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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.05.2021, RV/5100262/2020

Abgabennachsicht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch ***Stb***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten vom zu Steuernummer ***BF1StNr1***, mit dem der am eingelangte Antrag vom auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten in Höhe von 175.208,22 € abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben. Folgende Abgabenschuldigkeiten werden gemäß § 236 Abs. 1 BAO durch Abschreibung nachgesehen:


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Abgabe
Fälligkeit
Betrag
Einkommensteuer 2012
25.263,00
Einkommensteuer 2013
14.737,00
Summe
40.000,00

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist alleiniger Kommanditist der ***Bf1*** Gesellschaft m.b.H. & Co. KG (FN ***1***; im Folgenden: KG). Komplementärin dieser Gesellschaft ist die ***Bf1*** Gesellschaft m.b.H. (FN ***2***; im Folgenden: F-GmbH), welche die KG seit selbständig vertritt. Geschäftsführer dieser Komplementär-GmbH ist seit der Beschwerdeführer.

Ferner war der Beschwerdeführer Alleingesellschafter und Geschäftsführer der ***3*** Gesellschaft m.b.H. (FN ***4***; im Folgenden: A-GmbH). Ein im Jahr 1997 eröffnetes Ausgleichsverfahren wurde am gemäß § 57 Abs. 1 AO aufgehoben, ein im Jahr 2003 eröffnetes Konkursverfahren nach Schlussverteilung am aufgehoben. Diese Firma wurde am im Firmenbuch gelöscht.

Die A-GmbH hatte ein Cafe mit Konditorei betrieben und erhielt zeitweise Material und Personal von der KG, blieb die Bezahlung dieser Leistungen jedoch schuldig.

Der Beschwerdeführer hatte persönliche Haftungen für Verbindlichkeiten der A-GmbH übernommen. Im Zuge des Eingehens dieser persönlichen Haftungen hat der Beschwerdeführer die als Hauptwohnsitz genutzte und zum Teil an die KG vermietete Liegenschaft GB ***5***, EZ ***6***, an die Sparkasse ***7*** verpfändet, welche die A-GmbH finanziert hatte.

In der Erklärung der KG zu ihren Einkünften für das Jahr 2004 wurde ein Verlust in Höhe von 523.140,77 € ausgewiesen, der auf Ausfälle von Forderungen der KG gegen die A-GmbH zurückzuführen war (nicht bezahlte Warenlieferungen, Personalgestellungen und offene Forderung aus einem zinsenlosen Darlehen der KG an die A-GmbH in Höhe von 542.529,58 €).

Die Sparkasse ***7*** hatte im Feststellungsverfahren angegeben, dass im Zusammenhang mit der Konkurseröffnung über das Vermögen der A-GmbH die KG die persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der A-GmbH übernommen hätte, um eine Verwertung der Pfandliegenschaft (die dem Beschwerdeführer als Hauptwohnsitz dient) zu vermeiden. Die KG habe sich verpflichtet, wie bereits in der Vergangenheit Leistungen zugunsten der Kreditkonten der A-GmbH zu erbringen. Ohne diese Zahlungen hätte die Sparkasse die Liegenschaft verwerten und den Beschwerdeführer als Bürge/Wechselbürge in Anspruch nehmen müssen.

Das Finanzamt versagte im Feststellungsbescheid der KG für das Jahr 2004 vom die erfolgswirksame Berücksichtigung des Ausfalls der Forderung gegenüber der A-GmbH in Höhe von 542.529,58 €, da es an einer betrieblichen Veranlassung dafür fehle, dass die KG in die ursprünglich vom Beschwerdeführer übernommene Haftung als Bürge eingetreten sei und die Verpflichtung zur Rückführung von Verbindlichkeiten der A-GmbH übernommen habe.

Einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom teilweise (aber betraglich nur unwesentlich) stattgegeben. Das Finanzamt hielt daran fest, dass kein betrieblicher Grund für die Übernahme der Haftung durch die KG ersichtlich sei. Der Abzug der damit verbundenen Zinszahlungen sei daher gemäß § 20 EStG nicht zulässig.

Der daraufhin eingebrachte Vorlageantrag vom wurde vom Finanzamt erst nach rund 12 Jahren, am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Eine Begründung für die späte Vorlage ist dem Vorlagebericht nicht zu entnehmen.

Im Feststellungverfahren betreffend die Einkünfte der KG ergingen ab dem Jahr 2005 im Hinblick auf dieses offene Rechtsmittelverfahren zwar vorläufige Feststellungsbescheide, denen aber nicht die vom Finanzamtes für das Jahr 2004 vertretene Rechtsauffassung zugrunde gelegt wurde, sondern die den Erklärungen der KG folgten. So wurde etwa keine Korrektur des für 2005 erklärten Verlustes in Höhe von 23.753,61 € vorgenommen. Für das Jahr 2006 ist dem Abgabeninformationssystem zu entnehmen, dass am zwar eine Änderung des erklärungsgemäß ergangenen Feststellungsbescheides vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO beabsichtigt war; diese beabsichtigte Änderung wurde jedoch wieder storniert. Es ergingen daher die Feststellungsbescheide 2005 bis 2017 erklärungsgemäß, was in den abgeleiteten Einkommensteuerverfahren des Beschwerdeführers zu entsprechenden Abgabenbescheiden führte (geringe Nachforderungen für die Jahre 2006, 2007 und 2010, Gutschriften für die Jahre 2008, 2009 und ab 2011).

Das Bundesfinanzgericht wies die bei ihm am eingegangene Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid 2004 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom , RV/5101423/2018, als unbegründet ab.

Nach Ergehen dieses Erkenntnisses wurden mit Bescheiden vom die Einkommensteuerbescheide des Beschwerdeführers für die Jahre 2012 bis 2017 gemäß § 293b BAO berichtigt. In den Begründungen wird ausgeführt: "Mit (Erst-)Bescheid über die Feststellung der Einkünfte der KG für das Jahr … (Rechtsmittelverfahren mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zu Geschäftszahl RV/5101423/2018 vom abgeschlossen) wurde eine begehrte Forderungsabschreibung in der Höhe von € 542.529,58 nicht anerkannt. In den Einkommensteuererklärungen ab dem Jahr 2006 wurde entgegen dieser Feststellung offenbar aufgrund von erklärungsgemäßer Veranlagung dennoch diese Forderungsabschreibung berücksichtigt und ohne nähere Überprüfung entsprechend veranlagt. Da sich aus dem Aktenstand eindeutig ergibt, dass diese Forderungsabschreibung im Feststellungsverfahren nicht anerkannt wurde, jedoch in den Folgejahren bezüglich der abgeleiteten Einkommensteuerbescheide offenbar ohne nähere Prüfung erklärungsgemäß (und aktenwidrig in Annahme eines Verlustvortrages bzw. Vornahme eines Verlustabzuges) veranlagt wurde, war dies aufgrund der nicht bloß geringfügigen Auswirkungen gemäß § 293b BAO zu korrigieren."

Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2011 wurden mit Bescheiden vom gemäß § 295 iVm § 209a Abs. 2 BAO geändert. In den Begründungen wurde ausgeführt: "Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zu Geschäftszahl RV/5101423/2018 vom wurde über die Beschwerde gegen den Bescheid über die Feststellung der Einkünfte der KG für das Jahr 2004 vom abgesprochen und die strittige Forderungsabschreibung nicht anerkannt. Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er gemäß § 295 Bundesabgabenordnung (BAO) ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen. Weiters ist ein Bescheid ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, auch ansonsten zu ändern oder aufzuheben, wenn der Spruch dieses Bescheides anders hätte lauten müssen oder dieser Bescheid nicht hätte ergehen dürfen, wäre bei seiner Erlassung ein anderer Bescheid bereits abgeändert, aufgehoben oder erlassen gewesen. Wenn eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde abhängt, so steht gemäß § 209a Abs 2 BAO der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Beschwerde vor diesem Zeitpunkt eingebracht wurde. Die Beschwerde wurde am , somit vor Eintritt der Verjährung der Einkommensteuer eingebracht. Somit war gemäß § 295 in Verbindung mit § 209a Abs 2 BAO der Einkommensteuerbescheid spruchgemäß abzuändern, um dem Spruch des zitierten Erkenntnisses und der Nichtanerkennung der Forderungsabschreibung Rechnung zu tragen."

Aus den Bescheiden vom und ergaben sich Nachforderungen an Einkommensteuern und Anspruchszinsen in Höhe von insgesamt 174.414,02 €. Am wurden Stundungszinsen in Höhe von 794,20 € festgesetzt, sodass sich zu diesem Zeitpunkt ein Rückstand am Abgabenkonto von insgesamt 175.208,02 € ergab.

Hinsichtlich dieses Abgabenrückstandes wurde mit Eingabe vom , eingelangt am , um Nachsicht gemäß § 236 BAO ersucht. Dieses Ansuchen wurde wie folgt begründet:

"Zunächst sei kurz erwähnt, wie es zu diesem extremen Abgabenrückstand kommen konnte. Der hohe Rückstand auf dem Abgabenkonto resultiert aus nachträglich erlassenen Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2006 bis 2017, welche wiederum von einer BFG-Entscheidung für das Jahr 2004 betreffend der KG abgeleitet wurden. Vom Vorlageantrag bis zu dieser Gerichtsentscheidung lag das Rechtsmittel fast 12 Jahre beim Finanzamt, bevor es an das Bundesfinanzgericht weitergeleitet wurde. Aufgrund der außerordentlich langen Verfahrensdauer wurde für einen Teil der Einkommensteuerbescheide (2006 - 2011) zwischenzeitig ein weiteres Rechtsmittel eingebracht.

Die Begründung für die nun beantragte Nachsicht gem § 236 BAO liegt jedoch in der persönlichen Unbilligkeit im Falle von Herrn ***Bf***. Eine persönliche Unbilligkeit liegt dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet oder die Abstattung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten insbesondere mit einer Vermögensverschleuderung verbunden wäre. Dazu nun eine kurze Übersicht zu den bestehenden Vermögens- und Einkunftsverhältnissen:


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Vermögen:
Liegenschaft Betrieb/Wohnung ***8*** (belastet mit Wohnrecht), GB ***5***, EZ ***6***Erlebensversicherung Ablauf EUR 38.439,91, Rückkaufswert per EUR 13.136,78 => Vermögensverschleuderung bei vorzeitigem Rückkauf


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Einkünfte:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
EUR -17.510,98 ESt-Bescheid 2017
Einkünfte aus VuV
EUR 25,27 ESt-Bescheid 2017
Pension 2017 (Kz 245)
EUR 36.561.24 ESt-Bescheid 2017
Gesamtbetrag der Einkünfte
EUR 19.075.53 ESt-Bescheid 2017
Jahresverlust 2017/2018 KG
EUR - 69.907,97 per
Vorl. Ergebnis 2018/2019 KG
EUR 13.836,55 per It.SAL


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Liquidität:
Betriebliches Girokonto KG
EUR 3.611,78 per
Privates Pensionskonto
EUR 4.196,86 per


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Verbindlichkeiten:
Finanzamt inkl Aussetzg.
EUR -175.208,22 per

Die persönliche Unbilligkeit wird aus den oben genannten Zahlen deutlich. Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ist äußerst angespannt und daher sind keine leicht verfügbaren Mittel vorhanden, um die hohe Abgabenschuld in absehbarer Zeit zu entrichten. Im Gegenteil es müsste vorhandenes Vermögen geradezu verschleudert werden (Liegenschaftsveräußerung bzw vorzeitiger Rückkauf der Lebensversicherung). Selbst die laufenden Pensionseinkünfte wurden und werden häufig in den Betrieb "gesteckt". Für zukünftig notwendige Instandhaltungen des in die Jahre gekommenen Gebäudes sind keinerlei Rücklagen vorhanden, sodass diese vom laufenden Einkommen gedeckt werden müssen. Von Seiten der Bank wurde Herrn ***Bf*** bereits mitgeteilt, dass Kreditlinien zur Tilgung der Finanzschuld nicht möglich sein werden, denn Herr ***Bf*** ist über 72 Jahre alt, nicht mehr voll leistungsfähig und es gibt keinen Nachfolger für den Betrieb. Damit ist eine vollständige zukünftige Kreditrückzahlung für die Bank nicht gewährleistet.

Die Entrichtung würde also nicht nur die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, sondern tatsächlich die Existenz der Familie ***Bf*** gefährden. Auch die Gattin, ***9***, kann mit einer monatlichen Pension iHv ca. EUR 1.100,- wenig zum gemeinsamen Unterhalt beitragen, zumal ***9*** an Krebs erkrankt ist und regelmäßiger medizinischer Betreuung bedarf. Weitere Umstände der persönlichen Lebenssituation der Familie ***Bf*** (psychische Belastung durch drohende Steuernachforderung, Sturz und Spitalsaufenthalt) werden in einem persönlichen Gespräch mit dem Finanzamt erörtert.

Die Abstattung der Abgabenschulden ist für die Familie ***Bf*** also derart schwerwiegend und beeinträchtigt die Leistungskraft in unverhältnismäßiger Weise, sodass wir um vollinhaltliche Stattgabe unseres Antrages ersuchen, um die drohende Existenzgefährdung zu beseitigen.

Für die Ermessensübung darf schließlich erwähnt werden, dass Herr ***Bf1*** seine Abgaben immer pünktlich und vorbildlich bezahlt."

Die in diesem Nachsichtsansuchen erwähnte, beim Bundesfinanzgericht zu RV/5100678/2020 protokolliert gewesene Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2011 vom wurde nach Zurückziehung der Beschwerde mit Beschluss vom als gegenstandslos erklärt.

Am wurden von einem Außendienstmitarbeiter der Finanzamtes die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers erhoben. Im Vermögensverzeichnis gemäß § 31a AbgEO iVm § 47 EO wurde angegeben, dass der Beschwerdeführer eine Pension in Höhe von ca. 2.400,00 € monatlich beziehe und er Geschäftsführer der F-GmbH sei. Ferner wurde die im Nachsichtsansuchen erwähnte Lebensversicherung festgestellt. Die Einnahme aus der Vermietung einer Wohnung wurden mit 100,00 € monatlich angegeben. Am Pensionskonto bei der ***10*** bestehe ein Guthaben von ca. 4.000,00 €. Auf dem im Alleineigentum des Beschwerdeführer stehenden Grundstück KG ***5*** EZ ***6*** werde zwar noch eine grundbücherliche Belastung zugunsten der Sparkasse ausgewiesen, die Hypothek sei jedoch bereits ausbezahlt und nur im Grundbuch noch nicht gelöscht. An verwertbaren beweglichen Sachen wurde nur ein wertloser Fernseher festgestellt. Ferner wurde auf ein Gewerberecht als Bäcker und für das Gastgewerbe hingewiesen. Der Beschwerdeführer sei alleiniger Kommanditist der KG. Der Beschwerdeführer gab ferner an, dass er werde Bank- noch Lieferantenverbindlichkeiten habe. Als sonstige Verbindlichkeiten wurden allein jene beim Finanzamt angeführt. Seine Gattin beziehe eine Pension von monatlich ca. 1.000,00 € und besitze Grundstücke in ***11***. Zur Höhe der monatlichen Lebenshaltungskosten wurden Betriebskosten und Stromkosten in Höhe von 350,00 € und Versicherungszahlungen in Höhe von 365,00 € angegeben.

In einem Aktenvermerk vom hielt der Außendienstmitarbeiter ergänzend fest, dass die vom Beschwerdeführer bewohnte Wohnung aus vier Räumen bestehe; die Einrichtung stamme aus den 70er Jahren, kein Luxus vorhanden. Verwertbar wäre nur das Grundstück mit Haus, in dem auch der Bäckereibetrieb mit alten Maschinen und das Kaffeehaus untergebracht wären. Die Möblierung im Kaffeehaus sei ebenfalls aus den 70er Jahren und abgenutzt.

Bei den Liegenschaften der am verstorbenen Ehegattin des Beschwerdeführers handelt es sich um landwirtschaftlichen Nutzgrund in der Größe von nur 1.128 m² (KG ***12***) und 3.032 m² (KG ***13***).

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt das Nachsichtsansuchen mit folgender Begründung ab: "Im gegenständlichen Fall wurden auf Grund des BFG-Erkenntnisses vom zu Geschäftszahl RV/5101423/2018 die Einkommensteuerbescheide 2012 bis 2017 am gemäß § 293b BAO berichtigt und die Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2011 am gemäß § 295 in Verbindung mit § 209a Abs. 2 BAO geändert. Das führte zu einer Abgabennachforderung an Einkommensteuer und Anspruchszinsen 2006 bis 2017 in Höhe von € 174.414,02. In Folge der beantragten Stundung der vorhin genannten Abgaben vom bis wurden am Stundungszinsen in Höhe von € 794,20 festgesetzt. Nun können gemäß § 236 Abs. 1 BAO fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Liegt Unbilligkeit nach der Lage des Falles nicht vor, fehlt die gesetzliche Voraussetzung für eine Abgabennachsicht und das Ansuchen ist aus Rechtsgründen (keine Ermessensentscheidung) abzuweisen. Die Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO kann persönlich oder sachlich bedingt sein. Für den gegenständlichen Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO wird die persönliche Unbilligkeit als Begründung genannt. Eine "persönliche" Unbilligkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlage des Nachsichtswerbers gefährdet. Allerdings bedarf es zur Bewilligung einer Nachsicht nicht unbedingt der Gefährdung des Nahrungsstandes, der Existenzgefährdung, besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genügt, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, so etwa, wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleich käme. Einbußen an vermögenswerten Interessen, die mit Abgabenleistungen allgemein verbunden sind und die jeden gleich berühren, stellen eine Unbilligkeit nicht dar. Eine "sachliche" Unbilligkeit wäre anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt. Jedenfalls muss es zu einem atypischen Vermögenseingriff kommen. Mittels Beschwerdevorentscheidung vom verneinte das Finanzamt die Zulässigkeit der Forderungsabschreibung bei der KG betreffend Kreditforderungen gegenüber der insolventen A-GmbH mangels betrieblicher Veranlassung. Am wurde ein Vorlageantrag bezüglich der BVE vom eingebracht. Da zur Frage der Abzugsfähigkeit von Zahlungen wesentlich beteiligter Gesellschafter welche auch einem Fremdvergleich standhalten müssen, bereits Judikatur des VwGH () vorlag und somit auch mit der Abweisung der Beschwerde gerechnet werden musste, hätten finanzielle Vorkehrungen getroffen werden müssen. Es wurden jedoch die Verlustabzüge in den folgenden Jahreserklärungen vorgenommen, was dazu führte, dass Einkommensteuergutschriften an den Abgabepflichtigen mit den Jahresveranlagungen zurückgezahlt wurde. Es wäre auch im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer angebracht gewesen, Rücklagen für die mögliche zukünftige Abgabennachforderung zu bilden. Am bestätigte das Bundesfinanzgericht die Meinung des Finanzamtes. In dem BFG-Erkenntnis vom beschreibt der Steuerberater unter anderem den Arbeitsalltag des Abgabepflichtigen und teilt mit, dass Hrn. ***Bf1*** die Übernahme der A-GmbH bis heute ca. 1,5 Millionen Euro gekostet hat. Somit macht der Abgabenrückstand im Zeitraum von 2006 bis 2017 in Höhe von € 174.414,02 nur rund 12% des Betrages aus, welchen Hr. ***Bf1*** bereits anderen Gläubigern bezahlt hat. Es entsteht daher der Eindruck, dass Hr. ***Bf1*** zwar bereit sei andere Verbindlichkeiten (Sparkasse) zu befriedigen, der Abgabengläubiger jedoch, soll auf seine Forderungen verzichten. Seit bekommt Hr. ***Bf1*** von der SVA der gewerblichenWirtschaft einen Pensionsbezug ausbezahlt. Der jährliche Pensionsbezug betrug 2012 € 33.012,12 und erhöhte sich bis 2018 auf € 37.197,12. Hr. ***Bf1*** ist jetzt 72 Jahre alt und führt das Unternehmen der KG weiterhin. Aus Sicht des Finanzamtes wäre es, bei Schließung des verlustbringenden Unternehmens (Gesamtverlust der letzten drei Jahre € 8.146,91), sowie mit Ratenzahlungen aus den Mitteln der jährlichen Pension in Höhe von rund € 37.000,00 sowie der Verwertung der Lebensversicherung in Höhe von € 38.439,91 nach dem und der Verwertung der Liegenschaft ***5***, bei der seitens des Finanzamtes keine Verschleuderung verlangt wird, möglich, die Abgaben in den nächsten Jahren zu entrichten ohne die Existenz des Abgabepflichtigen und seiner Angehörigen zu gefährden. Da es sich bei der Vorschreibung der Einkommensteuer und Anspruchszinsen 2006 bis 2017, welche auf Grund des Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zu Geschäftszahl RV/5101423/2018 vom festgesetzt wurden, lediglich um die Auswirkung der allgemeinen Rechtslage handelt, die alle Abgabepflichtigen in gleicher Weise trifft und es dadurch wie oben angeführt, weder zu einer anormalen Belastungswirkung, noch zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt, kann in der Einhebung der Einkommensteuer und Anspruchszinsen 2006 bis 2017 in Höhe von € 174.414,02 sowie den Stundungszinsen 2019 für den Zeitraum bis in Höhe von € 794,20 keine Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO erblickt werden. Insgesamt gesehen liegt daher weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO vor. Da es somit schon an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen fehlt, bleibt für eine Ermessensentscheidung kein Raum mehr."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die über FinanzOnline eingebrachte Beschwerde vom , in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Stattgabe des Nachsichtsansuchens vom beantragt wurden. Die Begründung werde nachgereicht.

Tatsächlich wurde die Begründung für die Beschwerde erst nach in Befolgung eines Mängelbehebungsauftrages des Finanzamtes am nachgereicht und darin ausgeführt:

"In der Bescheidbegründung der oben genannten Abweisung der Nachsicht vom wird von Seiten des Finanzamtes unter anderem vorgebracht, dass während der Zeit des Verfahrens (2006 bis 2018!) eigentlich finanzielle Vorkehrungen hätten getroffen werden müssen, weil mit der Abweisung der Beschwerde gerechnet werden musste. Dem ist entgegenzuhalten, dass es für unseren Klienten nahezu unmöglich war, finanzielle Vorkehrungen für eine eventuelle Abweisung der Beschwerde zu treffen. Zum einen lässt der Grundsachverhalt aufgrund der engen wirtschaftlichen Beziehung zur A-GmbH sehr wohl zu, dass mit einer positiven Beschwerdeerledigung gerechnet werden konnte. Darüber hinaus hatte Herr ***Bf*** aufgrund der hohen Kredittilgungen gar nicht den finanziellen Spielraum, um an Rücklagen für die Zukunft zu denken. Schließlich ging und geht es um eine drohende Verwertung der Liegenschaft und damit verbunden um die Existenz von Herrn ***Bf***, in der naturgemäß eine Unbilligkeit im Sinne des Nachsichtsersuchens zu sehen ist. Daran kann auch die formelhafte Begründung der Behörde nichts ändern, die wie folgt lautet: "Da es sich bei der Vorschreibung der Einkommensteuer und Anspruchszinsen 2006 bis 2017 welche aufgrund des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes … festgesetzt wurden, lediglich um die Auswirkung der allgemeinen Rechtslage handelt, die alle Abgabepflichtigen in gleicher Weise trifft und es dadurch wie oben angeführt, weder zu einer anormalen Belastungswirkung, noch zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt, kann in der Einhebung der Einkommensteuer und Anspruchszinsen 2006 bis 2017 in Höhe von € 174.414,02 sowie den Stundungszinsen 2019 ... keine Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO erblickt werden. Insgesamt gesehen liegt daher weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO vor." Woraus sich jedoch die Beurteilung des Finanzamtes einer nicht vorhandenen Unbilligkeit letztlich wirklich ergibt, ist aus dem formelhaften Text der Behörde nicht zu entnehmen. Daher stellen wir den Antrag auf ersatzlose Aufhebung des Bescheides über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten vom und ersuchen um Stattgabe des Nachsichtsansuchens vom . Weiters stellen wir den Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO bis zur Entscheidung über die Beschwerde. In eventu regen wir die amtswegige Aussetzung der Einbringung gem. § 231 BAO an."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde diese Beschwerde wie folgt als unbegründet abgewiesen: "In der Beschwerde vom wird bemängelt, dass der Begründung des Bescheides vom über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten nicht zu entnehmen ist, woraus sich die Beurteilung des Finanzamtes einer nicht vorhandenen Unbilligkeit letztlich wirklich ergibt. Weiters wird in der Beschwerde angeführt, dass bei einer Verwertung der Liegenschaft die Existenz von Hrn. ***Bf*** gefährdet ist und darin die Unbilligkeit im Sinne des Nachsichtsansuchens zu sehen ist. Dem ist entgegenzuhalten, das bereits im Bescheid vom 25.06.2109 über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten festgestellt wurde, dass Hr. ***Bf*** seit von der SVA der gewerblichen Wirtschaft einen Pensionsbezug erhält. Der jährliche Pensionsbezug betrug 2012 € 33.012,12 und erhöhte sich bis 2018 auf € 37.197,12. Mit diesem Pensionsbezug stützt Hr. ***Bf*** das seit drei Jahren verlustbringende Unternehmen der KG. Bei einer Schließung des Unternehmens und Verwertung der Liegenschaft kann keinesfalls von einer Gefährdung der Existenz gesprochen werden, da der jährliche Pensionsbezug die Existenz sichert und nicht das Unternehmen der KG, welches auf der Liegenschaft ***14*** betrieben wird. Weiters besteht eine Lebensversicherung in Höhe von € 38.439,91 welche am ausbezahlt wird. Aus Sicht des Finanzamtes wäre es möglich, durch Schließung des verlustbringenden Unternehmens (Gesamtverlust der letzten drei Jahre € 8.146,91), sowie mit Ratenzahlungen aus den Mitteln der jährlichen Pension in Höhe von rund € 37.000,00 sowie der Verwendung der Lebensversicherung in Höhe von € 38.439,91 nach dem und der Verwertung der Liegenschaft ***14*** bei der seitens des Finanzamtes keine Verschleuderung verlangt wird, die Abgaben in den nächsten Jahren zu entrichten. Somit liegt keine Gefährdung der Existenz des Abgabepflichtigen und eine damit verbundene persönliche Unbilligkeit gemäß § 236 BAO vor. Da es somit schon an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen fehlt, bleibt für eine Ermessensentscheidung kein Raum mehr.

Im Vorlageantrag vom wurde kein weiteres Sachvorbringen erstattet, sondern auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

Der Abgabenrückstand am persönlichen Abgabenrückstand des Beschwerdeführers hat sich durch Veranlagungsgutschriften mittlerweile auf 157.087,42 € vermindert. Die Ehefrau des Beschwerdeführers ist am verstorben. Der Beschwerdeführer wird am ***15*** sein 75. Lebensjahr vollenden.

Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers hat dem Finanzamt zwischenzeitig einen Zahlungsvorschlag dahingehend unterbreitet, dass eine Anzahlung von 30.000,00 €, Monatsraten von 2.000,00 € für einen Zeitraum von zwei Jahren geleistet werden und auch die im Jahr 2024 anfallende Lebensversicherung zur Abdeckung des Abgabenrückstandes verwendet wird. Hinsichtlich des verbleibenden Rückstandes von rund 40.000,00 € werde um Nachsicht ersucht.

Das Finanzamt erklärte sich mit diesem Zahlungsvorschlag einverstanden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtslage

§ 236 BAO normiert:

(1) Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

(2) Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.

(3) Die Bestimmungen des § 235 Abs. 2 und 3 gelten auch für die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten.

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO (BGBl II 435/2005 idgF) bestimmt in ihren §§ 1 und 2:

§ 1. Die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein.

§ 2. Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere vor, wenn die Einhebung

1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;

2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.

Erwägungen

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Eine persönliche Unbilligkeit kann sich aus den gesamten persönlichen Verhältnissen, insbesondere der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers ergeben. Sie besteht bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen (; , 2003/14/0098). Eine solche Unbilligkeit wird stets gegeben sein, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet (zB ; , 99/16/0086; , 95/15/0090). Es bedarf aber nicht in jedem Fall einer Existenzgefährdung, sondern es genügt für die Annahme einer persönlichen Unbilligkeit, wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Liegenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme (vgl. § 2 der oben zitierten Verordnung sowie aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa mwN).

Die sofortige und volle Abdeckung der aushaftenden Abgabenschuld wäre nur bei einer zwangsweisen Verwertung bzw. einem freihändigen Verkauf der Liegenschaft KG ***5***, EZ ***6*** möglich. Das auf dieser Liegenschaft befindliche Gebäude dient aber nicht nur der KG zur Einkünfteerzielung, sondern dem Beschwerdeführer, der 2021 sein 75. Lebensjahr vollendet, seit Jahrzehnten als Hauptwohnsitz (lt. den Eintragungen im ZMR ist er dort seit gemeldet). Der Verkehrswert dieser Liegenschaft ist nicht aktenkundig, allerdings wurde der regelmäßig weit unter dem Verkehrswert liegende Einheitswert zum mit 129.872,61 € ermittelt (Bodenwert 78.522,00 € und händischer Gebäudewert 51.320,61 €). Die Liegenschaft hat laut Eintragungen im Grundbuch in der Vergangenheit zur Besicherung von Bankverbindlichkeit in Höhe von 16,3 Mio ATS gedient. Bei dieser Sachlage würde die Veräußerung der Liegenschaft, deren Verkehrswert die Höhe der Abgabenschulden wesentlich übersteigt, zwar für sich genommen noch keine Vermögensverschleuderung darstellen. Für den Beschwerdeführer würde sich aber dennoch ein Missverhältnis zwischen der Abgabenentrichtung durch die Verwertung der Liegenschaft und den in seinem persönlichen Bereich entstehenden Nachteilen ergeben. Es kann nicht in jedem Fall davon ausgegangen werden, dass ein Erwerber der Liegenschaft die Betriebsräumlichkeiten weiterhin an die KG vermieten würde, vielmehr wäre angesichts der anstehenden Investitionen mit einer Einstellung des Betriebes der KG zu rechnen. Gleiches gilt für die Wohnräumlichkeiten des Beschwerdeführers, die diesem von einem Erwerber der Liegenschaft ebenfalls nicht im Rahmen eines Mietverhältnisses zur Verfügung gestellt werden müssten. Der Beschwerdeführer müsste daher ungeachtet seines fortgeschrittenen Alters eine neue Wohnmöglichkeit suchen. Diese Nachteile werden nicht dadurch aufgewogen, dass aus einer Verwertung der Liegenschaft ein höherer Erlös erzielt werden könnte als Abgabenforderungen offen sind, vielmehr würde gerade aus diesem Grund aus Sicht des Beschwerdeführers die Veräußerung der Liegenschaft zur Abdeckung der Abgabenschulden einer Vermögensverschleuderung nahekommen. Es müsste eine Liegenschaft veräußert werden, die mehr wert ist als die Abgabenschulden betragen und deren Veräußerung zu einer Einstellung des Betriebes der KG und zu einem Verlust des Wohnsitzes des Beschwerdeführers führen würde. Eine solche Veräußerung wäre zwar nicht notwendig, wenn die Liegenschaft als Besicherung für die Aufnahme eines Bankkredites zur Abdeckung der Abgabenschulden verwendet werden könnte. Das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die Bank gerade angesichts seines Alters eine neuerliche Kreditfinanzierung abgelehnt hat, ist aber glaubwürdig.

Insgesamt gesehen würde eine Einhebung der gesamten Abgabenschuld durch Verwertung der Liegenschaft somit zu einer persönlichen Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO führen.

Eine mit der Entrichtung der vollen Abgabenschuld im Zuge der Verwertung der Liegenschaft für den Beschwerdeführer eintretende anormale Belastungswirkung kann aber insoweit vermieden werden, als Zahlungserleichterungen Härten aus der Abgabeneinhebung abhelfen können (vgl. mwN). Es bedarf keiner näheren Erörterung, dass die mit dem Finanzamt abgeschlossene Zahlungsvereinbarung diesem Zweck dient. Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die vom Beschwerdeführer angebotenen Monatsraten wesentlich höher sind als jene monatlichen Beträge, die im Zuge einer Pensionspfändung an das Finanzamt fließen würden.

Für die Gewährung der gegenständlichen Teilnachsicht sprechen im Rahmen der Ermessensentscheidung nicht nur das fortgeschrittene Alter des Beschwerdeführers, sondern insbesondere auch der Umstand, dass vom Finanzamt im Feststellungsverfahren der KG die für das Jahr 2004 getroffenen Feststellungen in den Folgejahren ab 2005 nicht beachtet wurden und es gerade dadurch zu den fehlerhaften Feststellungen und in den abgeleiteten Einkommensteuerverfahren des Beschwerdeführers zu den unzutreffenden Abgabenfestsetzungen gekommen ist. Dazu kommt, dass es zu den geballten Abgabenvorschreibungen mit den Einkommensteuerbescheiden vom und betreffend die zwölf Veranlagungsjahre von 2006 bis 2017 deshalb gekommen ist, weil die Beschwerde (damals Berufung) gegen den Festsetzungsbescheid 2004 erst rund zwölf Jahre nach Einbringung des Vorlageantrages vom Finanzamt an das Bundesfinanzgericht vorgelegt worden war.

Bei dieser Sachlage war die Gewährung einer Teilnachsicht in Höhe von 40.000,00 € billig und zweckmäßig und daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Abgesehen davon stellt der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Abgabennachsicht auf die Unbilligkeit "im Einzelfall" ab (z.B. ). Eine derartige Einzelfallentscheidung wirft aber regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Eine ordentliche Revision ist daher im gegenständlichen Fall nicht zulässig.

Linz, am

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