Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.06.2021, RV/5100603/2020

Die Festsetzung eines Säumniszuschlages kann nicht mit Einwendungen gegen die zugrunde liegende Abgabenvorschreibung bekämpft werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Wagner Rechtsanwälte GmbH, Wieningerstraße 3, 4780 Schärding, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt:

Mit Bescheid vom wurde gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf) ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 50,72 € festgesetzt, weil er die Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2015 nicht fristgerecht bis entrichtet hatte.

In der gegen diesen Bescheid am erhobenen Beschwerde machte der Bf durch seine steuerliche Vertretung inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.

Noch bevor die Frist zur Einreichung einer Beschwerde gegen den Bescheid, mit welchem Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2015 festgesetzt worden sei, geendet habe, sei der Säumniszuschlagsbescheid erlassen worden.

Der Bf habe gegen den Kraftfahrzeugsteuerbescheid rechtzeitig ein Rechtsmittel eingelegt, weshalb dieser Bescheid nicht rechtskräftig geworden sei. Zudem sei beim Finanzamt ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2015 eingebracht worden. Da der Bf ein Rechtsmittel eingelegt habe, könne eine Säumnis nicht gegeben sein.

Die Erstbehörde habe den Säumniszuschlag zu früh festgesetzt. Sie hätte abwarten müssen, ob der Bf ein Rechtsmittel gegen den Kraftfahrzeugsteuerbescheid einbringen werde. Dies habe die Behörde nicht getan, weshalb der Säumniszuschlagsbescheid inhaltlich rechtswidrig sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt diese Beschwerde als unbegründet ab.

Es zitierte eingangs die gesetzliche Bestimmung des § 217 Abs. 1 BAO und führte begründend weiter aus, dass Säumniszuschläge für Abgabenschulden nur dann nicht zu entrichten seien, wenn ihre Einhebung gemäß § 212a BAO ausgesetzt sei, ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 BAO gehemmt sei bzw. ein Zahlungsaufschub der Abgabenschuld gemäß § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gelte.

Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 2 BAO entstehe weiters nicht, wenn die Säumnis nicht mehr als fünf Tage betrage und alle Abgabenschulden innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis zeitgerecht entrichtet worden seien.

Ergänzend werde bemerkt, dass bei bescheidmäßigen Nachforderungen von Selbstbemessungsabgaben, die nach deren Fälligkeit erfolgten, grundsätzlich ein Säumniszuschlag anfalle.

Der entsprechende Säumniszuschlag bleibe bis zur Erledigung der Beschwerde gegen die Kraftfahrzeugsteuer ausgesetzt.

Mit Schreiben vom stellte der Bf durch seine Vertreterin einen Vorlageantrag. Ein neues Sachvorbringen wurde nicht erstattet.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte und unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Aktenteilen, dem Vorbringen der steuerlichen Vertretung des Bf sowie seinem Abgabenkonto.

Rechtslage:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, ist ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht getilgten Abgabenbetrages zu entrichten (§ 217 Abs. 1 und 2 BAO).

Der Säumniszuschlag entsteht kraft Gesetzes und stellt eine objektive, vom Verschulden unabhängige Säumnisfolge bei Nichtentrichtung der Abgabe am Fälligkeitstag dar (vgl. aber die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO).

Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht entrichtete (bzw. nicht rechtzeitig entrichtete) Abgabenschuld; dies unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe (im vorliegenden Fall der Kraftfahrzeugsteuer) rechtmäßig, rechtskräftig oder mit Bescheidbeschwerde angefochten ist (Ritz, BAO6, § 217 Tz 4, mit Verweis auf die dort angeführte Judikatur).

Das hat zur Folge, dass ein Säumniszuschlagsbescheid auch dann rechtmäßig ist, wenn die zugrunde liegende Abgabenfestsetzung unrichtig ist. Bei festgesetzten Abgaben besteht daher eine allfällige Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ohne Rücksicht auf die sachliche Richtigkeit der Vorschreibung ().

Nach § 217 Abs. 4 BAO sind Säumniszuschläge für Abgabenschulden insoweit nicht zu entrichten, als

a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,

b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,

c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,

d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

Nach § 230 Abs. 2 BAO dürfen während einer gesetzlich zustehenden oder durch Bescheid zuerkannten Zahlungsfrist Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden.

Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterung (§ 212 Abs. 1) vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebracht, so dürfen Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden; dies gilt nicht, wenn es sich bei der Zahlungsfrist um eine Nachfrist gemäß § 212 Abs. 3 erster oder zweiter Satz handelt (§ 230 Abs. 3 BAO).

Wurden Zahlungserleichterungen bewilligt, so dürfen Einbringungsmaßnahmen während der Dauer des Zahlungsaufschubes weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Erlischt eine bewilligte Zahlungserleichterung infolge Nichteinhaltung eines Zahlungstermins oder infolge Nichterfüllung einer in den Bewilligungsbescheid aufgenommenen Bedingung (Terminverlust), so sind Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der gesamten vom Terminverlust betroffenen Abgabenschuld zulässig. Ist ein Terminverlust auf andere Gründe als die Nichteinhaltung eines in der Bewilligung von Zahlungserleichterungen vorgesehenen Zahlungstermins zurückzuführen, so darf ein Rückstandsausweis frühestens zwei Wochen nach Verständigung des Abgabepflichtigen vom Eintritt des Terminverlustes ausgestellt werden (§ 230 Abs. 5 BAO).

Wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, so dürfen Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach Maßgabe des § 212a Abs. 1, 2 lit. b und 3 letzter Satz betroffenen Abgaben bis zu seiner Erledigung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs. 6 BAO).

Die einbringungshemmende Wirkung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung gilt auch für nicht zeitgerechte Aussetzungsanträge. Soweit einem Aussetzungsantrag einbringungshemmende Wirkung zukommt, hat er (dem § 217 Abs. 4 lit. b zufolge) auch säumniszuschlagsvermeidende Wirkung. Diese Wirkung besteht bis zur Erledigung des Aussetzungsantrages (Ritz, BAO6, § 217 Tz 26).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht die mit einem Antrag auf Aussetzung verbundene Wirkung der Hemmung der Einbringung nach § 230 Abs. 6 BAO erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass durch einen Aussetzungsantrag Rechtsfolgen, die bereits vor Antragstellung durch die nicht zeitgerechte Entrichtung einer Abgabe eingetreten sind, rückgängig gemacht werden sollten. Auch wenn ein Aussetzungsantrag zur Hemmung der Einbringung führe, bedeute dies nicht, dass der durch Bescheid bereits festgesetzte Säumniszuschlag durch einen später gestellten Aussetzungsantrag beseitigt würde ().

Eine Zahlungsfrist im Sinne des § 230 Abs. 2 BAO ist z.B. die Nachfrist von einem Monat gemäß § 210 Abs. 4 BAO, die für die Entrichtung einer Abgabennachforderung zusteht, wenn eine Abgabe später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzt wird.

Durch Nachfristen wird die Fälligkeit der Abgabe aber nicht verschoben (Ritz, BAO6, § 210 Tz 9 und 11).

§ 210 Abs. 4 BAO ist bei Abgaben bedeutsam, deren Fälligkeit (abweichend von § 210 Abs. 1 BAO) speziell (und unabhängig von einer Festsetzung eintretend) geregelt ist, wie z.B. in § 21 Abs. 1 UStG 1994 (betreffend Umsatzsteuer) oder in § 6 Abs. 3 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KfzStG).

Nach § 6 Abs. 3 Z 1 KfzStG) hat der Steuerschuldner bei widerrechtlicher Verwendung (§ 1 Abs. 1 Z 3) jeweils für einen Kalendermonat die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat zweitfolgenden Kalendermonats an das Finanzamt zu entrichten. Wenn die Selbstberechnung unterlassen wird oder wenn sich die Selbstberechnung als nicht richtig erweist, hat das Finanzamt die Steuer festzusetzen. Der festgesetzte Abgabenbetrag hat den im ersten Satz genannten Fälligkeitstag. Eine Festsetzung kann nur so lange erfolgen, als nicht ein den Selbstberechnungszeitraum beinhaltender Jahresbescheid erlassen wurde.

Nach Z 2 dieser Gesetzesbestimmung hat der Steuerschuldner in allen anderen Fällen des § 1 Abs. 1 jeweils für ein Kalendervierteljahr die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf das Kalendervierteljahr zweitfolgenden Kalendermonats an das Finanzamt zu entrichten. Ein gemäß § 201 BAO festgesetzter Abgabenbetrag hat den im ersten Satz genannten Fälligkeitstag.

Für Abgaben wie die Umsatzsteuer oder die Kraftfahrzeugsteuer tritt die Fälligkeit unabhängig von der bescheidmäßigen Geltendmachung zu den gesetzlich festgelegten Zeitpunkten ein. Wird daher die Kraftfahrzeugsteuer nach ihrer Fälligkeit mit Bescheid festgesetzt, steht zwar zur Entrichtung einer daraus resultierenden Nachforderung gemäß § 210 Abs. 4 BAO eine Nachfrist von einem Monat zu, ein Säumniszuschlag ist jedoch unabhängig von der Einhaltung dieser Frist wegen der Nichtentrichtung der Abgabe bis zum Fälligkeitstag verwirkt und kann nicht verhindert werden (vgl. zur Umsatzsteuer ). Auch ein innerhalb dieser Nachfrist gestellter Antrag auf Aussetzung der Einhebung hat keine Auswirkung auf den mit Ablauf des Fälligkeitstages bereits entstandenen Säumniszuschlagsanspruch (; ; -I/11; ; ).

Die Abgabenbehörde bzw. das Gericht haben im Beschwerdeverfahren gegen einen Säumniszuschlagsbescheid die Richtigkeit des zu Grunde liegenden Abgabenbescheides (im vorliegenden Fall des Kraftfahrzeugsteuerbescheides) nicht zu prüfen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehen daher auch keine Bedenken, wenn über die Beschwerde gegen einen Säumniszuschlagsbescheid entschieden wird, obwohl über den der Säumniszuschlagsfestsetzung zu Grunde liegenden Abgabenbescheid noch nicht abgesprochen worden ist. Sollte sich der Umfang der Inanspruchnahme des Beschwerdeführers infolge Erledigung der gegen den Abgabenbescheid gerichteten Beschwerde ändern, sieht § 217 Abs. 8 BAO eine nachträgliche Herabsetzung des Säumniszuschlages vor, die von Amts wegen zu erfolgen hat ().

Eine nachträgliche Herabsetzung kann sich z.B. durch eine Beschwerdevorentscheidung oder durch eine Beschwerdeentscheidung des Bundesfinanzgerichtes ergeben.

Erwägungen:

Im vorliegenden Fall wurde die Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2015 mit Bescheid vom festgesetzt. Gemäß § 6 Abs. 3 Z 2 letzter Satz KfzStG war der festgesetzte Abgabenbetrag bereits am fällig. Da diese Abgabe nach Eintritt ihrer Fälligkeit festgesetzt worden war, wurde nach § 210 Abs. 4 BAO für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat (konkret bis ) eingeräumt.

Dass, wie in der Beschwerde eingewendet, innerhalb dieser Nachfrist (fristgerecht) Beschwerde gegen den Kraftfahrzeugsteuerbescheid, verbunden mit einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung, eingebracht wurde, änderte nichts an der bereits zum eingetretenen Fälligkeit der Kraftfahrzeugsteuer. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde und des Aussetzungsantrages war der Säumniszuschlag wegen Nichtentrichtung der Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2015 zu dem im Säumniszuschlagsbescheid genannten Fälligkeitstermin am bereits verwirkt.

Zwar haben nach § 230 Abs. 6 BAO Anträge auf Aussetzung der Einhebung unabhängig davon, ob sie zeitgerecht (insbesondere vor Fälligkeit) gestellt werden, zwingend die Hemmung der Einbringung zur Folge (Ritz, BAO6; § 230 Tz 11) und haben Aussetzungsanträge, soweit ihnen einbringungshemmende Wirkung zukommt, nach § 217 Abs. 4 lit. b BAO auch säumniszuschlagshemmende Wirkung, doch berührt die Einbringung eines Aussetzungsantrages bereits entstandene Säumniszuschlagsansprüche nicht.

Der erst nach Fälligkeit der Kraftfahrzeugsteuer gestellte Antrag auf Aussetzung der Einhebung hatte demzufolge auf den bereits entstandenen Säumniszuschlag ebenso wenig Einfluss wie die nachfolgende Bewilligung des Aussetzungsantrages.

Da die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages - unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Kraftfahrzeugsteuerbescheides - bereits am eingetreten war, rechtfertigte der Umstand, dass gegen den Kraftfahrzeugsteuerbescheid eine Beschwerde eingebracht wurde, keine Stattgabe der gegenständlichen Beschwerde.

Sollte die gegen den Kraftfahrzeugsteuerbescheid erhobene Beschwerde (teilweise) erfolgreich sein, wäre der Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 8 BAO von Amts wegen entsprechend anzupassen.

Die Festsetzung des Säumniszuschlages erfolgte mangels Entrichtung der Kraftfahrzeugsteuer 1-12/2015 spätestens zur Fälligkeit am zu Recht, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der oben zitierten, einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab, weshalb die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind.

Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100603.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at