Zurechnung von Einkünften im Zusammenhang mit der Veranlagung einer Versicherungsprämie
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2021/15/0013. Zurückweisung hinsichtlich Wiederaufnahme der Verfahren zur Einkommensteuer 2014 bis 2016, im Übrigen mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/4100306/2019-RS1 | Einkünfte aus der Veranlagung einer Lebensversicherungsprämie sind dem Versicherungsnehmer zuzurechnen, wenn der Vertrag kein ins Gewicht fallendes Risiko des Versicherers vorsieht und wenn die Chance auf Wertsteigerungen und das Risiko von Wertminderungen des Anlagestocks nur dem Versicherungsnehmer zuzurechnen sind (vgl. ). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** über die Beschwerde vom der Frau ***Bf1***, vertreten durch die KPMG Alpen Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 1090 Wien, gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide des Finanzamtes ***1*** FA vom betreffend Einkommensteuer 2013-2016 , gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 vom und gegen die Anspruchszinsenbescheide 2014-2016 vom
zu Recht erkannt:
1.)ad Wiederaufnahme- und Sachbescheid betreffend Einkommensteuer 2013:
Der Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2013 wird aufgehoben. Der Einkommensteuerbescheid 2013 wird als gegenstandslos erklärt (§ 261 Abs 2 , § 307 Abs 3 BAO).
2.) ad Wiederaufnahme- und Sachbescheide betreffend Einkommensteuer 2014-2016:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
3.) ad Einkommensteuerbescheid 2017: Die Beschwerde wird abgewiesen.
4.) ad Anspruchszinsenbescheide 2014-2016: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen dieses Erkenntnis gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist in Bezug auf Punkte 1 und 4 des Spruchs nicht zulässig, in Bezug auf die Punkte 2 und 3 des Spruchs zulässig (§ 25 a Abs 1 VwGG).
Entscheidungsgründe
Ablauf des Verfahrens:
Die Erstbescheide betreffend Einkommensteuer 2013-2016 ergingen am
betreffend Einkommensteuer 2013;
betreffend Einkommensteuer 2014;
betreffend Einkommensteuer 2015;
betreffend Einkommensteuer 2016;
Der bekämpfte Bescheid betreffend Einkommensteuer 2017 erging am .
Selbstanzeige der Beschwerdeführerin (Bf) und ihres Gatten vom :
Der Gatte der Beschwerdeführerin (Bf ) habe im Jahr 2013 den Konten- und Depotstand bei der ***2*** Bank Ltd, SUP (1 Mio €) , auf eine Er- und Ablebensversicherung bei der DEF PUE AG, FL PLZ1 EEN (VU) übertragen. Versicherungsnehmer (VN) und Bezugsberechtigte seien die Bf und deren Gatte.
Der Gatte habe daraus zwischen 2015 und 2017 Entnahmen getätigt, die insgesamt 177.000 € betragen hätten (Später ergänzte die Bf, dass bis einschließlich 2019 242.000 € entnommen worden seien). Dies sei kein Zufluss i.S. von § 27 Abs 5 Z 3 EStG gewesen.
Die Versicherung sei eine aufgeschobene Rentenversicherung. Das VU habe durch die Rentenzusage bereits bei Vertragsabschluss ein versicherungstechnisches Risiko in Form des Langlebigkeitsrisikos übernommen (RZ 6210b EStR). Die Rentenfaktoren (Sterbetafeln, anwendbarer Rechnungszinsfuß) seien i.S. der RZ 464 der LStR garantiert.
Der Gatte der Bf habe keine Weisungsrechte in Bezug auf Veranlagungen im Deckungsstock des VU. Der Gatte der Bf und die Bf hätten nur das Recht, die Veranlagungsstrategie zu wählen ("riskant", oder "weniger riskant") und sie hätten das Recht, auf die Veranlagungsvariante "öffentlich begebene Investmentfonds" zu wechseln. Der Gatte der Bf habe sich einmal zu einem Strategiewechsel entschieden. Sämtliche Anlageentscheidungen zur Umsetzung der vom Gatten der Bf vorgegebenen Anlagestrategie seien dem VU und deren Vermögensverwaltern vorbehalten.
Das in der Er- und Ablebensversicherung befindliche Kapitalvermögen sei weder der Bf noch deren Gatten zuzurechnen (; BFG Wien , RV/7103594/2015, ).
Der Gatte der Bf stellte seine und die Einkünfte der Bf dar, die sich ergeben würden, wenn diese Einkünfte seiner Frau (Bf) und ihm zuzurechnen wären (Selbstanzeige S. 9). (Selbstanzeige S. 12, 13).
Zur Frage der Zurechnung der Einkünfte:
Es komme darauf an, ob das Versicherungsunternehmen (VU) einem versicherungstechnischen Risiko unterliege und darauf, ob die Bf und ihr Gatte wesentliche Einflussrechte auf das Deckungsstockvermögen hätten (Selbstanzeige, S. 15).
Das VU habe ein Langlebigkeitsrisiko i.S. von 6210b EStR (Polizze, allgemeine Versicherungsbedingungen) übernommen. Die Rentenfaktoren (Sterbetafeln, anwendbarer Rechnungszinsfuß) seien i S der LStR 464 garantiert (Selbstanzeige, S. 15).
Das vertraglich vorgesehene Ändern der Risikoklasse, das Verlagern des Vermögens in einen anderen Investmentfonds sei zulässig; damit sei keine Einflussnahme auf das tägliche Veranlagungsgeschäft oder auf die einzelnen Investmententscheidungen im Fonds möglich (Selbstanzeige , S. 15,16 vgl. ).
Der zulässige Wechsel der Anlagestrategie sei unschädlich; daraus ergebe sich keine Beeinflussung des einzelnen Investments ().
Ein- und Zugriffsmöglichkeiten auf das Deckungsstockvermögen könnten niemals eine Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums am Deckungsstockvermögen und der Einkünfte aus dem Deckungsstockvermögen rechtfertigen .
Eine Einflussmöglichkeit der VN auf die Auswahl des Vermögensverwalters oder der Depotbank bestünde nicht (Selbstanzeige S. 16).
Die bisher erhaltenen Teilzahlungen von 177.000 € (die Bf aktualisierte diese Zahl später auf 242.000 €) entsprächen etwa 18% der Einmalprämie (Anm des Gerichtes: Die Einmalprämie habe lt. Versicherungspolizze 980.031,11 € betragen)(Selbstanzeige S. 16; Versicherungspolizze PolNrXX2).
Die Bf legte vor:
Versicherungspolizze PolNrXX2 PolNr der Lebensversicherung.
Es handle sich lt. Polizze um eine anteils- bzw. fondsgebundene Versicherung gegen Einmalprämie mit aufgeschobener, lebenslanger Rentenzahlung, mit Kapitalwahlrecht anstelle der Rentenzahlung.
Die Vertreterin der Bf legte auch die allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), die dem abgeschlossenen Vertrag mit dem VU zu Grunde lagen, vor.
Mit Schreiben vom erklärte das Versicherungsunternehmen (VU): Die nach dem Tod der versicherten Personen zu erbringende Todesfallsleistung werde nicht vor dem ausbezahlt werden.
BP-Bericht vom :
Es seien u.a. Einkünfte der Jahre 2013-2016 offengelegt worden (Selbstanzeige ).
Die Anerkennung der Abschirmwirkung eines Versicherungsvertrages hänge ab:
-Von der Übernahme eines ausreichenden versicherungstechnischen Risikos durch den Versicherer
-Von der Nicht-Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums an den Kapitalanlagen im Deckungsstock des Versicherers an den Versicherungsnehmer. Die Zurechnung sei anhand der Dispositionsmöglichkeiten des Versicherungsnehmers zu beurteilen ( ).
Ad ausländische Er- und Ablebensversicherung bei der DEF PUE AG , Liechtenstein
1.)Risikotragung:
Es handle sich um eine fondsgebundene aufgeschobene Rentenversicherung gegen Einmalprämie.
Die Versicherungsnehmerin (VN) , geb. tt.mm.1952, und Beschwerdeführerin (Bf) sowie deren Gatte, geb. tt.mm.1948, hätten zu Vertragsbeginn (2013) eine Einmalprämie geleistet, die Prämie nach Abzug der Kosten werde für einen vereinbarten Zeitraum von 30 Jahren (Aufschubdauer) von der Versicherung (VU) entsprechend dem von der VN und ihrem Gatten vorgegebenen Risikoprofil veranlagt . Das am Ende der Aufschubdauer (dh nach 30 Jahren) zur Verfügung stehende Kapital (Deckungsrückstellung) werde vom VU mittels des garantierten Rentenfaktors in eine lebenslange Rente umgewandelt.
Die Versicherung trage das Langlebigkeitsrisiko.
Der vereinbarte Rentenzahlungsbeginn werde der sein, somit kurz vor ihrem 91. Geburtstag und kurz vor dem 95. Geburtstag ihres Gatten.
Der von dem VU der Bf garantierte Rentenfaktor betrage 694,83 € pro Jahr und pro 10.000 € Vertragsguthaben für die Bf . Der vom VU dem Gatten garantierte Rentenfaktor betrage 806,60 € pro Jahr und pro 10.000 € Vertragsguthaben. Anstelle der Rentenzahlung könne ein Antrag auf Kapitalabfindung gestellt werden.
Das erwartete Alter laut Lebenserwartungsrechner der Statistik Austria gem. Sterbetafel 2010/2012 betrage zum Stichtag für die Bf 85,57 Jahre und für deren Gatten 82,9 Jahre und liege weit unter der ermittelten Lebenserwartung unter Verwendung der Sterbetafel AVÖ2005R. Bei Rentenversicherungen sei es im Sinne des Versicherers, die Lebenserwartung in den Sterbetafeln der Versicherungsbranche sehr hoch anzusetzen. Dies werde vom Verein für Konsumenteninformation kritisiert.
Auf Grund des hohen Alters der VN und ihres Gatten liege ein Langlebigkeitsrisiko des VU im Zeitpunkt des Rentenzahlungsbeginnes bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht vor. Es sei zum Rentenzahlungsbeginn (2043) mit der hohen Wahrscheinlichkeit des Todes der VN vor Erreichen des Wertes des Anlagestocks zu rechnen.
Auf Grund des hohen Alters der VN im Zeitpunkt des Rentenzahlungsbeginnes sei
die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme einer Kapitalabfindung weitaus höher als die der Rentenleistung.
Das Vorliegen von Rentenfaktoren ohne Berücksichtigung des Alters bei Vertragsabschluss, das hohe Alter nach Ablauf der Aufschubdauer und die weit geringeren Lebenserwartungen lt Statistik Austria führten zur Annahme, dass das Risiko des VU vernachlässigbar sei.
Im Ablebensfall nach Rentenbeginn entspreche die Todesfallleistung dem Zeitwert des Anlagestocks zu Rentenbeginn abzüglich bis zum Todeszeitpunkt bereits geleisteter garantierter Renten. Insoweit habe das VU kein Risiko.
Zum Ablebensfall während der Aufschubdauer:
Die Todesfallsleistung sei immer der Zeitwert des Anlagestocks. Ein Risiko des VU bestünde nicht (Anhang TZ 2 BP-Bericht, S. 3).
Das Veranlagungsrisiko während der Aufschubdauer liege bei der VN.
Eine Kapitalabfindung oder Todfallsleistung erfolge nur in Höhe des Wertes des Anlagestocks. Das Wertrisiko liege beim VN.
Die VN (Bf) trage das volle Veranlagungsrisiko. Es gebe keine garantierte Erlebensleistung (Anhang TZ 2 BP-Bericht S. 4).
Das VU leiste somit keinerlei nennenswerte Risikoabsicherung. Es erfülle somit nur eine Vermittlerrolle (Anhang TZ 2 BP-Bericht S. 4).
2.) wirtschaftliches Eigentum:
Die Veranlagung erfolge in einem von der VN (Bf) ausgewählten Investmentfonds oder nach Maßgabe der von der VN (Bf) ausgewählten Anlagestrategie.
Die Anlagenstrategie könne während der Vertragsdauer durch die VN auch geändert werden.
Bei der Veranlagung in einen Investmentfonds könne die VN über Erwerb, Veräußerung oder Wiederveranlagung bestimmen. Die VN dürfe den Anlagenstock oder Teile davon umschichten. Diesfalls werde der Wert des Anlagenstock entsprechend der Festlegung der VN ganz oder teilweise auf die neu bestimmten Investmentfonds übertragen.
Der Vertrag dürfe jederzeit während der Aufschubdauer unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist, frühestens aber nach einem Jahr, gekündigt werden. Es seien auch jederzeit vor dem vereinbarten Rentenzahlungstermin Teilauszahlungen möglich.
3.) Auf Grund dieser Feststellungen sah das Finanzamt keine Abschottungswirkung der Versicherung. Die Einkünfte aus dem veranlagten Vermögen seien der VN zuzurechnen.
Soweit der BP-Bericht.
Unter Zugrundelegung des BP-Berichtes ergingen die nachstehenden Wiederaufnahme- und Sachbescheide betreffend Einkommensteuer 2013-2016 und - nach einer nicht bekämpften Bescheidaufhebung gem. § 299 BAO- der Einkommensteuerbescheid 2017, jeweils vom .
Der neue Einkommensteuerbescheid 2013 ergab keine Nachforderung.
Im Übrigen ergaben sich die folgenden Nachforderungen:
3.219 €…Einkommensteuer 2014 vom
9.056 €…Einkommensteuer 2015 vom
6.742 €…Einkommensteuer 2016 vom
5.982 €…Einkommensteuer 2017 vom
24.999 €…Summe der Nachforderungen 2014-2017
Ferner ergingen am auch die bekämpften Anspruchszinsenbescheide 2014-2016.
Beschwerde vom gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide 2013-2016, gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 und gegen die Anspruchszinsenbescheide 2014-2016:
1.)Risikoübernahme
a.)Sterbetafel
Die Annahmen der Statistik Austria gingen auf die Sterbetafel 2010/2012 zurück. Diese sei eine allgemeine Periodensterbetafel. Diese beschreibe die Sterblichkeitsverhältnisse für die gesamte in Österreich wohnhafte Bevölkerung. Diese Verhältnisse könnten nicht für die Beurteilung der Risikoübernahme in Bezug auf Rentenversicherungsverträge herangezogen werden.
Diese Sterbetafel der Statistik Austria sei weniger realistisch als die Sterbetafel AVÖ 2005R, herausgegeben von der Aktuarvereinigung Österreichs.
Die Lebenserwartung der Männer und Frauen steige alle 10 Jahre durchschnittlich um 2,5%. Diese steigende Lebenserwartung sei in der Sterbetafel der Statistik Austria 2010/2012 nicht berücksichtigt.
Weiters werde in der Sterbetafel der Statistik Austria nicht berücksichtigt, dass
die Sterblichkeit von Rentenversicherten geringer als die Sterblichkeit der Gesamtbevölkerung sei. Rentenversicherungsverträge würden eher von Gesunden abgeschlossen (erster Selektonseffekt). Privat Rentenversicherte hätten besseren Zugang zu medizinischer Betreuung und hätten daher eine höhere Lebenserwartung (zweiter Selektionseffekt).
Die Versicherer müssten bei ihren Rentenzusagen die steigende Lebenserwartung und die oben erwähnten Selektionseffekte berücksichtigen.
Die Lebenserwartung der versicherten Personen sei auf Grund der Sterbetafel AVÖ 2005R ermittelt worden. Diese sei eine Generationentafel, bei der die Sterblichkeit nicht nur vom Alter, sondern auch vom Geburtsjahr abhängig sei, sodass die künftige Sterblichkeitsentwicklung berücksichtigt werden könne.
Die Finanzmarktaufsicht sehe die Sterbetafel AVÖ2005R als geeignete versicherungsmathematische Grundlage für die Rentenversicherung an.
b.) Aufschubdauer
Die mittlere Lebenserwartung der Versicherungsnehmer (VN) (= Bf und deren Gatte) habe lt. Sterbetafel AVÖ 2005R zum Versicherungsbeginn (damals sei die Bf 61 Jahre alt gewesen) rund 30 Jahre betragen. Ein Aufschub bis zur mittleren Lebenserwartung gemäß der Sterbetafel AVÖ 2005R sei, wenn man die Verwaltungspraxis in Deutschland heranziehe, zulässig.
Der Vertrag sei auf zwei versicherte Personen auf "Letztversterbensbasis" abgeschlossen worden. Dies ergebe eine nochmals erhöhte Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Rentenleistung durch mindestens eine versicherte Person.
c.) Todesfallsleistung:
Ein Mindesttodfallsrisiko des VU für den Fall des Ablebens während der Aufschubdauer sei nicht erforderlich. Es liege eine Rentenversicherung vor.
Im Ablebensfall nach Rentenbeginn entspreche die Todesfallsleistung dem Zeitwert des Anlagenstockes zu Rentenbeginn abzüglich bis zum Todeszeitpunkt bereits geleisteter garantierter Renten (AVB 2.7.). Daraus resultiere ein zusätzliches Risiko für den Versicherer. Die Gesamtleistung der VU (Rente und Todesfallsleistung) liege selbst bei Ableben im ersten Jahr der Rentenphase über dem Wert des Anlagenstockes bei Rentenbeginn.
d.) Option auf Kapitalabfindung
Die Option auf Kapitalabfindung sei für die Qualifikation als Rentenversicherung unschädlich (UFSK vom , RV/0325-K/02).
Die Todesfallsleistung in der Rentenphase spreche gegen die Annahme, dass die versicherte Person am Ende der Aufschubdauer jedenfalls eine Präferenz für die Ausübung der Option auf Kapitalabfindung hätte.
e.) Risikotragung - Zusammenfassung
Die VU habe ein maßgebliches Langlebigkeitsrisiko übernommen. Die Sterbetafel AVÖ 2005R sei eine geeignete versicherungsmathematische Grundlage für die Ermittlung der maximalen Aufschubdauer und der garantierten Rentenfaktoren.
2.) Dispositionsbefugnisse der VN
Das vertraglich vorgesehene Ändern der Risikoklasse durch die VN sei zulässig, ebenso die Veranlagung des Vermögens in einen anderen Investmentfonds. Damit sei aber keine Einflussnahme auf das tägliche Veranlagungsgeschäft möglich. Damit sei auch keine Einflussnahme auf die einzelnen Investmententscheidungen im Fonds möglich (BFG Wien , RV/7103594/2015, bestätigt durch ).
Ein- und Zugriffsmöglichkeiten auf das Deckungsstockvermögen könnten eine Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums an die VN nicht rechtfertigen ( BFG Wien, , RV/7103594/2015 , dazu , Zurückweisung ; a.A. BFG Linz, , RV/5100901/2012 , dazu ZfS 2016, 117 (124) mit Anmerkung Fraberger/Landauf mit dem Hinweis auf BFG Feldkirch vom , RV/1100647/2015 ).
Das in der Er- und Ablebensversicherung befindliche Kapitalvermögen sei weder der Bf noch deren Gatten zuzurechnen .
Die Einflussnahme der VN auf konkrete Anlageentscheidungen sei nach den AVB (Pkt 8.2) ausgeschlossen.
Bei Wahl einer Anlagestrategie erfolge die Verwaltung des Anlagestocks durch einen von der VU beauftragten Dritten, der sämtliche Anlageentscheidungen eigenverantwortlich treffe. Die VN habe kein Weisungsrecht betreffend Auswahl einer Depotbank oder Auswahl eines Vermögensverwalters. Die VN habe keinerlei Einflussrechte auf die Depotbank oder den Vermögensverwalter. Die VN könne über den Erwerb oder die Veräußerung von Vermögensgegenständen oder die Wiederanlage von Erlösen nicht bestimmen.
Die Umschichtung von Investmentfonds gebe der VN keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des jeweiligen Fondsvermögens. Mit der Auswahl des Fonds entscheide sich die VN lediglich für eine Anlagestrategie.
Da der VN keine Disposition auf konkrete Anlageentscheidungen zukäme, sei eine Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums an die VN nicht zulässig.
3.) Wiederaufnahme:
Die Wiederaufnahmebescheide führten ausländische Kapitaleinkünfte als neue Tatsachen an.
Ausländische Kapitaleinkünfte lägen nur dann vor, wenn das wirtschaftliche Eigentum am Versicherungsdeckungsstock steuerlich der Bf zuzurechnen wäre.
Die VU trage ein erhebliches Langlebigkeitsrisiko. Die VN habe keine Eingriffsrechte auf die Vermögensverwaltung. Der Bf seien die im Versicherungsdeckungsstock erwirtschafteten Kapitalerträge nicht zuzurechnen. Daraus könne sich keine Änderung der Einkommensteuerbescheide 2013-2016 ergeben. Die Wiederaufnahmebescheide seien rechtswidrig.
Die Bf beantragte die Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2013-2016 und der Einkommensteuerbescheide 2013-2017. Die Bf beantragte die Entscheidung durch den Senat nach mündlicher Verhandlung.
Beschwerdevorlage (Vorlagebericht) des Finanzamtes vom :
Das Finanzamt zitierte § 27 Abs 5 Z 3 lit a EStG 1988.
Die Bf (geb. tt.mm.1952) habe gemeinsam mit ihrem Gatten (geb. tt.mm.1948) mit der in Liechtenstein ansässigen DEF PUE AG einen Er- und Ablebensversicherungsvertrag, der als "anteils- bzw fondsgebundene Versicherung gegen Einmalprämie mit aufgeschobener lebenslanger Rentenzahlung, mit Kapitalwahlrecht anstelle der Rentenzahlungen bezeichnet worden sei. Versicherungsbeginn sei der gewesen, die Aufschubdauer hätte 30 Jahre betragen.
Die Einkünfte aus den Kapitalanlagen, die den Deckungsstock dieser Lebensversicherung bildeten, seien der Bf und deren Gatten zugerechnet worden. Es bestünde kein ausreichendes versicherungstechnisches Risiko der VU, der VN kämen gewichtige Dispositionsmöglichkeiten zu.
Mit E-Mail vom an die steuerliche Vertreterin wurde dieser vorgehalten:
Der bereits zu Vertragsbeginn garantierte Rentenfaktor (siehe Polizze) dürfe nicht mit der ab Rentenbeginn garantierten Höhe der Renten verwechselt werden (Pkte A.1 a hh; B 4 des Mails vom ).
Die Höhe der Todesfallleistung nach Beginn der Rentenzahlungen entspreche dem Zeitwert des Anlagestocks bei Rentenbeginn minus tatsächlich bezahlter Renten (Pkt A.2).
Hiezu erklärte die Vertreterin mit Schreiben vom , S. 2: Die Versicherungsnehmer hätten durch Wahl der Rente die Chance, über den Rentenbezug einen höheren Betrag als den Wert des Anlagestocks bei Rentenbeginn zu lukrieren (Langlebigkeitsrisiko des VU). Zudem sei auf Grund der Todesfallleistung in der Rentenphase ein Verlustrisiko ausgeschlossen. Die Todesfallleistung in der Rentenphase spreche gegen die Annahme, dass die Versicherungsnehmer am Ende der Aufschubdauer jedenfalls eine Präferenz für die Ausübung der Option auf Kapitalabfindung hätten (S. 2 des Schreibens vom der steuerlichen Vertreterin). Zudem sei der primäre Leistungsgegenstand eine Rente; eine Umqualifikation des Rentenversicherungsvertrages in einen Kapitalversicherungsvertrag dürfe nicht erfolgen, egal, welche Präferenz der Versicherungsnehmer habe (RV/0325-K/02; RV/2429-W/10). Auch spreche die aktuelle Kapitalmarktsituation mit negativen Renditen gegen eine generelle Präferenz für die Kapitalabfindung.
Zur Höhe der Todesfallleistung widersprach der Vertreter ebenso (Schreiben vom , S. 2 und 3). Zusätzlich zur ab Rentenbeginn garantierten Rente gebe es noch eine höhere, nicht garantierte Rente. In allen bisherigen Rentenfällen habe das VU zusätzlich zur garantierten Rente eine Beteiligung an Bewertungsreserven bezahlt. Dies sei eine Überschussbeteiligung des Versicherungsnehmers an den stillen Reserven der Kapitalanlagen des VU.
Im Jahr 2018 habe der Unterschied zwischen der tatsächlich bezahlten und der ab Rentenbeginn garantierten Jahresrente 0,25 % des Anlagestocks (Anm. des BFG: bei 1,000.000 € Anlagestock: 2.500 € im Jahr) betragen. Die Vertreterin der Bf zitierte insoweit aus dem Geschäftsbericht 2018 der Muttergesellschaft des VU (Schreiben der steuerlichen Vertreterin vom , S. 2 und 3).
Zur Frage, ob das VU im Falle der Rentenzahlung einen risikolosen Zinsgewinn haben könnte (Mail des S. 8):
Die steuerliche Vertreterin bestritt, dass es während der Rentenphase zu risikolosen Zinserträgen des VU kommen könne. Die Kapitalanlage müsse wegen der allzeit möglichen , zufällig eintretenden Pflicht zur Todesfallleistung jederzeit liquid sein. Der Kapitalmarkt ermögliche derzeit für sichere und "risikolose" Anlageformen keine positiven Renditen. Im Gegenteil, bei diesen Anlageformen seien die Renditen negativ. Eine Anlage mit einer über alle relevanten Laufzeiten positiven Rendite wäre derzeit nur bei Anlagen mit Ausfallrisiken möglich; so eine Anlage wäre jedoch nicht risikolos (Schreiben der Vertreterin vom , S. 3, 4).
Im Zeitraum bis zum Rentenbeginn gebe es viele Unsicherheiten (Optionsausübung, Kapitalmarktsituation beim Rentenbeginn mit negativen Renditen, Veränderung der Lebenserwartung).
Von einem risikolosen Zinsgewinn für das VU könne keine Rede sein. Unter heutigen Kapitalmarktbedingungen , die bei Abschluss des Vertrages der Bf nicht vorhersehbar gewesen seien und auch für die Zukunft beim tatsächlichen Rentenbeginn nicht auszuschließen seien, würde das VU bei einer risikolosen Anlage in Staatsanleihen einen definitiven Verlust erleiden. Gerade bei negativen Kapitalmarktrenditen bei "sicheren" Anlagen werde ein finanzrationaler Versicherungsnehmer auf das Kapitalwahlrecht verzichten, wenn die Verrentung - selbst im ungünstigsten Fall- immer mindestens eine Nullrendite erzielt (Schreiben der Vertreterin vom , S. 4, 5).
Das BFG äußerte sich zum Langlebigkeitsrisiko unter Zugrundelegung der vertraglichen Bestimmungen aus seiner Sicht (Mail vom , Pkt A.3). Dabei ging das BFG u.a. auf den bei Vertragsbeginn prognostizierten Rentenfaktor ein.
Wäre die vom VU zu Vertragsbeginn geäußerte unverbindliche Prognose eines Rentenfaktors richtig, würde im Erlebensfall der Bf ab eine Rente mit dem prognostizierten Faktor von 1.026,37 € pro Jahr und pro 10.000 € Vertragsguthaben ausbezahlt werden. Diesfalls würden die Rentenzahlungen rechnerisch nach 9 Jahren und 9 Monaten (9,74 Jahre) den Wert des Anlagestocks erreichen. Das hieße auf Grund der jährlichen Zahlbarkeit der Renten, dass die ein Mal jährlich am 1. Juli erfolgten Rentenzahlungen ab dem 10. Jahr, dh ab den Wert des Anlagestocks, wie er bei Rentenbeginn bestanden habe, überschreiten würden. Die Bf wäre dann 101 Jahre alt. Der gesamte Anlagestock wäre zu diesem Zeitpunkt verbraucht, die Rentenzahlungen müssten aber weiterhin, allerdings nunmehr auf Kosten des VU geleistet werden. Dies sei das Langlebigkeitsrisiko des VU (S. 10 des Mails).
Das BFG nahm auch zum Langlebigkeitsrisiko unter der Annahme, dass nur der zu Vertragsbeginn garantierte Rentenfaktor (694,83 € je 10.000 € Vertragsguthaben) zum Tragen käme, Stellung. Diesfalls werde der gesamte Anlagestock im Alter von 106 Jahren der Bf verbraucht sein (S. 9 des Mails).
Die steuerliche Vertreterin erklärte, die tatsächliche Rente werden nicht notwendigerweise unter Anwendung des bei Vertragsabschluss garantierten Rentenfaktors berechnet werden. Bis jetzt seien die tatsächlich bezahlten Renten immer höher gewesen (Schreiben der Vertreterin vom , 1. Seite).
Zudem wurden der Bf in diesem E-Mail des insbesondere die folgenden Unterlagen und Informationen abverlangt:
-Sterbetafel AVÖ2005R (Pkt B 1 a dieses Mails) einschließlich der Tafel erster und zweiter Ordnung
Die steuerliche Vertreterin entsprach diesem Verlangen (Schreiben der Vertreterin der Bf vom , Beilage) und legte auch den Artikel von Kainhofer/ Predota/ Schmock , Die neue österreichische Rententafel AVÖ 2005R, vor.
Das BFG begehrte ferner :
-Ermittlung der durchschnittlichen restlichen Lebenserwartung anhand dieser Sterbetafel (B 1 b des Mails des ).
Die steuerliche Vertreterin ermittelte ein durchschnittliches Sterbealter der Bf von 91 Jahren (Schreiben der steuerlichen Vertreterin vom , ad B 1 b, S. 5 - 8).
Das Schreiben der steuerlichen Vertreterin vom enthält auf S. 6-8 einen Auszug aus der Sterbetafel AVÖ 2005R vor, dem insbesondere die folgenden Aussagen entnommen werden können:
Nach diesem Auszug aus dieser Sterbetafel des VU (S. 5-8 lt. Schreiben der steuerlichen Vertreterin vom ) betrage die Erlebenswahrscheinlichkeit px einer 61-jährigen Frau, das Alter von 100 Jahren zu erreichen, 15,63% (0,156293 lt Spalte px bei einem Alter von 100) . Dh, die Erlebenswahrscheinlichkeit l100/l61 = 156.293/1,000.000 = 0,156293.
Nach diesem Auszug aus dieser Sterbetafel des VU (S. 5-8 lt. Schreiben der steuerlichen Vertreterin vom ) betrage die Erlebenswahrscheinlichkeit px einer 61-jährigen Frau, das Alter von 101 Jahren zu erreichen, 11,36% (0,113606 lt Spalte px bei einem Alter von 101) . Dh, die Erlebenswahrscheinlichkeit l101/l61 = 113.606/1,000.000 = 0,113606.
Nach diesem Auszug aus dieser Sterbetafel des VU (S. 5-8 lt. Schreiben der steuerlichen Vertreterin vom ) betrage die Erlebenswahrscheinlichkeit px einer 61-jährigen Frau, das Alter von 102 Jahren zu erreichen, 7,92% (0,079246 lt Spalte px bei einem Alter von 102) . Dh, die Erlebenswahrscheinlichkeit l102/l61 = 79.246/1,000.000 = 0,079246.
Nach diesem Auszug aus dieser Sterbetafel des VU (S. 5-8 lt. Schreiben der steuerlichen Vertreterin vom ) betrage die Erlebenswahrscheinlichkeit px einer 61-jährigen Frau, das Alter von 103 Jahren zu erreichen, 5,29% (0,052892 lt Spalte px bei einem Alter von 103) . Dh, die Erlebenswahrscheinlichkeit l 103/ l 61 = 52.892/1,000.000 = 0,052892.
Nach diesem Auszug aus dieser Sterbetafel des VU (S. 5-8 lt. Schreiben der steuerlichen Vertreterin vom ) betrage die Erlebenswahrscheinlichkeit px einer 61-jährigen Frau, das Alter von 104 Jahren zu erreichen, 3,37% (0,033676 lt Spalte px bei einem Alter von 104) . Dh, die Erlebenswahrscheinlichkeit l 104/ l 61 = 33.676/1,000.000 = 0,033676.
-Das BFG verlangte ferner den Nachweis, dass privat Rentenversicherte generell eine höhere Lebenserwartung als die Gesamtbevölkerung haben ( Pkt B 2). Insoweit verwies die Vertreterin der Bf auf die Ausführungen des Versicherungsunternehmens (VU) (Schreiben der steuerlichen Vertreterin vom , ad B 2).
- Das BFG ersuchte ferner, die vertragsgegenständlichen "Hinweise und Informationen zur EIX TAE Austria" vorzulegen (Pkt B 3 des Mails vom ).
Nach diesen Hinweisen und Informationen sei eine Gewinnbeteiligung ausgeschlossen (S. 3/10, Pkt 4 der Hinweise).
Rechtswahl - Es wurde die Anwendung des österreichischen Rechts vereinbart (S. 7/10 der Hinweise) .
- Das BFG ersuchte ferner, die Beilage 1 der Beschwerde vorzulegen (Pkt B 4 des Mails vom ). Die Vertreterin der Bf kam dieser Aufforderung nach und legte dieser Beilage zusammen mit dem Schreiben vom vor.
Die Vertreterin der Bf wurde durch das BFG auch nach der Höhe der Entnahmen 2013-2020 gefragt (Pkt B 5 des Mails vom ). Die Vertreterin der Bf gab in der letzten Beilage zu ihrem Schreiben vom die gesamten Entnahmen der Jahre 2015-2019 mit 242.000 € bekannt. Die Prämienzahlung betrug 1,019.232,35, nach Abzug der herausgerechneten Versicherungssteuer (4% von 980.031,11 €) blieben 980.031,11 €.
Mit Schreiben des wurde das Versicherungsunternehmen (VU), mit dem die Bf und deren Gatte den gegenständlichen Vertrag geschlossen hatten, befragt:
Das VU wurde nach Statistiken gefragt, die für eine höhere Lebenserwartung privat Rentenversicherter sprechen könnten.
Das VU legte als Beilagen seiner Stellungnahme vom insoweit fünf Aufsätze vor
(-Fachgrundsatz der Deutschen Aktuarvereinigung, "Herleitung der DAV-Sterbetafel 2004R für Rentenversicherungen" 2018;
-Artikel aus Aktuar Aktuell vom April 2017, S. 12 und 13: "DAV-Sterbetafeln, mit dem Alter richtig rechnen";
-Aufsatz von Kainhofer/Predota/Schmock aus dem Jahr 2006, Die neue österreichische Rententafel AVÖ 2005R;
- Artikel aus der Zeitschrift "Demografische Forschung" , Nr. 4 aus 2006 von Scholz, Shkolnikov und Jdanov, Steigt die Lebenserwartung mit der Rentenhöhe?
-Birg/Flöthmann, Langfristige Trends der demographischen Alterung in Deutschland, Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2002). Das VU erwähnte zwar noch einen 6. Aufsatz von T.Valkonen, "Die Vergrößerung der sozioökonomischen Unterschiede in der Erwachsenenmortalität durch Status und deren Ursachen". Diesen Artikel findet sich allerdings nicht in den Beilagen des Schreibens des VU vom . Er wurde aber später (ca. Juli 2020) übermittelt.
Der Herleitung der DAV-Sterbetafel 2004R für Rentenversicherungen - Richtlinie vom ist zu entnehmen:
Periodentafeln gäben die Sterblichkeit für eine feste Beobachtungsperiode an. Periodentafeln bildeten den Trend einer Sterblichkeitsverbesserung nicht ab. In der Rentenversicherung seien allerdings Generationentafeln üblich. Diese enthielten die Sterblichkeit pro Geburtsjahrgang inklusive der zukünftig erwarteten Sterblichkeitsveränderung (S. 8).
Es bestehe ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Sterblichkeit und der Höhe der versicherten Rente (S. 9, 83).
Die Zahlen der GRV (gesetzliche Rentenversicherung Deutschland, vgl. S. 15) 1997/99 (S. 83) zeigten (S. 83): In der Altersgruppe der 75-79-Jährigen (türkise Kurve) liege die Sterbewahrscheinlichkeit (Frauen) (Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines Jahres zu sterben) im höchsten Einkommenssegment (Pension von "3.000 DM" und höher) bei ca 0,022 %. In der Personengruppe mit mittleren Einkommen (Pension von "2.200 DM" und höher) liege die Sterbewahrscheinlichkeit dieser Altersgruppe bei ca 0,0275%.
Für Alter ab 90 Jahren lägen keine Bevölkerungsdaten vor, sodass man hier extrapolieren müsse (Herleitung DAV Sterbetafel 2004 R S. 14, 15).
Die Aufschubdauer privater Renten beginne im Zeitraum 1995-2002 im Durchschnitt im Alter von 30-40 bei Frauen und Männern. Der Rentenbezug beginne im Durchschnitt im Alter von 60-70 Jahren bei Frauen und Männern (Herleitung DAV Sterbetafel 2004 R S. 13,14).
Bezieher hoher Renten hätten eine niedrigere Sterblichkeit als Bezieher niedriger Renten (S. 16 mit dem Hinweis auf Anhang 8, S. 83).
Angehörige der Beamtenschaft hätten eine wesentlich niedrigere Sterblichkeit als Angestellte (Angehörige der Angestelltenversicherung), die wiederum eine wesentlich niedrigere Sterblichkeit als Arbeiter (Angehörige der Arbeiterrentenversicherung) hätten (S. 82).
In Zahlen ausgedrückt: im Alter zwischen 85 und 90 betrage die Sterblichkeit bei den beamtenversicherten Frauen durchschnittlich 80% (Mittelwert von ca 78%, ca 82%, ca 78%, ca 85% und ca 80%) der Sterblichkeit der allgemeinen Bevölkerung. Bei den angestelltenversicherten Frauen betrage die Sterblichkeit ca 88%, bei den Frauen, die eine Arbeiterrente bezögen , betrage die Sterblichkeit ca 106% (S. 82).
Ab einem Alter von 65 überwiege das Datenmaterial zu laufenden Renten. Ca. 75 % des Datenmaterials zu laufenden Renten beziehe sich auf Alter ab 65 (S. 20).
Das Sterblichkeitsniveau in der Aufschubzeit hänge in hohem Maße davon ab, ob beim Abschluss der Verträge eine Gesundheitsprüfung durchgeführt wurde, oder nicht (S. 20).
In der Schweiz lägen die Sterblichkeitsverbesserungen für 70-jährige Männer bei 1,33 % (Bevölkerung) pro Jahr und 2,41% (Rentenversicherte) pro Jahr. Diese Aussage beruht auf einer Schweizer Untersuchung aus dem Jahr 1998 (S. 36 mit dem Hinweis auf "SVV" und S. 57 mit der Worterklärung des Begriffes "SVV" und dem Hinweis auf eine Studie aus dem Jahr 1998).
Sterblichkeitsverbesserungen für Versicherte seien höher als Sterblichkeitsverbesserungen für die Bevölkerung. Obere sozioökonomische Gruppen hätten höhere Sterblichkeitsverbesserungen als untere sozioökonomische Gruppen. Privat Rentenversicherte hätten höhere Sterblichkeitsverbesserungen zu erwarten als Personen, die zur allgemeinen Bevölkerung zählten(s. 36, 76).
In Deutschland sei eine Herleitung des Trends aus Versicherungsdaten nicht möglich, da für die Untersuchungen zur Rentnersterblichkeit in der Privatversicherung Daten nur für einen 8 Jahre umfassenden Beobachtungszeitraum von 1995 bis 2002 zur Verfügung stünden. Die Kürze dieses Beobachtungszeitraumes sei für langfristige Trendprognosen nicht geeignet (S. 37, S. 76).
Die Sterblichkeitsverbesserung für Lebensalter zwischen 65 und 98 betrage im Zeitraum 1986-2002 nach den Daten der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) 1,58% (Frauen) . Die Sterblichkeitsverbesserung für Rentnerinnen der Angestelltenversicherung in den Lebensaltern zwischen 65 und 98 Jahren läge im Zeitraum 1986-2002 bei 1,72%, dh um 0,14% (Frauen) über den Sterblichkeitsverbesserungen für Rentnerinnen der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Dies ergebe sich aus Daten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Angestelltenversicherung des Zeitraumes 1986-2002 (S. 37).
Die Sterblichkeitsdaten der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) ließen sich bis zum Alter von 98 Jahren auswerten (S. 37). Für das Alter von 95 ließen sich im Zeitraum 1986-2002 gleichermaßen bei Frauen und Männern Verbesserungen der Sterblichkeit von 1% beobachten (S. 37, 38).
Sterblichkeitsverbesserungen für Alter ab 100 ließen sich aus japanischen Sterblichkeitsuntersuchungen begründen (S. 37, 38) . Die Abhandlung zitiert insoweit einen Beitrag zu einem Symposion aus dem Jahr 2002 (siehe die Erklärung des Begriffes "RSJ" auf S. 57) Die Sterblichkeitsverbesserungen im Alter von 100-104 Jahren betrügen 1973-1998 in Japan für Frauen 1,25% (S. 38,39) . Die Abhandlung zitiert aus japanischen Quellen der Jahre 1973 - 1998 (S. 39). Ab dem Alter von 99 Jahren für Frauen ergäben sich konstante jährliche Sterblichkeitsverbesserungen von 1 % (S. 39, vgl. S. 48, wo der Starttrend bei einem Prozent, der Zieltrend bei 0,75 % liege).
Lt. Sterbetafel AVÖ 1996 R werde langfristig nicht von einem Anhalten der erheblichen Sterblichkeitsverbesserungen der letzten Jahre ausgegangen (S. 117).
Die Ergebnisse einer Studie der Universität Bielefeld anlässlich der Rentenreform 2000 unterstütze die Annahme von in Zukunft fallenden Sterblichkeitsverbesserungen (S. 44; vgl. ähnlich die österr. Sterbetafel AVÖ 1996 R S. 117; vgl. ähnlich S. 118, 119 mit dem Hinweis auf internationale Trendreduktionen, wobei Österreich diesbezüglich ausschert, allerdings betreffend die Alter zwischen 60 und 89 und die Jahre 1960-1999).
Die Annahme sinkender Trendentwicklungen sei allerdings mit großen Unsicherheiten behaftet (S. 118).
Eine künftige Trenddämpfung in Deutschland lasse sich nicht mit Sicherheit vorhersagen (S. 119).
Die Schätzung zukünftiger Sterblicheitsverbesserungen auf Basis von Vergangenheitsdaten sei unsicher (S. 44).
Die jährliche Sterblichkeitsverbesserung für Frauen im Alter von 100 Jahren läge nach der DAV 2004 2. Ordnung (Starttrend) bei einem Prozent. Der Zieltrend liege bei 0,75 % (S. 48, 124,125).
Größenordnungsmäßig gelte im Bereich der Alter von 100-120 dasselbe (S. 48):
Die jährliche Sterblichkeitsverbesserung für Frauen im Alter von 100-120 Jahren läge nach der DAV 2004 2. Ordnung (Starttrend) bei einem Prozent. Der Zieltrend liege bei 0,75 % (S. 48, 124,125).
Die restliche durchschnittliche Lebenserwartung einer 65-jährigen Frau im Jahr 2017 betrage nach der Sterbetafel DAV 2004 R F 2. Ordnung ca. 24 Jahre (durchschnittliches Sterbealter: 89). Die Annahmen der Universität Bielefeld lägen geringfügig niedriger (S. 132), wobei die Universität Bielefeld die Bevölkerungssterblichkeit betrachtet habe, während die Sterbetafel DAV 2004 die Versichertensterblichkeiten erfasst habe ( S. 130, 132).
Die Zahlen für 65-jährige Männer lägen wesentlich niedriger (S. 131).
Soweit die Angaben in der Abhandlung "Herleitung der DAV-Sterbetafel 2004 R für Rentenversicherungen vom "
Dem Artikel "DAV- Sterbetafeln: Mit dem Alter richtig rechnen" in Aktuar Aktuell vom April 2017 , S. 12 und 13 (diese Zeitschrift wird von der deutschen Aktuarvereinigung herausgegeben) ist zu entnehmen: Vertragslaufzeiten privater Rentenversicherungen von 50 und mehr Jahren seien keine Seltenheit. Aktuare würden schon auf Grund des deutschen Versicherungsaufsichtsgesetzes mit Sicherheitszuschlägen rechnen. Die Sterbetafeln der DAV beruhten u.a. auf Todesfallstatistiken der Versicherer, der Human Mortality Database und der Gerontology Research Group betreffend Personen über 100 Jahren.
Die Periodentafeln gingen davon aus, dass ein 60-jähriger in 30 Jahren dieselbe Sterblichkeit habe wie ein heute 60-jähriger und dass sich die Lebenserwartung im Lauf der Zeit somit nicht verändere .
Die Sterbewahrscheinlichkeit sinke seit den 1950-er Jahren um 2-3 % pro Jahr (S. 12).
Zum einen schlössen in jüngeren Jahren zumeist diejenigen eine Rentenversicherung ab, die einen höheren Bildungsstand und ein höheres Einkommen hätten, was sich in der Regel positiv auf die Lebenserwartung auswirke. Zum anderen entschieden sich zu Beginn der Rentenphase vor allem die Personen für eine lebenslange Rentenzahlung statt einer Kapitalauszahlung, die sich subjektiv gesünder fühlten. Aus all dem folge:
Die Inhaber von Rentenversicherungen würden deutlich älter werden als der Durchschnitt der Bevölkerung. Eine heute (April 2017) 65 -jährige Frau könne mit einer gesamten Lebenserwartung seit ihrer Geburt von durchschnittlich 91,6 Jahren rechnen (restliche Lebenserwartung: 26,6 Jahre) (S. 13).
Sollte die tatsächliche Sterblichkeitsentwicklung günstiger sein als in den vorsichtigen Kalkulationsgrundlagen angenommen worden wäre, entstünden Risikoüberschüsse, die zugunsten der Versicherungsnehmer verwendet werden würden. Die Versicherungsnehmer müssten 90% aller Risikoüberschüsse erhalten. Die tatsächlichen Renten seien die Summe aus der garantierten Rente und der Überschussrente (S. 13).
Soweit der Artikel von Aktuar Aktuell vom April 2017 "DAV- Sterbetafeln: Mit dem Alter richtig rechnen".
Zum Artikel von Shkolnikov et. al. "Steigt die Lebenserwartung mit der Rentenhöhe?" in der Zeitschrift des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung "Demografische Forschung"von 2006:
Mehr als 90 % der deutschen Männer über 65 Jahren bezögen eine gesetzliche Rente.
Die Lebenserwartung sei am geringsten für Personen mit 32 bis 39 Rentenpunkten. Für Männer mit einer höheren Anzahl an Rentenentgeltpunkten steige die Lebenserwartung linear. Die fernere Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren und älter variiere je nach Höhe des Einkommens zwischen 14,6 und 19,1 Jahren (Unterschied: 30,82% von 14,6 beim Vergleich zwischen der niedrigsten und der höchsten Einkommensgruppe) (Shkolnikov et al, Demografische Forschung 2006 Nr. 4 mit dem Hinweis auf Abbildung 1).
Dieser Abbildung 1 ist auch zu entnehmen, dass 65 - jährige Männer in Westdeutschland mit mittlerem Pensionseinkommen (48-54 Rentenentgeltpunkten) im Jahr 2006 eine fernere Lebenserwartung von 16,2-16,5 Jahren (16,35 Jahre im Mittel) hätten, während ihre Altersgenossen mit dem höchsten Pensionseinkommen eine fernere Lebenserwartung von 19,1 Jahren (um 2,75 Jahre höher, d.s. 16,82% von 16,35 Jahren beim Vergleich mit der mittleren und der höchsten Einkommensgruppe) hätten. Aus Abbildung 2 ergeben sich für Deutschland dieselben Zahlen (Shkolnikov et al., Demografische Forschung, 2006, Nr. 4, Abbildung 1 und 2).
Zum Artikel von Kainhofer/Predota/Schmock:
Die AVÖ 2005% stehe als Rententafel 1. Ordnung mit entsprechenden Sicherheitszuschlägen zur Kalkulation im Unternehmen und als Rententafel 2. Ordnung für die tatsächlich erwartete Sterblichkeit zur Verfügung (S. 2).
Bei einer Periodentafel werde die über einen Zeitraum von wenigen Kalenderjahren gemittelte Sterblichkeit angegeben . Die im Laufe der Jahre zu beobachtende Reduktion der Sterblichkeit fände hiebei keine Berücksichtigung ( S. 2). Bei Generationensterbetafeln sei die Sterblichkeit nicht nur vom Alter, sondern auch vom Geburtsjahr abhängig, sodass die zukünftigen erwarteten Änderungen bereits berücksichtigt werden können. Ein 70-jähriger Mann mit Geburtsjahr 1940 könne also eine andere Sterblichkeit haben als ein 70-jähriger Mann, der 1960 geboren sei, weil dem später Geborenen der medizinische Fortschritt aus den Jahren 2010-2030 zugutekommen werde. Die Periodentafeln seien für die Kalkulation von Rentenversicherungen ungeeignet (S. 2, 3).
Wegen des geringen Versichertenbestandes in Österreich seien die Tafeln der deutschen und Schweizer Aktuarvereinigungen sowie die Daten der Sterblichkeit der Gesamtbevölkerung (Sterbetafeln der Statistik Austria) zur Herleitung herangezogen worden (Kainhofer/Predota/Schmock, AVÖ2005 R, S. 3).
Eine Vorhersage der Sterblichkeit geschehe typischerweise auf Grund der Daten der Vergangenheit unter der Annahme, dass die Entwicklung in jüngerer Vergangenheit der Entwicklung in naher Zukunft entspreche (Kainhofer/Predota/Schmock, AVÖ2005 R, S. 3).
In den letzten Jahren sei eine stärkere Zunahme des Trends für hohe Alter erkennbar (Kainhofer/Predota/Schmock, AVÖ2005 R, S. 4).
Die Sterblichkeit von Rentenversicherten unterscheide sich von der Sterblichkeit der Gesamtbevölkerung deutlich. Es schließe eher eine gesunde Person einen Rentenversicherungsvertrag ab als eine kranke Person. Zudem seien privat Rentenversicherte zumeist aus den oberen Bevölkerungsschichten, die eine höhere Lebenserwartung und auch leichteren Zugang zu einer teuren medizinischen Versorgung hätten (Kainhofer/Predota/Schmock, AVÖ2005 R, S. 4).
Ad Rentenzahlung oder Kapitaloption: Versicherungsnehmer, die nicht mehr mit einer allzu langen Lebensdauer rechnen, oder solche, die bereits erkrankt seien, würden eher die Kapitaloption ausüben (Kainhofer/Predota/Schmock, AVÖ2005 R, S. 5).
Es gibt für jede Generation eine eigene Rententafel . Alle versicherungsmathematischen Werte hängen nicht nur vom Alter, sondern auch vom Geburtsjahr ab (S. 6).
Es gebe eine Tafel erster Ordnung für die Prämien- und Reservenkalkulation, als auch eine Tafel zweiter Ordnung mit den tatsächlich erwarteten Sterblichkeiten (S. 6).
Soweit der Artikel von Kainhofer / Predota / Schmock.
Zum Artikel von Birg / Flöthmann, Langfristige Trends der demographischen Alterung in Deutschland", Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 2002, 387:
Ein Rückgang der Zahl älterer Menschen ab Mitte des 21. Jahrhunderts, wenn die geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge verstorben seien, könne die demographische Alterung (Zunahme des Durchschnittsalters) ….nicht aufhalten (S. 387).
Durch die Einwanderungsüberschüsse vieler Industrieländer , insbesondere Deutschlands, ändere sich die Altersstruktur zunächst in Richtung einer Verjüngung, weil die überwiegende Zahl der Zugewanderten auf die Altersgruppe der 25-bis 35-jährigen entfalle (S.389).
Der Geburtenboom nach dem Ende des zweiten Weltkrieges, der starke Geburtenrückgang Ende der Sechziger Jahre….seien historische Ereignisse, die die Bevölkerungsstruktur Deutschlands und die Dynamik der demographischen Alterung in den nächsten Jahrzehnten maßgeblich bestimmen würden (S. 390, 391).
Der Geburtenrückgang Ende der Sechziger Jahre und die dann auf niedrigem Niveau verbleibende Geburtenzahl von rund 1,4 Lebendgeborenen pro Frau führten zunächst zu einem Rückgang bei der 20- unter 60-jährigen Bevölkerung (S. 392).
Die zukünftige Entwicklung der Zahl älterer Menschen …würde einerseits von der aktuellen Bevölkerungsstruktur, hier insbesondere von den geburtenstarken Jahrgängen, und andererseits von der weiteren Entwicklung der Lebenserwartung bestimmt (S. 392).
Solange …ein weiterer Anstieg der ferneren Lebenserwartung im höheren Alter zu verzeichnen sei, werde sich die Zahl der älteren Menschen besonders stark erhöhen. Aber auch im Fall einer konstanten Lebenserwartung werde sich die demographische Alterung allein aufgrund des genannten Altersstruktureffekts weiter intensivieren.
Die Verdopplung des Altenquotienten (Anzahl der über 60jährigen verglichen mit 100 Menschen im Alter von 20-60) bis …2030 werde zwar zunächst relativ unabhhängig vom weiteren Verlauf der Lebenserwartung erfolgen. Aber in den folgenden beiden Jahrzehnten bis 2050 werde sich der Anstieg der Lebenserwartung deutlich auswirken. Danach konsolidiere sich die Entwicklung des Altenquotienten auf dem dann erreichten hohen Niveau (S. 393).
Obwohl die geburtenstarken Jahrgänge in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts verstorben sein werden, sei in diesem Zeitraum kein Rückgang der Alterung zu erwarten (S. 393).
Seit Anfang der Siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts verzeichne Deutschland ausschließlich Geburtendefizite, sodass die Bevölkerungsanzahl ohne diese Wanderungsgewinne bereits seit längerem zurückgegangen wäre. Während der 80er und 90er Jahre seien die Geburtendefizite in Deutschland durch erhebliche Wanderungsgewinne teilweise ausgeglichen oder sogar überkompensiert worden. Durch den migrationsbedingten Zuwachs an meist jungen Menschen sei aber nicht nur die Bevölkerungszahl relativ konstant gehalten, sondern auch die demographische Alterung zumindest vorübergehend abgeschwächt worden (S. 393).
Werde die Lebenserwartung als Maß für die demographische Alterung verwendet, bezögen sich die entsprechenden Daten meist auf ein bestimmtes Kalenderjahr, nicht auf bestimmte Kohorten (Geburtsjahrgänge). Die vom Statistischen Bundesamt in den Sterbetafeln veröffentlichte Lebenserwartung für die verschiedenen Kalenderjahre sei eine Art Durchschnitt für die in dem betreffenden Jahr gleichzeitig lebenden rund 110 Kohorten. So lasse sich z.B. die Aussage, dass die Lebenserwartung der Frauen in Deutschland im Jahr 1999 80,6 Jahre betrage, als Lebenserwartung interpretieren, die für eine fiktive Durchschnitts-, oder Querschnittskohorte gelte, die sich aus den im Jahr 1999 gleichzeitig lebenden 110 Frauenjahrgängen zusammensetze. Diese Art der Berechnung werde als Querschnittsanalyse bezeichnet, wobei sich der Begriff Querschnitt auf die 110 gleichzeitig lebenden Jahrgänge beziehe. Bei einer im Zeitablauf tendenziell sinkenden Mortalität sei die Lebenserwartung für die jüngeren Kohorten innerhalb der fiktiven Durchschnittskohorte höher als 80,6 Jahre, für die älteren niedriger (S. 395).
Aussagen über die von Kohorte zu Kohorte variierende demographische Alterung setzten Längsschnitt- oder Kohortenanalysen der Mortalität und Lebenserwartung und entsprechendene Prognosen voraus. Berechne man die demographische Alterung auf der Basis der Längsschnitt-analyse der Lebenserwartung, träten zwei wichtige Sachverhalte deutlich hervor:
1.Der prozentuale Zuwachs der ferneren Lebenserwartung in einem bestimmten Alter sei für Menschen, die bereits ein hohes Lebensalter erreicht hätten, besonders groß.
2. Die demographische Alterung, gemessen am Anstieg der Zahl der Hochbetagten, in den Bevölkerungsvorausberechnungen des statistischen Bundesamtes im Vergleich z.B. zu den Ergebnissen der Verfasser Birg / Flöthmann sei niedriger. Der Unterschied beruhe darauf, dass die Lebenserwartungsprognosen des statistischen Bundesamtes auf der Querschnittsanalyse aufbauten, mit der der Zuwachs der ferneren Lebenserwartung tendenziell niedriger vorausgeschätzt werde als mit der Längsschnitt-Analyse (S. 395).
Methodische Unterschiede seien auch bei einer Differenzierung der demografischen Alterung nach Bevölkerungsgruppen ….von großer Bedeutung: so seien beträchtliche Sterblichkeitsunterschiede nach Berufen nachgewiesen, auch nach dem Familienstand . Neuere Untersuchungen ließen vermuten, dass die sozioökonomischen Unterschiede der Lebenserwartung bisher generell unterschätzt worden seien (S. 395).
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts habe der Anstieg der Lebenserwartung in Deutschland zu einem großen Teil auf einer Reduzierung der Säuglingssterblichkeit beruht. In der zweiten Hälfte sei vor allem die fernere Lebenserwartung im höheren Alter deutlich angestiegen (S. 396).
Bis 2025 werde sich die Zahl der 80-jährigen und älteren Bevölkerung verdoppelt haben. Die dann folgende, kurze Stagnation des Anstieges werde auf den Geburtenausfällen während und vor allem zum Ende des zweiten Weltkrieges beruhen. Die darauf folgenden geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge würden bis 2050 zu einem starken Anstieg der hochbetagten Bevölkerung führen (S. 396). Die hochbetagte Bevölkerung Deutschlands (Menschen im Alter von mindestens 80) werde bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts um den Faktor 3-3,5 zunehmen. Bei den Hundertjährigen und der noch älteren Bevölkerung werde dieser Anstieg noch wesentlich stärker ausfallen. Die Zahl der Hundertjährigen und Älteren werde außerordentlich (siehe Abbildung 11) steigen (S. 397).
Abbildung 11 (S. 397):
Sie zeigt die voraussichtliche Anzahl der 100jährigen und Älteren bei hohem, mitterem und niedrigem verwirklichten Langlebigkeitsrisiko:
9.500 ………Anzahl der 100jährigen und Älteren im Jahr 2000 in Deutschland lt. ………………..Birg/Flöthmann
105.000…….Anzahl der 100jährigen und Älteren ungefähr im Jahr 2052 bei verwirklichtem …………………hohem Langlebigkeitsrisiko: Steigerung um das 11,05-fache
75.000……… Anzahl der 100jährigen und Älteren ungefähr im Jahr 2052 bei verwirklichtem ………………….mittlerem Langlebigkeitsrisiko: Steigerung um das 7,89-fache
55.000……….Anzahl der 100jährigen und Älteren ungefähr im Jahr 2052 bei verwirklichtem ………………….niedrigen Langlebigkeitsrisiko: Steigerung um das 5,79-fache
Zwischen 2014 und 2019 werde der Anteil der 100jährigen und älteren Menschen von ca 30.000 auf 20.000 (bei verwirklichtem hohen Langlebigkeitsrisiko) zurückgehen (Anmerkung des BFG: Geburtenrückgang im ersten Weltkrieg),
Zwischen 2030 und 2034 werde der Anteil der 100jährigen und älteren Menschen auf einem Niveau von ca 55.000 (bei verwirklichtem hohen Langlebigkeitsrisiko) stagnieren.
Zwischen 2040 und 2046 werde der Anteil der 100jährigen und älteren Menschen von 95.000 auf 75.000 (verwirklichtes höchstes Langlebigkeitsrisiko) zurückgehen (Abbildung 11: Anmerkung des BFG: Geburtenrückgang im zweiten Weltkrieg),
Bis zum Jahr 2050 werde der Anteil der 100-jährigen und älteren Bevölkerung von 0,01% auf 0,08%-0,015% zunehmen (S. 397: Anmerkung des BFG: Geburtenstarke Jahrgänge nach dem zweiten Weltkrieg).
Zwischen 1998 und 2050 werde der Altenquotient von 38 auf 92 zunehmen. D h, 1998 kämen auf 100 Personen im Alter von 20-60 38 Personen im Alter von über 60. Der Altenquotient betrage daher 1998 "38" (397).
Soweit der Artikel von Birg / Flöthmann.
Zum Artikel von Valkonen, Die Vergrößerung der sozioökonomischen Unterschiede in der Erwachsenenmortalität durch Status und deren Ursachen, Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft 1998, S 263-292:
Einer Studie zufolge hätten leitende Büroangestellte eine um 13 % verringerte Mortalität verglichen mit dem Durchschnitt (S. 268).
Es gebe einen Zusammenhang zwischen dem Bildungsstand und der Mortalität. Je höher der Grad der Bildung, desto geringer die Mortalität (S.270-274). Allerdings seien diese Studien auf Personen im erwerbsfähigen Alter beschränkt (S. 274).
Die fernere Lebenserwartung von 35-jährigen Frauen um 1995 variierte zwischen 45 Jahren (manuelle Arbeiterinnen), 46 Jahren (Landwirte) , 47 Jahren (Büroangestellte) und 48 Jahren (leitende Büroangestellte) (S. 279). (Anm: 3/45 = 6,67% Unterschied zwischen der höchsten und der niedrigsten sozialen Schicht.).
Die sozioökonomischen Unterschiede in der Erwachsenenmortalität hätten sich vergrößert (S. 286).
In allen Ländern sei die Mortalität durch ischämische Herzerkrankungen derzeit in den niedrigeren sozioökonomischen Gruppen höher (S. 286).
Allerdings holten die niedrigeren sozioökonomischen Gruppen stärker auf als die höheren Gruppen (S. 287).
Verlässliche Daten über die Veränderungen der Mortalität nach sozioökonomischem Status für andere Gruppen als die der Männer im erwerbsfähigen Alter seien begrenzt (S. 288). Die Ausweitung der Mortalitätsunterschiede zwischen den privilegierten und den weniger privilegierten sozioökonomischen Gruppen sei eine Tendenz, über die man noch zu wenig wisse (S. 288).
Soweit der Artikel von Valkonen.
Das VU zitierte (Schreiben des VU vom ) die Abhandlung der Deutschen Aktuarvereinigung "Herleitung der DAV-Sterbetafel 2004R für Rentenversicherungen, S. 36, Pkt 4.1.4.1. (die darin zitierte Literatur befindet sich auf den Seiten 56 und 57 der Abhandlung):
Verschiedene internationale Untersuchungen , z.B Valkonen, Die Vergrößerung der sozioökonomischen Unterschiede in der Erwachsenenmortalität durch Status und deren Ursachen, Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft 23(1998), 263-292, sowie die Untersuchungsergebnisse aus den Versichertendaten von Münchener Rück und Gen Re sowie den GRV-Daten (Daten der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland) hätten ergeben:
Sterblichkeitsverbesserungen für Versicherte seien höher als Sterblichkeitsverbesserungen für die allgemeine Bevölkerung. Sterblichkeitsverbesserungen in den oberen sozioökonomischen Gruppen seien höher als Sterblichkeitsverbesserungen in den unteren sozioökonomischen Gruppen.
Das VU zitierte nochmals aus derselben Abhandlung der Deutschen Aktuarvereinigung "Herleitung der DAV-Sterbetafel 2004R für Rentenversicherungen", 76 , Anhang 3 und S. 82 f, Anhang 8: Die Sterbewahrscheinlichkeit für Bezieher hoher Renten sei um bis zu 20% niedriger als für Bezieher geringer oder gar keiner Renten 8 (S. 83 a.a.O; vgl. auch S. 76 a.a.O). Die Wahrscheinlichkeit für einen 65 - jährigen Mann, innerhalb eines Jahres zu sterben, sei für Versicherte der Arbeiterrentenversicherung fast doppelt so hoch wie für Versicherte der Angestelltenversicherung und für Beamte (S. 82 a.a.O).
Ähnliche Daten bestünden in Bezug auf Frauen (S. 82 a.a.O; S. 4/9 der Stellungnahme des VU)
Das VU zitierte auch Kainhofer, Predota und Schmock, die neue österreichische Rententafel AVÖ 2005R, 2006 S. 4.
Das VU zitierte auch aus dem Artikel "DAV Sterbetafeln: Mit dem Alter richtig rechnen" aus Aktuar Aktuell, Ausgabe 37, April 2017, S. 13.
Das VU wurde betreffend die Bf und ihren Gatten nach bestimmten Überlebenswahrscheinlichkeiten gefragt (Schreiben des BFG an das VU vom , Pkt 3 und 4).
Das VU antwortete mit Schreiben vom 29.6. ad 3:
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bf älter als 100 Jahre alt werden werde, betrage 15,7 % (Stichtag ) und 15,8 % (Stichtag ) . Dies ergebe sich aus dem abgedruckten Ausschnitt der beigelegten Tabellen. Die weiteren Wahrscheinlichkeiten wurden wie folgt angegeben:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
….älter als 100 Jahre | 15,7 % | 15,82 % |
…älter als 101 Jahre | 11,41% | 11,5 % |
…älter als 102 Jahre | 7,96 % | 8,02 % |
…älter als 103 Jahre | 5,31 % | 5,36 % |
Das VU legte auch dieselben Sterbetafeln AVÖ 2005 R vor, wie die Vertreterin der Bf.
Mit Schreiben des wurde die Statistik Austria Bundesanstalt Statistik Österreich nach bestimmten Überlebenswahrscheinlichkeiten betreffend die Bf und ihren Gatten gefragt.
Mit Schreiben vom antwortete die Statistik Austria wie folgt:
Es sei die Sterbetafel 2010/2012 heranzuziehen. Diese beruhe auf den Sterbefällen 2010 bis 2012 und den Bevölkerungszahlen 2010-2012.
Maßgeblich sei jeweils die Spalte l(x) Überlebende im Alter x: Aus diesen Werten der Spalte l(x) lasse sich die Wahrscheinlichkeit einer synthetischen Geburtskohorte von 100.000 Neugeborenen, ein bestimmtes Alter zu erreichen, direkt ablesen: Die Wahrscheinlichkeit für einen neugeborenen Knaben, das Alter von 66 Jahren zu erreichen, betrage nach dieser Sterbetafel 83,223% (Sterbetafel 2010/2012 für Österreich Männer). Die Wahrscheinlichkeit für ein neugeborenes Mädchen, das Alter von 62 Jahren zu erreichen, betrage 93,735% (Sterbetafel 2010/2012 für Österreich Frauen).
Um z.B. die Überlebenswahrscheinlichkeit einer 66 - jährigen Person (Mann) bis zum Alter von 100 zu berechnen, seien die jeweiligen l(x)-Werte zu dividieren: l(100) / l 66. (Anmerkung des BFG: 676/83.223=0,81% lt. Sterbetafel Männer)
Ziehe man nicht die Überlebenswahrscheinlichkeiten zu den jeweiligen Geburtstagen, sondern zu den Stichtagen und heran, seien die l(x) - Werte zu interpolieren.
Der l(x)- Wert sei für den Stichtag 31.12. linear zu interpolieren. Am sei die Bf 62,49 Jahre alt gewesen. Der l(x)-Wert für dieses Alter von 62,49 Jahren sei aus den l(x)-Werten für die Alter von 62 und 63 Jahren zu interpolieren und betrage 93.462: [93.735 + (93.177-93.735)x0,49 = 93.462]
1.913/93.462 [l (100) / l(62,49)] = 0,0205 , dh 2,05%.
Per betrage daher die Wahrscheinlichkeit, dass die Bf das hundertste Lebensjahr überschreiten werde, 2,05%, dass sie das 101. Lebensjahr überschreiten werde, 1,29%, dass sie das 102. Lebensjahr überschreiten werde, 0,78%, dass sie das 103. Lebensjahr überschreiten werde, 0,46 %. Ähnliche Zahlen ergäben sich zum Stichtag per .
Per betrage die Wahrscheinlichkeit, dass der Gatte der Bf das hundertunddritte Lebensjahr überschreiten werde, 0,15%, dass er das 104. Lebensjahr überschreiten werde, 0,08%, dass er das 105. Lebensjahr überschreiten werde, 0,04%. Ähnliche Zahlen ergäben sich zum Stichtag per .
Mit Schreiben an die Statistik Austria vom teilte das BFG der Statistik Austria mit, dass deren Berechnung des Langlebigkeitsrisikos anhand der Daten der Human Mortality Database (https://mortality.org) nicht nachvollzogen hätten werden können. Die Zahl der hochbetagten Frauen in Österreich habe sich seit 1947 alle 10 Jahre in der Regel größenordnungsmäßig verdoppelt. Am habe es 5-6 hundertjährige Frauen gegeben, im Jahr 2010 seien es 402 gewesen. Gehe man vom selben Vervielfacher auch für die voraussichtlichen Zahlen der hochbetagten Frauen bis 2052 - 2054 aus, käme man auf unvergleichlich höhere Wahrscheinlichkeiten, als die Statistik Austria geschätzt habe.
Mit E-Mail vom teilte die Statistik Austria mit: Die ursprüngliche Anfrage des BFG habe sich auf die Wahrscheinlichkeiten von Personen in einem bestimmten Alter, das Alter von 100 oder mehr zu erreichen, bezogen. Davon unabhängig sei die Entwicklung der Absolutzahl von Personen im Alter von 100 und mehr Jahren. Diese sei von mehreren Faktoren abhängig:
-Geburtenanzahl vor 100 Jahren
-Zu- und Abwanderung in den letzten 100 Jahren
-Entwicklung der Sterblichkeit/Lebenserwartung in den letzten 100 Jahren
-bei Männern: Anzahl der Kriegstoten
Z.B. könne man anhand der Tabelle der Entwicklung der Hundertjährigen den Geburtenrückgang zum Ende des ersten Weltkrieges erkennen.
Mit E-Mail des an die Statistik Austria wurde auf die Unterschiede der Anfragebeantwortungen durch das VU und die Statistik Austria betreffend das Langlebigkeitsrisiko hingewiesen. Es wurde auch darauf hingewiesen, wie die Bf und das VU die unterschiedlichen Anfragebeantwortungen anhand der Fachliteratur erklärt hätten (Periodentafel, Generationentafel). Die Statistik Austria wurde ersucht, bekannt zu geben, welche Sterbetafel besser geeignet sei, die Frage des Langlebigkeitsrisikos richtig zu beantworten.
Mit E-Mail vom teilte die Statistik Austria mit, die unterschiedlichen Betrachtungsweisen zwischen Periodentafeln (Statistik Austria) und Generationentafeln (z.B. AVÖ 2005) seien richtig herausgearbeitet worden.
Die Statistik Austria berechne standardmäßig nur Periodentafeln. Generationentafeln beinhalteten Prognosen künftiger Sterblichkeitsveränderungen, im Wesentlichen Verbesserungen und somit höhere Lebenserwartungen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1.)Vertragsinhalt, der in der Selbstanzeige vom oder später , jedenfalls nach Erlassung der Erstbescheide (diese ergingen betreffend E 2013-2016 vor Dezember 2017) dem Finanzamt und dem BFG zur Kenntnis gebracht worden ist:
a.)Rente ab dem 91. Lebensjahr oder Kapitalabfindung im 91. Lebensjahr [Sachverhalt, der dem Finanzamt und dem BFG nach Erlassung der Erstbescheide durch die Selbstanzeige der Bf und ihres Gatten, zeitgleich mit der Selbstanzeige oder später bekannt geworden ist (siehe zum genauen Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Finanzamtes die Datierungen in den Klammerzitaten)]
Am schlossen die Bf (61-jährig), geboren tt.mm.1952, und ihr Gatte (65-jährig), geb. tt.mm.1948, einen "Versicherungsvertrag gegen Bezahlung einer Einmalprämie mit aufgeschobener, lebenslanger Rentenzahlung oder mit Kapitalwahlrecht anstelle der Rentenzahlung" bei einem liechtensteinischen Versicherungsunternehmen ( abgekürzt VU) ab. Versicherungsnehmer (VN) und
Bezugsberechtigte waren
1.die Bf und
2. ihr Gatte (Polizze des liechtensteinischen VU, dem Finanzamt zusammen mit der Selbstanzeige mitgeteilt). Bezugsberechtigte im Todesfall der Bf und ihres Gatten waren deren Kinder und Enkelkinder (Polizze, Schreiben vom , dem Finanzamt zusammen mit der Selbstanzeige mitgeteilt).
Der Gatte der Bf leistete eine Versicherungsprämie in Höhe von 1,019.232,35 €, dh nach Abzug der Versicherungssteuer verblieben davon 980.031,11 € (Polizze, mit der Selbstanzeige vom September 2018 dem Finanzamt übermittelt).
Das VU deponierte auf Grund des abgeschlossenen Vertrages (§ 8.8. AVB- die allgemeinen Versicherungsbedingungen AVB wurden dem Finanzamt zusammen mit der Selbstanzeige übermittelt) dieses Kapital bei einer Depotbank seines Vertrauens und beauftragte einen Vermögensverwalter (Asset-Manager), das Kapital zu veranlagen. Daraus entstand der Anlagestock ( lt. § 1 AVB alle Vermögenswerte, die diesem Versicherungsvertrag zuzuordnen sind, dh das Vermögen, das im ursächlichen Zusammenhang mit der Prämie angeschafft und erwirtschaftet wurde).
Auf die Auswahl der Depotbank und des Asset - Managers und auf die konkreten Veranlagungsentscheidungen des Asset - Managers hatten die VN (Bf und deren Gatte) keinen Einfluss. Die Bf durften allerdings die Anlagestrategie festlegen und auch jederzeit ändern (hohes, mittleres, geringes Risiko). Die VN durften auch den Investmentfonds, in welchen investiert werden sollte, auswählen oder ändern (Polizze) (Polizze; § 8.1 , 8.2. 8.3, 8.4 AVB).
In Pkt 8.1. der AVB (allgemeine Versicherungsbedingungen, die dem Vertrag mit dem VU zu Grunde liegen) wird ferner festgehalten: "Bei Kurssteigerungen der im Anlagestock enthaltenen Vermögenswerte erzielen Sie (Anmerkung des BFG: damit sind die VN gemeint) Wertzuwächse, Kursrückgänge führen zu Wertminderungen….Sie tragen bei der vorliegenden anteils-bzw fondsgebundenen Lebensversicherung das volle Veranlagungsrisiko. Es gibt daher keine garantierte Erlebensleistung."
Die diesem Vertrag zugeordneten Vermögenswerte werden gesondert vom übrigen Vermögen des VU veranlagt (§ 8.10 AVB).
Das VU beauftragte einen Manager (Vermögensverwalter), die Prämie (980.031,11 €) zu veranlagen.
Durch die Veranlagung dieser Prämie entstanden im Streitzeitraum Gewinne. In Bezug auf diese Gewinne ist zwischen den Parteien strittig, ob sie den VN (dh u.a. auch der Bf) zuzurechnen sind.
Der Vertrag mit dem VU besteht insbesondere aus der Polizze und den allgemeinen Versicherungsbedingungen AVB (§ 18 AVB).
Die Aufschubdauer betrug laut Versicherungspolizze 30 Jahre. Die Bf konnte somit erwarten, die ihr zugesagte Rente ab ihrem 91. Lebensjahr, dh, ab dem genießen zu können. Der Gatte der Bf konnte erwarten, die Rente ab seinem 95. Lebensjahr, dh ebenso ab zu genießen.
Einmalprämie vor Versicherungssteuer…………….1,019.232,35 €
Einmalprämie nach Versicherungssteuer (4%): …980.031,11 €
Vertragsbeginn………………………………………………….
Rentenzahlungsdauer:……………………………………….lebenslang, beginnend
Prognostizierter Rentenfaktor Bf………………………..1.026,37 € jährlich
Garantierter Rentenfaktor Bf………………………………694,83 € jährlich
Prognostizierter Rentenfaktor Gatte…………………..1.280,46 € jährlich
Garantierter Rentenfaktor Gatte…………………………806,60 € jährlich
Der Rentenfaktor ist die jährliche Rente je 10.000 € Vertragsguthaben.
Bezugsrecht Erleben:
Bf………………………………………………………..50%, 1. Rang
Gatte……………………………………………………50%, 1. Rang
Siehe Hiezu Pkt 2.5. AVB:
"Im Falle mehrerer versicherter Personen gibt es ab Rentenbeginn nur noch eine versicherte Person. Erlebt die erste versicherte Person (Bf) den Rentenzahlungsbeginn, so ist diese die Pension mit dem Rentenbezug. Andernfalls ist die zweite versicherte Person (Anm. des BFG: Gatte ) die versicherte Person mit dem Rentenbezug."
Dh, wenn nur der Gatte der Bf, nicht aber die Bf den vereinbarten Rentenzahlungsbeginn in seinem 95. Lebensjahr () erlebt, ist nur der Gatte der Bf gem. Pkt 2.5. AVB die Person mit dem Rentenbezug und bekommt eine Rente mit einem schon bei Vertragsbeginn garantierten Rentenfaktor von 806,60 € pro 10.000 € Vertragsguthaben. Er kann sich aber auch bis zum Ablauf eines Monats vor dem vereinbarten Rentenzahlungsbeginn für eine Kapitalabfindung in Höhe des Zeitwertes des Anlagestocks entscheiden . Diesfalls erlischt die Versicherung durch diese Kapitalabfindung (AVB Pkt 2.6.; Pkt 17.2; Schreiben des VU vom , dem Finanzamt zusammen mit der Selbstanzeige übermittelt).
Wenn aber nur die Bf, nicht aber deren Gatte den vereinbarten Rentenzahlungstermin in ihrem 91. Lebensjahr () erlebt, wird gem. Pkt 2.5. und gem. Pkt 17.2. AVB nur die Bf die Person mit dem Rentenbezug mit einem bei Vertragsbeginn garantierten Rentenfaktor von 694,83 € pro 10.000 € (lt. Polizze) Vertragsguthaben sein. Auch der Bf stünde lt. AVB die Möglichkeit der Kapitalabfindung (§ 2.6. AVB) offen (siehe oben) (Schreiben des VU vom ).
Erleben aber beide, die Bf und ihr Gatte, den vereinbarten Rentenzahlungstermin, so ist die Bf als die laut Polizze erste versicherte Person die Person mit dem Rentenbezug gem. Pkt 2.5. zweiter Absatz und Pkt 2.5. Seite 6/14 sechster Absatz AVB. Die jährliche Rente wird daher mit einem Rentenfaktor von zumindest 694,83 € je 10.000 € Vertragsguthaben berechnet werden. Da das Bezugsrecht der Bf aber auf Grund der Polizze PolNrXX2 PolNr nur 50% beträgt, und das Bezugsrecht des Gatten auf Grund der Polizze ebenso 50%, wird dieser Bezug, der gem. Pkt 2.5 zweiter Absatz und Pkt 2.5. Seite 6/14 sechster Absatz AVB grundsätzlich der Bf zuzuordnen wäre, je zur Hälfte auf die Bf und deren Gatten aufgeteilt.
Auch hier besteht die Möglichkeit der Kapitalabfindung, die auf Grund der Polizze zur Hälfte auf die Bf und ihren Gatten aufzuteilen wäre (siehe oben Pkt 2.6 AVB und Polizze).
Wenn nach dem Beginn der vereinbarten Rentenzahlungen der Gatte der Bf sterben sollte und die Bf weiterleben sollte, wird die Bf die Person mit dem alleinigen Rentenbezug sein.
Dh, der bisherige 50% -Anteil des Gatten wird der Bf zuwachsen ( § 2.5, § 17.2 AVB; Schreiben vom ).
Wenn nach dem Beginn der vereinbarten Rentenzahlungen die Bf sterben sollte und deren Gatte weiterleben sollte, wäre der Ablebensfall (§ 2.7 der AVB) eingetreten. Diesfalls würde die Todesfallsleistung als Kapitalzahlung geleistet werden. Die Todesfallleistung entspricht dem Zeitwert des Anlagestocks minus der bis zum Todeszeitpunkt geleisteten garantierten Renten (§ 2.7 AVB).
Vor dem Rentenbeginn ist schon seit Vertragsbeginn ein garantierter Rentenfaktor vereinbart, der allerdings noch nicht erahnen lässt, wie hoch die Rente einmal sein wird (Polizze; vgl. auch § 8.1. AVB), weil die Höhe der Rente nicht nur vom Rentenfaktor, sondern auch vom Wert des Anlagestocks bei Rentenbeginn abhängt (§ 2.5. AVB, S. 6/14, zweiter bis vierter Absatz AVB). Zudem stellt der zu Vertragsbeginn garantierte Rentenfaktor nur eine Mindestgarantie dar, dh, der tatsächliche Rentenfaktor könnte zum Zeitpunkt des Beginnes der Rentenzahlungen auch höher, nicht jedoch niedriger als der bei Vertragsbeginn garantierte Rentenfaktor sein (§ 2.5. AVB, S. 6/14, zweiter bis fünfter Absatz AVB).
Bezugsrecht für den Fall, dass die Bf und ihr Gatte zum Zeitpunkt des vereinbarten Rentenbeginnes () oder schon während der Aufschubdauer (-) nicht mehr leben (Polizze, Schreiben des VU vom , dem Finanzamt zeitgleich mit der Selbstanzeige übermittelt):
erster Sohn…………………………………………….50%
zweiter Sohn…………………………………………..50%
Deren beider Bezugsrecht ist wieder sinngemäß gleich zu handhaben wie oben in Bezug auf die Bf und deren Gatten beschrieben wurde. Jedoch wird die Todesfallsleistung zu Gunsten der Söhne nicht vor dem fällig. Zudem ist die Bezugsberechtigung der Söhne nur noch die Todesfallsleistung, dh, der Wert des Vertragsguthabens als Kapitalleistung (AVB 2.7) (Schreiben des VU vom , dem Finanzamt zeitgleich mit der Selbstanzeige bekannt geworden).
Bezugsrecht der Söhne für den Fall, dass die Bf und ihr Gatte nach dem Ablauf der Aufschubdauer und nach dem Beginn der Rentenzahlungen sterben: Zeitwert des Anlagestocks zu Rentenbeginn abzüglich der bereits geleisteten garantierten Renten (AVB 2.7). In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass erst ab Rentenbeginn die Höhe der Rente durch das VU garantiert werden wird, dh , dass ab Rentenbeginn die Renten alljährlich in derselben konstanten Höhe bezahlt werden müssen. Diese Garantie der Rente der Höhe nach ab Rentenbeginn (§ 2.5 erster Absatz AVB) darf nicht mit dem bereits zu Vertragsbeginn garantierten Rentenfaktor (lt. Polizze und lt. AVB S. 6.14, zweiter bis fünfter Absatz) verwechselt werden.
Jedweder Anspruch der Bf auf eine Beteiligung der VN an den Gewinnen des VU wurde vertraglich ausgeschlossen (§ 10 AVB).
Allerdings hat das VU bisher in allen Rentenzahlungsfällen mehr bezahlt als die vertraglich ab dem Rentenzahlungszeitpunkt garantierten Renten, um die VN an seinen Gewinnen teilhaben zu lassen, egal, ob eine Gewinnbeteiligung versprochen oder vertraglich ausgeschlossen war. Es ist davon auszugehen, dass das VU auch in Bezug auf den gegenständlichen Vertrag dieselbe Absicht verfolgt. Die Größenordnung dieser Gewinnbeteiligungen lag bisher erfahrungsgemäß jährlich bei 0,15%-0,25% des jeweiligen Anlagestocks. Bei einem Deckungsstock von 1,000.000 € wäre dies eine jährliche Gewinnbeteiligungszahlung von 1.500 € - 2.500 € (Vorbringen der Vertreterin der Bf vom , S. 2 und 3).
Zum Vergleich: Sollte der durch das VU prognostizierte Rentenfaktor von 1.026,37 € je 10.000 € Vertragsguthaben Wirklichkeit werden und sollte der Anlagestock per trotz der hohen bisherigen Entnahmen (242.000 €) eine Höhe von 1,000.000 € erreichen, wäre eine Jahresrente von 102.637 € zu erwarten.
Die bisher geschilderten Sachverhaltselemente wurden dem Finanzamt zeitgleich mit der Selbstanzeige nach Erlassung der Erstbescheide oder später (siehe Klammerzitate) bekannt.
b.) Kündigungsfall (AVB § 2.1.; AVB § 12) und teilweise Kapitalentnahmen während der Aufschubdauer: ( Sachverhalt, der dem Finanzamt und dem BFG nach Erlassung der Erstbescheide durch die Selbstanzeige der Bf und ihres Gatten, zeitgleich mit der Selbstanzeige oder später bekannt geworden ist - siehe zum genauen Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Finanzamtes die Datierungen in den Klammerzitaten)
Die VN dürfen den Vertrag nach Ablauf des ersten Jahres während der Aufschubdauer bis zum vereinbarten Rentenzahlungstermin zur Gänze oder teilweise kündigen (= gänzlicher oder teilweiser Rückkauf). Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat. Der Kündigungstemin ist das Ende eines Monats, das sich die Kündigenden aussuchen. Diesfalls erhalten die VN zu je 50% (lt. Polizze) den Rückkaufswert, dh den Portfoliowert (§ 1 AVB; § 12.1-4 AVB: Zeitwert des Anlagestocks minus Verwaltungsgebühren, Gebühren und Steuern, mit welchen die VN noch nicht belastet worden sind; auch die Abschlusskosten, dh die Provision des Vermittlers muss, so sie noch nicht abgezogen worden sein sollte, abgezogen werden, vgl. § 12.4. AVB-alle AVB wurden dem Finanzamt zeitgleich mit der Selbstanzeige nach Erlassung der Erstbescheide bekanntgegeben).
Lebt zum Zeitpunkt des Kündigungstermines nur noch die Bf, erhält sie den gesamten Portfoliowert (§ 17.2 AVB). Lebt zu diesem Zeitpunkt nur noch deren Gatte, erhält er den gesamten Portfoliowert (§ 17.2. AVB).
Im Falle der gänzlichen Kündigung (gänzlicher Rückkauf) wird der Gegenwert des gesamten Portfoliowertes den VN in Geld ausbezahlt (§ 12 Z 1,3, 4 und 7 AVB). Die VN haben jedoch die Möglichkeit, die Übertragung der entsprechenden Vermögenswerte zu wählen (§ 12 Z 7 AVB).
Teilweiser Rückkauf ist die teilweise Kündigung (§ 12.1 und 3 AVB) des Vertrages. Diesfalls wird durch das VU der gesamte Portfoliowert (§ 12.3,4 AVB, § 1 AVB "Rückkaufswert", "Portfoliowert") ermittelt. Der der teilweisen Kündigung entsprechende Anteil dieses Portfoliowertes wird sodann durch das VU in Geld umgewandelt (§ 12.7 AVB), z.B. durch Verkauf von Wertpapieren oder Aktien, die das VU aussucht, und den VN ausgezahlt.
An Stelle einer Kündigung oder teilweisen Kündigung dürfen sich die VN auch nur für eine Kapitalentnahme entscheiden:
Unter Kapitalentnahme (§ 12 .1,8,9 und 12 AVB ) ist die teilweise Entnahme des Anlagestocks i d R in Form von Bargeld [mindestens 10.000 € oder ein Vielfaches davon (§ 12 .2,11 AVB) ]durch die VN zu verstehen. Soweit der Anlagestock nicht aus genügend Bargeld besteht, um die durch die VN begehrte Kapitalentnahme zu ermöglichen, wird er zur Ermöglichung der Entnahme durch das VU in Geld umgewandelt (§ 12.11 AVB), z.B. durch Verkauf der (Pkt 8.2. AVB) durch das VU ausgesuchten Aktien, Wertpapiere oder Investmentfondsanteile. Kapitalentnahmen sind nur zulässig, solange der Wert des Anlagestocks noch 20% der Einmalprämie (§ 12.12. AVB) beträgt.
In den Jahren 2013-2019 haben die Bf und ihr Gatte Entnahmen in Höhe von 242.000 € in Anspruch genommen (schriftliche Aufstellung der Entnahmen vom als Beilage des Vorbringens des steuerlichen Vertreters vom , dem Finanzamt und dem BFG im Jahr 2020 bekanntgeworden).
Ab 2017 treten für den Todesfall der Bf und ihres Gatten und für den Todesfall der Söhne der Bf die Kinder der Söhne in das Bezugsrecht ein (Schreiben des VU vom , dem Finanzamt zeitgleich mit der Selbstanzeige nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016 übermittelt).
2.) Das Risiko des VU:
a.)Vertragsinhalt, der dem Finanzamt und dem BFG mit der Selbstanzeige oder später, jedenfalls nach Erlassung der Erstbescheide betreffend die Jahre 2013-2016 mitgeteilt worden ist (siehe zum Bekanntwerden die Datierungen in den Klammerzitaten):
aa.) Ablebensfall während der Aufschubdauer (-)
Kommt es zum Ablebensfall während der Aufschubdauer, dh sterben die Bf und ihr Gatte während der Aufschubdauer, wird den für diesen Fall bezugsberechtigten Kindern der VN der Zeitwert des Anlagestocks abzüglich der Verwaltungskosten, Gebühren und Steuern und abzüglich der Provisionen des Vermittlers, soweit diese Kosten noch nicht abgezogen worden sein sollten (allerdings nicht vor dem ) ausbezahlt (Schreiben des VU vom , dem FA bekanntgeworden mit der Selbstanzeige ; § 1 AVB "Portfoliowert"; § 2.7 AVB; § 9 Abs 3 AVB). Ein Risiko des VU ist insoweit nicht feststellbar, da das VU keine Versicherungssumme garantiert und der Anlagestock im ursächlichen Zusammenhang mit der Versicherungsprämie angeschafft oder erwirtschaftet worden ist (§ 1 , § 2.2-2.4, § 8 AVB)[die AVB wurden dem Finanzamt (FA) zeitgleich mit der Selbstanzeige nach Erlassung der Erstbescheide durch die Bf und ihren Gatten übermittelt].
bb.) Kündigung
Entscheiden sich die Bf und ihr Gatte während der Aufschubdauer (-) zur Kündigung des Versicherungsvertrages - dies ist ab einer Laufzeit des Vertrages von einem Jahr (§ 12.1. AVB) zulässig - , erhalten sie ebenso den Zeitwert des Anlagestocks abzüglich der Verwaltungskosten, darunter auch die Provision des Vermittlers, Gebühren, Steuern, soweit diese Kosten noch nicht vom Anlagestock abgezogen worden sein sollten (AVB § 1 "Anlagestock", "Portfoliowert"; § 12.4 AVB). Ein Risiko des VU ist insoweit nicht feststellbar, da das VU keine Versicherungssumme garantiert und der Anlagestock im ursächlichen Zusammenhang mit der Prämie, die vom Gatten der Bf geleistet worden ist, angeschafft oder erwirtschaftet worden ist (§ 1, § 2.2-2.4 , § 8 AVB)(alle AVB wurden dem FA zeitgleich mit der Selbstanzeige übermittelt).
cc.) Teilzahlungen, Kapitalentnahmen:
Entscheiden sich die VN während der Aufschubdauer gem. § 12.1 AVB, Kapitalentnahmen für sich in Anspruch zu nehmen, kürzen diese den Wert des Anlagestocks (§ 12.9 AVB). Alle Wertänderungen des Anlagestocks gehen auf das Risiko der VN (§ 2.3 AVB, § 8.1. AVB ). Alle Steuern, und Gebühren, die vom Anlagestock zu bezahlen sind, sind ebenso durch die VN zu bezahlen (§ 9.1,3,5,9. AVB). Da alle Wertveränderungen des Anlagestocks, auch diejenigen, die durch Kapitalentnahmen entstehen, auf das Risiko der VN und nicht auf Kosten des VU erfolgen, kann sich auch durch Kapitalentnahmen der VN kein Risiko für das VU ergeben, zumal das VU keine Versicherungssumme garantiert (§ 8.1. AVB)(Zum Bekanntwerden der AVB siehe oben).
Die Bf und ihr Gatte haben bisher in den Jahren 2015-2019 insgesamt 242.000 € entnommen (Aufstellung über Entnahmen des VU vom , vorgelegt mit Schreiben der Vertreterin der Bf vom , dem Finanzamt und dem BFG bekannt geworden im Jahr 2020 nach Erlassung der Erstbescheide).
dd.) Kapitalabfindungsoption:
Entscheiden sich die Bf und/oder ihr Gatte, zum Fälligkeitstermin der ersten Rente () nicht die Rentenzahlungen, sondern die Kapitalabfindungsoption in Anspruch nehmen zu wollen, erhalten sie den Wert des Anlagestocks (§ 2.6 AVB- zum Bekanntwerden der AVB siehe oben). Ein Risiko des VU ist damit nicht verbunden.
Ein ins Gewicht fallendes Risiko des VU kann in den oben erwähnten Fällen (aa.-dd) nicht festgestellt werden.
ee.) Rentenzahlungen (diese Sachverhaltselemente ergeben sich aus den AVB und der Polizze, die beide dem FA zeitgleich mit der Selbstanzeige nach Erlassung der Erstbescheide bekanntgegeben worden sind):
Wenn die Bf und/ oder deren Gatte den Ablauf der Aufschubdauer () erleben, haben sie und/oder ihr Gatte Anspruch auf eine lebenslange Rente wie oben beschrieben. Nehmen sie diese Rente in Anspruch und entscheiden sie sich nicht für die Kapitalabfindungsoption (§ 2.6 AVB), trifft das VU grundsätzlich das Langlebigkeitsrisiko, das sich verwirklicht, wenn die Rentenzahlungen den Wert des Anlagestocks, wie er beim Beginn der Rentenzahlungen bestand, überschreiten.
Ab welchem Alter der Bf und ihres Gatten beginnt sich das Langlebigkeitsrisiko zu verwirklichen, dh, ab welchem Alter der Bf und ihres Gatten erreichen und übersteigen die Rentenzahlungen den Wert des Anlagestocks?
Ein Beispiel unter Zugrundelegung des bei Vertragsbeginn prognostizierten Rentenfaktors:
Wäre die vom VU bei Vertragsbeginn nicht garantierte, jedoch unverbindlich bekanntgegebene Prognose eines Rentenfaktors , die gegenüber der Bf und ihrem Gatten zu Vertragsbeginn (siehe Polizze, dem Finanzamt übermittelt mit der Selbstanzeige nach Erlassung der Erstbescheide) abgegeben worden ist, richtig, würde im Erlebensfall der Bf oder im Erlebensfall der Bf und ihres Gatten ab eine Rente mit dem prognostizierten Faktor (AVB § 2.5) von 1.026,37 € pro Jahr und pro 10.000 € Vertragsguthaben ausbezahlt werden, die , wenn beide noch leben sollten, laut Polizze und lt. Pkt 2.5 AVB je zur Hälfte auf die Bf und deren Gatten aufgeteilt werden würde. Die Bf wäre am 91, ihr Gatte 95 Jahre alt. Diesfalls würden die Rentenzahlungen (rechnerisch) nach 9,74 Jahren (9,74 x 1.026,37= 10.000 €) den Wert des Anlagestocks, wie er beim Beginn der Rentenzahlungen bestand, erreichen. Da die Rentenzahlungen aber nur einmal jährlich (§ 2.5. AVB) zu erfolgen haben, würde es bis zur zehnten Jahresrente dauern, dass die Summe der Rentenzahlungen den Wert des Anlagestocks zum Rentenzahlungsbeginn () erreichen und übersteigen.
Die Bf wäre nach diesen 10 Jahren am dann rund 101 Jahre , ihr Gatte wäre rund 105 Jahre alt. Der gesamte Anlagestock wäre zu diesem Zeitpunkt verbraucht, die Rentenzahlungen müssten aber weiterhin, allerdings nunmehr auf Kosten des VU geleistet werde. Dies ist unter Zugrundelegung des bei Vertragsabschluss unverbindlich prognostizierten Rentenfaktors das Langlebigkeitsrisiko des VU, wenn die Bf und ihr Gatte ab dem die lebenslangen Rentenzahlungen in Anspruch nehmen.
Prognostizierter Rentenfaktor Gatte………………..1.280,46 € jährlich (lt. Polizze)
Wäre die vom VU bei Vertragsbeginn nicht garantierte, unverbindlich bekanntgegebene Prognose eines Rentenfaktors , die gegenüber dem Gatten zu Vertragsbeginn (siehe Polizze) abgegeben worden ist, richtig, würde im Erlebensfall nur ihres Gatten ab eine Rente mit dem prognostizierten Faktor (AVB § 2.5) von 1.280,46 € pro Jahr und pro 10.000 € Vertragsguthaben dem Gatten ausbezahlt werden. Der Gatte wäre dann 95 Jahre alt. Diesfalls würden die Rentenzahlungen (rechnerisch) nach 7,81 Jahren (7,81 x 1.280,46 = 10.000 €) den Wert des Anlagestocks, wie er beim Beginn der Rentenzahlungen bestand, erreichen. Da die Rentenzahlungen aber nur einmal jährlich (§ 2.5. AVB) zu erfolgen haben, würde es bis zur achten Jahresrente dauern, dass die Summe der Rentenzahlungen den Wert des Anlagestocks zum Rentenzahlungsbeginn () erreichen und übersteigen.
Der Gatte der Bf wäre nach diesen 8 Jahren am dann rund 103 Jahre alt. Der gesamte Anlagestock wäre zu diesem Zeitpunkt verbraucht, die Rentenzahlungen an den Gatten müssten aber weiterhin, allerdings nunmehr auf Kosten des VU geleistet werde. Dies ist unter Zugrundelegung des bei Vertragsabschluss unverbindlich prognostizierten Rentenfaktors das Langlebigkeitsrisiko des VU, wenn Ihr Gatte ab dem die lebenslangen Rentenzahlungen in Anspruch nehmen sollte.
Ein Beispiel unter Zugrundelegung des bei Vertragsbeginn garantierten Rentenfaktors, der eine Mindestgarantie eines Rentenfaktors darstellt:
Angenommen, sowohl die Bf als auch deren Gatte erleben den Ablauf des Aufschubzeitraumes () und sie haben sich nicht zu einer Kapitalabfindung (AVB 2.6) entschieden. Die Bf wäre dann 91, deren Gatte 95 Jahre alt.
In diesem Fall erhalten sie ab dem zumindest eine Rente mit dem garantierten Rentenfaktor von 694,83 € pro Jahr je 10.000 € Vertragsguthaben, die laut Polizze und gemäß Pkt 2.5 AVB je zu 50% auf beide aufgeteilt werden wird. Dh, (rechnerisch) nach 14,39 Jahren würden die Rentenzahlungen den Wert des Anlagestockes zum Rentenzahlungsbeginn erreichen (14,39 x 694,83 = 10.000 €). Allerdings werden die Renten nur einmal jährlich bezahlt (§ 2.5.AVB). Daher würde es bis zur 15. Rentenzahlung dauern, bis die Rentenzahlungen den Wert des Anlagestocks zu Rentenbeginn übersteigen würden. Die Bf wäre dann 106, deren Gatte 110 Jahre alt. Der gesamte Anlagestock wäre zu diesem Zeitpunkt verbraucht, die Rentenzahlungen müssten aber weiterhin, allerdings nunmehr auf Kosten des VU geleistet werden. Das ist unter Zugrundelegung des bei Vertragsbeginn garantierten Rentenfaktors das Langlebigkeitsrisiko des VU, das sich ab dem hundertsechsten Lebensjahr der Bf und ab dem hundertzehnten Lebensjahr ihres Gatten verwirklicht.
Voraussetzung für die Verwirklichung dieses Risikos ist, dass die Bf und/oder ihr Gatte die Rentenzahlungen ab dem in Anspruch nehmen.
b.) Besteht aus der Sicht des Versicherungsunternehmens (VU) ein ernst zu nehmendes Risiko, dass die Bf 101 Jahre oder älter (oder dass ihr Gatte 103 Jahre oder älter) wird? (diese folgenden Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich im Wesentlichen aus den Stellungnahmen des VU gegenüber dem BFG aus dem Jahr 2020, die im Jahr 2020 dem BFG und dem Finanzamt bekanntgeworden sind, die nach Erlassung der Erstbescheide betreffend die Jahre 2013-2016 ergangen sind)
Dieses Risiko (dass die Bf 101 Jahre oder älter wird) beträgt 11,41 % (Stellungnahme des VU vom , S. 6). Im Detail:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stichtag | Stichtag | |
…Bf älter als 100 Jahre | 15,7% | 15,82% |
…Bf älter als 101 Jahre | 11,41 % | 11,50 % |
…Bf älter als 102 Jahre | 7,96 % | 8,02 % |
…Bf älter als 103 Jahre | 5,31 % | 5,36 % |
(Stellungnahme des VU vom , S. 6 unter Zugrundelegung der Sterbetafel AVÖ 2005 R , 2. Ordnung; vgl. die ähnlichen Zahlen lt. Schriftsatz der Vertreterin der Bf vom , S. 6-8; vgl. die ähnlichen Zahlen lt. Aktuar Aktuell vom April 2017, S. 13 über die Überlebenswahrscheinlichkeiten einer im Jahr 2017 65-jährigen Frau).
Aus den obigen Zahlen folgt, dass zu Vertragsbeginn das Risiko, dass die Bf 101 Jahre alt werden würde, ebenso bei ca 11,41 % lag. Dies ist daraus zu schließen, dass sich zwischen den Stichtagen zum und keine substanziellen Änderungen ergeben.
Wenn die Bf 101 Jahre alt werden sollte, und ihr Gatte dann auch noch leben sollte, müsste er 105 Jahre alt sein.
Die Wahrscheinlichkeiten für den Gatten betragen im Detail:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gatte | Stichtag | Stichtag |
… älter als 102 Jahre | 7,02 % | 7,11 % |
…älter als 103 Jahre | 4,63 % | 4,69 % |
…älter als 104 Jahre | 2,92 % | 2,95 % |
…älter als 105 Jahre | 1,74 % | 1,77 % |
(Stellungnahme des VU vom , S. 8 unter Zugrundelegung der Sterbetafel AVÖ 2005 R , 2. Ordnung)
Aus den obigen Zahlen folgt, dass zu Vertragsbeginn das Risiko, dass der Gatte der Bf 103 Jahre alt werden würde, bei ca 4,63 % lag. Dies ist daraus zu schließen, dass sich zwischen den Stichtagen zum und keine substanziellen Änderungen ergeben.
Diese Wahrscheinlichkeiten wurden dem BFG und dem Finanzamt im Jahr 2020 durch die Schreiben des VU und der Vertreterin der Bf vom Juni 2020, somit nach Erlassung der Erstbescheide, bekannt.
Die Annahme dieser Prozentsätze unter Zugrundelegung der Sterbetafel AVÖ 2005 R 2. Ordnung wird wie folgt begründet:
Die Statistik Austria geht von wesentlich geringeren Wahrscheinlichkeiten (2,05 % für ein Erreichen eines Alters der Bf von 100 und mehr lt. Schreiben vom ) aus, berücksichtigt aber nicht, dass jede Generation eine andere Sterblichkeit hat, und dass nach den bisherigen Erfahrungen später Geborene eine niedrigere Sterblichkeit als früher Geborene haben. Die Sterbetafel der Statistik Austria ist eine Periodensterbetafel, dh sie bildet nur die über den Zeitraum weniger Jahre gemittelte Sterblichkeit ab, sie ist daher keine Generationensterbetafel. Anstatt die Sterblichkeit jeder Generation einzuschätzen, bildet die Periodensterbetafel eine durchschnittliche Sterblichkeit mehrerer Generationen ab. Da kein Mensch gleichzeitig mehreren Generationen angehören kann, ist die Aussagekraft einer Periodensterbetafel gegenüber der Aussagekraft der Generationensterbetafeln generell geringer [vgl. Birg / Flöthmann, (Universität Bielefeld) Langfristige Trends der demographischen Alterung in Deutschland", Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 2002, 387, (395), die erkennbar einer Generationensterbetafel ("Längsschnitt") den Vorzug gegenüber Periodensterbetafeln ("Querschnitt") geben]. Diese Zusammenhänge wurden dem BFG und dem Finanzamt im Jahr 2020, somit nach Erlassung der Erstbescheide durch die Vorlage der hier zitierten Fachliteratur durch das VU bekannt.
Die Periodensterbetafel der Statistik Austria berücksichtigt nicht den zukünftigen Trend der Sterblichkeitsverbesserungen. Die Periodensterbetafel der Statistik Austria "2010/2012" geht davon aus, dass ein 60-jähriger in 30 Jahren dieselbe Sterblichkeit haben werde, wie ein heute 60jähriger ( Mail des ; Kainhofer / Predota / Schmock, die neue österreichische Sterbetafel AVÖ 2005 R, S. 4; vgl. Deutsche Aktuarvereinigung, Herleitung der DAV-Sterbetafel 2004 R für Rentenversicherungen, S. 4,10,16,36,37,82; Shkolnikov / Scholz / Jdanov, Steigt die Lebenserwartung mit der Rentenhöhe? Demografische Forschung 2006, Nr. 4; DAV-Sterbetafeln: Mit dem Alter richtig rechnen, in Aktuar Aktuell, 2017, Ausgabe 37, S. 12 vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Sterbetafel; Mail der Statistik Austria vom ). Dieser Sachverhalt wurde dem BFG und dem Finanzamt durch Vorlage der zitierten Fachliteratur durch das VU im Jahr 2020 , somit nach Erlassung der Erstbescheide bekannt.
Die Sterbetafel AVÖ 2005 R, die das VU herangezogen hat, ist eine Generationentafel. Laut dieser Tafel hängt die Sterblichkeit auch vom Geburtsjahr und nicht nur vom Alter und Geschlecht ab, sodass künftig zu erwartende Sterblichkeitsverbesserungen berücksichtigt werden können [Mail des m.w.N.; Mail der Statistik Austria vom ; Kainhofer / Predota / Schmock, die neue österreichische Sterbetafel AVÖ 2005 R, S. 2 und 3; Deutsche Aktuarvereinigung, Herleitung der DAV-Sterbetafel 2004 R für Rentenversicherungen, S. 4; vgl. Birg / Flöthmann, Langfristige Trends der demographischen Alterung in Deutschland", Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 2002, 387, (395)https://de.wikipedia.org/wiki/Sterbetafel] . Auch diese Umstände wurde dem BFG und dem Finanzamt im Jahr 2020 durch die Vorlage der zitierten Literatur durch das VU im Juni 2020 bekannt.
Die seit 1947 bis 2017 ex post zu beobachtende Minderung der Sterblichkeit der allgemeinen Bevölkerung lässt sich wie folgt beispielhaft darstellen (https://mortality.org/hmd/AUT/STATS/Population.txt):
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Jahr | Alter | Anzahl der Frauen | Verhältnis der Hochbetagten zu den 61-jährigen Frauen | Ungef. Verdopplung des Verhältnisses seit 1.1.vor 10 Jahren (Faktor in der Größenordnung von 2) |
1947 | 61 | 39.765,37 | ||
1987 | 101 | 30 | 0,07544 % von 39.765,37 | |
1957 | 61 | 46.417.00 | ||
1997 | 101 | 82 | 0,1767% von 46.417 | 2,3423 |
1967 | 61 | 50.743.00 | ||
2007 | 101 | 194 | 0,3823 % von 50743 | 2,1636 |
1977 | 61 | 36.956.00 | ||
2017 | 101 | 239,17 | 0,6472 % von 36.956 | 1,6929 |
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Jahr | Alter | Anzahl der Frauen | Verhältnis der Hochbetagten zu den 61-jährigen Frauen | Ungef. Verdopplung des Verhältnisses seit 1.1.vor 10 Jahren : Faktor in der Größenordnung von 2 |
1953 | 61 | 42.389.00 | ||
1993 | 101 | 61.00 | 0,1439 % von 42.389 | |
1963 | 61 | 51.080.00 | ||
2003 | 101 | 137.00 | 0,2682 % von 51.080 | 1,8638 |
1973 | 61 | 50.414.00 | ||
2013 | 101 | 288.17 | 0,5716% von 50.414 | 2,1312 |
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Jahr | Alter | Anzahl der Frauen | Verhältnis der Hochbetagten zu den 61-jährigen Frauen | Ungef. Verdopplung des Verhältnisses seit 1.1.vor 10 Jahren : Faktor in der Größenordnung von 2 |
1955 | 61 | 44.191.00 | ||
1995 | 101 | 65.00 | 0,1471 % von 44.191 | |
1965 | 61 | 50.978.00 | ||
2005 | 101 | 138.00 | 0,2707 % von | 1,84 |
1975 | 61 | 49.928.00 | ||
2015 | 101 | 306.83 | 0,6145 % von | 2,27 |
Die Daten aus dieser Datenbank wurden dem BFG im Jahr 2020 durch die Lektüre der Fachliteratur, die das VU im Juni 2020 zitierte und dem BFG vorlegte ( siehe Artikel "DAV- Sterbetafeln: Mit dem Alter richtig rechnen" in Aktuar Aktuell vom April 2017 , S. 12 und 13), bekannt.
D. h. beispielsweise, von den im Jahr 1947 61-jährigen Frauen erreichten 0,075% vierzig Jahre später das Alter von 101 Jahren. Dh, die Chance einer im Jahr 1947 61-jährigen Frau, im Jahr 1987 das Alter von 101 Jahren zu erreichen, betrug ex post betrachtet 0,075% (bei Berücksichtigung nur der Daten der allgemeinen Bevölkerung ohne Beachtung sozioökonomischer Unterschiede). Dass es bei den Frauen, die sich 1947-1987 im Alter von 61-101 befanden, ein wesentliches Ausmaß an Zuwanderung gegeben könnte, ist nicht anzunehmen, da Zuwanderung üblicherweise nicht im Alter von 61 und mehr geschieht, sondern typischerweise in Lebensaltern von 25-35 [Birg-Flöthmann a.a.O, 387, (389,393)]. Sollten sich unter den im Jahr 1947 61-jährigen Frauen bereits Migrantinnen befunden haben , wären diese 1947 in einer vergleichbaren Situation gewesen, wie die anderen im Jahr 1947 61-jährigen Frauen in Österreich und hätten daher grundsätzlich (bei Außerachtlassung sozioökonomischer Unterschiede) eine vergleichbare Chance gehabt, 40 Jahre später das Alter von 101 Jahren zu erreichen.
Da sich das Verhältnis zwischen den 61-jährigen Frauen (die Bf war zu Vertragsbeginn 61 Jahre alt) und den 40 Jahre später hundertundeinjährigen Frauen seit 1947 bis jedenfalls 2017 stetig zu Gunsten der Hochbetagten (101-jährigen) verschoben hat (Daten der Human Mortality Database: https://mortality.org/hmd/AUT/STATS/Population.txt, siehe oben die dargestellten Beispiele), gibt es keinen Nachweis für die Richtigkeit der Annahme, dass die auf der Grundlage der Sterbetafel AVÖ 2005 R formulierte Erwartung des VU, dass auch künftige Sterblichkeitsverminderungen anzusetzen sind, unrealistisch ist. Ein vorsichtiges VU muss daher jedenfalls auch zu erwartende künftige Sterblichkeitsverminderungen berücksichtigen. Künftige Sterblichkeitsverminderungen werden in der Sterbetafel AVÖ 2005 R realistischerweise berücksichtigt, in der Periodensterbetafel der Statistik Austria jedoch nicht.
Die Sterbetafel der Statistik Austria ist weniger realistisch als die Sterbetafel der Versicherungswirtschaft AVÖ 2005 R, weil sie von der nicht naheliegenden Annahme ausgeht, dass die Sterblichkeit nicht auch vom Geburtsjahr abhängt. Ein im Jahr 1913 geborenes Mädchen hatte eine weitaus geringere Chance, 101 Jahre alt zu werden, als ein wie die Bf im Jahr 1952 geborenes Mädchen, weil das im Jahr 1913 geborene Mädchen unvergleichlich höhere Risken (erster Weltkrieg, Spanische Grippe, Armut und schlechte medizinische Versorgung der Zwischenkriegszeit, zweiter Weltkrieg) überleben musste, um das Alter einer Hochbetagten zu erreichen [vgl. Kainhofer / Predota / Schmock, die neue österreichische Sterbetafel AVÖ 2005 R, S. 2 und 3; Deutsche Aktuarvereinigung, Herleitung der DAV-Sterbetafel 2004 R für Rentenversicherungen, S. 4; vgl. Birg / Flöthmann, Langfristige Trends der demographischen Alterung in Deutschland", Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 2002, 387, (395) https://de.wikipedia.org/wiki/Sterbetafel].
Zudem leben privat Personenversicherte erfahrungsgemäß wesentlich länger als die Personen, die zur allgemeinen Bevölkerung zählen (Kainhofer / Predota / Schmock, die neue österreichische Sterbetafel AVÖ 2005 R, S. 4; vgl. Deutsche Aktuarvereinigung, Herleitung der DAV-Sterbetafel 2004 R für Rentenversicherungen, S. 4,10,16,36,37,82; Shkolnikov / Scholz / Jdanov, Steigt die Lebenserwartung mit der Rentenhöhe? Demografische Forschung 2006, Nr. 4; vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Sterbetafel; vgl. Mail der Statistik Austria vom ).
Aus diesen Gründen wird den Angaben des VU, welche auf der Generationensterbetafel AVÖ 2005 R der Versicherungswirtschaft beruhen, gefolgt, weil sie für realistischer erachtet werden als die Angaben der Statistik Austria mit niedrigeren Wahrscheinlichkeiten, die auf der Grundlage der Sterbetafel 2010/2012 ergangen sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bf 101 Jahre oder älter wird, liegt daher aus der Sicht des Beginnes des strittigen Vertrages () bei ca. 11,41 %. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Gatte der Bf 103 Jahre oder älter wird, liegt aus der Sicht des Vertragsbeginnes daher bei ca 4,63 % (siehe oben) (Diese Wahrscheinlichkeiten wurden dem BFG und dem Finanzamt nach Erlassung der Erstbescheide im Jahr 2020 durch die Schreiben des VU und der Vertreterin der Bf vom Juni 2020 bekannt).
Für den Fall, dass zumindest die Bf die Zeit der Rentenzahlungen erleben sollte, gilt: Die Wahrscheinlichkeit, dass bei Anwendung des bei Vertragsabschluss unverbindlich prognostizierten Rentenfaktors die Rentenzahlungen den Wert des Anlagestocks erreichen und überschreiten werden, beträgt daher in der Zeit des Vertragsbeginns ca 11,41 %. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Rentenzahlungen bei Anwendung des bei Vertragsabschluss unverbindlich prognostizierten Rentenfaktors den Wert des Anlagestocks nicht erreichen werden, beträgt daher bei Vertragsbeginn () ca. 88,59%. Diese Wahrscheinlichkeiten wurden dem Finanzamt und dem BFG im Juni 2020 durch Schreiben der Vertreterin der Bf und des VU , somit jedenfalls nach Erlassung der Erstbescheide bekannt.
Für den Fall, dass nur der Gatte der Bf die Zeit der Rentenzahlungen erleben sollte, gilt: Die Wahrscheinlichkeit, dass bei Anwendung des bei Vertragsabschluss unverbindlich prognostizierten Rentenfaktors die Rentenzahlungen im 103. Lebensjahr des Gatten den Wert des Anlagestocks erreichen und überschreiten werden, beträgt daher bei Vertragsbeginn ca 4,63 %. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Rentenzahlungen bei Anwendung des bei Vertragsabschluss unverbindlich prognostizierten Rentenfaktors den Wert des Anlagestocks nicht erreichen werden, beträgt daher bei Vertragsbeginn () ca 95,37 %. Diese Wahrscheinlichkeiten wurden dem Finanzamt und dem BFG im Juni 2020 durch Schreiben der Vertreterin der Bf und des VU , somit jedenfalls nach Erlassung der Erstbescheide bekannt.
Sollte die Bf tatsächlich 101 Jahre oder älter werden, wird dies allerdings nur dann zu einem Verlust des VU führen (siehe oben 2.a.ee), wenn die Bf tatsächlich die Rentenzahlungen in Anspruch nehmen sollte (siehe unten Pkt 4.a und b) .
Sollte der Gatte im Falle des Vortodes der Bf ab noch weiterleben und tatsächlich 103 Jahre oder älter werden, wird dies allerdings nur dann zu einem Verlust des VU führen (siehe oben 2.a.ee) , wenn der Gatte tatsächlich die Rentenzahlungen in Anspruch nehmen sollte (siehe unten Pkt 4.a und b) .
c.) Risiko des VU aus der Sicht der Zeit des Vertragsabschlusses (), dass das VU der Bf zusätzlich zu den ab Rentenbeginn garantierten Rentenzahlungen eine Gewinnbeteiligung / Überschussbeteiligung auszahlen wird? (Auch die folgenden Sachverhaltselemente wurden dem BFG und dem FA erst im Jahr 2020 durch den Schriftsatz der Vertreterin der Bf vom bekannt, dh erst nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016).
Laut dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag hat die Bf keinen Rechtsanspruch auf eine Gewinnbeteiligung (§ 10 AVB). Das VU wird daher keine Gewinnbeteiligung auszahlen müssen (BGH vom , IV ZR 201/17).
Das schließt nicht aus, dass das VU freiwillig eine Gewinnbeteiligung auszahlt. Derartige "Kulanzzahlungen" sind bei Versicherungsunternehmen nicht ungewöhnlich. Eine freiwillige Zahlung des VU ist jedoch kein ins Gewicht fallendes Risiko des VU.
Zudem waren die bisherigen Gewinnbeteiligungen von vernachlässigbaren Größenordnungen: Lt. Geschäftsbericht der Muttergesellschaft des VU haben die VN zusätzlich zur ab Rentenbeginn garantierten Rente eine Beteiligung an den Bewertungsreserven des VU in Höhe von 0,15-0,25% des Deckungskapitals erhalten. Das ist eine Überschussbeteiligung, die das VU bisher ausgezahlt hat. Bei einem Wert des Anlagestocks von 1 Mio € wären dies 1.500 -2.500 € pro Jahr (S. 2 und 3 des Schreibens der Vertreterin der Bf vom ).
Bei einem Wert des Anlagestocks zum Rentenbeginn von 1 Mio € würde die garantierte Jahresrente unter Zugrundelegung des bei Vertragsbeginn prognostizierten Rentenfaktors von 1.026,37 € je 10.000 € Vertragsguthaben 102.637 € betragen. Wer eine garantierte Jahresrente in dieser Größenordnung bezieht, würde eine zusätzliche, jährliche Kulanzzahlung in der Größenordnung von 1.500-2.500 € als symbolische , wertmäßig nicht ins Gewicht fallende Geste ansehen. 0,15 - 0,25% des Anlagestocks pro Jahr sind eben nicht viel, egal, ob der Anlagestock 1,000.000 € oder 100.000 € betragen sollte.
Zudem ist die Zahlung einer Überschussbeteiligung durch das VU an die VN keine Zahlung, die einen Verlust des VU herbeiführen oder vergrößern könnte. Im Ergebnis lassen die bisherigen Überschussbeteiligungen, die zusätzlich zu den ab Rentenbeginn garantierten Renten bezahlt wurden, kein ins Gewicht fallendes Risiko des VU erwarten.
Sobald die Bf nach dem Beginn der Rentenzahlungen nicht mehr leben sollte, erhalten die nachfolgenden Bezugsberechtigten den Wert des Anlagestocks, vermindert um die bisherigen, ab Rentenbeginn garantierten (§ 2.5 erster Absatz AVB) Rentenzahlungen (AVB 2.7.). Die erwähnten Überschussbeteiligungen bleiben bei dieser Rechnung außer Ansatz, weil sie dem VU nicht verpflichtend vorgeschrieben sind, zumal sie vertraglich ausgeschlossen (§ 10 AVB) wurden.
Sollten die tatsächlichen, ab Rentenbeginn garantierten (§ 2.5 erster Absatz AVB) Rentenzahlungen höher sein, als es dem zu Vertragsbeginn garantierten Rentenfaktor entsprechen würde (vgl. Versicherungspolizze) , muss das VU den nachfolgenden Bezugsberechtigten entgegen der Ansicht der Bf (vgl. Beschwerde S. 4 und 5 i.V.m. Beilage 1 der Beschwerde) keineswegs mehr auszahlen, als dies dem Wert des Anlagestocks zum Rentenbeginn abzüglich der ab Rentenbeginn garantierten Renten entsprechen würde.
Dies zeigt ein Beispiel:
Angenommen, es kommt zur Rentenzahlung unter Zugrundelegung eines Rentenfaktors von 1.026,37 € pro Jahr und pro 10.000 € des Vertragsguthabens, wie es in der Polizze prognostiziert wird. Angenommen, das Vertragsguthaben per beträgt 1,000.000 €. Angenommen, die Rente wird genau 2 Jahre lang bis zum Tod der nach ihrem Gatten sterbenden Bf bezahlt. Die Summe der in 2 Jahren tatsächlich bezahlten, ab Rentenbeginn garantierten Renten (§ 2.5. erster Absatz AVB) würde daher 2.052,74 € pro 10.000 € Vertragsguthaben betragen , somit insgesamt 205.274 €.
Die der Bf und ihrem Gatten nachfolgenden Bezugsberechtigten erhalten daher gem. AVB § 2.7:
1,000.000 €…..Zeitwert des Anlagestocks zu Rentenbeginn (AVB § 2.7)
-205.274 € ……garantierte Renten (vgl. AVB § 2.7; § 2.5 erster Absatz )
794.726 €……..Anspruch der Bezugsberechtigten im Ablebensfall
Minderung des Anlagenstocks in 2 Jahren durch tatsächliche, ab Rentenbeginn garantierte Renten lt. diesem Beispiel:
1,000.000€...Zeitwert des Anlagenstocks bei Rentenbeginn
-205.274 €…tatsächliche ab Rentenbeginn garantierte Rentenzahlungen in 2 Jahren
794.726…….Zeitwert des Anlagenstocks im Ablebensfall
205.274 €….Gesamtbetrag der Renten in 2 Jahren
794.726 €….Todesfallleistung
1,000.000 €..Zeitwert des Anlagestocks bei Rentenbeginn
Die Behauptung der Bf in der Beschwerde (S. 4 und 5 i.V.m. Beilage 1 der Beschwerde), dass die dem VU obliegende Gesamtleistung (Rentenzahlungen und Todesfallleistung) über dem Wert des Anlagestocks bei Rentenbeginn läge, widerspricht dem Text des Versicherungsvertrages (§ 2.7 AVB, § 2.5 erster Absatz AVB). Die Bf verwechselt (S. 4 und 5 der Beschwerde i.V.m. Beilage 1 der Beschwerde) offenbar die Begriffe "garantierte Rente" (§ 2.7 und § 2.5. erster Absatz AVB) und "garantierter Rentenfaktor" (§ 2.5. S. 6/14 , zweiter und fünfter Absatz AVB und Text der Versicherungspolizze). Das VU garantiert bereits bei Vertragsabschluss einen Rentenfaktor von 694,83 € je 10.000 € Vertragsguthaben betreffend die Bf. Das sagt noch nichts darüber aus, wie hoch die garantierte jährliche Rente bei Rentenbeginn (§ 2 Abs 5 erster Absatz AVB) tatsächlich sein wird.
Erst bei Rentenbeginn steht der Wert des Anlagestocks fest; Aus diesem Wert und dem Rentenfaktor bei Rentenbeginn (dieser Rentenfaktor muss mindestens so hoch sein wie der zu Vertragsbeginn garantierte Rentenfaktor, kann aber auch höher sein , vgl. § 2.5 S. 6/14 , zweiter bis fünfter Absatz AVB) ergibt sich die tatsächlich zu Rentenbeginn geschuldete und ab Rentenbeginn garantierte Rente (§ 2.5. erster Absatz, S. 6/14 zweiter bis fünfter Absatz AVB).
794.726 €….Anspruch der Bezugsberechtigten im Ablebensfall (AVB 2.7)
-794.726 €…Zeitwert des Anlagenstocks im Ablebensfall
0 €…………….Überzahlung des VU über den Zeitwert im Ablebensfall hinaus.
Der Zeitwert des Anlagenstocks beträgt
1,000.000 € ….zum Rentenbeginn
794.726 €……..2 Jahre später zum Zeitpunkt des Ablebensfalles (AVB 2.7)
Die von der Bf genannten Zahlen in Beilage 1 der Beschwerde sind daher verfehlt. Das VU ist vertraglich nicht verpflichtet (§ 10 AVB), auch nur einen einzigen € mehr zu bezahlen, als es dem Wert des Anlagestocks zu Rentenbeginn entspricht.
Zusätzlich zu diesen Zahlungen des VU an die Rentenempfänger und deren Erben könnte die vertraglich ausgeschlossene (§ 10 AVB) , oben erwähnte, freiwillige Gewinnbeteiligung treten. Eine freiwillige Zahlung des VU ist jedoch kein ins Gewicht fallendes Risiko. Zudem hat die freiwillige Überschussbeteiligung des VU an die VN nichts mit dem Anlagestock zu tun, sondern mit Überschüssen des VU, an denen sie die VN freiwillig (§ 10 AVB) beteiligt. Ferner ist die freiwillige Überschussbeteiligung von vergleichsweise geringfügiger Größenordnung (siehe oben).
Diese Informationen über die freiwillige Gewinnbeteiligung wurden dem BFG und dem Finanzamt im Jahr 2020 durch das Schreiben der Vertreterin der Bf vom Juni 2020 bekannt.
d.)Risiko der Geldentwertung (auch diese Sachverhaltselemente wurden dem BFG und dem Finanzamt erst nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016 im Jahr 2020 durch den Schriftsatz der Vertreterin der Bf vom bekannt):
Sollte die Bf die Rentenzahlungen in Anspruch nehmen, wäre das VU zusätzlich zum Langlebigkeitsrisiko auch noch vom Risiko der Geldentwertung betroffen. Der Anlagestock muss ab dem Zeitpunkt des Rentenbeginnes jederzeit zu Geld gemacht und dem jeweiligen Berechtigten ausgezahlt werden können. Bei jederzeit verfügbaren Vermögenswerten, die durch das VU risikoarm veranlagt werden müssen, könnte in Zukunft die Gefahr für das VU bestehen, negative Zinsen bezahlen zu müssen (Schreiben des Vertreters der Bf vom , S. 3 und 4).
Dies gilt allerdings nur für den Fall, dass es tatsächlich zur Rentenzahlung kommen wird.
3.) Zur Frage der Dispositionsbefugnisse der Versicherungsnehmer (VN) (Bf, Gatte)(auch diese Sachverhaltselemente wurden dem Finanzamt und dem BFG erst nach Erlassung der Erstbescheide betreffend E 2013-2016 durch die Übermittlung der AVB gleichzeitig mit der Selbstanzeige bekannt):
Der Anlagestock, der auf Grund dieses Vertrages gebildet wurde - im ursächlichen Zusammenhang mit der Prämie wurde durch den vom VU beauftragten Vermögensverwalter Vermögen erworben, das zum Anlagestock gehört - gehört lt. Vertrag , dh zivilrechtlich gesehen zum Vermögen des VU. Allerdings wird dieses Vermögen gesondert vom übrigen Vermögen des VU verwaltet (§ 8.10. , 9.12. AVB).
Die VN haben jedoch bereits nach Ablauf des ersten Jahres der Vertragsdauer das Recht, die Auszahlung eines Betrages in Höhe des Wertes des Anlagestocks zu begehren (Kündigung lt. § 12 AVB):
Die Bezugsberechtigten (Bf , Gatte) dürfen während der Aufschubdauer (§ 12.8. AVB) nach Ablauf des ersten Jahres jederzeit einen Teil des Kapitals entnehmen (§ 12 .1 AVB), vorausgesetzt, der verbleibende Wert des Anlagestocks beträgt mindestens 20% der Einmalprämie (§ 12. 9 und § 12.12 AVB). Dh, durch die Entnahme verringert sich der Wert des Anlagestocks (§ 12.9 AVB). Der Mindestbetrag der Entnahme beträgt jeweils 10.000 € (§ 12.9 und § 12.12 AVB) . Dabei handelt es sich um eine Geldleistung (§ 12.11 AVB). Tatsächlich haben die VN im Zeitraum 2015 - 2019 bereits 242.000 € aus dem Anlagestock entnommen (schriftliche Aufstellung des VU vom , vorgelegt mit Schreiben der Vertreterin der Bf vom ).
Will der Bezugsberechtigte (Bf, Gatte) darüber hinausgehende Werte (dh mehr als 80% der Einmalprämie) dem Anlagestock entnehmen, muss er den Vertrag ganz oder teilweise kündigen.
Die Bezugsberechtigten (Bf, Gatte) dürfen den Vertrag während der Aufschubdauer ganz oder teilweise kündigen. Frühestmöglicher Kündigungstermin ist das Ende des ersten Versicherungsjahres (§ 12.1. AVB).
Im Fall der Kündigung der Versicherung erhält der Bezugsberechtigte den Portfoliowert in Geld (Wert des Anlagestocks minus noch nicht belastete Verwaltungskosten, z.B. Provision des Vermittlers, Gebühren und Steuern gem.§ 1, § 12.3 , § 12.4 und § 12.7. AVB).
Bei Werterhöhungen (Kurssteigerungen) der im Anlagestock enthaltenen Vermögenswerte erzielen die VN Wertzuwächse, bei Wertminderungen (Kursrückgängen) erleiden die VN Wertminderungen. Die VN tragen daher das volle Veranlagungsrisiko. Das VU garantiert ihnen keine Mindestversicherungssumme (§ 2.2, 2.3 und § 8.1. AVB). Es sind somit die VN (Bf und ihr Gatte), die im Zusammenhang mit diesem Vertrag die Chancen auf Wertsteigerungen haben und das Risiko der Wertminderungen tragen.
Alle Abgaben und Steuern auf die Einmalprämie, auf Vermögenswerte, die zum Anlagestock gehören, auf Versicherungsleistungen gehen zu Lasten der Bezugsberechtigten (Bf, Gatte). Alle Steuererklärungen obliegen insoweit dem Bezugsberechtigten (§ 9.9. AVB).
Die Vermögenswerte des Anlagenstocks stehen im zivilrechtlichen Eigentum des VU (§ 9.12. AVB). Sie werden jedoch gesondert vom übrigen Vermögen des VU angelegt (§ 9.12.AVB). Mit Beginn der Rentenzahlung wird die Versicherung in eine konventionelle, nicht fondsgebundene Rentenversicherung umgewandelt und der auf die Versicherung entfallende Teil des Anlagestocks im sonstigen Vermögen des VU angelegt § 2.1. AVB).
Die VN (Bf , Gatte) dürfen die Anlagestrategie wählen und ändern (hohes oder niedrigeres Risiko) (§ 8.1, 8.3 und 8.8 AVB) .
Sie dürfen den Investmentfonds wählen, in welchen die Einmalprämie investiert wird. Sie dürfen sich auch später für einen anderen Investmentfonds entscheiden (§ 8.1, 8.4 und 8.8 AVB).
Sie haben allerdings nicht das Recht, die vom VU beauftragte Depotbank oder den durch das VU beauftragten Vermögensverwalter zu wählen. Sie haben auch nicht das Recht, auf die einzelnen Investmententscheidungen des Asset Managers (z.B. Käufe und Verkäufe von Wertpapieren, Erwerb von Anteilen an einem Investmentfonds, Wiederveranlagung von Erlösen) Einfluss zu nehmen (§ 8.2. AVB).
4.) Zweck des Vertrages - Zurechnung der strittigen Einkünfte - Rechtsfolgen
a.)Feststellungen zum Zweck des Vertrages und zum Risiko des VU
Alle Vertragsgrundlagen und alle sonstigen Beweismittel (siehe die jeweiligen Klammerzitate), aus welchen sich die Feststellungen betreffend die strittigen Einkünfte ergeben, wurden erstmals erst nach Erlassung der Erstbescheide betreffend E 2013-2016 durch die Selbstanzeige, deren Beilagen oder anlässlich von Rückfragen des Finanzamtes oder des BFG im Zusammenhang mit der Selbstanzeige dem Finanzamt und dem BFG vorgelegt.
Es handelt sich - nach dem Willen beider Vertragsparteien- nicht um einen ernst gemeinten Rentenversicherungsvertrag. Der tatsächliche Sinn des Vertrages besteht darin, dass das VU dafür Sorge trägt, dass zu Gunsten und auf das Risiko der VN (Bf, Gatte) (Pkt 8.1. AVB) das Vermögen (980.031,11 €) bestmöglich veranlagt werde (Pkt 8.2. AVB), und dass das durch die Veranlagungsentscheidungen bestmöglich verwaltete Vermögen den VN zugewendet wird, sobald diese dies wünschen (§ 12 AVB).
Es war daher bereits bei Vertragsabschluss beiden Vertragsparteien klar, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es zur Bezahlung einer Rente kommen werde, vernachlässigbar gering war. Daher spielt das oben festgestellte Langlebigkeitsrisiko (insbesondere die Wahrscheinlichkeit von 11,41 %, dass die Bf zumindest das 101. Lebensjahr erreicht, und dass ab diesem Alter die Rentenzahlungen den Wert des Anlagestocks erreichen und überschreiten), das nur für den Fall einer Rentenzahlung zum Tragen gekommen wäre, keine ins Gewicht fallende Rolle. Da die Rentenzahlung nie geplant war, wird sich dieses Langlebigkeitsrisiko nicht verwirklichen.
Da die Rentenzahlung nie geplant war, gibt es auch kein ins Gewicht fallendes Risiko von Negativzinsen, von welchen das VU im Falle einer Rentenzahlung betroffen wäre.
Dieser Vertrag enthält daher kein ins Gewicht fallendes Risiko des VU.
b.) Beweiswürdigung zum nicht vorhandenen Risiko des VU (Alle Beweismittel, die zu diesen obigen Festststellungen führen, wurden dem BFG und dem Finanzamt nach Erlassung der Erstbescheide betreffend E 2013-2016 durch die hier (Pkt b) genannten Beweismittel bekannt):
Die Aufschubdauer privater Renten beginnt im Durchschnitt im Alter von 30-40 bei Frauen und Männern. Der Rentenbezug beginnt im Durchschnitt im Alter von 60-70 bei Frauen und Männern (Herleitung DAV Sterbetafel 2004 R S. 13,14, vom VU vorgelegt im Juni 2020, somit nach Erlassung der Erstbescheide betreffend E 2013-2016). Verglichen mit diesen Erfahrungswerten beginnen die Aufschubdauer dieses Vertrages (im 61. Lebensjahr der Bf und 65. Lebensjahr ihres Gatten) und der vertraglich zugesicherte Rentenbezug (im 91. Lebensjahr der Bf und im 95. Lebensjahr ihres Gatten) ungewöhnlich spät.
Wer wirklich eine Rente will, wird typischerweise in jüngeren Jahren und nicht erst im 61. Lebensjahr (Bf) / und 65. Lebensjahr (Gatte) mit der Prämienzahlung beginnen (vgl. Aktuar Aktuell, April 2017, S. 13 , vorgelegt durch das VU im Juni 2020, somit nach Erlassung der Erstbescheide betreffend E 2013-2016, arg: …"denn zum einen schließen in jüngeren Jahren…..").
Daraus und aus dem Vertrag der Bf und ihres Gatten mit dem VU ("Vertrag Prämium TAE", der erst nach Erlassung der Erstbescheide betreffend E 2013-2016 dem Finanzamt im Zuge der Selbstanzeige übermittelt wurde) folgt:
Wer ernsthaft eine lebenslange Rente erhalten will, wird jedenfalls nicht wie die VN erst im Alter von 61 Jahren (Bf) und 65 Jahren (Gatte) einen Rentenversicherungsvertrag schließen, der erst ab dem 91./95. Lebensjahr der versicherten Person (Bf/Gatte) zu Rentenzahlungen führt.
Anders formuliert: Typischer Zweck einer Rentenversicherung ist die Versorgung des VN im typischen Pensionsalter (65+) (Herleitung DAV Sterbetafel 2004 R S. 13,14, vom VU vorgelegt im Juni 2020). Da dieser Zweck nicht erfüllt wird, weil die Rente erst im Alter von 91 Jahren (Bf) und 95 Jahren (Gatte der Bf) erstmals ausbezahlt wird (Versicherungspolizze, dem Finanzamt vorgelegt mit der Selbstanzeige nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016), ist zu schließen, dass mit diesem Vertrag mit dem VU (Vertrag einschließlich aller Vertragsgrundlagen, vorgelegt nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016 mit der Selbstanzeige) von Anfang an etwas anderes beabsichtigt war, das nicht dem typischen Zweck eines Rentenversicherungsvertrages entspricht. Es war daher von den Parteien des Vertrages von Anfang an keine Rentenversicherung ernsthaft geplant.
Da eine Rentenversicherung von Anfang an nicht geplant war, konnte es auch kein ins Gewicht fallendes Langlebigkeitsrisiko und kein ins Gewicht fallendes Risiko der Negativzinsen für das VU geben. Das Langlebigkeitsrisiko und das Risiko der Negativzinsen könnte sich nur im Falle eines Rentenbezugs verwirklichen (siehe Pkt 2 a und 2 d). Es gab daher kein ins Gewicht fallendes Risiko für das VU aus diesem Vertrag.
Wenn so ein Vertrag, wie im gegenständlichen Fall bereits nach Ablauf des ersten Jahres der Laufzeit die jederzeitige Möglichkeit der Kündigung enthält (§ 12 AVB, vorgelegt mit der Selbstanzeige , dh nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016), welche zur vollständigen Zuwendung des gesamten Wertes des Anlagestocks abzüglich Verwaltungskosten, Gebühren und Steuern (§ 1 "Anlagestock" "Portfoliowert", "Rückkaufswert"; § 12.3, 12.4, 12.7 AVB, vorgelegt erstmals durch das VU mit der Selbstanzeige, dh nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016) an die VN (Bf, Gatte) führt, ist davon auszugehen, dass es den Vertragspartnern von Anfang an nur um die Vermögensveranlagung durch den vom VU beauftragten Vermögensverwalter (vgl. Pkt 8.2. AVB) gegangen ist. Der tatsächliche Sinn des Vertrages besteht daher nur darin, dass das VU dafür Sorge trägt, dass zu Gunsten und auf das Risiko der VN (§ 2.2-2.4, § 8.1. AVB, vorgelegt erstmals mit der Selbstanzeige nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016) das Vermögen (980.031,11 €) bestmöglich veranlagt werde, und dass das durch die Veranlagungsentscheidungen bestmöglich verwaltete Vermögen den VN zugewendet wird, sobald diese dies (gem. § 12 AVB, dem Finanzamt vorgelegt erstmals nach Erlassung der Erstbescheide betreffend E 2013-2016 zusammen mit der Selbstanzeige) wünschen.
In dieses Bild fügt sich, dass die VN bereits 242.000 € aus dem Anlagestock, der ursprünglich 980.031,11 € betragen hat, entnommen haben (Stellungnahme des VU im Juni 2020, vorgelegt von der Vertreterin der Bf mit E-Mail vom ). Auch dieser Umstand deutet darauf hin, dass die Bf und ihr Gatte nicht ernsthaft erst ab dem Jahr 2043 eine Rente anstreben, sondern die Auszahlung des Wertes des Anlagestocks vor Ablauf der Aufschubdauer oder spätestens bei Ablauf der Aufschubdauer verlangen werden.
Es passt auch ins Bild, dass bei Anwendung der vertraglichen Bestimmungen über die Rentenzahlung der Wert der Rentenzahlungen für den Fall der Bf als Rentenempfängerin mit weitaus überwiegender Wahrscheinlichkeit unter dem Wert des Anlagestocks bleiben würde: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Wert der Rentenzahlungen an die Bf den Wert des Anlagestocks nicht erreichen würde, beträgt bei Anwendung des bei Vertragsabschluss prognostizierten Rentenfaktors 88,59 % (siehe oben Pkt 2 b).
Für den Fall des Gatten als Rentenempfänger: Auch in diesem Fall würde bei Anwendung der vertraglichen Bestimmungen über die Rentenzahlung der Wert der Rentenzahlungen mit weitaus überwiegender Wahrscheinlichkeit unter dem Wert des Anlagestocks bleiben: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Wert der Rentenzahlungen an den Gatten der Bf den Wert des Anlagestocks nicht erreichen würde, beträgt bei Anwendung des bei Vertragsabschluss prognostizierten Rentenfaktors 95,4 % (siehe oben Pkt 2 b).
Es gab daher kein ins Gewicht fallendes Risiko des VU (Langlebigkeitsrisiko, Risiko der Negativzinsen).
c.) Rechtsfolgen / Zurechnung:
aa.)Die VN dürfen die Auszahlung des Wertes des Anlagestockes ( lt. § 1 AVB alle Vermögenswerte, die diesem Versicherungsvertrag zuzuordnen sind, dh das Vermögen, das im ursächlichen Zusammenhang mit der Prämie erworben/erwirtschaftet wurde) nach Abzug von Gebühren und Steuern abgesehen von der relativ kurzen Wartezeit von einem Jahr durch Kündigung des Vertrages jederzeit wirksam verlangen (§ 12.1, 12.3, 12.4, 12.7, AVB; siehe oben Pkt 3). Dh, die VN dürfen abgesehen von der Wartezeit von einem Jahr im Wesentlichen frei entscheiden, ab wann sie über den gesamten Wert des Anlagestocks frei verfügen können und jeden anderen davon ausschließen können. Dieser Umstand deutet auf ihr wirtschaftliches Eigentum am Anlagestock hin (vgl. ; vgl. ). Diese vertraglichen Bestimmungen (§ 12 AVB) wurden dem Finanzamt und dem BFG erst nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016 durch die Selbstanzeige bekannt.
bb.) Die Chance auf Wertsteigerungen und das Risiko der Wertminderungen des Anlagestocks haben nur die VN (Bf, Gatte)(§§ 2.2., 2.3.,2.4, 8.1. AVB; siehe oben Pkt 3). Auch dies deutet auf ihr wirtschaftliches Eigentum am Anlagestock hin ( vgl. ; vgl. ; RdW 2015/633, 744; vgl. ; vgl. ). Diese vertraglichen Bestimmungen (§ 2, § 8 AVB) wurden dem Finanzamt und dem BFG erst nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016 durch die Selbstanzeige bekannt.
cc.) Da ein ins Gewicht fallendes Risiko des VU im Zusammenhang mit diesem Vertrag nicht besteht, da eine Rente nie ernsthaft geplant (siehe oben 4 a und b) war (vgl. ), ist i.V.m. den obigen Ausführungen (4 c. aa, bb) der Anlagestock den VN steuerlich zuzurechnen.
Dass eine Rente nie ernsthaft geplant war, ist dem BFG erst nach Erlassung der Erstbescheide betreffend E 2013-2016 insbesondere durch die Kenntnisnahme des Vertragstextes bekannt geworden (siehe für weitere Details oben 4.a und 4.b.). Der Vertragstext ist dem FA und dem BFG erst nach Erlassung der Erstbescheide betreffend E 2013-2016 durch die Selbstanzeige bekannt geworden.
dd.) Daher sind aber auch jedenfalls die Einkünfte aus der Veranlagung dieses Anlagestocks (vgl. Pkt 8 AVB ) der Jahre 2014-2017 den VN (Bf, Gatte) zuzurechnen. In Bezug auf das Jahr 2013 fielen aus diesem Vertrag noch keine Einkünfte an, die der Bf zurechenbar gewesen wären. Daher kam es in Bezug auf das Jahr 2013 auch zu keiner Abgabennachforderung, verglichen mit dem Erstbescheid, an die Bf.
Die Höhe dieser Einkünfte der Bf 2014-2017 und der anzuwendende Steuersatz sind nicht strittig. Insoweit folgte das Finanzamt dem Vorbringen der Bf in der Selbstanzeige.
ee.) Wiederaufnahme betreffend E 2014-2016:
Nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016 ist dem Finanzamt bekanntgeworden, dass die Bf und ihr Gatte am einen Vertrag mit einem liechtensteinischen Lebensversicherer geschlossen haben (Versicherungspolizze, dem FA vorgelegt mit der Selbstanzeige im September 2018, siehe oben Pkt 1). In diesem Zusammenhang ist dem Finanzamt nach Erlassung der Erstbescheide ferner bekanntgeworden, dass eine Einmalprämie in Höhe von 980.031,11 € im Jahr 2013 bezahlt worden ist (Polizze 43001/…..) (siehe oben Pkt 1), dass dieser Geldbetrag durch das VU auf dem Kapitalmarkt veranlagt worden ist (§ 8.2. AVB; siehe oben Pkt 1) , und dass im Zusammenhang damit Erträge erwirtschaftet wurden, von denen strittig ist, ob sie der Bf und ihrem Gatten zuzurechnen sind (siehe oben Pkt 1).
Ein Wiederaufnahmsgrund besteht darin, dass das Risiko des VU in Bezug auf diesen Vertrag (siehe oben Pkt 2 a-d) vernachlässigbar gering (siehe oben Pkt 4.a. und b) ist (siehe auch oben BP-Bericht vom ad "Risikotragung"). Dieses Sachverhaltselement wurde dem Finanzamt und dem BFG erst nach Erlassung der Erstbescheide für die Jahre 2013-2016 bekannt, insbesondere durch Kenntnisnahme des Vertrages mit dem VU, der erst zusammen mit der Selbstanzeige dem Finanzamt offengelegt worden ist . Insbesondere aus dem dem FA erst nach Erlassung der Erstbescheide bekanntgewordenen Vertragstext hat sich ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Inanspruchnahme der lebenslangen Pension durch die Bf und deren Gatten kommen könnte, nicht ins Gewicht fällt (für weitere Details siehe oben Pkt 4.a und b). Ohne ernsthaft zu erwartende (siehe oben 4.a und b) Auszahlung der Pension ab dem gibt es aber kein ins Gewicht fallendes Langlebigkeitsrisiko und auch kein ins Gewicht fallendes sonstiges Risiko (Siehe oben 2 a aa-ee, insbesondere ee; 2b, 2 d, siehe auch oben 4.c.cc).
Der zweite Wiederaufnahmsgrund besteht darin, dass der Anlagestock (Vermögen, das im ursächlichen Zusammenhang mit der Veranlagung der erwähnten Einmalprämie ab gebildet wurde) und die Erträge daraus im wirtschaftlichen Eigentum der Bf und ihres Gatten liegen (siehe auch BP-Bericht vom ad "wirtschaftliches Eigentum"). Auch dieses Sachverhaltselement wurde dem Finanzamt und dem BFG erst nach Erlassung der Erstbescheide für die Jahre 2013-2016 insbesondere durch Kenntnisnahme des Vertrages mit dem VU bekannt, der erst zusammen mit der Selbstanzeige dem Finanzamt offengelegt worden ist. Insbesondere aus dem Vertrag hat sich ergeben, dass alle Chancen auf Wertsteigerungen und alle Risken betreffend Wertverluste im Zusammenhang mit der Verwaltung des Anlagestocks den VN (Bf, Gatte) zuzurechnen sind (Siehe oben Pkte 3 und 4 c bb).
Insbesondere aus dem Vertrag mit dem VU, der erst nach Erlassung der Erstbescheide dem Finanzamt bekanntgegeben worden ist, hat sich ergeben, dass die VN (Bf, Gatte) nach dem Ablauf eines Jahres jederzeit den Vertrag kündigen dürfen, und dass eine Kündigung zur Auszahlung des gesamten Wertes des dem Vertrag zuzuordnenden Anlagestocks an die VN führen muss (Siehe oben Pkte 3 und 4 c aa). Insbesondere aus dem Vertrag hat sich ergeben, dass die VN nach Ablauf des ersten Jahres jederzeit einen Teil des Wertes des Anlagestocks entnehmen durften (bis zum Höchstausmaß von 20% der Einmalprämie) (siehe oben Pkt 3).
Aus dem nachträglich hervorgekommenen Vertrag hat sich ferner ergeben: Die VN (Bf , Gatte) dürfen die Anlagestrategie wählen und ändern (hohes oder niedrigeres Risiko) (§ 8.1, 8.3 und 8.8 AVB)(siehe oben Pkt 3) .
Sie dürfen den Investmentfonds wählen, in welchen die Einmalprämie investiert wird. Sie dürfen sich auch später für einen anderen Investmentfonds entscheiden (§ 8.1, 8.4 und 8.8 AVB)(siehe oben Pkt 3.).
Aus diesen Umständen, die dem FA erst nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016 bekannt geworden sind, ist zu schließen, dass der Anlagestock (Vermögen, das im ursächlichen Zusammenhang mit der Prämie angeschafft und/oder erwirtschaftet worden ist - siehe Pkt 1 AVB) und die aus ihm erwirtschafteten Erträge von Anfang an im wirtschaftlichen Eigentum der VN (Bf, Gatte) standen (siehe oben 4.c.aa-dd).
Diese nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016 dem Finanzamt bekannt gewordenen Umstände, beginnend mit allen Informationen über die strittigen Einkünfte aus dem Vertrag (siehe Pkt 1) mit dem VU [insbesondere: kein ins Gewicht fallendes Risiko des VU (siehe oben 4.a und b; 4.c.cc) , wirtschaftliches Eigentum der strittigen Erträge der Bf (siehe oben Pkt 3, Pkt 4.c.aa-bb] hätten, wenn das Finanzamt von diesen bereits bei Erlassung der Erstbescheide 2013 - 2016 Kenntnis gehabt hätte, zur Erlassung anderslautender Bescheide, die die Zurechnung der strittigen Erträge an die Bf enthalten hätten, geführt (siehe oben 4.c.aa-dd). Die Wiederaufnahme der Verfahren 2013-2016 durch das Finanzamt ist daher zulässig gewesen (§ 303 Abs 1 BAO).
ff.) Ermessensentscheidungen betreffend die Wiederaufnahmen 2013-2016:
Der Wiederaufnahmsbescheid 2013 des Finanzamtes erbrachte keine Abgabennachforderderung und keine Änderung der Bemessungsgrundlagen. Strittige Einkünfte sind im Jahr 2013 bei der Bf nicht angefallen. Mangels jedweder steuerlicher Auswirkungen war die Wiederaufnahme 2013 nicht zweckmäßig. Daher wird betreffend 2013 von einer Wiederaufnahme Abstand genommen.
Die Wiederaufnahmsbescheide des Finanzamtes in Bezug auf die Jahre 2014 bis 2016 ergaben Nachforderungen in folgender Höhe:
3.219 €…Einkommensteuer 2014 vom
9.056 €…Einkommensteuer 2015 vom
6.742 €…Einkommensteuer 2016 vom
19.017 €…Summe der Nachforderungen 2014-2016 lt. bekämpften Bescheiden
Da die abgabenrechtlichen Auswirkungen für die Jahre 2014 - 2016 erheblich sind, wird die Ermessensentscheidung getroffen, die Wiederaufnahmsbescheide des Finanzamtes 2014-2016 im Rechtsbestand zu belassen.
gg.) Zu den Anspruchszinsenbescheiden 2014-2016 und die Beschwerde dagegen:
Der Anspruchszinsenbescheid ist an die Nachforderung oder Gutschrift gebunden, die im Spruch des Bescheides, welcher zur Nachforderung oder Gutschrift führt, ausgewiesen ist. Der Zinsenbescheid ist nicht mit Aussicht auf Erfolg mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig (Ritz, BAO, § 205, Tz 33, 34).
Die einzige Begründung der Beschwerde gegen die Anspruchszinsenbescheide waren die aus der Sicht der Bf unrichtigen Feststellungen des Finanzamtes in den bekämpften Einkommensteuerbescheiden im Zusammenhang mit den strittigen Einkünften im ursächlichen Zusammenhang mit dem Vertrag mit dem liechtensteinischen VU. Damit hat die Bf sinngemäß zu erkennen gegeben, sie bekämpfe die Anspruchszinsenbescheide wegen inhaltlich rechtswidriger Abgabenbescheide.
Daher ist die Beschwerde gegen die Anspruchszinsenbescheide abzuweisen.
Erweisen sich die genannten Stammabgabenbescheide (betreffend Einkommensteuer 2014 -2016) nachträglich als rechtswidrig und werden diese entsprechend abgeändert, so wird diesem Umstand durch an die Abänderungsbescheide gebundene Zinsenbescheide Rechnung getragen werden. Es werden in so einem Fall weitere Zinsenbescheide ergehen, es wird daher keine Abänderung der ursprünglichen Zinsenbescheide erfolgen (Ritz, BAO § 205 TZ 35; UFS RV/1847-W/04; UFS/RV/0425-W/06;RV/0324-W/03; RV/0082-W/05).
5.) Zulässigkeit der Revision:
Strittig ist die Zurechnung von Einkünften (Wiederaufnahme- und Sachbescheide betreffend Einkommensteuer 2013-2016, Einkommensteuerbescheid 2017) im ursächlichen Zusammenhang mit einem Vertrag mit einem liechtensteinischen Lebensversicherungsunternehmen (VU). Sämtliche Informationen über diese Einkünfte sind erst nach Erlassung der Erstbescheide 2013-2016 (Bescheiderlassungen im Jahr 2017 und davor) im Zusammenhang mit einer Selbstanzeige vom September 2018 dem Finanzamt bekannt geworden.
Die Bf hat im Jahr 2013 zusammen mit ihrem Gatten einen Vertrag mit einem liechtensteinischen VU geschlossen. Sie war damals 61, ihr Gatte 65 Jahre alt. Der Gatte bezahlte nach Abzug der Versicherungssteuer eine Einmalprämie von rund 980.000 € (Versicherungspolizze). Das VU versprach, diese Prämie auf dem Kapitalmarkt zu veranlagen (§ 8.2. AVB) und auf Grund des Veranlagungsergebnisses (Anlagestockes) in 30 Jahren, dh ab (die Bf wäre dann 91 Jahre, deren Gatte 95 Jahre) den Versicherungsnehmern (VN) (Bf, Gatte) eine lebenslange Rente zu bezahlen (Versicherungspolizze, § 2.5.AVB). Das VU garantierte bei Vertragsabschluss keine bestimmte Höhe der Rente. Erst am würde die Höhe der Rente feststehen und ab diesem Zeitpunkt würde die Höhe der Rente garantiert sein und bis zum Ableben der VN bezahlt werden (§ 2.5. AVB).
Bei Ableben der VN nach Beginn der Rentenzahlungen () würde die Differenz zwischen dem Anlagestock zu Rentenbeginn und den ab Rentenbeginn garantierten Rentenzahlungen den Kindern der VN ausbezahlt werden (§ 2.7. AVB). Bei Ableben der VN vor dem würde der Anlagestock vom VU zu Geld gemacht (Portfoliowert) und den Kindern der VN ausbezahlt werden (§ 2.7. AVB).
Der Vertrag sah ab dem Ablauf des ersten Jahres der Laufzeit eine Kündigungsmöglichkeit zu Gunsten der VN vor (§ 12 AVB). Im Falle der Kündigung muss durch das VU der Anlagestock zu Geld gemacht und den VN der Wert des Anlagestocks ausbezahlt werden. Nach Ablauf des ersten Jahres durften die Bf laut Vertrag auch Beträge aus dem Anlagestock entnehmen. Dies war vertraglich bis zum Höchstausmaß von 80% der ursprünglich bezahlten Prämie zulässig. Tatsächlich entnahmen die Bf zwischen 2015 und 2019 242.000 €.
Laut Vertrag sind in der Aufschubdauer (-) Werterhöhungen und Wertminderungen des Anlagestocks möglich, die in voller Höhe auf das Risiko der Bf gehen (§ 2.3. AVB; § 8.1. AVB).
Der Vertrag sieht auch die Möglichkeit einer Kapitalabfindung (§ 2.6. AVB) zum Fälligkeitstermin der ersten Rente ( ) vor. Diesfalls wird der Anlagestock durch das VU zu Geld gemacht und den VN ausbezahlt werden.
Die Bf durften in Bezug auf die durch das VU durchzuführende Veranlagung der Prämie auf dem Kapitalmarkt die Veranlagungsstrategie (hohes, mittleres, geringes Risiko) oder einen Investmentfonds wählen, und sie durften diese Grundsatzentscheidung auch ändern (§ 8.2, § 8.3, § 8.4, § 8.8 AVB). Sie durften aber die Person des Vermögensverwalters und der Depotbank nicht bestimmen und sie hatten auch keinen Einfluss auf die einzelnen Veranlagungsentscheidungen des vom VU bestimmten Vermögensverwalters (Asset Managers).
Auf Grund der vertraglichen Bestimmungen kann sich nur dann ein Risiko für das VU ergeben, wenn die VN ab die ihnen zugesagte lebenslange Rente in Anspruch nehmen. Die ab nach Maßgabe der Höhe des Anlagestocks garantierte Jahresrente muss so lange bezahlt werden, wie die Bf oder, wenn diese vor gestorben sein sollte, deren Gatte leben wird (§ 2.5. AVB). Lebt z.B. die Bf jedenfalls so lange, dass der gesamte Anlagestock durch die Rentenzahlungen rechnerisch verbraucht worden sein wird, beginnt sich das Langlebigkeitsrisiko zu verwirklichen, dh , es muss die ab der Höhe nach garantierte Rente trotzdem weiterbezahlt werden, bis die Bf stirbt.
Das Ermittlungsverfahren hat allerdings ergeben (siehe Pkte 4 a und 4 b), dass es kein ins Gewicht fallendes Risiko dafür gibt, dass die Rente überhaupt in Anspruch genommen werden wird.
In Bezug auf das Jahr 2013 gibt es keine strittigen Einkünfte der Bf; daher ergibt sich für dieses Jahr auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.
Strittig ist, ob die Einkünfte aus der Veranlagung des Anlagestocks der Jahre 2014-2017 der Bf direkt zuzurechnen waren.
Über eine hinreichend vergleichbare Angelegenheit hatte der VwGH noch nicht zu entscheiden. Ob die Einkünfte aus der Veranlagung des Anlagestocks der Jahre 2014-2017 der Bf bereits in Bezug auf diese Jahre zuzurechnen sind, ist eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des Art 133 Abs 4 B-VG.
Ad Anspruchszinsenbescheide 2014-2016 : Die Bf hat in ihrem Vorbringen sinngemäß zu erkennen gegeben, sie bekämpfe die Anspruchszinsenbescheide wegen aus ihrer Sicht inhaltlich rechtswidriger Abgabenbescheide.
Daher ist die Beschwerde gegen die Anspruchszinsenbescheide abzuweisen (siehe oben 4.c.gg).
Erhebliche Rechtsfragen i.S. von Art 133 Abs 4 B-VG haben sich in Bezug auf die Anspruchzinsenbescheide nicht ergeben. Daher ist insoweit eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Klagenfurt am Wörthersee, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100306.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at