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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.05.2021, RV/7104949/2019

Erwerbsteuerpflicht kraft fiktivem igE

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Rechtssachesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Umsatzsteuer 2016 zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Zwischen den Streitteilen ist die Frage strittig, ob der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) im Veranlagungsjahren 2016 innergemeinschaftliche Erwerbe tätigte, bejahendenfalls ob die dafür anfallende Erwerbsteuer als Vorsteuer geltend gemacht werden kann.

Als Folge einer Anfrage des (deutschen) Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) vom , wonach die in der BRD ansässige Fa. DE in großem Umfang "innergemeinschaftlich steuerfrei an Unternehmen in der EU" - ua auch an den Bf.-Getränke verkaufe und sowohl der An-, als auch Verkauf in bar abgewickelt werde bzw. die Lieferanten der deutschen Firma die Lieferungen nicht versteuern/nicht greifbar sind, erfolgte eine Außenprüfung gemäß § 150 BAO beim Bf.. Dabei wurde die Feststellung getroffen, dass der Bf. seine (österreichische) UID zur Darstellung steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen von Getränken durch die Fa. DE von Deutschland nach Wien verwendet habe; er habe sowohl die entsprechenden Frachtpapiere (CMR) "gestempelt und unterfertigt", in denen der Transport von Deutschland nach Wien bestätigt wurde. Tatsächlich seien aber keine innergemeinschaftlichen Lieferungen nach Österreich erfolgt; die fakturierten Lieferungen seien - wie aus der Mitteilung der deutschen Finanzbehörde ersichtlich - in einen Umsatzsteuerbetrug involviert; schließlich könne die anfallende Erwerbsteuer nicht als Vorsteuer abgezogen werden. Die Betriebsprüfung korrigierte einerseits die unter der KZ 070 erklärten bzw. sich aus den Belegen ergebenden Beträge, schrieb entsprechend Erwerbsteuer vor und negierte andererseits in einem deren Abzug unter der KZ 065.

Mit Erkenntnis des Spruchssenats beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom wurde das Finanzstrafverfahren, in dem dem Bf. zur Last gelegt wurde, er habe unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung selbst zu berechnender Abgaben, nämlich Umsatzsteuer 1-3/2016 und 4-6/2016 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiermit das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen, gemäß § 136 FinStrG eingestellt.

Die belangte Behörde schloss sich den Feststellungen der Betriebsprüfung an und erließ am den verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuerjahresbescheid und setzte diese mit Euro xxxxxx fest.

In der am erhobenen Beschwerde monierte der Bf. nicht nur die festgesetzte Steuer der Höhe nach als unrichtig, sondern bemängelte ebenso die Bemessungsgrundlage mit der wesentlichen Begründung, als keine innergemeinschaftlichen Erwerbe erfolgt seien. Er habe - so der Bf. darin weiter - "aus Mangel an Kenntnis, zwar die Frachtpapiere (CMR Dokumente) bestätigt aber die Ware habe ich niemals gesehen bzw. ist diese niemals nach Österreich gekommen." Er beantragte - unter Hinweis auf den Ausgang des Finanzstrafverfahrens - die Aufhebung des angefochtenen Bescheides bzw. die Korrektur der Bemessungsgrundlage.

Am wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab; der Bf. sei unter Verwendung seiner (österreichischen) UID-Nummer zur Darstellung steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen aufgetreten, die Frachtpapiere stammten von ihm; auch die Einstellung des Finanzstrafverfahren ändere an der von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsauffassung nichts.

Mit als Vorlageantrag zu wertender "Beschwerde" vom legte der Bf. eine Einnahmen-/Ausgaben Rechnung für das Jahr 2016 mit einem Überschuss iHv Euro xxxx vor und begehrte deren Heranziehung als Bemessungsgrundlage.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vor und beantragte deren Abweisung.

Das Gericht forderte den Bf. mit verfahrensleitender Verfügung vom auf, die Besteuerung der verfahrensgegenständlichen Lieferungen in Spanien (durch Vorlage entsprechender spanischer Steuerbescheide o. ä.) nachzuweisen. Fristgerecht führte der Bf. am aus, zwar die Frachtpapiere - aus "Mangel an Kenntnis" - bestätigt, die Ware jedoch niemals gesehen zu haben; diese sei "niemals nach Österreich gekommen oder nach Spanien gelangt", folglich könne es auch keine Besteuerungsformulare bzw. Steuerbescheide geben. Er habe auch umgehend alle Rechnungen von und mit besagten Unternehmen annulliert und sei im Übrigen von diesen Anschuldigungen freigesprochen worden.

Sachverhalt

Der in Land geborene Bf. ist österreichischer Staatsbürger und unterhält zumindest seit dem Jahr 2000 seinen Hauptwohnsitz in Wien.

Am beantragte er die Aktivierung seiner UID-Nummer, da er "seinen Betrieb weiterführen werde", welchem Ersuchen die belangte Behörde noch am selben Tag nachkam.

Zwischen dem und dem erwarb der Bf. von der in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Fa. DE mit dem Sitz in Adresse, diverse Getränke, die er jeweils an das spanische Unternehmen "ESP" (Adresse2) weiterveräußerte. Streitgegenständliche sind nachfolgende Eingangsrechnungen:


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Datum
Re.Nr.
Betrag in Euro
2016031501
38.070,00
2016032802
8.736,00
2016041204
20.528,64
201641902
32.432,40
2016041901
5.580,00
2016050301
6.093,36
2016050301
17.186,40
2016050402
6.510,00
2016051105
21.597,84
2016051301
32.155,20
2016052501
32.155,20
Gesamtbetrag
221.045,04

In keiner der vorgenannten bzw. dem spanischen Unternehmen gegenüber gelegten Rechnungen ist der Hinweis auf das Vorliegen etwa einer innergemeinschaftlichen Lieferung, eines steuerfreien innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes oder der Steuerschuldnerschaft des spanischen Abnehmers enthalten; ein Steuerausweis fehlt ebenfalls. Der Bf. trat dem deutschen Unternehmen gegenüber jeweils mit seiner österreichischen UID-Nummer (ATU68742989) auf; der deutsche Lieferant als auch der spanische Empfänger verwendeten die UID-Nummern ihrer jeweiligen Sitzstaaten. Weiters bestätigte der Bf. (durch die eigenhändige Unterschrift samt Beifügen des Geschäftsstempels) die Warenbewegung von Deutschland nach Wien auf den im Zusammenhang mit diesen Eingangsrechnungen stehenden CMR-Papieren. Tatsächlich gelangten die Getränke nie nach Österreich, sondern wurden unverzüglich nach Spanien geliefert. Die Versendung wurde vom spanischen Empfänger organisiert und bezahlt.

Nach Auskunft der deutschen Steuerverwaltung werden die Umsätze von den Vorlieferanten der Fa. DE nicht versteuert bzw. sind diese nicht greifbar.

Weder die Besteuerung der verfahrensgegenständlichen Umsätze in Spanien wurde nachgewiesen, noch wurden berichtigte Rechnungen vorgelegt.

Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt basiert auf nachfolgender Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Bf., dessen Staatsangehörigkeit bzw. Wohnsitz basieren auf einer Einschau des Gerichtes in das Zentrale Melderegister des Bundesministeriums für Inneres.

Dass im März 2016 die UID-Nummer des Bf. "reaktiviert" wurde ergibt sich aus dem elektronischen Veranlagungsakt.

Sowohl der - festgestellte - Einkauf als auch Weiterverkauf von Getränken ist zwischen den Streitteilen unstrittig und resultiert auch aus den im Akt erliegenden Rechnungen; selbiges gilt für den festgestellten (bzw. festgestelltermaßen fehlenden) Inhalt derselben. Aus ihnen geht auch hervor, mit welchen UIDs die beteiligten Firmen an den Rechtsgeschäften teilnahmen, insbesondere, dass der Bf. der Fa. DE gegenüber jeweils mit seiner österreichischen UID-Nummer aufgetreten ist, was vom Bf. ohnedies nie bestritten wurde.

Die Unterfertigung der jeweiligen Versendungspapiere mit dem Zielort Wien wurde vom Bf.-unter Hinweis auf seine diesbezügliche "Unkenntnis"- ohnedies außer Streit gestellt; im Übrigen ergibt sich dieser Umstand aus den ebenfalls im Akt erliegenden CMR-Papieren.

Dass die Waren jedoch nie nach Österreich geliefert, sondern unverzüglich nach Spanien transportiert wurden gab der Bf. im Zuge seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am (Protokoll S. 6) an; damals führte er auch aus, dass der Transport sowohl vom spanischen Empfänger beauftragt als auch bezahlt worden sei. Im Gegensatz dazu behauptet der Bf. in seiner Stellungnahme vom erstmals, dass die Getränke (auch) nie nach Spanien gelangt seien. Diesen Ausführungen wird jedoch aus nachfolgenden Gründen kein Glauben geschenkt: Rücksichtlich des das Beweisverfahren tragenden Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO), wonach zwar alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Randordnung, keine formalen Regeln) gibt, kann - in Anlehnung an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - nach der Lebenserfahrung die Erstaussage infolge ihrer (zunächst noch vorhandenen) rechtlichen Unbefangenheit eine größere Gewähr für die Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Geschehnisablauf als spätere - von steuerlichen Überlegungen geprägte - Ausführungen vermitteln (; , 89/16/0147; , 87/14/0016; , 86/16/0080). Daher kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Bf. im Zuge seiner Ersteinvernahme am vor der belangten Behörde am ehesten richtige Angaben gemacht hat und seine nunmehrige - beinahe fünf Jahre spätere - Verantwortung als Schutzbehauptung zu qualifizieren ist.

Der festgestellte Inhalt der Auskunft der deutschen Steuerbehörde geht aus der diesbezüglichen Anfrage vom an das BMF hervor.

Die Negativfeststellung in Bezug auf eine allfällige Besteuerung in Spanien resultiert aus der Vorhaltsbeantwortung des Bf. vom ; darin wird zwar weiters auf die "Annullierung" aller Rechnungen hingewiesen, jedoch keinerlei Nachweise - trotz bestehender erhöhter Mitwirkungspflicht gemäß § 115 Abs. 1 BAO - erbracht.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 323 b Abs. 1 BAO idF BGBl. I 2020/99 tritt das Finanzamt Österreich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Partei des Verfahrens ist nunmehr das Finanzamt Österreich als belangte Behörde, deren Bezeichnung war somit im Spruch entsprechend richtig zu stellen.

1.1. Zu Spruchpunkt 1. (Abweisung)

Gemäß § 3 Abs. 7 UStG 1994 wird eine Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Befindet sich der Gegenstand zu diesem Zeitpunkt im Inland, so liegt eine steuerbare Leistung vor. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer oder den Abnehmer befördert oder versendet, so gilt die Lieferung nach § 3 Abs. 8 UStG 1994 dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Versenden liegt vor, wenn der Gegenstand durch einen Frachtführer oder Verfrachter befördert oder eine solche Beförderung durch einen Spediteur besorgt wird. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstandes an den Spediteur, Frachtführer oder Verfrachter.

Nach Art. 1 Abs. 1 des Anhanges zu § 29 Abs. 8 UStG 1994 (sog. Binnenmarktregelung) unterliegt der Umsatzsteuer auch der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt. Voraussetzung für einen innergemeinschaftlichen Erwerb ist unter anderem, dass ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt. Nach Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 wird der innergemeinschaftliche Erwerb in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer jedoch eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt der Erwerb so lange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist, im Fall des Nachweises gilt § 16 UStG 1994 sinngemäß.

An dem verfahrensgegenständlichen Leistungsaustausch waren drei Unternehmer beteiligt, die in drei verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässig sind und unter der jeweiligen UID-Nummer ihres Sitzstaates aufgetreten sind. Die Umsatzgeschäfte wurden jeweils über denselben Gegenstand abgeschlossen, der unmittelbar vom ersten Lieferer (dem deutschen Unternehmer) an den letzten Abnehmer (den spanischen Unternehmer) gelangte. Damit sind die Voraussetzungen für ein sogenanntes "Reihengeschäft" erfüllt: Dabei handelt es sich nach der Judikatur des VwGH gedanklich um mehrere Lieferungen, die als nacheinander erfolgt anzusehen sind, auch wenn sie nur zu einer einzigen Bewegung von Gegenständen führen. Der Ort der einzelnen Umsätze muss jeweils für sich bestimmt werden. Nur für einen Umsatz in der Reihe kann der Ort der Lieferung nach Art 3 Abs. 8 UStG 1994 bestimmt werden. Diese Lieferung wird üblicherweise als die "bewegte Lieferung" bezeichnet, die anderen Lieferungen als "ruhende Lieferungen" (vgl. dazu etwa ; , 2013/15/0114). Bei einem Reihengeschäft mit einer Warenbewegung in einen anderen Mitgliedstaat kann nur die bewegte Lieferung zu einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung und einem innergemeinschaftlichen Erwerb führen. Der Ort der ruhenden Lieferung befindet sich entweder im Mitgliedstaat des Beginns oder im Mitgliedstaat der Ankunft der Beförderung oder Versendung, je nachdem, ob die bewegte Lieferung vor oder nach einer solchen Lieferung stattfindet.

Wenn jedoch - wie im gegenständlichen Fall - an einem Reihengeschäft drei Unternehmer aus drei verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt sind, könnten auch die Sondervorschriften für sogenannte "Dreiecksgeschäfte" gemäß Art. 25 UStG 1994 zur Anwendung gelangen: In diesem Fall sind bei Erfüllung der dort vorgesehenen besonderen Voraussetzungen - insbesondere Rechnungslegungs-, Melde- und Erklärungspflichten - Erleichterungen im Vergleich zum klassischen Reihengeschäft vorgesehen. So gilt dann etwa der innergemeinschaftliche Erwerb des mittleren Unternehmers - in unserem Fall wäre das der Bf. - gemäß Art. 25 Abs. 2 UStG 1994 als besteuert; vereinfacht gesagt: Liegen die Voraussetzungen der leg. cit. vor, würde keine Umsatzsteuerpflicht des Bf. in Österreich bestehen. In den Genuss dieser Sonderregel gelangt man jedoch nur, wenn in den Rechnungen zusätzliche Angaben enthalten sind, wie etwa auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hingewiesen sind. Festgestelltermaßen fehlen diese Angaben in den hier strittigen Rechnungen jedoch vollends. Die ordnungsgemäße Rechnungslegung stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes jedoch eine materielle Voraussetzung dar ( Firma Hans Büchler KG, C-580/16 Rn 49f). Liegt folglich - wie im hier zu entscheidenden Fall - keine Rechnung im Sinne des Art. 25 UStG 1994 vor, so muss das Reihengeschäft in weiterer Folge nach den allgemeinen Vorschriften behandelt werden (Ecker/Epply/Rößler/Schwab/Scheiner/Kolacny/Caganek, UStG58, Art. 25 Rz 60).

Zu klären gilt sohin, welche Lieferung als "bewegte" bzw. "ruhende" in der gegenständlichen Fallkonstellation zu gelten hat. Die bewegte Lieferung ist immer jene, bei der entweder der Besteller den Auftrag zur Versendung erteilt oder die Ware selbst abholt oder der Lieferant die Beförderung bzw. Versendung veranlasst. Im vorliegenden Fall ist die bewegte Lieferung jene des Bf. an den spanischen Unternehmer, da letzterer die Warenbewegung beauftragte. Der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbes für diese bewegte Lieferung liegt sohin gemäß Art. 3 Abs. 8 UStG in Spanien. Im Verhältnis zwischen dem Bf. zum deutschen Unternehmer liegt eine ruhende Lieferung vor, die gemäß § 3 Abs. 7 UStG am Ort der Verschaffung der Verfügungsmacht - demnach Deutschland - verwirklicht wird. All das vermag der Beschwerde jedoch nicht zum Durchbruch zu verhelfen, da zusätzlich zu beachten ist, dass der Bf. bei den fraglichen Rechtsgeschäften seine österreichische UID-Nummer verwendet hat. Dadurch hat er (zusätzlich) einen "fiktiven" innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 getätigt. Dieser Erwerb gilt so lange in Österreich als bewirkt, bis der Bf. nachweist, dass der Erwerb im Bestimmungsland Spanien besteuert worden ist. Da derartige Nachweise - trotz gerichtlicher Aufforderung - nicht erbracht wurden (und nach den Angaben des Bf. de facto auch nicht erbracht werden können), kann die in der vorgenannten Bestimmung enthaltene auflösende Bedingung nicht eintreten. Als Zwischenergebnis ist sohin an dieser Stelle festzuhalten, dass die belangte Behörde die Erwerbsteuer zurecht festsetzte. In völligem Einklang mit der Judikatur wurde dem Bf. auch der Vorsteuerabzug versagt, da ein solcher aus dem kumulativen innergemeinschaftlichen Erwerb nicht zusteht ( und C/539/08 X und Facet BV Rn 39ff; mwN; , Ra 2018/15/0011).

Dass das Finanzstrafverfahren gemäß § 136 FinStrG eingestellt wurde, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern: Das Gericht ist an freisprechende Entscheidungen der Strafinstanzen nicht gebunden (vgl. etwa ; , 2008/15/0045; uvam).

Insgesamt war sohin der Beschwerde - ohne auf die (weitere) Frage einer Umsatzsteuerhinterziehung eingehen zu müssen - der Erfolg zu versagen.

1.2. Zu Spruchpunkt 2. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt gegenständlich nicht vor, zumal sich das Gericht bei seiner Entscheidung von der ohnedies zitierten Judikatur des Höchstgerichtes leiten ließ. Schließlich ist zur Frage der Lieferung der Waren nach Spanien allgemein darauf zu verweisen, dass eine in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung des Bundesfinanzgerichts der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht zugänglich ist; ob sohin die Beweiswürdigung in dem Sinne materiell richtig ist, dass die Ergebnisse mit der objektiven Wahrheit übereinstimmen, entzieht sich der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. ); eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (), weshalb insgesamt die ordentliche Revision für nicht zulässig zu erklären war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 3 Abs. 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3 Abs. 8 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 - Anhang, Umsatzsteuergesetz 1994 - Anhang (Binnenmarkt), BGBl. Nr. 663/1994
Art. 25 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Schlagworte
österreichsiche UID-Nummer
innergemeinschaftlicher Erwerb
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104949.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at