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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.05.2021, RV/7101069/2021

Antrag gemäß § 48 Abs. 5 BAO - Berücksichtigung deutscher Rentenbezüge für Progressionsvorbehalt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Hubert Fischer, Jagdbergstraße 197 Tür 2, 6721 Thüringerberg, Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen, GZ. 2020-0.799.452, vom , betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 48 Abs. 5 BAO zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist ein in Österreich ansässiger deutscher Staatsbürger. Im Streitjahr 2017 bezog er neben seinen inländischen Einkünften und weiteren Einkünften ohne inländischem Steuerabzug eine gesetzliche deutsche Rente im Ausmaß von 14.782 Euro aus seiner früheren Tätigkeit in der BRD. Die Bezüge aus der deutschen Rentenversicherung wurden in Deutschland besteuert, wobei ein Anteil von 28% steuerfrei gestellt wurde.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. für das Jahr 2017 und Folgejahre die Vermeidung der Doppelbesteuerung gemäß § 48 Abs. 5 BAO.

Begründend führte er dazu aus, dass die deutsche Rente aus einem steuerpflichtigen und einem steuerfreien Teil bestehe und laut DBA-Deutschland in Österreich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen sei. Durch den Umstand, dass in Österreich die Bruttorente voll in die Progressionseinkünfte einzurechnen seien, komme es in Österreich dazu, dass der in Deutschland steuerfreie Teil der Rente (28%) in Österreich steuerpflichtig behandelt werde.

Mit Bescheid vom wies der Bundesminister für Finanzen den Antrag gemäß § 48 Abs. 5 BAO ab.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wendete der Bf. ein, dass die auf den in Deutschland steuerfrei gestellten Teil der Rente entfallenden - steuerlich nicht berücksichtigten - Sozialversicherungsbeiträge mit der im Abweisungsbescheid angewandten Methode steuerlich nicht berücksichtigt würden, was gegenüber Steuerpflichtigen mit ausschließlichem Inlandsbezug bzw. keinem Auslandsbezug eine Diskriminierung darstelle. Eine doppelte Besteuerung des steuerfreien Teils der deutschen Rente ergebe sich dadurch, dass dieser Teil der Rente laut Abweisungsbescheid dennoch in die Progressionseinkünfte einzurechnen sei. Der Bf. beantragte daher, den in Deutschland steuerfrei gestellten Teil der Rente nicht in die Progressionseinkünfte einzurechnen.

Am legte der Bundesminister für Finanzen die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte deren Abweisung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Feststellungen

Der in Österreich ansässige Bf. bezog im Jahr 2017 neben seinen inländischen Einkünften eine gesetzliche deutsche Rente in der Höhe von 14.782 Euro.

Diese deutschen Renteneinkünfte stellen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iSd. § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG dar.

Die Bezüge aus der deutschen Rentenversicherung wurden in Deutschland besteuert, wobei ein Anteil von 28% steuerfrei gestellt wurde. In Österreich wurden die ausländischen Renteneinkünfte gemäß Artikel 23 Abs. 2 DBA Deutschland unter Anwendung des Progressionsvorbehaltes steuerfrei behandelt.

Der Bf. stellte einen Antrag gemäß § 48 Abs. 5 BAO und beantragte, den in Deutschland steuerfrei gestellten Teil der Rente nicht in die Progressionseinkünfte einzurechnen.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Akteninhalt sowie die Angaben des Bf. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtsgrundlagen

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 EStG unterliegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Einkommensteuer.

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 EStG:

a) Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung (erster Satz).

c) Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht.

Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III 182/2002 idF BGBl. III 32/2012 (in der Folge: DBA-Deutschland) sieht in Artikel 18 für Ruhegehälter, Renten und ähnliche Zahlungen folgende Regelungen vor:

Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge nur im erstgenannten Staat besteuert werden (Artikel 18 Abs. 1 DBA-Deutschland).

Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaates erhält, dürfen abweichend von vorstehendem Absatz 1 DBA-Deutschland nur in diesem anderen Staat besteuert werden (Artikel 18 Abs. 2 DBA-Deutschland).

Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich vorbehaltlich der Buchstaben b und c diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus (Artikel 23 Abs. 2 lit. a DBA-Deutschland).

Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden (Artikel 23 Abs. 2 lit. d DBA-Deutschland).

Gemäß § 48 Abs. 5 BAO kann der Bundesminister für Finanzen oder dessen bevollmächtigter Vertreter bei Abgabepflichtigen, die der Abgabenhoheit mehrerer Staaten unterliegen, soweit dies zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung oder zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung erforderlich ist, anordnen, bestimmte Gegenstände der Abgabenerhebung ganz oder teilweise aus der Abgabepflicht auszuscheiden oder ausländische, auf solche Gegenstände entfallende Abgaben ganz oder teilweise auf die inländischen Abgaben anzurechnen. Dies gilt nur für bundesrechtlich geregelte Abgaben, die von Abgabenbehörden des Bundes zu erheben sind.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die im gegenständlichen Fall bezogenen deutschen Renteneinkünfte stellen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iSd. § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG dar.

Aufgrund seines österreichischen Wohnsitzes ist der Bf. gemäß § 1 Abs. 2 EStG in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.

Ist eine Person nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt steuerpflichtig, dann erfasst die Steuerpflicht alle steuerbaren Einkünfte im Sinne des § 2 EStG (Welteinkommen, Totalitätsprinzip) und zwar unabhängig davon, ob sie auch im Ausland besteuert werden (Dorald/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz, Tz 6 zu § 1, ).

Die mehrfache Besteuerung von Einkommen durch verschiedene Staaten kann durch Doppelbesteuerungsabkommen oder - soweit solche nicht bestehen - nach § 48 BAO vermieden bzw. entschärft werden (Doral/Kirchmayr/Zorn, EStG, Tz 7 zu § 1).

Zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland wurde das DBA-Deutschland abgeschlossen, welches im gegenständlichen Fall im Hinblick auf die seitens des Bf. aus Deutschland bezogenen Renteneinkünfte Beachtung findet.

Aus Artikel 18 Abs. 2 DBA-Deutschland ergibt sich, dass Österreich als Wohnsitzstaat des Bf. für die vom Bf. aus der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung kein Besteuerungsrecht zukommt.

Zufolge Artikel 23 Abs. 2 lit. d DBA-Deutschland sind allerdings die von Österreich zu erfassenden Einkünfte mit dem Steuersatz zu besteuern, der dem Gesamteinkommen des Bf. entspricht (Progressionsvorbehalt).

Bei Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird das gesamte Welteinkommen nach den Vorschriften des österreichischen Einkommensteuergesetzes ermittelt, die auf dieses Einkommen entfallende österreichische Einkommensteuer eruiert und sodann der Durchschnittssteuersatz errechnet. Dieser wird auf jenen Einkommensteil angewandt, der von Österreich besteuert werden darf (vgl. 205/14/0099, ).

Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich bei der an den Bf. ausbezahlten deutschen gesetzlichen Rente um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG, welche als solche - unabhängig davon, ob die freigestellten Einkünfte in Deutschland besteuert werden oder nicht - für die Berechnung des Progressionsvorbehaltes heranzuziehen sind.

Durch die Einbeziehung der - in Österreich steuerbefreiten - deutschen Rente in die in Österreich mit Progressionsvorbehalt zu versteuernden Einkünfte kommt es zwar zu einer steuerlichen Mehrbelastung, nicht aber zu einer Doppelbelastung, zumal mit dem Progressionsvorbehalt nicht die gesetzliche deutsche Rente ein zweites Mal (doppelt) besteuert wird, sondern lediglich die Steuerleistung von den übrigen Einkünften dem österreichischen Besteuerungsniveau angepasst wird.

Die Bestimmung des § 48 Abs. 5 BAO gestattet unter der Voraussetzung, dass der Abgabepflichtige der Abgabenhoheit mehrerer Staaten unterliegt, die Anordnung bestimmter steuerlicher Entlastungsmaßnahmen, soweit dies zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung oder zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung erforderlich ist.

Diese Kriterien stellen die Rechtsvoraussetzungen der Entsteuerung nach § 48 Abs. 5 BAO dar; daneben vermitteln sie durch die Formulierung der mit der Regelung verfolgten Ziele die Leitlinien für die Ausübung des durch die Vorschrift eingeräumten Ermessens (vgl. mit weiteren Nachweisen).

Nach dem Gesetzeswortlaut des § 48 Abs. 5 BAO kann eine Steuerentlastungsmaßnahme unter dem Gesichtspunkt des "Erfordernisses der Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung" nur dann gesetzt werden, wenn eine echte internationale Doppelbesteuerung vorliegt; worunter die Erhebung gleicher oder gleichartiger Steuern von demselben Steuerpflichtigen für denselben Steuergegenstand und denselben Zeitraum verstanden wird (vgl. nochmals ).

Eine derartige Doppelbesteuerung liegt aber im gegenständlichen Fall nicht vor. Vielmehr kam es durch die Anwendung des DBA-Deutschland gerade nicht zur einer Doppelbesteuerung, sondern zur Anwendung des Progressionsvorbehaltes, sodass keine Erforderlichkeit des Ausgleichs einer in- und ausländischen Besteuerung besteht.

Da der Bundesminister für Finanzen demnach zu Recht bereits das Vorliegen der Rechtsvoraussetzungen zur Erlassung einer Maßnahme gemäß § 48 Abs. 5 BAO verneint und mit dieser Begründung den Antrag gemäß § 48 Abs. 5 BAO abgewiesen hat, ist auf die Frage der Ermessensübung nicht mehr einzugehen.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Angesichts der eindeutigen Rechtslage war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Z 4 B-VG zu lösen, weshalb die Revision nicht zulässig ist (vgl. ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 48 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 18 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101069.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at