Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.05.2021, RV/7300014/2020

Einspruchsverzicht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***1*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mayer & Herrmann Rechtsanwälte, Baumannstraße 9/8, 1030 Wien, wegen der Finanzvergehen des Schmuggels gemäß § 35 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) und der Verletzung von Verpflichtungen im Bargeldverkehr gemäß § 48b Abs. 2 FinStrg über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien als Finanzstrafbehörde vom , GZ. AZ 320.000/211.129/05/2019-AFA Strafnummer, nach der am in Anwesenheit des Verteidigers des Beschuldigten, des Amtsbeauftragten ***2*** sowie der Schriftführerin ***3*** durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG aufgehoben. Der Einspruch gegen die Strafverfügung vom gilt als fristgerecht eingebracht.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Strafverfügung gemäß § 143 FinStrG des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien als Finanzstrafbehörde ist der Beschwerdeführer (Bf.) der Finanzvergehen des Schmuggels näher bezeichneter Waren gemäß § 35 Abs. 1 lit. a FinStrG und der vorsätzlichen Verletzung von Verpflichtungen im Bargeldverkehr gemäß § 48b Abs. 1 FinStrG für schuldig befunden worden. Ein Einspruchsrecht gegen diese Strafverfügung wurde unter Hinweis auf einen in der Tatbeschreibung vom erklärten Einspruchsverzicht nicht eingeräumt.

Der gegen die Strafverfügung erhobene Einspruch des Bf. wurde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid der Finanzstrafbehörde vom zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde vom , in welcher der Bf. im Wesentlichen vorbringt, der deutschen Sprache in welcher die Tatbeschreibung erstellt wurde nicht mächtig zu sein und dass ihm anlässlich der in englischer Sprache geführten Vernehmung nicht bewusst geworden sei, einen Rechtsmittelverzicht gegen die zu erwartende Strafe abgegeben zu haben.

In der mündlichen Verhandlung am hat der Vertreter des Bf. die Englischkenntnisse des Bf. als eher durchschnittlich bezeichnet. Dies habe er anlässlich von zwei Besprechungen mit dem Bf. in seiner Kanzlei feststellen können, zu der der Bf. mit einem Freund gekommen sei, welcher die geführten Gespräche von der persischen in die deutsche Sprache übersetzt habe. In englischer Sprache sei lediglich die Begrüßung und Verabschiedung erfolgt. Der Amtsbeauftragte erklärte, dass laut einer Rücksprache mit den einvernehmenden Beamten nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Bf. den abgegebenen Einspruchsverzicht tatsächlich nicht sinngebend erfasst hat.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 145 Abs. 3 FinStrG kann auf die Erhebung eines Einspruches schriftlich oder zur Niederschrift verzichtet werden. Vor Erlassung der Strafverfügung kann ein Verzicht rechtswirksam nur abgeben werden, wenn aus der Verzichtserklärung hervorgeht, dass dem Verzichtenden im Zeitpunkt ihrer Abgabe der Inhalt der zu erwartenden Strafverfügung bekannt war. Wurde der Verzicht nicht von einem berufsmäßigen Parteienvertreter oder im Beisein eines solchen abgegeben, so kann er binnen drei Tagen schriftlich oder zur Niederschrift widerrufen werden.

Voraussetzung für einen rechtswirksam abgegebenen Einspruchsverzicht ist, dass der Beschuldigte die Verhandlungssprache ausreichend versteht, oder eine Übersetzung durch einen Dolmetscher vorliegt.

Der Besch. ist iranischer Staatsangehöriger und in der Slowakei wohnhaft. Seine Muttersprache ist persisch. Die Einvernahme des Bf. anlässlich der Zollkontrolle erfolgte in englischer Sprache. Seinen Angaben in der Tatbeschreibung zu Folge konnte er sich mit den einvernehmenden Beamten ausreichend verständigen. Die Tatbeschreibung selbst wurde von den einvernehmenden Zollbeamten in deutscher Sprache erstellt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des Beschuldigte Zweifel darüber aufkommen lassen, ob eine Verständigung mit den einvernehmenden Zollbeamten in englischer Sprache tatsächlich so weit möglich war, dass der Bf. den von ihm abgegebenen Einspruchsverzicht auch bewusst abgegeben hat. Selbst der Amtsbeauftragte räumte ein, dass solche Zweifel nicht ausgeschlossen werden können.

Das Bundesfinanzgericht sieht bei dieser besonderen Situation der Einvernahme eines der deutschen Sprache nicht mächtigen Beschuldigten ausreichend Raum für Missverständnisse und unterschiedliche Auffassungen einzelner Verfahrensschritte und hat daher erhebliche Zweifel, ob der Bf. den von ihm abgegebenen Einspruchsverzicht auch tatsächlich sinngebend erfasst hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7300014.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at