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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.06.2021, RV/5101650/2019

Aufhebung eines Festsetzungsbescheides gemäß § 299 BAO wegen entschiedener Sache; Anfechtung der Festsetzung eines Säumniszuschlages wegen behaupteter Rechtswidrigkeit des zugrundeliegenden Lohnsteuerhaftungsbescheids

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***R1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 sowie über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Säumniszuschlag Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 zu Recht:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Rahmen einer bei der ***X1*** GmbH durchgeführten Außenprüfung betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, Sozialversicherungsbeiträge und Kommunalsteuer (GPLA) betreffend die Jahre 2012 bis 2016 wurden im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

  • Die ***X1*** GmbH habe an bestimmte Arbeitnehmer über das Ausmaß der einschlägigen lohngestaltenden Vorschriften hinaus Tagesgelder bezahlt, die - soweit die Voraussetzungen des § 26 Z 4 EStG 1988 nicht vorlagen - nachzuversteuern seien.

  • Zum Teil seien von der ***X1*** GmbH Nächtigungsgelder ausbezahlt worden, obwohl dem Arbeitnehmer kein Nächtigungsaufwand erwachsen sei (Quartierbeistellung durch den Arbeitgeber) und habe insoweit eine Nachversteuerung zu erfolgen.

  • Für den bestimmten Arbeitnehmern zugeflossenen geldwerten Vorteil aus der Privatnutzung eines Firmen-PKW sei unrichtigerweise kein Sachbezug angesetzt worden.

  • Die bestimmten Arbeitnehmern von der ***X1*** GmbH gewährten Fahrtkostenersätze seien unrichtigerweise als nicht steuerbar behandelt worden.

Mit Bescheiden vom zog das Finanzamt Grieskirchen Wels (im Folgenden bezeichnet als "belangte Behörde") die ***X1*** GmbH unter Verweis auf die oa im Rahmen der Außenprüfung getroffenen Feststellungen zur Haftung für Lohnsteuer heran und forderte Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nach (jeweils für die Jahre 2012 bis 2016). Zudem wurde mit Bescheiden vom betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 jeweils ein Säumniszuschlag festgesetzt. Begründend wurde dabei jeweils auf den Bericht über das Ergebnis der oa Außenprüfung vom und "allenfalls" auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung verwiesen.

Mit Schreiben vom wurde vom damaligen steuerlichen Vertreter der ***X1*** GmbH gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Säumniszuschlag betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 sowie gegen die Haftungsbescheide der belangten Behörde vom betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und deren ersatzlose Aufhebung, in eventu die Neufestsetzung der lohnabhängigen Abgaben unter Außerachtlassung der Bemessungsgrundlagen laut den nach Ansicht der Beschwerdeführerin rechtswidrigen Bescheiden der belangten Behörde vom , beantragt. Begründend wurde dazu zusammengefasst wie folgt ausgeführt: Gegen die Feststellungen des GPLA-Prüfers (konkret hinsichtlich der Nachverrechnungsbeträge und den hieraus resultierenden geänderten Bemessungsgrundlagen) werde kein Einwand erhoben und sei insoweit ein Rechtsmittelverzicht gemäß § 255 BAO erklärt worden (Niederschrift vom ). Dieser Rechtsmittelverzicht habe sich jedoch ausschließlich auf die aufgrund der GPLA erfolgenden Nachverrechnungen bezogen und nicht auf die von der belangten Behörde zuvor infolge einer Betriebsprüfung mit Bescheiden vom bereits erfolgten Nachverrechnungen lohnabhängiger Abgaben (Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015), mit denen von der Beschwerdeführerin erfasste Eingangsrechnungen aus Personalüberlassungen selbstständiger Personalüberlassungsunternehmen aberkannt wurden, 50 % der Nettofakturenbeträge als Lohnaufwand behandelt und hievon Lohnabgaben berechnet wurden. Trotz dieser ausdrücklichen Einschränkung des Rechtsmittelverzichtes seien in die Bemessungsgrundlagen der gegenständlich angefochtenen Bescheide allerdings nicht nur die erklärten und die aus der GPLA resultierenden (geringen) Beträge eingeflossen, sondern auch jene Nachverrechnungen aus den nach Ansicht der Beschwerdeführerin rechtswidrigen Bescheiden vom . Die gegenständlich angefochtenen Bescheide seien in sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO erlassen worden, weil Tatsachen bzw Beweismittel neu hervorgekommen sind (Verweis auf Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , S 2) und somit an Stelle der früheren Lohnabgabenbescheide (vom ) getreten. Sie seien daher in vollem Umfang anfechtbar, zumal aus den genannten Gründen ein wirksamer Rechtsmittelverzicht nicht vorliege. Es entspreche der Gesetzeslage und der ständigen Judikatur des VwGH, dass der spätere Bescheid einem früheren Bescheid in derselben Sache derogiert. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes hätte sich nach den Ergebnissen der GPLA saldiert ein Guthaben ergeben müssen.

Mit Bescheiden der belangten Behörde vom wurden daraufhin die Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 gemäß § 299 BAO aufgehoben, da am bereits Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 ergangen seien und insoweit keine zusätzlichen Erstbescheide hätten ergehen dürfen.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde gegen die Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 gemäß § 261 BAO als gegenstandslos erklärt, da die betreffenden Bescheide gemäß § 299 BAO aufgehoben worden seien. Die Beschwerden gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2016, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2016, Säumniszuschlag betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 sowie gegen die Haftungsbescheide der belangten Behörde vom betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 wurden gemäß § 260 BAO unter Verweis auf den Rechtsmittelverzicht gemäß § 255 BAO vom hinsichtlich der erfolgten Nachverrechnungen der GPLA für die Jahre 2012 bis 2016 als unzulässig zurückgewiesen. Betreffend die Lohnsteuerhaftungsbescheide wurde begründend zudem wie folgt ausgeführt: Ein Haftungsbescheid gemäß § 82 EStG 1988, der sich auf mehrere Arbeitnehmer und Monate bezieht, stelle einen Sammelbescheid dar, weil die Lohnabgaben grundsätzlich pro Arbeitnehmer und Monat anfallen. Bei einem solchen Haftungsbescheid sei die Sache des Verfahrens damit definiert, für welchen Arbeitnehmer für welche Zeiträume der Arbeitgeber mittels Bescheid herangezogen wurde. Bei den Haftungsbescheiden betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 - 2015 vom , die im Zuge der Betriebsprüfung erlassen wurden, hafte das Unternehmen für die Lohnsteuer jener Personen, die im Zuge der Personalgestellung als Dienstnehmer für das geprüfte Unternehmen behandelt wurden. Die Haftungsbescheide betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 - 2015 vom , die auf Grund der GPLA-Prüfung erlassen wurden, beträfen die Dienstnehmer, die bereits vom geprüften Unternehmer als Dienstnehmer angemeldet waren. Da somit in den Lohnsteuerhaftungsbescheiden für die Jahre 2012 - 2015 vom und vom jeweils andere Dienstnehmer erfasst wurden, seien auch die späteren Haftungsbescheide vom wirksam und sei somit auch der Rechtsmittelverzicht, der im Zuge der GPLA abgegeben wurde, wirksam.

Mit Schreiben vom stellte der steuerliche Vertreter der ***X1*** GmbH rechtzeitig einen Antrag auf Vorlage der oa Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Begründend wurde darin im Wesentlichen vorgebracht, dass den gegenständlich angefochtenen Bescheiden bzw der Niederschrift vom zweifelsfrei zu entnehmen sei, dass die belangte Behörde eine Neufestsetzung gem §§ 202 iVm 201 Abs 2 Z 3 BAO in sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO beabsichtigt habe und somit eine Wiederaufnahme des Verfahrens sowohl hinsichtlich der Haftungsabgaben als auch hinsichtlich der anderen Selbstberechnungsabgaben beabsichtigt gewesen sei. Im Hinblick auf die dem Prüfer ausdrücklich dargelegten Vorbehalte gegen die Bescheide vom habe die Beschwerdeführerin erwarten können (Verweis auf § 255 Abs 2 BAO), dass hinsichtlich sämtlicher verfahrensgegenständlicher Abgaben in den neu zu erlassenden Bescheiden dieser Umstand Berücksichtigung findet und die mit Bescheiden vom erfolgten Nachverrechnungen obsolet werden.

Zudem erhob der steuerliche Vertreter der ***X1*** GmbH mit Schreiben vom rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015. Begründend wurde dazu ausgeführt, die Aufhebung gem § 299 BAO erweise sich als rechtswidrig, da die belangte Behörde - wenn sie vermeint, dass "kein zusätzlicher Erstbescheid" zu den Bescheiden vom hätte ergehen dürfen - verkennt, dass es sich bei den Bescheiden vom nicht um "zusätzliche Erstbescheide", sondern vielmehr um Wiederaufnahmebescheide iSd § 201 Abs 2 Z 3 iVm § 303 BAO gehandelt habe. In diesem Zusammenhang werde ausdrücklich auf die Begründung der Bescheide vom (enthalten auf S 2 des Schlussbesprechungsprotokolls vom 5.20.2017) verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die oa Beschwerde vom gem § 260 BAO als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde dazu ausgeführt, in der Beschwerde vom sei beantragt worden, dass die Festsetzungsbescheide vom betreffend DB und DZ für die Jahre 2012 bis 2015 zur Gänze zu beheben seien. Diesem Begehren sei mit den angefochtenen Aufhebungsbescheiden gemäß § 299 BAO vom entsprochen worden. Zudem wurde von der belangten Behörde angemerkt, dass im Hinblick auf die bereits existierenden Bescheide anlässlich der Feststellungen der GPLA gemäß § 303 BAO eine Wiederaufnahme erfolgen hätte müssen. Da dies aber nicht erfolgt sei und zusätzliche Erstbescheide ergangen seien, erfolgte die Aufhebung der (neuerlichen) Festsetzungsbescheide vom .

Mit Schreiben vom stellte der steuerliche Vertreter der ***X1*** GmbH rechtzeitig einen Antrag auf Vorlage der oa Beschwerde vom an das Bundesfinanzgericht. Begründend wurde darin zusammengefasst vorgebracht, dass entgegen den Ausführungen seitens der belangten Behörde keine "zusätzlichen Erstbescheide", sondern Wiederaufnahmebescheide iSd §201 Abs 2 Z 3 iVm § 303 BAO vorlägen. Dies gehe aus den jeweiligen Bescheidbegründungen hervor. Die Besonderheit der Wiederaufnahme iSd § 201 Abs 2 Z 3 BAO (dies gelte auch für Haftungsbescheide gem § 202 BAO) liege darin, dass im Unterschied zu § 307 BAO die Festsetzung nur mit einem Abgabenbescheid zu erfolgen hat und somit nicht zwei Bescheide (Wiederaufnahmebescheid und neuer Sachbescheid) ergehen. Gemäß § 262 BAO iVm § 300 BAO wäre die belangte Behörde zudem verpflichtet gewesen, über die Bescheidbeschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung (Anm: und nicht mittels Aufhebungsbescheid gem § 299 BAO) - in der Sache - zu entscheiden und liege somit ein Verstoß gegen das in § 300 BAO normierte Eingriffsverbot vor.

Am erfolgte durch die belangte Behörde die Vorlage der Beschwerden gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Säumniszuschlag betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 , gegen die Haftungsbescheide der belangten Behörde vom betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 sowie gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 an das Bundesfinanzgericht.

Am fand über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016, Säumniszuschlag betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 sowie gegen die Haftungsbescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 und über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 eine Erörterung gemäß § 269 Abs 3 BAO statt. Dabei wurde von den Parteien betreffend die verfahrensrechtlichen Streitpunkte im Wesentlichen wie in den bisherigen Schriftsätzen ausgeführt. Darüber hinaus wurde dem Bundesfinanzgericht seitens der beschwerdeführenden Partei ein das bisherige Beschwerdevorbringen ergänzender Schriftsatz vorgelegt, der Ausführungen betreffend die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Lohnsteuerhaftung für die Jahre 2012 bis 2015 enthält. So seien im Ergebnis von der belangten Behörde in Zusammenhang mit Arbeitskräfteüberlassungen, die von drei verschiedenen Unternehmen an die ***X1*** GmbH stattgefunden hätten, zu Unrecht Dienstverhältnisse zwischen den überlassenen Arbeitskräften und der ***X1*** GmbH angenommen worden. Gemeinsam mit dem vorgenannten Schriftsatz wurde dem Bundesfinanzgericht ein Konvolut aus insgesamt 18 Beilagen vorgelegt, die zum Beweis der im schriftlich vorgelegten Ergänzungsvorbringen gemachten Angaben dienen sollen. Erläuternd wurde seitens der beschwerdeführenden Partei insbesondere angemerkt, dass aus der Aufstellung laut Beilage XVI hervorgehe, dass im Zuge der Bescheiderlassung vom als Bemessungsgrundlagen nicht nur die selbstberechneten und gemeldeten Abgaben, sondern auch jene der (inhaltlich rechtswidrigen) Bescheide vom aufsummiert herangezogen wurden. Ergänzend wurde seitens der beschwerdeführenden Partei die Beischaffung der Steuerakten der drei Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen beantragt; dies zum Nachweis dafür, dass diese Unternehmen die Lohnabgaben für die bei diesen Unternehmen beschäftigten Dienstnehmer abgeführt haben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Mit Bescheiden des Finanzamtes Grieskirchen Wels (im Folgenden bezeichnet als "belangte Behörde") vom erfolgte gegenüber der ***X1*** GmbH die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe für die Jahre 2012, 2013, 2014 und 2015 sowie die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012, 2013, 2014 und 2015.

Eine von der ***X1*** GmbH gegen die vorgenannten Bescheide eingebrachte Beschwerde wurde gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO als verspätet zurückgewiesen (siehe ).

Mit Bescheiden der belangten Behörde vom erfolgte gegenüber der ***X1*** GmbH erneut - bzw erstmalig betreffend das Jahr 2016 - die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe für die Jahre 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 sowie die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016. Die der Abgabenfestsetzung zugrundeliegenden Bemessungsrundlagen wurden dabei betreffend die Jahre 2012 bis 2015 von der belangten Behörde dergestalt ermittelt, dass den von der ***X1*** GmbH im Zuge der Selbstberechnung angesetzten Bemessungsgrundlagen einerseits die zusätzlichen Bemessungsgrundlagen laut den oben angeführten Bescheiden der belangten Behörde vom und andererseits die im Zuge der zwischenzeitlich bei der ***X1*** GmbH durchgeführten gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben festgestellten zusätzlichen Bemessungsgrundlagen hinzugerechnet wurden.

In der Begründung zu den vorgenannten Bescheiden vom wurde jeweils wie folgt ausgeführt: "Die Begründung für obige Bescheide entnehmen Sie bitte dem Bericht vom und allenfalls der Niederschrift über die Schlussbesprechung." In der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom betreffend die bei der ***X1*** GmbH durchgeführte gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben für die Zeiträume bis wurde betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag wie folgt ausgeführt: "Gemäß §§ 202 iVm 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe (LSt, DB, DZ) erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des §303 BAO die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden. Die Voraussetzungen für eine sinngemäße Anwendung des § 303 BAO liegen vor, weil Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind. Die Tatsachen oder Beweismittel, die neu hervorgekommen sind, sind den nachstehend angeführten Sachverhaltsdarstellungen bzw. der Niederschrift samt allfälliger, Bezug habenden (gesonderten) Beilagen zu dieser Niederschrift zu entnehmen."

Mit Schreiben vom wurde seitens der ***X1*** GmbH unter anderem gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016 das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.

Mit Aufhebungsbescheiden der belangten Behörde vom wurden die Bescheide vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2012 - 2015 und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2012 - 2015 gemäß § 299 Abs 1 BAO aufgehoben. Dabei stützte die belangte Behörde die von ihr angenommene inhaltliche Rechtswidrigkeit der aufgehobenen Bescheide darauf, dass am bereits Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und Bescheide über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2012 - 2015 erlassen wurden und somit keine zusätzlichen Erstbescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für diese Jahre hätten ergehen dürfen.

Am erfolgte durch die belangte Behörde die Vorlage unter anderem der Beschwerde gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2016 an das Bundesfinanzgericht.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den aktenkundigen Unterlagen und sind allesamt unstrittig.

Betreffend den von der beschwerdeführenden Partei gestellten Antrag auf "Beischaffung der Steuerakten" von drei im Antrag genannten Unternehmen ist wie folgt auszuführen:

Beweisanträge sind gemäß § 183 Abs 3 BAO abzulehnen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen ua unerheblich sind. Erheblich ist ein Beweisantrag nur dann, wenn Beweisthema eine Tatsache ist, deren Klärung, wenn sie schon nicht (sachverhalts-)erheblich ist, zumindest mittelbar beitragen kann, Klarheit über eine (sachverhalts-)erhebliche Tatsache zu gewinnen (vgl ).

Der seitens der beschwerdeführenden Partei gestellte Beweisantrag ist somit - da er sich ausschließlich auf die behauptete Rechtswidrigkeit der gegenüber der ***X1*** GmbH ergangenen Bescheide der belangten Behörde vom bezieht - mangels Erheblichkeit für die Klärung des unter Punkt 1 dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalts (siehe dazu die Ausführungen unter Punkt 3) abzulehnen.

Rechtliche Beurteilung

3.1. Inhaltliche Rechtswidrigkeit der aufgehobenen Bescheide

Gemäß § 299 Abs 1 erster Satz BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Bei der Bescheidaufhebung von Amts wegen legt die Abgabenbehörde im Zusammenhang mit der Erlassung des Aufhebungsbescheides fest, aus welchen Gründen sie den aufzuhebenden Bescheid als inhaltlich rechtswidrig ansieht. Daraus folgt, dass die Sache, über die anlässlich der Beschwerde gegen einen Aufhebungsbescheid zu entscheiden ist, bei der amtswegigen Aufhebung durch das Finanzamt im Rahmen der Erlassung des Aufhebungsbescheides festgelegt wird (vgl ).

Im gegenständlichen Beschwerdefall ist strittig, ob im Hinblick auf die mit Bescheiden der belangten Behörde vom gegenüber der ***X1*** GmbH bereits erfolgte Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 eine inhaltliche Rechtswidrigkeit der aufgehobenen Bescheide der belangten Behörde vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2012 bis 2015 vorliegt.

In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die Rechtskraftwirkung der vorgenannten Bescheide vom einzugehen. Zu den Bescheidwirkungen zählt auch die materielle Rechtskraft. Unter materieller Rechtskraft wird die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheides verstanden (vgl ; , Ra 2016/16/0035). Ergeht in derselben Sache, die unanfechtbar und unwiderrufbar entschieden ist, eine neue Entscheidung, so ist diese inhaltlich rechtswidrig (vgl ).

Die Identität der Sache wird im Abgabenrecht in erster Linie und ausschlaggebend nach dem Inhalt des Spruches und seiner Elemente (Art des Anspruches, Parteien, Abgaben-, Feststellungsgegenstand, Zeitraum bzw Zeitpunkt der Abgaben-Erhebungsbezogenheit) bestimmt (Stoll, BAO-Kommentar I 945). Der Abgabenbehörde ist es daher verwehrt, nach einer einmal erfolgten rechtskräftigen Festsetzung einer Abgabe für denselben Zeitraum eine neuerliche Festsetzung der Abgabe gegenüber demselben Abgabenschuldner für denselben Abgabentatbestand vorzunehmen (vgl ).

Mit der Rechtskraftwirkung ist die Folge verbunden, dass in den Bestand von rechtskräftigen Bescheiden nur insoweit eingegriffen werden kann, als entsprechende - auf die Durchbrechung der Rechtskraft gerichtete - gesetzliche Tatbestände vorgesehen sind (vgl Stoll, BAO-Kommentar I 943 f unter Verweis auf A).

Aufgrund der Rechtskraftwirkung der Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 hätte eine neuerliche bescheidmäßige Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gegenüber demselben Abgabepflichtigen für dieselben Zeiträume somit eines Titels zur Durchbrechung der Rechtskraft der Bescheide vom bedurft.

Soweit die beschwerdeführende Partei einen derartigen Titel in der Bestimmung des § 201 Abs 2 Z 3 BAO zu erkennen vermeint, ist dem jedoch entgegenzuhalten, dass § 201 BAO für Abgaben, hinsichtlich derer die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung der Abgabe anordnen oder gestatten, unter den dort genannten Voraussetzungen (nur) "eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid" ermöglicht bzw anordnet. Nach dem klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut zufolge kann (bzw muss in den Fällen des § 201 Abs 3 BAO) auf der Grundlage des § 201 BAO somit leidglich eine ERSTMALIGE Festsetzung einer Abgabe mittels Bescheid erfolgen, wenn trotz einer entsprechenden Verpflichtung hierzu kein selbst berechneten Betrag bekannt gegeben wurde oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Für eine Rechtskraftdurchbrechung in Fällen, in denen - sei es auf der Grundlage des § 201 BAO oder auf einer anderen Grundlage (zB § 3 Abs 4 GebG; vgl dazu Stoll, BAO-Kommentar II 2122 sowie ) - bereits eine Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgt ist, bietet § 201 BAO jedoch keine Grundlage. Erfolgt gemäß § 201 BAO die bescheidmäßige Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe, beschränkt sich die Befugnis der Abgabenbehörde, nachfolgend eine Änderung der Festsetzung vorzunehmen, nach Eintritt der Rechtskraft somit auf die in den §§ 293 ff BAO vorgesehenen Möglichkeiten (vgl dazu auch sinngemäß Stoll, BAO-Kommentar II 2122 unter Verweis auf ).

Wenn die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang des Weiteren vorbringt, aus den Begründungen zu den Bescheiden der belangten Behörde vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 sei erkennbar, dass "Wiederaufnahmebescheide" vorliegen würden, ist dazu wie folgt auszuführen:

Gemäß § 303 Abs 1 BAO kann "ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren […] auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) …
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) …
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte
."

Gemäß § 307 Abs 1 BAO ist mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

Gemäß § 307 Abs 3 BAO tritt durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

Nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung haben die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Sachentscheidung für sich Bescheidqualität und ist jeder dieser Bescheide für sich einer Beschwerde zugänglich und für sich rechtskraftfähig (vgl zB ; , 87/14/0073; Stoll, BAO-Kommentar III 2967).

Gemäß § 93 Abs 2 BAO hat jeder Bescheid unter anderem den Spruch zu enthalten. Erledigungen ohne Spruch (somit ohne normativen Inhalt) sind keine Bescheide (). Wenn der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt, kann die Begründung als Auslegungsbehelf des Spruches herangezogen werden ().

Die beschwerdeführende Partei stützt ihr Vorbringen im Wesentlichen darauf, dass die belangte Behörde in die Begründung der Festsetzungsbescheide vom Ausführungen betreffend die Anwendbarkeit des § 201 Abs 2 Z 3 BAO aufgrund des Vorliegens neu hervorgekommener Tatsachen und Beweismittel aufnahm. Daraus kann jedoch einerseits nicht geschlossen werden, dass der Wille der belangten Behörde auf eine die Rechtskraft der Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 durchbrechende Aufhebung dieser Bescheide gerichtet gewesen wäre, noch enthalten diese Ausführungen eine Aussage, die ihrem Inhalt nach als eine die Aufhebung der früheren Bescheide bewirkende Wiederaufnahme des Verfahrens verfügender Spruch zu deuten wäre. Entgegen der Behauptung der beschwerdeführenden Partei liegen somit aber keine Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens vor.

Im Übrigen liegt gegenständlich somit auch kein Sammelbescheid, in dem die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Sachentscheidung unter gemeinsamer Bezeichnung zusammengefasst werden, vor. Wäre doch auch für die Annahme eines derartigen Sammelbescheides erforderlich, dass die Gestaltung des Bescheides die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens als eigenständige Entscheidung zum Ausdruck bringt (vgl ) und eine klare Trennung zwischen Wiederaufnahmeverfügung und Sachentscheidung ermöglicht (vgl ).

Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall zutreffend von einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit der gemäß § 299 BAO aufgehobenen Bescheide der belangten Behörde vom über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 ausgegangen ist, da diese Bescheide trotz Rechtskraft der in derselben Sache zuvor bereits ergangenen Bescheide vom erlassen wurden, ohne dass zuvor bzw gemeinsam mit der neuen Sachentscheidung eine die Aufhebung der rechtskräftigen Erstbescheide nach sich ziehende Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt worden wäre. In einem solchen Fall ist der wegen entschiedener Sache rechtswidrige zweite Bescheid zu beseitigen, wodurch der durch diesen zwischenzeitig verdrängte Erstbescheid wiederauflebt (vgl zB , Gliederungspunkt 2.3.3.; Stoll, BAO-Kommentar I 946).

3.2. Zuständigkeit der belangten Behörde

Strittig ist im gegenständlichen Beschwerdefall weiters, ob die gegenständliche Aufhebung gemäß § 299 BAO der Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 angesichts der bereits eingebrachten Beschwerde gegen diese Festsetzungsbescheide verfahrensrechtlich zulässig war, insbesondere ob die belangte Behörde nach der Maßgabe des § 300 BAO zur Erlassung der Aufhebungsbescheide zuständig war.

In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass die Aufhebung eines Bescheides gemäß § 299 BAO nicht die formelle Rechtskraft des betreffenden Bescheides voraussetzt. Somit kann zB ein Antrag der Partei gemäß § 299 Abs 1 BAO auch neben einer Bescheidbeschwerde eingebracht werden (vgl Ritz, BAO6 § 299 Rz 34). Ebenso ist der BAO eine Bestimmung fremd, der es der Abgabenbehörde grundsätzlich untersagt, einen mit Beschwerde angefochtenen Bescheid gemäß § 299 BAO von Amts wegen aufzuheben. Wird durch eine (ersatzlose) Aufhebung gemäß § 299 BAO eines mit Beschwerde angefochtenen Bescheides dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen, sieht § 261 Abs 1 lit b BAO die Gegenstandsloserklärung der Bescheidbeschwerde vor (siehe dazu auch Ritz, BAO6 § 261 Rz 3).

Liegt - wie im gegenständlichen Beschwerdefall - keine Vorlageerinnerung (§ 264 Abs 6 BAO) bzw keiner der Fälle des § 262 Abs 2 bis 4 BAO (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) vor, können Abgabenbehörden beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 300 Abs 1 BAO zufolge ab dem Zeitpunkt der Vorlage der Beschwerde (§ 265 BAO) - bei sonstiger Nichtigkeit - weder abändern noch aufheben. Ab dem Zeitpunkt der Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht kann die belangte Behörde eine Aufhebung gemäß § 299 BAO des mit Beschwerde angefochtenen Bescheides somit nur noch unter den in § 300 Abs 1 zweiter Satz BAO genannten Voraussetzungen verfügen. Daraus folgt e contrario, dass die Abgabenbehörde bis zum mit der tatsächlichen Vorlage der Bescheidbeschwerde erfolgenden Übergang der Zuständigkeit auf das Verwaltungsgericht sowohl den mit Beschwerde angefochtenen Bescheid als auch allenfalls die mit Vorlageantrag angefochtene Beschwerdevorentscheidung nach § 299 BAO aufheben kann (vgl ErläutRV 1352 BlgNR XXV. GP 29). Im gegenständlichen Fall erfolgte die Vorlage der Beschwerde gegen die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2015 am . Somit stand aber der bereits vor diesem Zeitpunkt erfolgten Aufhebung gemäß § 299 BAO dieser Bescheide die Bestimmung des § 300 BAO nicht entgegen und ist die gegen die Aufhebungsbescheide gerichtete Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.3. Säumniszuschläge

§ 79 Abs 1 EStG 1988 lautet wie folgt: "Der Arbeitgeber hat die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen. Die Lohnsteuer von Bezügen (Löhnen), die regelmäßig wiederkehrend bis zum 15. Tag eines Kalendermonats für den vorangegangenen Kalendermonat ausbezahlt werden, gilt als Lohnsteuer, die im vorangegangenen Kalendermonat einzubehalten war."

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs 2 lit d BAO), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs 8 erster Halbsatz BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid gemäß § 252 Abs 1 BAO nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Abgaben-, Mess-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind, so gilt § 252 Abs 1 BAO sinngemäß (§ 252 Abs 2 BAO).

Der Säumniszuschlag im Sinne des § 217 BAO ist eine objektive Rechtsfolge der verspäteten Entrichtung einer Abgabe. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind (grundsätzlich) unbeachtlich. Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht rechtzeitig entrichtete Steuer, unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe bzw - wie im Beschwerdefall - der Bescheid, mit dem ein Arbeitgeber zur Haftung für Lohnsteuer herangezogen wird, rechtskräftig oder mit Beschwerde angefochten ist (vgl ). Sollte sich der Umfang der Inanspruchnahme der beschwerdeführenden Partei infolge Erledigung der gegen die Haftungsbescheide gerichteten Beschwerde ändern, sieht § 217 Abs 8 BAO eine nachträgliche Herabsetzung der hier in Rede stehenden Säumniszuschläge vor, die von Amts wegen zu erfolgen hat (vgl ).

Im gegenständlichen Beschwerdefall wurden die Bescheide über die Festsetzung von Säumniszuschlägen betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 ausschließlich mit dem Argument der inhaltlichen Rechtswidrigkeit der diesen Bescheiden zugrundeliegenden Lohnsteuerhaftungsbescheide angefochten. Demgegenüber hat die beschwerdeführende Partei die Nichtentrichtung der Lohnsteuer zu den Fälligkeitstagen nicht bestritten. Dass die belangte Behörde gemäß § 217 Abs 7 BAO gehalten gewesen wäre, von der Anlastung eines Säumniszuschlages Abstand zu nehmen, weil die ***X1*** GmbH kein Verschulden an der Versäumung von Zahlungsfristen traf, wird in der Beschwerde ebenfalls nicht dargetan.

Somit ist die Beschwerde aber unter Verweis auf die Bestimmung des § 252 Abs 2 BAO als unbegründet abzuweisen (vgl zB auch ).

3.4. Unzulässigkeit der Revision

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor, wenn die vom erkennenden Verwaltungsgericht anzuwendenden Normen klar und eindeutig sind (vgl mwN). Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen sind, die sich nicht ohnehin unmittelbar aus dem klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut ergeben, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Erwägungen dieses Erkenntnisses zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§§ 293 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 183 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 307 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 307 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 300 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 300 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 252 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101650.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at