Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 26.05.2021, RV/5101182/2018

Festsetzung einer Zwangsstrafe bei Nichteinreichung der Einkommensteuererklärung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Senatsvorsitzende***R1***, den Richter***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***R3*** und ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch fh-wirtschaftstreuhand GmbH Stb, Rennbahnstraße 43, 3100 St.Pölten, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten vom über die Festsetzung einer Zwangsstrafe nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass die Zwangsstrafe mit 500,00 Euro festgesetzt wird.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten (im Folgenden bezeichnet als "belangte Behörde") vom wurde gegenüber der Beschwerdeführerin eine Zwangsstrafe im Betrag von 1.000,- Euro festgesetzt, da die Beschwerdeführerin der mit Bescheid vom erfolgten Aufforderung zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2014 bis nicht nachgekommen sei. Dies unter Hinweis darauf, dass die festgesetzte Zwangsstrafe im Bescheid vom angedroht worden sei.

Mit Schreiben vom wurde gegen den vorgenannten Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht und die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Begründend wurde dazu zusammengefasst wie folgt ausgeführt:

  • Ein Bescheid, der die Androhung einer Zwangsstrafe vorsieht, liege nicht vor. Weiters würden die gesetzlichen Bestimmungen, auf die die Abgabenbehörde ihr unter Zwang gestelltes Leistungsbegehren stützt, fehlen (Verweis auf BFH , BStBl 1955 III 178). Die Bezugnahme auf § 111 BAO reiche jedenfalls nicht aus.

  • Die Abgabenbehörde sei in ihrer Begründung auch nicht auf die Ermessensgrundsätze des § 20 BAO (Billigkeit, Zweckmäßigkeit, Verhältnismäßigkeit) eingegangen, weswegen eine mangelhafte Begründung vorliege.

  • Die Zwangsstrafe sei im Hinblick auf diverse Entscheidungen des UFS, in denen im Falle der Nichtabgabe von Erklärungen ein deutlich niedrigeres Strafausmaß vertreten worden sei, der Höhe nach nicht angemessen.

  • Die gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 eingebrachten Beschwerden hätten unmittelbare Auswirkungen auf die Folgejahre. Diese Beschwerden seien von der Behörde noch nicht bearbeitet worden; ein schleppender Verfahrensablauf könne jedenfalls nicht der Beschwerdeführerin angelastet werden. Nach Erledigung der betreffenden Beschwerden würden die Einkommensteuererklärungen 2014 und 2015 unverzüglich dem Finanzamt übermittelt werden.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde darin im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:

  • Am sei eine Erinnerung unter Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,- Euro, mit Nachfrist , nachweislich der steuerlichen Vertretung am zugestellt worden. Die Übernahme der Erinnerung sei von einer Mitarbeiterin der steuerlichen Vertretung am durch ihre Unterschrift bestätigt worden.

  • Aufgrund der Vorschriften der Bundesabgabenordnung (§ 133 BAO) sei zur Einreichung von Abgabenerklärungen derjenige verpflichtet, der von der Abgabenbehörde hierzu aufgefordert wird. Gemäß § 111 BAO seien die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer aufgrund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Die Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen sei eine unter § 111 Abs 1 BAO fallende Anordnung, deren Erfüllung mit Zwangsstrafe erzwingbar sei.

  • Die Festsetzung einer Zwangsstrafe liege dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen (§ 20 BAO) der Abgabenbehörde (Verweis auf ), wobei im Falle der Nichteinreichung von Steuererklärungen das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen sei. Ermessensentscheidungen seien nach Billigkeit - also unter Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei - und nach Zweckmäßigkeit - also unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgaben - zu treffen. Wende man die angeführten Bestimmungen auf den vorliegenden Sachverhalt an, so ergebe sich, dass nach einer Nachfrist zur Quote und einer Erinnerung zur Abgabe der Erklärungen unter Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe in Hohe von 1.000,- Euro innerhalb der gesetzten Nachfrist keine Steuererklärung vorgelegt worden sei. Die Einkommensteuererklärung 2014 sei erst nach dem Ergehen eines Einkommensteuerbescheides 2014 vom , wobei die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen gem § 184 BAO im Schätzungswege erfolgt sei, im Zuge des Antrages auf Bescheidaufhebung gem § 299 Abs 1 BAO vom vorgelegt worden. Die geforderte Leistung sei daher nicht fristgerecht erbracht worden, weshalb die Verhängung einer Zwangsstrafe dem Grunde nach zu Recht erfolgt sei.

  • Die Ermessensübung hinsichtlich der Höhe der Zwangsstrafe von 1.000,- Euro sei auf Grund des steuerlichen Verhaltens der Partei erfolgt, da kein steuerehrliches Verhalten des Abgabepflichtigen vorliege. Die Verhängung der Zwangsstrafe verfolge den Zweck, die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten. Es seien keine Tatsachen vorgebracht worden, um das Verhalten der massiv verspäteten Abgabe der Steuererklärungen zu rechtfertigen. Betreffend die Höhe der verhängten Zwangsstrafe sei in § 111 Abs 3 BAO geregelt, dass die Höhe der einzelnen Zwangsstrafe den Betrag von 5.000,- Euro nicht übersteigen dürfe. Eine im Ausmaß von 1.000,- Euro verhängte Zwangsstrafe erfülle nach Ansicht des Finanzamtes das öffentliche Anliegen am gesetzlichen Verfahrensziel der Anhaltung von Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe von Steuererklärungen und sei somit im Rahmen der Ermessensentscheidung der Zweckmäßigkeit gegenüber der Billigkeit der Vorrang einzuräumen, da auch das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen mitberücksichtigt worden sei.

Mit Schreiben vom wurde vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin ein Vorlageantrag eingebracht, in dem folgende Begründung angeführt wurde:

"Wesentliche Einwendungen der Beschwerde wurden nicht berücksichtigt.
Darüber hinausgehend wurde das Ermessen wie folgt begründet: ,Die Ermessensübung hinsichtlich der Höhe der Zwangsstrafe von 1.000,- € erfolgte auf Grund des steuerlichen Verhaltens der Partei, da kein steuerliches
[richtig: "steuerehrliches"] Verhalten des Abgabepflichtigen vorliegt.'
Darüber hinausgehend darf darauf hingewiesen werden, dass das Finanzamt Lilienfeld-St. Pölten generell eine Zwangsstrafe von EUR 1.000,00 ohne jegliche Ermessensübung verhängt.
Diesbezüglich wird im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht die Zeugeneinvernahme von Herrn
***Nachname1*** beantragt."

Am erfolgte durch die belangte Behörde die Vorlage der gegenständlichen Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die Beschwerdeführerin unter anderem im Hinblick auf die im Vorlageantrag vom beantragte "Zeugeneinvernahme von Herrn ***Nachname1***" darauf hingewiesen, dass in Beweisanträgen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge das Beweismittel, das Beweisthema und im Falle von Zeugen auch deren Adresse anzugeben seien (vgl ; , Ra 2016/15/0023, mwN). Die Beschwerdeführerin werde vor diesem Hintergrund um Bekanntgabe des vollständigen Namens des Zeugen, dessen Einvernahme beantragt wurde, sowie einer ladungsfähigen Adresse ersucht. Weiters werde um ordnungsgemäße Angabe des konkreten Beweisthemas, somit jener für die Rechtsanwendung im gegenständlichen Beschwerdefall erheblichen Tatsache(n), die durch das angegebene Beweismittel geklärt werden soll(en), ersucht. Die Beschwerdeführerin werde darauf hingewiesen, dass allfällige Zeugeneinvernahmen - unabhängig davon, ob der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufrechterhalten werde oder nicht - aufgrund der angesichts der COVID-19-Pandemie einzuhaltenden Schutzmaßnahmen nach Möglichkeit gemäß § 173 Abs 1 BAO schriftlich erfolgen. Der Beschwerdeführerin stehe es frei, dem Bundesfinanzgericht Formulierungsvorschläge für an den Zeugen zu richtende Fragen zu übermitteln.

Mit Schreiben vom gab der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin bekannt, dass er an der am selben Tag () stattfindenden mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht "coronabedingt und aufgrund des immer noch erheblichen Ansteckungsrisikos" nicht teilnehmen werde und dass er den Antrag auf Reduzierung der Zwangsstrafe auf "maximal EUR 200,00" stelle. Begründend führt er dazu im Wesentlich aus, dass folgende Gründe für eine Reduzierung der Zwangsstrafe sprächen:

  • Der Umstand, dass es sich um eine Beschwerde aus dem Jahr 2017 handle;

  • dass die tatsächlichen Verhältnisse seitens der belangten Behörde nicht gewürdigt worden seien;

  • der Umstand, dass sämtliche Einkommensteuern bis inklusive 2019 erklärt worden seien;

  • der Umstand, dass die Einkommensverhältnisse eine Zwangsstrafe von beachtlichen EUR 1.000,00 nicht widerspiegeln würden;

  • der Umstand einer effizienten Verfahrensbeendigung.

Mit Schreiben vom gab die Beschwerdeführerin bekannt, dass sie an der am selben Tag () stattfindenden mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht aus gesundheitlichen Gründen leider nicht teilnehmen könne und erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie die Einkommensteuererklärung rechtszeitig an ihren steuerlichen Vertreter übermittelt habe und sie kein Verschulden daran treffe, dass diese nicht rechtzeitig an die belangte Behörde weitergeleitet worden sei.

Am wurde antragsgemäß eine mündliche Senatsverhandlung durchgeführt, worin die Vertreterin der Amtspartei in Abwesenheit der Beschwerdeführerin sowie des steuerlichen Vertreters der Beschwerdeführerin im Wesentlichen ausführte wie in der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom und dass daher die Verhängung einer Zwangsstrafe in Höhe von EUR 1.000,00 gerechtfertigt sei. Darüber hinaus brachte die Vertreterin der Amtspartei insbesondere vor, dass ein Verschulden des steuerlichen Vertreters der Beschwerdeführerin zugerechnet werden müsse.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom , der dem Zustellvollmacht innehabenden steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin am zugegangen ist, wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass sie offenbar übersehen hat, die Einkommensteuererklärung 2014 fristgerecht einzureichen und wurde die Beschwerdeführerin ersucht, dies bis nachzuholen. Zudem wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass gegen sie eine Zwangsstrafe von 1.000,- Euro festgesetzt werden kann, falls sie diesem Ersuchen nicht Folge leistet.

Da die Beschwerdeführerin der mit Bescheid vom erfolgten Aufforderung zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2014 nicht nachgekommen ist, setzte die belangten Behörde mit Bescheid vom gegenüber der Beschwerdeführerin eine Zwangsstrafe im Betrag von 1.000,- Euro fest.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Einkommensteuer der Beschwerdeführerin für das Jahr 2014 auf der Grundlage einer von der belangten Behörde vorgenommenen Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gem § 184 BAO festgesetzt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Einkommensteuer der Beschwerdeführerin für das Jahr 2014 auf der Grundlage der am bei der belangten Behörde gemeinsam mit einem Antrag auf Bescheidaufhebung gem § 299 BAO eingelangten Einkommensteuererklärung mit 4.846,- Euro neu festgesetzt.

Beweiswürdigung

Dass der Bescheid der belangten Behörde vom dem steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin am zugegangen ist, wird durch den von der Post übermittelten Rückschein, auf dem die Übernahme des Bescheides von einer Mitarbeiterin der steuerlichen Vertretung am durch ihre Unterschrift bestätigt wurde, bewiesen und wurde den diesbezüglichen in der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde erfolgten Ausführungen im Vorlageantrag nicht entgegengetreten. Das im Rahmen der Beschwerde erstattete Vorbringen, ein Bescheid, der die Androhung einer Zwangsstrafe vorsieht, liege nicht vor, geht somit nicht über eine unsubstantiierte Behauptung hinaus.

Im Übrigen sind die obigen Feststellungen unstrittig und ergeben sich diese aus den aktenkundigen Unterlagen.

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Festsetzung der Zwangsstrafe dem Grunde nach

Die Abgabenbehörden sind gemäß § 111 Abs 1 BAO berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete gemäß § 111 Abs 2 BAO unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

Die einzelne Zwangsstrafe darf gemäß § 111 Abs 3 BAO den Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen.

Gemäß § 133 Abs 1 BAO bestimmen die Abgabenvorschriften, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist ferner verpflichtet, wer hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann auch durch Zusendung von Vordrucken der Abgabenerklärungen erfolgen.

Die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die Feststellung der Einkünfte (§ 188 BAO) sind gemäß § 134 Abs 1 BAO bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden.

Im gegenständlichen Beschwerdefall hätte die Beschwerdeführerin die Einkommensteuererklärung 2014 demgemäß bis zum Ende des Monats April 2015 bzw - bei elektronischer Übermittlung - bis zum Ende des Monats Juni 2015 einreichen müssen. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass daran auch die erlassmäßige Quotenregelung für Parteienvertreter nichts ändert, weil der Bundesminister für Finanzen von der in § 134 Abs 1 BAO enthaltenen Verordnungsermächtigung bisher keinen Gebrauch gemacht hat und erlassmäßige Zufristungen nicht zu einer Fristverlängerung führen, sondern lediglich das Vertrauen des Abgabepflichtigen vor der Festsetzung von Verspätungszuschlägen schützen (Ritz, BAO6 § 134 Rz 2 und 3). Im Übrigen wurde diese Zufristung im gegenständlichen Fall ohnehin berücksichtigt, da laut , BMF-280000/0016-IV/2/2010, betreffend Einbringung von Abgabenerklärungen durch Quotenvertreter/innen Abgabenerklärungen ohne Fristverlängerungsansuchen als rechtzeitig gelten, wenn sie bis spätestens 31. März (bzw 30. April) des auf das Veranlagungsjahr zweitfolgenden Kalenderjahrs eingebracht werden, und die erstmalige Aufforderung zur Einreichung der Abgabenerklärung betreffend die Einkommensteuer 2014 erst mit Bescheid vom , daher nach dem Ablauf der Quotenfrist für Parteienvertreter am , erfolgte.

Zweck der Zwangsstrafe ist es, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl ). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Einreichung von Abgabenerklärungen eine mittels Zwangsstrafe nach § 111 BAO erzwingbare Leistung dar (vgl , mwN).

Die Verhängung einer Zwangsstrafe - etwa zur Erzwingung von Abgabenerklärungen - ist nur unzulässig, wenn die Leistung unmöglich, die Erfüllung unzumutbar oder bereits erfolgt wäre (vgl ; Stoll, BAO-Kommentar 1201). Maßgebend ist diesbezüglich der Zeitpunkt der Wirksamkeit des die Zwangsstrafe festsetzenden Bescheides; wird die Anordnung erst danach befolgt, so ändert dies nichts an der Rechtmäßigkeit des zuvor erlassenen Zwangsstrafenbescheides (vgl Ritz, BAO6 § 111 Rz 1 und die dort zitierte Judikatur).

Mit dem bloßen Vorbringen, betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2013 sei zum Zeitpunkt der Festsetzung der Zwangsstrafe noch ein Rechtsmittel anhängig gewesen, dessen Erledigung auch Auswirkungen auf die Folgejahre haben könne, wird eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2014 nicht dargetan. Die Beschwerdeführerin war dadurch nämlich in keiner Weise gehindert, die für den Bestand und Umfang der Einkommensteuerpflicht betreffend das Jahr 2014 bedeutsamen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen.

Zum Vorbringen, der gegenständlich angefochtene Bescheid erweise sich als rechtswidrig, da die gesetzlichen Bestimmungen, auf die die Abgabenbehörde ihr unter Zwang gestelltes Leistungsbegehren stützt, fehlen würden, ist wie folgt auszuführen:

Aus dem Bescheid der belangten Behörde vom , mit dem die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen wurde, sie habe offenbar übersehen, die Einkommensteuererklärung 2014 fristgerecht einzureichen und mit dem die Beschwerdeführerin ersucht wurde, dies bis nachzuholen, war für die Beschwerdeführerin klar erkennbar, welche Leistung von ihr verlangt wurde, nämlich die Einreichung der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014. Auch war die Höhe der angedrohten Zwangsstrafe klar ersichtlich und wurde die Frist zur Nachholung der versäumten Handlung mit ca einem Monat ausreichend bemessen (vgl dazu auch ). Es konnte daher für die Beschwerdeführerin nicht der geringste Zweifel bestehen, welche Leistung sie binnen welcher Frist zu erbringen hatte und welche Konsequenzen mit der Nichtabgabe der Steuererklärung verbunden sein werden.

Soweit sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf das Urteil des BFH vom , II 27/54 S, BStBl 1955 III 178, stützt und unter Bezugnahme darauf in der Nichtangabe einer gesetzlichen Bestimmung für das Leistungsbegehren der Abgabenbehörde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt, ist dem entgegenzuhalten, dass der BFH in dem vorgenannten Urteil nicht für jeden Fall fordert, dass die Gesetzesvorschriften, auf die das Finanzamt seine Maßnahmen stützt, angegeben (iS einer expliziten Nennung) werden müssen. Vielmehr genügt es den Ausführungen des BFH zufolge, dass diese Gesetzesvorschriften "so deutlich gemacht sind, daß sie den Betroffenen ohne weiteres erkennbar sind." Dabei handle es sich um ein Begründungserfordernis, das einerseits die Behörde zu der gebotenen vorsichtigen, erst nach gründlicher Überlegung verwirklichten Handhabung derartiger Zwangsmaßnahmen veranlasse; zudem sei das Erfordernis geboten, damit sich der Betroffene bei seinen Einwendungen gegen die Anordnung darauf einrichten könne.

Dass im Beschwerdefall eine gesetzliche Verpflichtung zur Einreichung einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 bestand, steht außer Streit. Dass sich diese Verpflichtung insbesondere aus der Bestimmung des § 133 BAO ergibt, sollte einem berufsmäßigen Parteienvertreter aber jedenfalls bekannt oder zumindest ohne weiteres erkennbar sein und führt die fehlende ausdrückliche Bezugnahme auf diese Bestimmung im gegebenen Zusammenhang nicht zu einer Unbestimmtheit des Leistungsbegehrens. Der Einwand der Rechtswidrigkeit mangels ausreichend definierten Leistungsbegehrens kann daher seitens des Bundesfinanzgerichtes nicht nachvollzogen werden (vgl dazu auch bereits ; ).

Ermessensübung

Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde ().

Im Falle einer unzureichenden oder fehlenden Begründung einer Ermessensentscheidung durch die Abgabenbehörde kann das Verwaltungsgericht diesen Begründungsmangel sanieren (vgl Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 20 Rz 10).

Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich gemäß § 20 BAO "in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen." Bei der Handhabung des Ermessens ist der Sinn der das Ermessen einräumenden Rechtsvorschrift zu beachten (vgl Stoll, BAO-Kommentar 204 f mwN).

In der Literatur (vgl Ritz, BAO6 § 111 Rz 10) wird die Meinung vertreten, dass im Zuge des bei der Festsetzung einer Zwangsstrafe auszuübenden Ermessens unter anderem das bisherige Verhalten der Partei bei der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten, der Grad des Verschuldens der Partei, die Höhe allfälliger Abgabennachforderungen, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen und die abgabenrechtliche Bedeutung (Auswirkung) der verlangten Leistung zu berücksichtigen seien. Zu diesen Kriterien ist im beschwerdegegenständlichen Fall wie folgt auszuführen:

Ad bisheriges die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffendes Verhalten der Partei:
Betreffend das Gesamtverhalten der Beschwerdeführerin bei Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführerin gegenüber laut Steuerkonto bislang für Zeiträume vor 2014 weder Verspätungszuschläge noch Säumniszuschläge festgesetzt wurden. Allerdings war die lange Dauer der Nichteinreichung der Einkommensteuererklärung von 20 Monaten ab dem Ablauf der Frist gemäß § 134 Abs 1 BAO bis zur Festsetzung der angefochtenen Zwangsstrafe mit Bescheid vom im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen.

Ad Grad des Verschuldens der Partei:
Die Beschwerdeführerin reichte trotz seitens der belangten Behörde erfolgter Aufforderung die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 nicht ein; dies wurde erst im Zuge eines bei der belangten Behörde am eingelangten Antrages auf Aufhebung gemäß § 299 BAO nachgeholt. Dafür, dass der Beschwerdeführerin eine fristgerechte Einreichung unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, bietet das Beschwerdevorbringen keinen Anhaltspunkt. Ebensowenig wurde dargetan, weshalb der Beschwerdeführerin unter den vorliegenden Umständen kein Verschulden vorzuwerfen sein sollte. Vielmehr wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2013 zum Zeitpunkt der Festsetzung der Zwangsstrafe noch eine Beschwerde anhängig gewesen sei, deren Erledigung auch Auswirkungen auf die Folgejahre haben könne und dass der belangten Behörde nach "Erledigung" der Beschwerde die Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2014 und 2015 unverzüglich übermittelt werden würden. Dies lässt darauf schließen, dass vom steuerlichen Vertreter die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 vorsätzlich nicht fristgerecht eingereicht worden ist, um im Falle einer Stattgabe der gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 eingebrachten Beschwerde betreffend das Jahr 2014 nicht ebenfalls den Rechtsmittelweg beschreiten zu müssen. Das somit vorliegende (schwere) Verschulden des Vertreters an der verspäteten Einreichung der Abgabenerklärung ist dem Verschulden der Beschwerdeführerin gleichzuhalten (vgl dazu sinngemäß ).

Ad Höhe allfälliger Abgabennachforderungen:
Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Einkommensteuer 2014 auf der Grundlage der am bei der belangten Behörde eingelangten Einkommensteuererklärung von der belangten Behörde mit Bescheid vom mit 4.846,- Euro festgesetzt wurde. Allerdings stellt die Höhe der Abgabennachforderung nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes kein im Zuge des bei der Festsetzung einer Zwangsstrafe auszuübenden Ermessens zu berücksichtigendes Kriterium dar. Der Zweck der Zwangsstrafe besteht nämlich ausschließlich in der Unterstützung der Abgabenbehörden bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele. Eine Aufforderung zur Einreichung einer Abgabenerklärung stellt eine mit Zwangsstrafe erzwingbare verfahrensleitende Verfügung dar, die jedoch keine abschließende Entscheidung darüber ist, ob die aufgeforderte Person tatsächlich auch abgabepflichtig ist und ihr deswegen die Abgaben, über die die Abgabenerklärung gefordert wurde, vorgeschrieben werden (). Außerdem steht die Höhe einer allfälligen Nachforderung zum Zeitpunkt der Erlassung einer Zwangsstrafe nicht fest, da diese erst auf Grundlage der Abgabenerklärung, deren Vorlage durch diese Maßnahme erzwungen werden soll, ermittelt werden kann (). Dazu kommt, dass die im Rahmen der Beschwerde in diesem Zusammenhang zitierte frühere Judikatur des UFS, wonach die Höhe der Abgabennachforderung bei der Ermessensübung zu berücksichtigen sei, weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Deckung findet.

Ad wirtschaftliche Verhältnisse des Abgabepflichtigen und die abgabenrechtliche Bedeutung (Auswirkung) der verlangten Leistung:
Betreffend die Veranlagungsjahre 2011, 2012 und 2013, für die im Zeitpunkt der Festsetzung der beschwerdegegenständlichen Zwangsstrafe jeweils bereits rechtskräftige Einkommensteuerbescheide vorlagen, führten die von der Beschwerdeführerin eingereichten Einkommensteuererklärungen jeweils zu Einkommensteuerfestsetzungen in folgender Höhe, wobei diesen Festsetzungen folgende Einkommen, in die jeweils folgende Einkünfte miteinflossen, zu Grunde lagen:


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Veranlagungsjahr
2011
2012
2013
Festgesetzte Einkommensteuer
2.386,00
2.545,00
4.847,00
Einkommen
27.319,42
28.251,89
33.884,36
Gesamtbetrag der Einkünfte
28.149,42
29.799,98
35.217,08
- davon Pensionen aus der gesetzlichen SV
21.162,87
21.734,34
22.125,48
- davon Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
6.986,55
8.065,64
13.091,60

Im Hinblick auf die Art und die Höhe der von der Beschwerdeführerin in den Jahren 2011 bis 2013 erzielten Einkünfte konnte die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des beschwerdegegenständlichen Bescheides davon ausgehen, dass die Veranlagung zur Einkommensteuer 2014 zu einer in etwa dem Veranlagungsjahr 2013 entsprechenden Ergebnis führen würde, sodass jedenfalls nicht von "Kleinbeträgen" gesprochen werden kann (vgl dazu Ritz, BAO6 § 111 Rz 10).

Das Einkommen der Beschwerdeführerin lag in den Jahren 2011 bis 2013 jeweils deutlich über dem arithmetischen Mittel der Bruttojahreseinkommen der Pensionistinnen und Pensionisten mit Wohnsitz in Österreich (2011: 20.961; 2012: 21.614; 2013: 22.131; vgl https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/soziales/personen-einkommen/jaehrliche_personen_einkommen/index.html; abgerufen am ). Zudem wurde seitens der Beschwerdeführerin auch sonst kein Vorbringen erstattet, das auf eine im Rahmen von Billigkeitserwägungen zu berücksichtigende angespannte wirtschaftliche Situation schließen lassen würde.

Vor dem Hintergrund obiger Erwägungen ist zunächst festzuhalten, dass im vorliegenden Fall unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen die Festsetzung einer Zwangsstrafe jedenfalls dem Grunde nach zu Recht erfolgt ist. Die Zweckmäßigkeit der Entscheidung war dadurch gegeben, dass die belangte Behörde die Einreichung der Einkommensteuererklärung bis zum angeführten Termin im Interesse des Fortgangs der Veranlagung und Festsetzung der Abgabe von der Beschwerdeführerin erwarten konnte.

Betreffend die Festsetzung der Zwangsstrafe der Höhe nach erscheint nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes allerdings - abweichend von der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht - unter Berücksichtigung aller oben angeführter Umstände, wobei mildernd einerseits das bisherige Verhalten der Beschwerdeführerin bei Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten sowie das im Zeitpunkt der Festsetzung der Zwangsstrafe zu erwartende Ergebnis der Veranlagung (voraussichtliche Einkommensteuerfestsetzung von ca 4.847,00 Euro) zu berücksichtigen sind, eine Zwangsstrafe im Betrag von 500,- Euro als angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen sind, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Erwägungen dieses Erkenntnisses zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 133 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 134 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101182.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at