine restliche und nur bestimmte Sachverhalte in Betracht ziehende Abgabenforderung zu erstrecken hat (vgl zB ; siehe dazu bereits unter Punkt 3.2), hätte der Behörde der Irrtum des steuerlichen Vertreters, bei dem es sich zudem um einen berufsmäßigen Parteienvertreter handelte, auch nicht aufgrund der vorgenommenen Einschränkung des Rechtsmittelverzichtes auf "die auf Grund der gegenständlichen GPLA-Prüfung erfolgenden Nachverrechnungen gegenüber den erklärten Beträgen" iSd § 871 Abs 1 ABGB"aus den Umständen offenbar auffallen" müssen (vgl dazu Ritz, BAO6 § 255 Rz 8).
Im Hinblick auf die für eine Unwirksamkeit der Erklärung darüber hinaus erforderliche Wesentlichkeit des Irrtums ist überdies darauf hinzuweisen, dass ein Irrtum über zwingende Rechtsvorschriften nach der Rechtsprechung des OGH grundsätzlich als unwesentlich zu beurteilen ist (vgl zB v).
Vor diesem Hintergrund kommt dem vom steuerlichen Vertreter der ***X1*** GmbH erklärten Rechtsmittelverzicht die Wirkung des § 255 Abs 3 BAO zu und ist somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.4. Unzulässigkeit der Revision
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor, wenn die vom erkennenden Verwaltungsgericht anzuwendenden Normen klar und eindeutig sind (vgl , mwN). Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen sind, die sich nicht ohnehin unmittelbar aus dem klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut ergeben, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Erwägungen dieses Erkenntnisses zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 255 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 255 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 871 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 871 Abs. 1 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 255 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 183 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 300 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 300 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101649.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at