Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.06.2021, RV/1100404/2020

Anforderungen an eine Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch E. Igerz & Co Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Bergmannstraße 7, 6850 Dornbirn, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Aufhebungdes Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2009 gemäß § 299 BAO, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Dem Beschwerdeführer wurde im Wege einer mittels am ergangenen Beschwerdevorentscheidung betreffend den Einkommensteuerbescheid 2009 vom die Steuerbefreiung für Auslandsmontagetätigkeiten iSd § 3 Abs 1 Z 10 EStG gewährt. Die Stattgabe erfolgte ohne Begründung.

Der Vorhalt vom hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:

"Sie werden ersucht für die Kalenderjahre 2009 - 2010 folgende Unterlagen beizubringen:

- tägliche Tätigkeitsberichte des Dienstnehmers

- aussagekräftige, ausführliche Projektbeschreibungen sämtlicher Projekte, aus denen ersichtlich ist, ob es sich bei den durchgeführten Projekten und deren Teilabschnitten gänzlich, teilweise oder gar nicht um Reparatur-, Sanierungs- oder Herstellungstätigkeiten gehandelt hat (zB. Reparatur, Versetzen oder Sanieren der Stützmauer VW-Straße oder Eisenbahntrasse "Unterried/Thal", Austausch der Kanalrohre XY-Straße,

- umfangreiche Dokumentation der einzelnen Projekte"

Diese Beschwerdevorentscheidung wurde gemäß § 299 BAO mit Bescheid vom wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Die Begründung hat folgenden Wortlaut:

"Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Einkommensteuer 2009 wird gemäß § 299 Bundesabgabenordnung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Sämtliche Bauausführungen waren als Sanierungen einzustufen und die für diese Tätigkeiten erzielten Einkünfte sind folglich vollumfänglich steuerpflichtig.

Daher war der rechtswidrige Bescheid im Sinne der Rechtsrichtigkeit aufzuheben und durch eine neue Beschwerdevorentscheidung zu ersetzen.

Die im elektronisch zugestellten Ersuchen um Ergänzung vom angeforderten Unterlagen (ua. Tätigkeitsberichte und Projektbeschreibungen) wurden bis dato nicht vorgelegt, was als Bestätigung der vom Finanzamt nach eingehender Prüfung erlangten Beurteilung der Sachlage zu werten ist."

Die Begründung der mit der Aufhebung erfolgten neuerlichen Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2009 lautet:

"Bei sämtlichen Bauausführungen, für welche die Steuerbefreiung gemäß § 3 (1) 10 EStG beantragt wurde, liegen nach Ansicht des Finanzamtes keine begünstigten Projekte im Sinne der Begünstigungsbestimmung vor, umso mehr, als mangels Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom (zB Vorlage der Projektbeschreibungen und tägl. Montageberichte) es der Abgabenbehörde nicht möglich ist, das Vorliegen der Begünstigungsvoraussetzungen zu überprüfen.

Aus den vorgelegten Unterlagen und aufgrund der angestellten Recherchen ist die Abgabenbehörde zur Überzeugung gelangt, dass es sich bei den Projekten um Sanierungs- bzw Reparaturarbeiten handelte bzw die Tätigkeiten nicht jeweils ununterbrochen über den Zeitraum von einem Monat hinausgegangen sind.

Zumal gemäß ständiger Rechtsprechung des VwGH derjenige, welcher eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst einwandfrei das Vorliegen all jener Umstände darzulegen hat, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann, konnte die Begünstigung nicht gewährt werden."

In der Beschwerde vom brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:

"Im Namen und im Auftrage unseres oben angeführten Klienten erheben wir in offener Frist Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid und stellen die folgenden Anträge:

1. Der angefochtene Bescheid möge wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden und wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften als gesetzwidrig aufgehoben werden

2. Der Einkommensteuerbescheid 2009 vom möge unverändert im Rechtsbestand belassen werden

3. Bis zur unseres Erachtens nach positiven Erledigung der Beschwerde möge die festgesetzte Abgabe in Höhe von EUR 4.106,71 ausgesetzt werden

4. Für den Fall, dass die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt wird, beantragen wir eine mündliche Verhandlung vor dem gesamten Senat

Sachverhalt

Der Abgabenpflichtige arbeitete im Kalenderjahr 2009 bei der in der Schweiz ansässigen Baufirma ***1*** als Baggerfahrer auf verschiedenen Baustellen.

[...]

Den Verfahrensgang haben wir auf der nächsten Seite noch einmal zusammengefasst:

Die Historie des Einkommensteuerbescheides 2009 - eine unendliche Geschichte


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Die Steuererklärung wurde eingereicht
Der Erstbescheid wurde erlass
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbeschied wurde eingebracht
Ergänzungsansuchen wurde von der Abgabenbehörde versendet
Das Ergänzungsansuchen wurde beantwortet
Der Abgabenbehörde wurden noch einmal die Steuererklärungen Kalenderjahre 2009 bis 2011 mit allen Beilagen schriftlich übermittelt
Die Beschwerde vom wurde von der Abgabenbehörde erledigt
email von Herrn Mag. Geiger (FA Bregenz)

Bemerkenswert ist, dass die Abgabenbehörde (Herr Mag. Geiger) etwa drei Wochen nachdem die Abgabenbehörde das Verfahren nach etwa 5 Jahren (noch nicht rechtskräftig) mittels Beschwerdevorentscheidung abgeschlossen hatte, wieder Zweifel an der erlassenen Beschwerdevorentscheidung einwendet: "Auch 2009 ist noch nicht "gegessen", wenn auch schon der Beschied ergangen ist. Der Parkplatz-Umbau könnte auch als Teilsanierung gesehen werden", (vgl. email Herr Mag. Geiger vom ).

Am wurde dem Abgabenpflichtigen ein Ergänzungsansuchen zugestellt, in dem dieser aufgefordert wurde, die unten angeführten Unterlagen bezüglich der Kalenderjahre 2009 und 2010 zu beschaffen.

Sie werden ersucht für die Kalenderjahre 2009 - 2010 folgende Unterlagen beizubringen:

tägliche Tätigkeitsberichte des Dienstnehmers

aussagekräftige, ausführliche Projektbeschreibungen sämtlicher Projekte, aus denen ersichtlich ist, ob es sich bei den durchgeführten Projekten und deren Teilabschnitten gänzlich, teilweise oder gar nicht um Reparatur-, Sanierungs- oder Herstellungstätigkeiten gehandelt hat (z.B. Reparatur, Versetzen oder Sanieren der Stützmauer VW-Straße oder Eisenbahntrasse Unterried/Thal, Austausch der Kanalrohre XY-Straße,

umfangreiche Dokumentation der einzelnen Projekte

Laut Steuerakt wurde das Ergänzungsansuchen wieder mit Datum gesperrt.

Die angeforderten täglichen Tätigkeitsberichte wurden der Abgabenbehörde bereits am übermittelt. Auch die angeforderten Projektbeschreibungen wurden der Abgabenbehörde bereits in den KJ 2011 bis 2013 und zum letzten Mal am zugestellt.

In dem am erlassenen Aufhebungsbescheid wurde die Bescheidaufhebung wie folgt begründet:

Die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Einkommensteuer 2009 wird gemäß § 299 Bundesabgabenordnung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Sämtliche Bauausführungen waren als Sanierungen einzustufen und die für diese Tätigkeiten erzielten Einkünfte sind folglich vollumfänglich steuerpflichtig. Daher war der rechtswidrige Bescheid im Sinne der Rechtsrichtigkeit aufzuheben und durch eine neue Beschwerdevorentscheidung zu ersetzen.

Die im elektronisch zugestellten Ersuchen um Ergänzung vom angeforderten Unterlagen (ua. Tätigkeitsberichte und Projektbeschreibungen) wurden bis dato nicht vorgelegt, was als Bestätigung der vom Finanzamt nach eingehender Prüfung erlangten Beurteilung der Sachlage zu werten ist.

Der Feststellung, dass die Abgabenbehörde den Sachverhalt eingehend geprüft hat, kann nicht widersprochen werden.

Rechtliche Grundlagen

Die hier maßgebliche Bestimmung des § 299 Abs. 1 bis 3 BAO lautet wie folgt:

(1) Die Abgabenbehörde erster Instanz kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden.

(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.

Aufhebungsgrund ist, wenn sich der Bescheid im Spruch als nicht richtig erweist, also der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. § 299 Abs. 1 BAO gilt auch für "dynamische", also erst später erweisliche Unrichtigkeiten (siehe dazu Ritz, BAO3, § 299 Tz 10). Die Aufhebung setzt weder ein Verschulden noch die Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit voraus. Lediglich bei der Ermessensübung könnte ausnahmsweise dem Verschulden der Behörde bzw. der Partei Bedeutung zukommen.

Voraussetzung ist jedoch die Gewissheit der Rechtswidrigkeit. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (vgl. Ritz, a.a.O., § 299 Tz 13). Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem Verbindungsgebot nach § 299 Abs. 2 BAO. Für die Aufhebung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Aufhebung maßgeblich (Ritz, a.a.O., § 299 Tz 14).

Im gegenständlichen Fall sieht die Abgabenbehörde eine Rechtswidrigkeit darin, dass bestimmte Bauausführungen keine begünstigte Bauausführungen iSd § 3 Abs. 1 Z 10 EStG seien. In der Bescheidbegründung wird die Schlussfolgerung der Abgabenbehörde auch ganz klar und zweifelsfrei dargelegt: "Sämtliche Bauausführungen waren als Sanierungen einzustufen", außerdem verweist die Abgabenbehörde auch darauf, dass der Abgabenpflichtige die im Ergänzungsansuchen vom angeforderten Unterlagen nicht beigebracht habe - die Abgabenbehörde zieht daraus den Schluss, dass die Passivität des Abgabenpflichtigen als Bestätigung der fundierten Rechtsansicht der Abgabenbehörde zu werten sei.

Zum Begriff der Bauausführung verweisen wir auf unsere Ausführungen in der am eingebrachten Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 sowie auf die Entscheidung des ).

Eigene Rechtsansicht

Die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2009 vom ist gesetzwidrig erfolgt, da der Spruch des Bescheides vom keine Rechtswidrigkeit aufweist.

Die Abgabenbehörde bemüht sich auch nicht, zu erklären, weshalb die einzelnen Bauausführungen keine begünstigten Bauausführungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG sind, sondern behauptet lapidar, dass sämtliche Bauausführungen als nicht begünstigte Sanierungen einzustufen seien.

Wenn nunmehr die Abgabenbehörde nach ausführlicher 5-jähriger Prüfung des Sachverhaltes behauptet, dass keine begünstigten Bauausführungen iSd § 3 Abs. 1 Z 10 EStG vorlägen, zeigt sie keine (gewisse) Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Bescheides auf. Die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr 2009 erfolgte daher zu Unrecht, da die Abgabenbehörde nicht darlegen kann, aus welchen Gründen der Einkommensteuerbescheid 2009 rechtswidrig sei."

Die Beschwerde wurde vom Finanzamt Bregenz mittels Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

"Wie bereits in dem vom Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: Bf.) beschrittenen Rechtsmittelverfahren betreffend Einkommensteuer 2006 und 2007 aufgezeigt und vom Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom , RV/1100544/2008 entschieden wurde, ist die Steuerbegünstigung zu versagen, wenn es sich nicht um begünstigte Auslandstätigkeiten handelt oder das Vorliegen dieser Begünstigungsvoraussetzungen im Rahmen der erhöhten Mitwirkungspflicht nicht nachgewiesen wird.

Begünstigte Auslandstätigkeiten sind gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 lit. b EStG 1988 die Bauausführung, Montage, Montageüberwachung, Inbetriebnahme, Instandsetzung und Wartung von Anlagen, die Personalgestellung anlässlich der Errichtung von Anlagen durch andere inländische Betriebe sowie die Planung, Beratung und Schulung, soweit sich alle diese Tätigkeiten auf die Errichtung von Anlagen im Ausland beziehen.

Wartungs- und Reparaturarbeiten an bestehenden Anlagen stehen nicht im Zusammenhang mit der Errichtung von Anlagen (vgl. ).

Erhaltungs- bzw. Reparaturaufwand liegt vor, wenn eine Anlage in einem ordnungsgemäßen Zustand gehalten wird. Erhaltungsaufwand liegt insbesondere dann vor, wenn vorhandene Teile ausgetauscht werden, wobei auch ein besseres oder längerlebiges Material verwendet werden kann. Herstellungsaufwand liegt dann vor, wenn durch den Aufwand die Wesensart des Wirtschaftsgutes geändert wird. Die Wesensart des Wirtschaftsgutes kann sich dadurch ändern, dass sich die Funktion, also die Zweckbestimmung, ändert. Die Renovierung eines vom Verfall bedrohten Bauernhauses begründet keine Änderung der Wesensart. Ebenso liegt keine Änderung der Wesensart vor, wenn bei einer Wasserleitung ein wesentlicher Teil ausgetauscht, die Trassenführung leicht geändert und die Kapazitätsausweitung lediglich Folge der Verwendung zeitgemäßen Materials ist. Dagegen liegt eine Änderung der Wesensart vor, wenn ein WC in einen Baderaum umgestaltet wird oder Gebäudeteilen, die bisher Wohnzwecken dienten, zu Geschäftsräumlichkeiten umgebaut werden (vgl. Doralt/Mayr, EStG13, §6 Tz 124 ff, und die dort zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes).

Wie bereits im Erstbescheid festgestellt wurde, war der Beschwerdeführer (kurz: Bf.) nach dem Wissensstand der Abgabenbehörde als Baumaschinenführer und Baggerfahrer z.B. im betriebseigenen Steinbruch tätig. Bei den dort ausgeübten Tätigkeiten (5.-) handelt es sich unbestritten nicht um begünstigte Auslandsmontagetätigkeiten.

Beim mehrjährigen Umbau-Projekt des ***4******3***, der während der gesamten Umbau-, Sanierungs- und Erweiterungsphase geöffnet war, wurde das Einkaufszentrum laut der von der Abgabenbehörde bei Internet-Recherchen gefundenen Bauinfowand in sieben Etappen rundumerneuert und u.a. auf Mini-Energie-Standard gebracht. Im Altbestand fanden Umbauteilprojekte beispielsweise von Februar bis April 2009 im Erdgeschoss und Untergeschoss bzw. von Februar bis Juli 2009 im Untergeschoss und im Mai 2009 im Obergeschoss statt.

Laut den Stundenaufzeichnungen auf den vorgelegten Arbeitsausweisen des Jahres 2009 war der Bf. vom bis fast ausschließlich beim Projekt ***4*** tätig, davon überwiegend auf der "Baustelle" Umgebung.

Auf der Baustelle "Umgebung" wurden den vorgelegten Fotos zufolge Teile des Parkplatzes und der Böschung saniert, umgebaut und erweitert - wodurch in großem Ausmaß von Wartungs- und Reparaturarbeiten an bestehenden Anlagen auszugehen war.

Auf der Baustelle "Hochbau" (KST 10042) war der Bf. im Februar an 9 Tagen (49 Std.), im März an zwei Tagen (4 Std.), im April an 7 Tagen (7,5 Std.), im Mai an 11 Tagen (44,5 Std.), im Juni an 9 Tagen (69 Std.) tätig. Auch auf den dazu mitgelieferten Fotos ist ersichtlich, dass an bestehenden Bereichen gearbeitet wurde.

Weder anhand der eingereichten Projektbeschreibungen noch anhand der übermittelten Fotos kann als erwiesen angesehen werden, dass es sich um ausschließlich oder überwiegend begünstigte Tätigkeiten gehandelt hätte bzw. ob die begünstigten Tätigkeiten ununterbrochen mehr als einen Monat ausgeübt wurden.

Ebenso war und ist aus den Arbeitsausweisen und den Projektbeschreibungen nicht ersichtlich, dass es sich bei den Tätigkeiten im September, Oktober und November um ausschließlich begünstigte Projekte gehandelt hat.

In dem am elektronisch abgefertigten Ersuchen um Ergänzung wurde der Bf. nochmals explizit aufgefordert, tägliche Tätigkeitsberichte sowie aussagekräftige, ausführliche Projektbeschreibungen sämtlicher Projekte vorzulegen, aus denen ersichtlich ist, ob es sich bei den durchgeführten Projekten und deren Teilabschnitten gänzlich, teilweise oder gar nicht um Reparatur-, Sanierungs- oder Herstellungstätigkeiten (zB. Reparatur, Versetzen oder Sanieren von Stützmauern....) gehandelt hat, sowie um eine umfangreiche Dokumentation der einzelnen Projekte gebeten.

Nichts dergleichen wurde vorgelegt.

Diesbezüglich sei darauf hingewiesen, dass der Vorhalt vom elektronisch versendet und die Zustellung nicht bestritten worden war. Weshalb und von wem der Vorhalt nachträglich "gesperrt" wurde, ist nicht eruierbar. Es ist aber auch nicht bekannt, dass das "Sperren" eines Vorhaltes für den Bürger bzw. dessen steuerliche Vertretung ersichtlich ist. Üblicherweise werden Vorhalte gesperrt und damit aus der Überwachung genommen, wenn die Beantwortungsfrist verstrichen ist.

Dies hindert aber den Steuerpflichtigen nicht, die angeforderten Unterlagen zu einem späteren Zeitpunkt einzureichen.

Die als zweckdienlich und notwendig erachteten - über die reinen Stundenaufzeichnungen des Beschwerdeführers und die bereits eingereichten Kurzprojektbeschreibungen hinausgehenden - Unterlagen hätten spätestens mit der streitgegenständlichen Beschwerde vorgelegt werden können.

Wenn jedoch mit den mit dem Beschwerdeschriftsatz neuerlich eingereichten Unterlagen der Nachweis nicht erbracht werden konnte, dass es sich bei den von der steuerlichen Vertretung als steuerbegünstigt eingestuften Arbeitsprojekten tatsächlich um begünstigte Auslandsmontagetätigkeiten gehandelt hat bzw. dass keine schädlichen Unterbrechungshandlungen Vorlagen, hat die Abgabenbehörde zu Recht wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides gemäß § 299 BAO wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes verfügt.

Die Beschwerde war aus diesen Gründen als unbegründet abzuweisen."

Durch den Vorlageantrag vom gilt die Beschwerde wiederum als unerledigt.

Mit Eingabe vom hat der Beschwerdeführer die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war im Streitjahr als Baumaschinenführer bei einem Schweizer Bauunternehmen beschäftigt.

Der Beschwerdeführer hat im Zuge des Einkommensteuerverfahrens Tätigkeitsbeschreibungen, Fotos der Baustellen und Arbeitszeitrapporte an den Dienstgeber dem Finanzamt vorgelegt.

Dem Beschwerdeführer wurde im Wege einer mittels am ergangenen Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuerbescheid 2009 vom die Steuerbefreiung für Auslandsmontagetätigkeiten iSd § 3 Abs 1 Z 10 EStG gewährt. Die Stattgabe erfolgte ohne Begründung.

Die mit Vorhalt vom angeforderten Unterlagen haben sich zum Zeitpunkt der Erlassung der BVE vom im Finanzamtsakt befunden und haben die Grundlage für die Erlassung der stattgebenden BVE gebildet. Zudem war der Vorhalt in FinanzOnline als gesperrt gekennzeichnet. Für den Beschwerdeführer war daher nicht erkennbar, dass dieser Vorhalt noch aktuell ist. Zudem hat er alle im Vorhalt angeforderten Unterlagen bereits Jahre vorher dem Finanzamt übermittelt.

Diese Beschwerdevorentscheidung wurde gemäß § 299 BAO mit Bescheid vom wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

In der Begründung zum Aufhebungsbescheid führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

"Die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Einkommensteuer 2009 wird gemäß § 299 Bundesabgabenordnung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Sämtliche Bauausführungen waren als Sanierungen einzustufen und die für diese Tätigkeiten erzielten Einkünfte sind folglich vollumfänglich steuerpflichtig.

Daher war der rechtswidrige Bescheid im Sinne der Rechtsrichtigkeit aufzuheben und durch eine neue Beschwerdevorentscheidung zu ersetzen.

Die im elektronisch zugestellten Ersuchen um Ergänzung vom angeforderten Unterlagen (ua. Tätigkeitsberichte und Projektbeschreibungen) wurden bis dato nicht vorgelegt, was als Bestätigung der vom Finanzamt nach eingehender Prüfung erlangten Beurteilung der Sachlage zu werten ist."

Die Begründung der mit der Aufhebung erfolgten neuerlichen Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2009 lautet:

"Bei sämtlichen Bauausführungen, für welche die Steuerbefreiung gemäß § 3 (1) 10 EStG beantragt wurde, liegen nach Ansicht des Finanzamtes keine begünstigten Projekte im Sinne der Begünstigungsbestimmung vor, umso mehr, als mangels Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom (zB Vorlage der Projektbeschreibungen und tägl. Montageberichte) es der Abgabenbehörde nicht möglich ist, das Vorliegen der Begünstigungsvoraussetzungen zu überprüfen.

Aus den vorgelegten Unterlagen und aufgrund der angestellten Recherchen ist die Abgabenbehörde zur Überzeugung gelangt, dass es sich bei den Projekten um Sanierungs- bzw Reparaturarbeiten handelte bzw die Tätigkeiten nicht jeweils ununterbrochen über den Zeitraum von einem Monat hinausgegangen sind.

Zumal gemäß ständiger Rechtsprechung des VwGH derjenige, welcher eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst einwandfrei das Vorliegen all jener Umstände darzulegen hat, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann, konnte die Begünstigung nicht gewährt werden."

Das Finanzamt hat nicht begründet wie es zur Annahme kommt, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer ausgeführten Tätigkeiten um Sanierungsarbeiten handelt.

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer den Vorhalt vom nicht beantwortet hat, vermag den Aufhebungsbescheid nicht zu tragen, da dieser Vorhalt gesperrt war und alle Unterlagen die damit angefordert waren dem Finanzamt bereits zum Zeitpunkt der stattgebenden BVE vom bekannt waren. Für das Bundesfinanzgericht ist daher nicht nachvollziehbar wie das Finanzamt zum Schluss gekommen ist, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer durchgeführten Arbeiten um Sanierungsarbeiten gehandelt hat.

Die gemäß § 3 Abs 1 Z 10 EStG steuerfreien und die steuerpflichtigen Einkünfte teilen sich nach folgendem Verhältnis auf:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
begünstigt
nicht begünstigt
Do
Fr.
Vorholtag
Sa.
So.
Mo.
***5***
3
Di.
***5***
7,5
Mi.
***5***
7,5
Do.
***5***
Fr.
***5***
8
Sa.
So.
Mo.
***5***
8,5
Di.
***5***
8,25
Mi.
***5***
8,5
Do.
***5***
8,25
Fr.
***5***
6,5
Sa.
So.
Mo.
***5***
7,75
Di.
***5***
7,5
Mi.
***3***
6
1,5
Do.
***3***
8
Fr.
***3***
7
0,5
Sa.
So.
Mo.
***3***
4,5
Di.
***3***
7,5
Mi.
***3***
8
Do.
***3***
8
Fr.
***3***
8
Sa.
So.
Mo.
***3***
7,5
Di.
***3***
8
Mi.
***3***
8
Do.
***3***
8
Fr.
***3***
8
Sa.
So.
Mo.
***3***
8
Di.
***3***
7,5
Mi.
***3***
8
Do.
***3***
8
Fr.
***3***
8,5
Sa.
So.
Mo.
***3***
7,5
Di.
***3***
6,5
Mi.
***3***
8
Do.
***3***
8
Fr.
***3***
8
Sa.
So.
Mo.
***3***
8
Di.
***3***
7,5
Mi.
***3***
8,5
Do.
***3***
8
Fr.
Sa.
So.
Mo.
***3***
8,5
Di.
***3***
8,5
Mi.
***3***
8,5
Do.
***3***
8
Fr.
***3***
7,5
Sa.
So.
Mo.
Ferien
8
Di.
Ferien
8
Mi.
Ferien
8
Do.
Ferien
8
Fr.
Ferien
8
Sa.
So.
Mo.
***3***
8,5
Di.
***3***
8,75
Mi.
***3***
8,5
Do.
***3***
8,5
Fr.
***3***
8,5
Sa.
So.
Mo.
***3***
9
Di.
***3***
8,5
Mi.
***3***
8,5
Do.
***3***
8,5
Fr.
***3***
8,5
Sa.
So.
Mo.
***3***
8,5
Di.
***3***
8,5
Mi.
***3***
8,5
Do.
***3***
8,5
Fr.
***3***
8,5
Sa.
So.
Mo.
***3***
9,25
Di.
***3***
3
Mi.
***3***
9,5
Do.
***3***
8,25
Fr.
Feiertag
9
Sa.
So.
Mo.
Feiertag
9
Di.
***3***
9,25
Mi.
***3***
9,25
Do.
***3***
9,25
Fr.
***3***
9,25
Sa.
So.
Mo.
***3***
9,25
Di.
***3***
9,25
Mi.
***3***
9,25
Do.
***3***
9,25
Fr.
***3***
2,5
3
Sa.
So.
Mo.
***3***
4,5
5
Di.
***3***
9,25
Mi.
***3***
9,25
Do.
***3***
9,25
Fr.
Feiertag
9,25
Sa.
So.
Mo.
***3***
9
Di.
***3***
9,25
Mi.
***3***
9,25
Do.
***3***
9,5
Fr.
***3***
9
Sa.
So.
Mo.
***3***
9,5
Di.
***3***
9,25
Mi.
***3***
9
Do.
***3***
8,25
Fr.
***3***
9,25
Sa.
So.
Mo.
Ferien
8,75
Di.
Ferien
8,75
Mi.
Ferien
8,75
Do.
Ferien
9
Fr.
Vorholtag
Sa.
So.
Mo.
Ferien
8,1
Di.
***3***
9,25
Mi.
***3***
9,25
Do.
***3***
9,25
Fr.
***3***
9,25
Sa.
So.
Mo.
Feiertag
9
Di.
9,75
Mi.
9,25
Do.
9,5
Fr.
9,25
Sa.
So.
Mo.
9,75
Di.
9,25
Mi.
9,25
Do.
9,25
Fr.
9,5
Sa.
So.
Mo.
9,25
Di.
9,75
Mi.
10
Do.
10
Fr.
9,25
Sa.
So.
Mo.
10
Di.
8
Mi.
10
Do.
10
Fr.
Sa.
So.
Mo.
10
Di.
10
Mi.
10
Do.
10
Fr.
10
Sa.
So.
Mo.
10
Di.
10
Mi.
10
Do.
10
Fr.
10
Sa.
So.
Mo.
10
Di.
10
Mi.
10
Do.
10
Fr.
9
Sa.
So.
Mo.
10
Di.
10
Mi.
10
Do.
10
Fr.
10
Sa.
So.
Mo.
10
Di.
10,5
Mi.
10
Do.
10
Fr.
6
Sa.
So.
Mo.
Ferien
9
Di.
Ferien
9
Mi.
Ferien
9
Do.
Ferien
9
Fr.
Ferien
9
Sa.
So.
Mo.
10
Di.
10
Mi.
10
Do.
10
Fr.
10
Sa.
So.
Mo.
10
Di.
10
Mi.
10
Do.
10
Fr.
10
Sa.
So.
Mo.
10
Di.
10
Mi.
8
Do.
10
Fr.
10
Sa.
So.
Mo.
15,5
Di.
10
Mi.
10
Do.
10
Fr.
10
Sa.
So.
Mo.
10,5
Di.
10
Mi.
9
Do.
9
Fr.
9,25
Sa.
So.
Mo.
Ferien
9
Di.
Ferien
9
Mi.
Ferien
9
Do.
Ferien
9
Fr.
Ferien
9
Sa.
So.
Mo.
***6***
10,5
Di.
***6***
9
Mi.
***7***
9
Do.
***7***
9,5
Fr.
***7***
9,25
Sa.
So.
Mo.
***7***
8,25
Di.
***7***
8
Mi.
***7***
8,75
Do.
***7***
8,5
Fr.
***7***
9
Sa.
So.
Mo.
***7***
8,5
Di.
***7***
9,25
Mi.
***3***
8,5
Do.
Kompensation
8
Fr.
Kompensation
8
Sa.
So.
Mo.
Kompensation
8
Di.
***5***
9,5
Mi.
***5***
9
Do.
***5***
8,5
Fr.
***5***
8
Sa.
So.
Mo.
***5***
9,5
Di.
***5***
8
Mi.
***5***
8,5
Do.
***5***
10
Fr.
***5***
8,5
Sa.
So.
Mo.
***5***
8
Di.
***5***
8,25
Mi.
***5***
7,5
Do.
***3***
8
Fr.
***3***
8,5
Sa.
So.
Mo.
***3***
8
Di.
***3***
8
Mi.
***3***
8
Do.
***8***
8,5
Fr.
***8***
8,5
Sa.
So.
Mo.
Kompensation
8
Di.
***8***
8
Mi.
***5***
8
Do.
***9***
8
Fr.
***9***
3
Sa.
So.
Mo.
krank
5,6
Di.
krank
5,6
Mi.
krank
5,6
Do.
krank
5,6
Fr.
krank
5,6
Sa.
So.
Mo.
krank
5,6
Di.
krank
5,6
Mi.
krank
5,6
Do.
krank
5,6
Fr.
krank
5,6
Sa.
So.
Mo.
krank
5,6
Di.
krank
6
Mi.
krank
6
Do.
krank
6
Fr.
krank
6
Sa.
So.
Mo.
krank
6
Di.
krank
6
Mi.
krank
6
Do.
krank
6
Fr.
krank
6
Sa.
So.
Mo.
Ferien
8,1
Di.
Ferien
8,1
Mi.
Ferien
8,1
Do.
Ferien
8,1
Fr.
Ferien
8,1
Sa.
So.
Mo.
Ferien
8,1
Di.
Ferien
8,1
Mi.
Ferien
8,1
Do.
Ferien
8,1
Fr.
Ferien
8,1
Sa.
So.
Mo.
Ferien
8,1
Di.
Ferien
8,1
Mi.
Ferien
8,1
Do.
Ferien
8,1
Summe
1310,5
865,6
Arbeitszeitsumme
2.176,10
Anteil begünstigt
60,22%
Anteil nicht begünstigt
39,78%

Dabei wurden an sich neutrale Zeiten wie Urlaube und Krankenstände zu Ungunsten des Beschwerdeführers nicht als neutrale, sondern als nicht steuerbegünstige Zeiten gewertet.

Ein Ansatz dieser nichtbegünstigten Einkünfte würde zu folgendem steuerlichen Ergebnis führen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamt
CHF
Kurs
Jahresbrutto
76.582,95
0,652318
49.956,44
Sonstige Bezüge
10.940,00
7.136,36
Sozialversicherung gesamt
14.152,25
9.231,77
SV laufende Bezüge
12.130,58
7.913,00
SV sonstige Bezüge
2.021,67
1.318,77
Pendlerpauschale
372,00
Sonstige Werbungskosten
2.416,71
Einkünfte
32.118,37
steuerfreie Einküfte gemäß § 3 Abs 1 Z 10 EStG
60,22%
19.342,46
steuerpflichtig
39,78%
12.775,91
Werbungskostenpauschale
-132
steuerpflichige Einkünfte
12.643,91
Sonderausgaben
-730,00
Einkommen
11.913,91
Berechnung des Progressionssatzes
Einkommen
11.913,91
steuerfreie Einküfte gemäß § 3 Abs 1 Z 10 EStG
19.342,46
Bemessungsgrundlage Progressionseinkünfte
31.256,37
(31.256,37 - 25.000,00) x 15.125,00 / 35.000,00 + 5.110,0)
7.813,65
Durchschnittssteuersatz
25,00%
Durchschnittssteuersatz von 11.833,58
2.978,31
Verkehrsabsetzbetrag
-291
Grenzgängerabsetzbetrag
-54
Einkommensteuer
2.633,31
ausländische Steuer
-2.633,31
Festgesetzte Einkommensteuer
0,00

Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt steht außer Streit.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Nach § 299 Abs 1 der Bundes­abgabenordnung (BAO) kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Die Aufhebung nach § 299 BAO ist gestattet, wenn sich der Bescheid im Spruch als nicht richtig erweist, also der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetzentspricht. § 299 Abs 1 BAO gilt auch für dynamische, also erst später erweisliche Unrichtigkeiten (vgl. Ritz, BAO6, § 299 Tz. 10). Die Aufhebung setzt weder ein Verschulden noch die Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit voraus. Voraussetzung ist jedoch die Gewissheit der Rechtswidrigkeit und ihre Konkretisierung. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (vgl. Ritz, BAO6, § 299 Tz. 13; ; ecolex 2006, 262; Stoll, BAO-Kommentar, 2889).

Freilich setzt die Aufhebung, aber auch die Abweisung des Aufhebungsantrages, die vorherige Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraus ().

Das Finanzamt hat zwar im Aufhebungsbescheid und in der damit verbundenen Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2009 behauptet dass es sich bei den vom Beschwerdeführer durchgeführten Arbeiten um Sanierungsarbeiten gehandelt habe. Das Finanzamt es aber unterlassen, diese Behauptung zu begründen. Insbesondere hat das Finanzamt nicht dargelegt auf Grund welcher Tatsachenfeststellungen es zum Schluss kommt, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer durchgeführten Arbeiten um Sanierungsarbeiten handelt.

Die Begründung eines Bescheides hat den für das Verständnis erforderlichen vollständigen sachverhaltsmäßigen Bezug der von der Behörde im Ergebnis angenommenen Erfüllung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Normierung der bescheidmäßigen Gestaltungen herzustellen. Die Begründung muss also erkennen lassen, welchen Sachverhalt die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat und aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangt ist, dass dieser Sachverhalt (und gerade dieser) vorliegt und dass dieser dem Tatbestand der in Betracht kommenden Norm entspricht oder nicht entspricht. Es genügt somit nicht die Feststellung, dass ein bestimmter Sachverhalt angenommen wurde, sondern es muss gesagt werden, aus welchen bestimmten Gründen gerade dieser Sachverhalt als maßgebend erachtet wurde. Dabei muss erkennbar sein, dass die Ausgangsgrundlagen des gedanklichen Verfahrens in einem einwandfreien Verfahren gewonnen wurden, sowie welche Schlüsse in welcher Gedankenfolge mit welchem Ergebnis hieraus gezogen wurden. Aus der Begründung muss zudem hervorgehen, ob die gezogenen Schlüsse den Gesetzen folgerichtigen Denkens entsprechen (Stoll, BAO-Kommentar, 965 f).

Die Begründung des angefochtenen Bescheides erfüllt diese Erfordernisse keineswegs. Aus der Begründung dieses Bescheides ist nicht ersichtlich, welche schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Erwägungen für die Behörde letztlich bei dem im angefochtenen Bescheid gezogenen Schluss maßgeblich waren, dass es sich um Sanierungsarbeiten handle.

Durch diese Mängel ist einerseits die Partei in der Verfolgung ihrer Rechte und andererseits das Bundesfinanzgericht in der Nachprüfung des Bescheides gehindert. Das Bundesfinanzgericht vermag bei dieser Bescheidbegründung die Rechtmäßigkeit der Entscheidung auf Grund des Beschwerdevorbringens nicht zu überprüfen.

Bei der Erledigung einer gegen eine amtswegige Bescheidaufhebung gerichteten Berufung hat die Berufungsbehörde wie bei der amtswegigen Wiederaufnahme lediglich zu beurteilen, ob die vom Finanzamt angeführten Gründe eine Bescheidaufhebung rechtfertigen. Für die Gleichbehandlung von Bescheidaufhebungsgründen und Wiederaufnahmegründen sprechen das gleich gelagerte Rechtsschutzinteresse, die gleiche Funktionsweise der beiden Instrumente sowie Gesetzeswortlaut und -systematik (-F/07). Dieser Grundsatz gilt in gleicher Weise bei einer Bescheidaufhebung, die vom Abgabepflichtigen beantragt wird. Ein Nachschieben von Aufhebungsgründen im Beschwerdeverfahren ist somit unzulässig.

Bei der Bescheidaufhebung von Amts wegen legt die Abgabenbehörde erster Instanz im Zusammenhang mit der Erlassung des Aufhebungsbescheides fest, aus welchen Gründen sie den Bescheid als inhaltlich rechtswidrig ansieht. Die Sache, über die in der Berufung gegen einen Aufhebungsbescheid zu entscheiden ist, wird sohin durch das Finanzamt im Rahmen der Erlassung des Aufhebungsbescheides festgelegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0119). Im Beschwerdeverfahren kann ein mangelhaft begründeter Aufhebungsbescheid (etwa hinsichtlich der Begründung der Ermessensübung) ergänzt bzw. richtiggestellt werden, es darf aber kein anderer (neuer) Aufhebungsgrund herangezogen werden ().

Mit der Ausführung in der BVE:

"Wie bereits im Erstbescheid festgestellt wurde, war der Beschwerdeführer (kurz: Bf.) nach dem Wissensstand der Abgabenbehörde als Baumaschinenführer und Baggerfahrer z.B. im betriebseigenen Steinbruch tätig. Bei den dort ausgeübten Tätigkeiten (5.-) handelt es sich unbestritten nicht um begünstigte Auslandsmontagetätigkeiten."

führt das Finanzamt keine Sanierungstätigkeit an, sondern schiebt einen anderen Aufhebungsgrund nach.

Aber selbst wenn dieser Grund bereits im Aufhebungsbescheid geltend gemacht worden wäre, wäre für das Finanzamt nichts daraus zu gewinnen, da wie in der in der Sachverhaltsdarstellung angeführten Berechnung keine die ausländische Steuer übersteigende Einkommensteuer festzusetzen gewesen wäre.

Die Ausführungen in der BVE, dass der Beschwerdeführer an diversen Baustellen weniger als einen Monat gearbeitet hat, ist zwar richtig, stellt aber keinen Aufhebungsgrund dar, da wie im Sachverhalt ausgeführt, auch die Einbeziehung der nicht einen Monat währenden Baustellen und der Urlaubs- und Krankenstandstage in die steuerpflichtigen Einkünfte, zu keiner Einkommensteuer führen würde. Da die Nichteinbeziehung der weniger als einen Monat dauernden Arbeitsstelllen in die steuerpflichtigen Einkünfte, zu keinem anderen Spruch führen würde, kommt eine Aufhebung gemäß § 299 BAO nicht in Betracht.

Die Ausführung in der BVE:

"Auf der Baustelle "Umgebung" wurden den vorgelegten Fotos zufolge Teile des Parkplatzes und der Böschung saniert, umgebaut und erweitert - wodurch in großem Ausmaß von Wartungs- und Reparaturarbeiten an bestehenden Anlagen auszugehen war."

liefert keine Begründung dafür, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer durchgeführten Arbeiten zum Großteil um Sanierungsarbeiten handelt, zumal in diesem Satz ausgeführt wird, dass Teile des Parkplatzes und der Böschung saniert, umgebaut und erweitert wurden. Umbau und Erweiterung stellen gerade keine Sanierung, sondern Neubau dar. Das Finanzamt hat keine Feststellungen getroffen in welchem Maß von Sanierung auszugehen ist. Auch das Bundesfinanzgericht ist nicht in der Lage zu beurteilen ob bei diesem Projekt Sanierungsarbeiten durchgeführt wurden. Die im Akt liegenden Fotos werden vom BFG dahingehend interpretiert, dass im Wesentlichen der Parkplatz und der Außenbereich des Einkaufszentrums völlig neu gestaltet wurden und dass daher von einer Errichtung auszugehen ist. Dies deckt sich auch mit einer Internet-recherche des BFG (https://www.vol.at/der-***4***-baut-um/2455760) die folgenden Wortlaut hat:

"In Zukunft werden die Kundinnen und Kunden sowohl auf dem gesamten Parkplatzareal als auch auf dem Dach verschiedene Kies- und Grünflächen mit einer reichen Flora antreffen. Diese naturnahen Flächen lehnen sich an die Lebensräume am nahen Rhein an."

Die vom Beschwerdeführer ausgeübten Arbeiten dienten daher nicht dazu, den Parkplatz zu sanieren, sondern diesen modern und zeitgemäß zu gestalten. Die davor bestehende "Asphaltwüste" wurde durch den Einbau von naturnahen Flächen völlig neu gestaltet. Für eine bloße Sanierung hätte eine Neuasphaltierung genügt. Durch die völlige Umgestaltung des Parkplatzes und die Aufwertung durch den Einbau von naturnahen Flächen, erfolgte keine Sanierung, sondern ein Neubau.

Der vom Finanzamt im Aufhebungsbescheid und der damit verbundenen BVE behauptete Aufhebungsgrund, dass der Beschwerdeführer nicht an gemäß § 3 Abs 1 Z 10 EStG begünstigten Bauausführungen, sondern lediglich an Sanierungsarbeiten beteiligt war, liegt daher nicht vor.

Der Aufhebungsbescheid war daher ersatzlos aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da alle im gegenständlichen Fall zu lösenden Rechtsfragen bereits vom VwGH geklärt wurden, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100404.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at