Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.05.2020, RV/7400007/2020

Geschäftsführerhaftung Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe, monatliche Aufgliederung der Beträge, Gleichbehandlungsnachweis gescheitert

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Maximilian Schludermann, Ditscheinergasse 2 Tür 4, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, MA 6/ARL - N-1, vom betreffend Haftung für Abgabenschulden der G-1 gemäß §§ 6a KommStg und DGAG zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben eingeschränkt:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
01/2017
95,63
02/2017
95,63
03/2017
95,63
04/2017
95,63
05/2017
95,63
06/2017
95,63
07/2017
754,31
08/2017
837,56
09/2017
67,42
10/2017
67,42
11/2017
67,42
12/2017
67,42
01/2018
588,02
02/2018
624,09
Dienstgeberabgabe
06/2016
70,51
07/2016
95,97
08/2016
76,39
09/2016
80,30
10/2016
97,93
11/2016
78,34
12/2016
78,34
01/2017
88,14
02/2017
70,51
03/2017
78,34
04/2017
97,93
05/2017
78,34
06/2017
92,05
07/2017
133,18
08/2017
107,72
09/2017
82,26
01/2018
64,63
02/2018
68,55

Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom des Magistrates der Stadt Wien MA6 wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG iVm § 80 BAO als Haftungspflichtiger der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 5.726,92 zur Haftung herangezogen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Zinsen
2016
182,43
Kommunalsteuer
2017
2.486,80
Säumniszuschlag
2017
46,24
Kommunalsteuer
01-02/2018
1.328,87
Säumniszuschlag
01-02/2018
26,58
Dienstgeberabgabe
2016
590,00
Säumniszuschlag
2016
11,80
Dienstgeberabgabe
2017
846,00
Säumniszuschlag
2017
10,32
Dienstgeberabgabe
01-02/2018
194,00
Säumniszuschlag
01-02/2018
3,88

Gemäß § 6a Abs. 1 KommStG hafteten die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Gemäß § 6a Abs. 1 DGAG hafteten die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gelte sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-5 sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet worden. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.

Der Bf. sei bis D-2 im Firmenbuch als Geschäftsführer der angeführten Gesellschaft eingetragen gewesen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der GmbH auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag überhaupt noch eingebracht werden könnte.

---//---

Mit Schriftsatz vom ersuchte der Bf. um Aufschlüsselung der haftungsgegenständlichen Abgaben, damit die monatlichen Aufstellungen erarbeitet werden könnten. Er halte auch fest, dass er nicht mehr Geschäftsführer des Unternehmens sei.

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Mit Schreiben vom teilte die Behörde dem Bf. mit, dass der Haftungsbescheid vom mit expediert worden sei, sodass die Stellungnahme vom keine Berücksichtigung finden habe können.

---//---

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein, dass er nach § 9 BAO allenfalls für den entstandenen Quotenschaden haften könne. Diese Haftung liege grundsätzlich im Ermessen der Abgabenbehörde. Bei der Ermessensausübung seien beispielsweise die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Haftungspflichtigen (; ), die Höhe des Einkommens (), der Grad des Verschuldens des Vertreters (; ), ein Mitverschulden der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgabenschuld (, AW 96/17/0316), Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit (; 91/13/0038) oder die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben, der Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung (Art. 126b Abs. 5 B-VG) zu berücksichtigen. Daher sei auch zu prüfen, ob der haftungsgegenständliche Betrag nur geringfügig und ob er beim Haftungspflichtigen einbringlich sei.

Dabei sei es ständige Rechtsprechung des VwGH, dass die Begründung von Haftungsbescheiden nicht nur das Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen darlegen müsse, sondern auch die Ermessensübung zu begründen habe (; AW 96/17/0316). Andernfalls sei ein Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Die Pflicht des Vertreters, die Abgaben zu entrichten, bestehe nur insoweit, als hierfür liquide Mittel vorhanden seien (; ). Dabei sei entscheidend, wann die Abgaben bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (; ; ).

Darüber hinaus sei der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Das heiße, reichten die Mittel des Vertretenen nicht aus, die offenen Verbindlichkeiten zur Gänze zu bezahlen, so sei der Vertreter grundsätzlich zur anteilsmäßigen Befriedigung der Schulden verpflichtet. Der Vertreter dürfe daher Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden (; ; ). Der Vertreter sei jedoch nicht verpflichtet, den Abgabengläubiger besser zu behandeln als die übrigen Gläubiger (). Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erstrecke sich die Haftung des Vertreters daher nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte, als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten habe (; ; ; ).

Dem angefochtenen Bescheid fehle es an einer nachvollziehbaren Begründung, welche auf den vorliegen Fall eingehe. Es fänden sich lediglich Standardformulierungen und Zitate von gesetzlichen Bestimmungen, welche eine Begründung zu ersetzen nicht im Stande seien.

Für den Bf. seien die herangezogenen Haftungsbeträge nicht nachvollziehbar. Insbesonders seien diese nicht aufgeschlüsselt, sodass ihm die Erstellung eines Gleichbehandlungsnachweises nicht möglich sei. Es seien lediglich Abgaben für Jahre oder Monate summiert angegeben. Es sei nicht einmal nachvollziehbar, woher diese resultieren sollten.

Der Bf. habe immer dafür Sorge getragen, dass Abgaben bei Fälligkeit zur Gänze bezahlt oder zumindest anteilsmäßig befriedigt würden. Da die fälligen Abgaben aus seiner Sicht bezahlt worden seien, könne keine Haftung gegeben sein.

Die Abgabenbehörde werde die Abgaben daher im Detail aufzuschlüsseln haben, damit der angefochtene Bescheid nachvollziehbar und der Bf. in die Lage versetzt werde, zu den Haftungsumständen im Einzelnen Stellung zu nehmen.

Der Bescheid sei daher auch in diesem Punkt nicht nachvollziehbar. Er leide daher an einem wesentlichen Mangel, welcher eine geordnete Prüfung unmöglich mache.

Im Hinblick auf die zu treffende Ermessensentscheidung werde vorgebracht, dass es sich, wenn überhaupt - lediglich um geringe Abweichungen handle und daher das Verschulden gering sei. Der Bf. sei als Arbeitnehmer tätig und bringe nur ein geringes Einkommen ins Verdienen, welches ihm die Zahlung kaum möglich mache.

Es werde daher ersucht, im Rahmen der Ermessensausübung von Haftungen Abstand zu nehmen.

Um einen Gleichbehandlungsnachweis erstellen zu können, ersuche der Bf. um Aufschlüsselung der Haftungsbeträge samt deren Fälligkeiten, damit die monatlichen Aufstellungen erarbeitet werden könnten.

Nach Übermittlung der Aufschlüsselung werde in Abstimmung mit dem Steuerberater ein Gleichbehandlungsnachweis erstellt werden. Der Bf. verfüge naturgemäß als ehemaliger Geschäftsführer über keinerlei Unterlagen und Buchhaltung, weil diese im Unternehmen verblieben seien.

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Mit Schreiben vom der MA6 wurde der Bf. erneut eingeladen, eine gegliederte Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum Jänner 2016 bis Februar 2018 vorzulegen. Es habe folgende Aufschlüsselung der rückständigen Abgabenbeträge erhoben werden können:


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Monat
2016
2017
2018
Zinsen
DGA
SZ
KommSt
SZ
DGA
SZ
KommSt
SZ
DGA
SZ
1
0,00
97,65
90,00
600,45
66,00
2
0,00
97,65
72,00
637,28
24,75
70,00
2,72
3
0,00
97,65
80,00
4
182,43
0,00
97,65
100,00
5
0,00
97,64
80,00
6
72,00
97,64
94,00
10,32
7
98,00
770,25
136,00
8
78,00
855,26
110,00
9
82,00
68,85
84,00
10
100,00
68,85
0,00
11
80,00
68,85
0,00
12
80,00
11,80
68,85
46,24
0,00
182,43
590,00
11,80
2.486,80
46,24
846,00
10,32
1.237,73
24,75
136,00
2,72

Die Liquiditätsaufstellung habe für den genannten Betrachtungszeitraum und auf die Fälligkeit bezogen folgende Angaben zu enthalten, wobei der jeweilige Betrachtungszeitraum zwischen dem Entstehen der einzelnen Abgabe bis zu deren Fälligkeit falle:

- eine Auflistung der im jeweiligen Betrachtungszeitraum bestandenen (falle zwischen dem 16. des Vormonats und dem 15. des Fälligkeitsmonats) und neu entstandenen Verbindlichkeiten, in Gegenüberstellung mit

- einer Auflistung aller Zahlungen (inklusive Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes bzw. Zug-um-Zug-Geschäfte) und sonstigen Tilgungen im Betrachtungszeitraum und

- eine Aufstellung der liquiden Mittel zum Fälligkeitstag (15. des Fälligkeitsmonats)

Eine korrekte Aufstellung der Verbindlichkeiten, der neu entstandenen Verbindlichkeiten sowie deren Abstattungsbeträge habe nach den jeweiligen Fälligkeiten alle Gläubiger - einzeln und mit Angabe des Namens - und Beträge zu enthalten (zB Lieferverbindlichkeiten, Miete, Pacht, Gas Strom, Wasser, Versicherungen, Löhne und Gehälter, Gebietskrankenkasse, Finanzamt, etc.).

Darüber hinaus sei eine Aufstellung der liquiden Mittel zum jeweiligen Fälligkeitstag (15. des Folgemonats) beizubringen. Weiters habe die Liquiditätsaufstellung eine Quotenberechnung zu enthalten. Die Liquiditätsaufstellung samt Quotenberechnung müsse für die Behörde rechnerisch nachvollziehbar und aussagekräftig sowie durch entsprechende Unterlagen belegt sein.

---//---

Mit Schreiben vom legte der Bf. folgenden Gleichbehandlungsnachweis vor:


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Zeitraum
Gesamtquote
Abgabenquote
Differenz
Haftungsbetrag
bis
0,454%
0,724%
- 0,270%
0,00
bis
0,866%
0,693%
0,173%
29,39
bis
1,047%
0,778%
0,269%
33,21
bis
1,465%
0,666%
0,798%
157,81
bis
0,837%
0,759%
0,078%
13,89
bis
0,436%
0,853%
- 0,417%
0,00
bis
0,839%
- 0,071%
0,910%
824,38
bis
0,312%
- 0,112%
0,423%
408,72
bis
1,035%
0,773%
0,263%
40,12
bis
0,546%
0,900%
- 0,354%
0,00
bis
0,479%
0,945%
- 0,465%
0,00
bis
0,097%
0,000%
0,097%
71,61
bis
0,248%
0,000%
0,249%
175,64
Haftung
1.754,77

Der Bf. beantrage, die Haftung mit insgesamt € 1.754,77 festzusetzen, und weise darauf hin, dass die Festsetzung der Haftung nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen habe. Diese sei auch zu begründen.

---//---

Mit Schreiben vom teilte der Magistrat der Stadt Wien dem Bf. mit, dass der vorgelegte Gläubigernachweis nicht geeignet sei, um nachzuweisen, dass die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt worden seien als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten, da eine Auflistung der im jeweiligen Betrachtungszeitraum bestandenen Verbindlichkeiten (Stand Gesamtverbindlichkeiten per ) sowie eine Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum Juni bis Dezember 2016 fehlten.

Es werde ihm Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern bzw. die geforderten Unterlagen nachzureichen.

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Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Haftung auf folgende Abgaben im Gesamtbetrag von € 5.392,36 eingeschränkt:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
2017
2.486,80
Säumniszuschlag
2017
46,24
Kommunalsteuer
01-02/2018
1.237,73
Säumniszuschlag
01-02/2018
24,75
Dienstgeberabgabe
06-12/2016
590,00
Säumniszuschlag
06-12/2016
11,80
Dienstgeberabgabe
2017
846,00
Säumniszuschlag
2017
10,32
Dienstgeberabgabe
01-02/2018
136,00
Säumniszuschlag
01-02/2018
2,72

Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.

Die Abänderung des angefochtenen Bescheides werde begründet wie folgt:

Aufgrund der vorliegenden Lohnkonten habe sowohl die Kommunalsteuer als auch die Dienstgeberabgabe für den Zeitraum Jänner bis Februar 2018 eingeschränkt werden können. Auf die Haftung des Bf. für die Zinsen für das Jahr 2016 werde verzichtet, da der Bescheid über die Festsetzung von Stundungszinsen erst nach dessen Funktionsperiode festgesetzt worden sei.

Nach Zitierung der §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG sowie des § 80 Abs. 1 BAO wurde ausgeführt:

Zu den im § 80 Abs. 1 BAO genannten Personen gehörten auch die Geschäftsführer der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten hätten.

Voraussetzungen für die Haftung seien eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.

Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestünden, stehe nach der Aktenlage fest.

Weiters stehe unbestritten fest, dass der Bf. als Geschäftsführer der Gesellschaft zu dem in § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehöre.

Ferner werde nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich seien.

Es sei ferner Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.

Dem Beschwerdevorbringen werde Folgendes entgegengehalten:

Gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG werde die GmbH durch den Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Mit der Bestellung zum Geschäftsführer werde auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übernommen. Der Geschäftsführer habe insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwalte, entrichtet würden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen dürfe (vgl. ).

Habe der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so dürfe die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich gewesen sei. Für die Haftung nach den §§ 6a KommStG und DGAG gelte nichts anderes ().

Der Vertreter hafte für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn ihm die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausgereicht hätten, es sei denn, er weise nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Auf dem Vertreter laste auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung habe zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (vgl. ). Gemäß § 11 Abs. 2 KommStG bzw. § 6 Abs. 1 DGAG habe der Abgabepflichtige bis zum 15. Tag jedes Monates die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.

Den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, habe der Vertreter auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten bezogen zu führen. Werde dieser Nachweis nicht angetreten, könne dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. ).

Dem Vertreter obliege es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen. Es sei dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten könne, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushafteten - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht ermögliche (vgl. ).

Betreffend den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung sei der Bf. im gegenständlichen Fall aufgefordert worden, eine gegliederte Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum Jänner 2016 bis Februar 2018 vorzulegen. Da die daraufhin übermittelte Liquiditätsaufstellung unzureichend gewesen sei, sei der Bf. erneut aufgefordert worden, eine Auflistung der im jeweiligen Betrachtungszeitraum bestandenen Verbindlichkeiten (Stand Gesamtverbindlichkeiten per ) sowie eine Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum Juni bis Dezember 2016 beizubringen. Die geforderte Liquiditätsaufstellung sei bis dato nicht vorgelegt worden.

Somit hafte der Bf. für die gegenständlich aushaftenden Abgaben zur Gänze, da er keinen (ausreichenden) Nachweis der Gläubigergleichbehandlung erbracht habe. Der Bf. habe somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen wäre, wobei sich seine Pflichtverletzung aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen ergebe. Er sei dafür verantwortlich gewesen, dass die Abgaben für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet würden.

Nach Lehre und Rechtsprechung sei die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des (§ 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen sei. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" sei dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme werde vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden könne. Sei eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, könne die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden (vgl. ).

Die Geltendmachung der Haftung entspreche verfahrensgegenständlich auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit. Bei Abstandnahme von der Haftungsinanspruchnahme würde die Abgabengläubigerin ihres Anspruches verlustig gehen. Im Übrigen spreche nichts dafür, dass es unbillig sei, einen Geschäftsführer, der seine abgabenrechtlichen Pflichten verletze, zur Haftung heranzuziehen, andernfalls jene Abgabenpflichtigen, die ihre Pflichten erfüllten, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt würden.

Bei Abgaben, welche der Abgabenschuldner selbst zu berechnen und abzuführen habe, bestimme sich der Zeitpunkt, ab dem zu beurteilen sei, ob der Geschäftsführer seinen abgabenrechtlichen Pflichten nachgekommen sei und ob die Gesellschaft die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gehabt habe, danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (vgl. ), und nicht danach, wann die Nachforderungen anlässlich einer "Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben" (GPLA) festgestellt worden seien. Die Nachforderungen beträfen größtenteils den Zeitraum, in dem der Bf. als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen gewesen sei und er daher für die Abgabenentrichtung zu sorgen gehabt habe.

Der Bf. habe in seiner Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei. Die Pflichtverletzung ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Er hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet würden.

---//---

Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, dass er bereits eindeutig dargelegt habe, wie die Haftungssituation aussehe und welche Beträge und Prozentsätze er aufgewendet habe, um die Gleichbehandlung zu gewährleisten.

Der Magistrat der Stadt Wien sei auf diesen Gleichbehandlungsnachweis nicht eingegangen.

Dazu werde festgehalten, dass für den Zeitraum Juni bis Dezember 2016 auf die Erstellung von Gleichbehandlungsnachweisen verzichtet worden sei, weil der Aufwand, welcher durch die Erstellung entstehe, in keinem Verhältnis zur Haftung stehe.

Es sei bereits ausgeführt worden, dass eine Haftung nur im Ausmaß von € 1.754,77 bestehen könne.

Abschließend stellte der Bf. den Antrag, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtsgrundlagen Kommunalsteuer

Gemäß § 9 KommStG 1993 beträgt die Steuer 3% der Bemessungsgrundlage. Übersteigt bei einem Unternehmen die Bemessungsgrundlage im Kalendermonat nicht 1.460 Euro, wird von ihr 1.095 Euro abgezogen.

Gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monats (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

Rechtsgrundlagen Dienstgeberabgabe

Gemäß § 5 DGAG beträgt die Abgabe für jeden Dienstnehmer und für jede angefangene Woche eines bestehenden Dienstverhältnisses 2 Euro.

Gemäß § 6 Abs. 1 DGAG hat der Abgabepflichtige bis zum 15. Tag jedes Monats die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.

Rechtsgrundlagen Säumniszuschlag

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (Abs. 2).

Gemäß § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (Z 3).

Rechtsgrundlagen Stundungszinsen

Gemäß § 212 Abs. 2 BAO iVm § 212b Z 1 BAO sind für Abgabenschuldigkeiten, die den Betrag von insgesamt 200 Euro übersteigen,
a) solange auf Grund eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, über das noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen (§ 230 Abs 3) oder
b) soweit infolge einer gemäß Abs. 1 erteilten Bewilligung von Zahlungserleichterungen ein Zahlungsaufschub eintritt,
Stundungszinsen in Höhe von sechs Prozent zu entrichten. Stundungszinsen, die den Betrag von zehn Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Abgaben werden gemäß § 210 Abs. 1 BAO unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig.

Geltendmachung von Haftungen

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a KommStG 1993 neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a Wiener Dienstgeberabgabegesetz (DGAG) neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 224 Abs. 3 BAO ist die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.

Haftungsvoraussetzungen

- Stellung des Geschäftsführers als Vertreter
- Abgabenforderungen gegen die vertretene Gesellschaft
- erschwerte Einbringlichkeit (§§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG)
bzw. Uneinbringlichkeit (§ 9 Abs. 1 BAO) der Abgabenforderungen
- abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters
- dessen Verschulden an der Pflichtverletzung
- Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der Abgaben

Vertreterstellung

Unbestritten ist, dass der Bf. im Zeitraum vom D-3 bis D-2 Geschäftsführer der G-2 (seit D-2 G-1) war.

Abgabenforderungen

Festgestellt wird, dass seitens des Finanzamtes Wien 8/16/17 eine GPLA zur Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für alle lohnabhängigen Abgaben, somit auch für die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben, stattgefunden hat. Gemäß Bericht vom erfolgten Nachverrechnungen von KFZ-Sachbezügen. Aufgrund dieser Feststellungen und der Gegenüberstellung der gemeldeten Abgaben mit den Lohnkonten konnten die folgenden Nachforderungen vom Magistrat der Stadt Wien ermittelt werden:


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Monat
2016
2017
2018
DGA
SZ
KommSt
SZ
DGA
SZ
KommSt
SZ
DGA
SZ
1
0,00
97,65
90,00
600,45
66,00
2
0,00
97,65
72,00
637,28
24,75
70,00
2,72
3
0,00
97,65
80,00
4
0,00
97,65
100,00
5
0,00
97,64
80,00
6
72,00
97,64
94,00
10,32
7
98,00
770,25
136,00
8
78,00
855,26
110,00
9
82,00
68,85
84,00
10
100,00
68,85
0,00
11
80,00
68,85
0,00
12
80,00
11,80
68,85
46,24
0,00
590,00
11,80
2.486,80
46,24
846,00
10,32
1.237,73
24,75
136,00
2,72

Diese Nachforderungen wurden nicht bescheidmäßig festgesetzt, sondern als zusammengefasste Abgaben 2016, 2017 und 01-02/2018 gemäß § 224 Abs. 1 und 3 BAO im Haftungsbescheid erstmals geltend gemacht.

Allerdings war nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Inanspruchnahme für eine Zusammenfassung von mehreren Voranmeldungszeiträumen (durch Anführung einer im Gesetz nicht vorgesehenen Jahressteuer) für die Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben nicht zulässig, da der Bf. damit nicht in die Lage versetzt wurde, die geforderte Liquiditätsaufstellung zu den jeweiligen Fälligkeitstagen zu erstellen () bzw. konkret vorzubringen, weshalb er welche Abgabe nicht (vollständig) abgeführt oder entrichtet habe, und so den ihm auferlegten Entlastungsbeweis zu erbringen (), sowie deren undeterminierte Bezeichnung wegen des Gebotes der Bestimmtheit von Abgaben bei Einhebungsmaßnahmen nicht zulässig ist, weshalb diese Abgaben aufzugliedern waren. Diese wurden dem Bf. auch bereits im Vorhalt vom , in dem ihm Gelegenheit zur Erbringung eines Gleichbehandlungsnachweises gegeben wurde, zur Kenntnis gebracht.

Erschwerte Einbringlichkeit

Die Haftung nach § 6a KommStG sowie § 6a DGAG ist keine Ausfallshaftung, es ist lediglich vorausgesetzt, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können. Dies gilt nach den genannten Haftungsbestimmungen insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im Beschwerdefall steht sogar die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben in Höhe von 97,93% fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-4 der über das Vermögen der G-1 am D-5 eröffnete Konkurs nach Verteilung einer Quote von 2,07% aufgehoben wurde.

Schuldhafte Pflichtverletzung

Dem Bf. oblag im Zeitraum seiner Vertreterfunktion die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Bei Selbstbemessungsabgaben ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob bzw. wann die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird ().

Die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern 01/2017-02/2018 waren gemäß § 11 Abs. 2 KommStG im Zeitraum vom bis fällig, die Dienstgeberabgaben 06/2016-02/2018 waren gemäß § 6 Abs. 1 DGAG im Zeitraum vom bis fällig, daher innerhalb der Geschäftsführungstätigkeit des Bf., der vom D-3 bis D-2 Vertreter der Gesellschaft war.

Hingegen war bei den Säumniszuschlägen festzustellen, dass diese gemäß § 217a Z 2 BAO im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides, diesfalls der Haftungsbescheid vom , fällig waren, daher erst nach Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit, weshalb eine schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. nicht vorliegen kann.

Ebenso wenig kann der Bf. für die erst am festgesetzten und gemäß § 210 Abs. 1 BAO einen Monat nach Zustellung fälligen Stundungszinsen zur Haftung herangezogen werden.

Darüber hinaus ist der Haftungspflichtige gemäß § 224 Abs. 1 BAO auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, hinzuweisen. Sowohl im Spruch als auch in der Begründung des Haftungsbescheides wurden zwar die Bestimmungen der §§ 6a KommStG und DGAG angeführt, nicht jedoch die für die Haftung von Säumniszuschlägen und Stundungszinsen relevante Bestimmung des § 9 BAO, weshalb auch aus diesem Grund eine Haftungsinanspruchnahme nicht in Betracht käme.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Im gegenständlichen Fall wurde nicht behauptet, dass dem Bf. keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären, sondern lediglich unzureichende liquide Mittel.

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bf. jedoch nicht aufgestellt, da aus seiner für die Zeiträume 01/2017-02/2018 übermittelten "Liquiditätsaufstellung" weder die gesamten fälligen Verbindlichkeiten zu den einzelnen Fälligkeitstagen, da lediglich die im jeweiligen Monat neu entstandenen Verbindlichkeiten angeführt wurden, noch die zu diesen Zeitpunkten vorhandenen liquiden Mittel, da diese nicht mit den erfolgten Zahlungen übereinstimmen, hervorgehen, weshalb auch keine korrekten Quoten berechnet wurden.

Aus der Gesamtschau aller angeführten Mängel ergibt sich, dass der vom Bf. unternommene Versuch zur Erbringung eines Gleichbehandlungsnachweises als gescheitert anzusehen ist.

Auf die Erbringung eines Liquiditätsstatus für die haftungsgegenständlichen Dienstgeberabgaben 06-12/2016 wurde seitens des Bf. ohnedies verzichtet.

Da der Bf. mehrfach mit konkreten Anleitungen durch die Abgabenbehörde dazu aufgefordert und ihm Gelegenheit zur Verbesserung gegeben wurde, waren nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtes weitere Ermittlungen seitens des Bundesfinanzgerichtes nicht mehr vorzunehmen (), da es am Bf., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, gelegen gewesen wäre, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Der Bf. wies in seiner Rechtfertigung auf den geringen Grad seines Verschuldens hin, da es sich bei den Nachforderungen um geringfügige Abweichungen handle.

Dem ist zu entgegnen, dass zwar nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten zur Haftungsinanspruchnahme berechtigen, aber auch das Vorliegen von leichter Fahrlässigkeit genügt, da eine bestimmte Schuldform nicht gefordert ist (). Im Hinblick auf die Prüfungsfeststellungen, wonach die haftungsgegenständlichen Nachforderungen auf unversteuert gebliebenen Verwendungen von firmeneigenen PKWs für Privatfahrten sowie Abfuhrdifferenzen beruhten, kann ein geringes Verschulden ohnehin nicht erkannt werden.

Weiters machte der Bf. sein geringes Einkommen als Arbeitnehmer geltend, das jedoch bereits mangels konkreter Bezifferung bei der Ermessensübung keine Berücksichtigung finden könnte.

Darüber hinaus judiziert der Verwaltungsgerichtshof, dass die Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Haftungspflichtigen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung stehen. Soweit dieser vorträgt, dass die belangte Behörde nach der Aktenlage von der Uneinbringlichkeit der geltend gemachten Verbindlichkeiten bei ihm ausgehen hätte müssen, weshalb die Heranziehung zur Haftung in Ausübung des Ermessens nicht zweckmäßig sei, ist er darauf hinzuweisen, dass die allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit nicht ausschließt, dass künftig neu hervor gekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können (; ).

Vom Bf. wurden keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

Conclusio

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die nachstehenden Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Ausmaß von nunmehr € 5.186,87 zu Recht:


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Abgabe
Zeitraum
monatlich aufgegliederte Haftungsbeträge
abzüglich Konkursquote
Kommunalsteuer
01/2017
97,65
95,63
02/2017
97,65
95,63
03/2017
97,65
95,63
04/2017
97,65
95,63
05/2017
97,65
95,63
06/2017
97,65
95,63
07/2017
770,25
754,31
08/2017
855,26
837,56
09/2017
68,85
67,42
10/2017
68,85
67,42
11/2017
68,85
67,42
12/2017
68,85
67,42
01/2018
600,45
588,02
02/2018
637,28
624,09
Dienstgeberabgabe
06/2016
72,00
70,51
07/2016
98,00
95,97
08/2016
78,00
76,39
09/2016
82,00
80,30
10/2016
100,00
97,93
11/2016
80,00
78,34
12/2016
80,00
78,34
01/2017
90,00
88,14
02/2017
72,00
70,51
03/2017
80,00
78,34
04/2017
100,00
97,93
05/2017
80,00
78,34
06/2017
94,00
92,05
07/2017
136,00
133,18
08/2017
110,00
107,72
09/2017
84,00
82,26
01/2018
66,00
64,63
02/2018
70,00
68,55
Summe
5.296,54
5.186,87

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 9 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 11 Abs. 2 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212b Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400007.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at