Verfahrenshilfe – Einzel – Beschluss, BFG vom 14.06.2021, VH/7100009/2021

Keine Gewährung von Verfahrenshilfe bei Nichtvorliegen besonderer Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin MMag. Elisabeth Brunner über den Antrag des A***B***, Adr***, auf Verfahrenshilfe im Beschwerdeverfahren gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich, Steuernummer 123*** betreffend Umsatzsteuer 2014 bis 2017 und Einkommensteuer 2014 bis 2016 den Beschluss:

Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang:

Beim Antragsteller fand eine Außenprüfung gemäß § 147 BAO betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2008 bis 2016 sowie eine Nachschau betreffend Umsatzsteuer 2017 bis 2018 statt. Die Schlussbesprechung fand am im Beisein der steuerlichen Vertretung statt. Der Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom enthält auszugsweise folgende Feststellungen:

"Tz 1 Allgemeines: Bei der Finanzpolizei … langte eine Meldung der LPD Wien vom betreffend des Verdachtes von Massenquartieren ein. Die Finanzpolizei leitete diese Anzeige/Aktenvermerk betreffend des Verdachtes der Steuerhinterziehung durch illegale Vermietung von Unterkünften (Massenquartier) in 1220 Wien an das Finanzamt weiter. In der Meldung war ersichtlich das es sich beim Vermieter der Unterkünfte um den Antragsteller handelt. Ebenso ersichtlich waren in der Meldung, dass der gesamte Zustand des Wohnhauses sehr desolat sei und alle notwendigen Bauarbeiten laienhaft hergestellt wurden. Die angetroffenen Mieter gaben gegenüber der Polizei an, dass pro Monat € 370,00 an Miete zu bezahlen sind sowie die Kosten für Strom, Wasser, Heizung und die Benützung der Gemeinschaftswaschmaschine extra zu bezahlen sind."

Die Begehung von weiteren vier im Eigentum des Antragstellers befindlichen Liegenschaften brachte ähnliche Ergebnisse.

Da seitens des Antragstellers keine den Rechtsvorschriften der §§ 124 ff BAO betreffend die Einnahmen erforderlichen Buchhaltungsunterlagen vorgelegt worden seien, wurden die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege gemäß § 184 BAO ermittelt.

Die vorgelegten und vorgefundenen Belege wurden dabei als Ausgaben anerkannt, es wurden 1,5 % Afa berücksichtigt. Die Anzahl der Personen und die Wohneinheiten wurden aufgrund der ZMR-Meldungen, der Aussagen der betroffenen Personen und vorgelegter Wohnrechtsvereinbarungen pro Liegenschaft detailliert mit Durchschnittswerten geschätzt. Die Höhe der Mietzahlungen wurde auf Grundlage von Aussagen und vorgelegten Bestätigungen über die bezahlten Mieten mit Durchschnittswerten geschätzt.

Die Schätzung wurde den Bescheiden zugrunde gelegt und in der Folge auch in der Beschwerdevorentscheidung ausführlich und detailliert begründet.

In seiner Beschwerde bringt der Antragsteller inhaltliche Rechtswidrigkeit, sowie Rechtswidrigkeit aufgrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften vor. Begründend brachte er vor, er habe Mietern Wohnungen an mehreren Liegenschaften überlassen. Mieter dieser Wohnungen wären überwiegend Asylwerber, die diese Wohnungen monatsweise und Zimmerweise (Wohngemeinschafts) mieteten. Das Entgelt für die Überlassung betrage zwischen EUR 150,00 und EUR 340,00 pro Monat. Dieser Betrag inkludiere sämtliche Aufwendungen, somit auch insbesondere Betriebskosten, Strom und Wasser. Die Mieter leisteten diese Beträge entweder durch Überweisung auf ein Bankkonto des Antragstellers, teilweise aber auch in bar jeweils am Monatsende. Die Anzahl der Mieter sei schwankend, jedenfalls liege stets ein Leerstand vor, weil eine Vollauslastung nicht möglich sei. Immer wieder seien Freunde der Mieter zu Besuch gekommen und - wiewohl der Antragsteller dazu seine Zustimmung versagt habe - auch über Nacht geblieben. Der Antragsteller könne weder lückenlos kontrollieren, ob nur zahlende Mieter die Räumlichkeiten zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses nutzen, noch die Nutzung durch Nichtmieter vermeiden. Weiters sei es laufend dazu gekommen, dass ehemalige Mieter auch nach Beendigung des Bestandsverhältnisses weiterhin die Räumlichkeiten bewohnten und entgegen der Aufforderung durch den Abgabepflichtigen sich weiterhin in den Räumlichkeiten aufhielten, obwohl kein Mietentgelt geleistet werde.

Die bescheiderlassende Behörde habe bei der Schätzung eine Methode gewählt, die den Besonderheiten des Sachverhaltes nicht Rechnung trage. Die Anzahl der Mieter sowie die Höhe der Mieten würden lediglich pauschal und undifferenziert geschätzt, weswegen den für die Ermittlung durch Schätzung bestehenden gesetzlichen Anforderungen nicht Genüge getan werde. Der Sachverhalt sei ergänzungsbedürftig. Die Behörde hätte erst nach Durchführung weiterer Ermittlungen, insbesondere Befragung weiterer Auskunftspersonen, insbesondere Mieter der Liegenschaften, oder Durchführung von Lokalaugenscheinen zu unterschiedlichen Tageszeiten sämtliche für die Feststellung der Bemessungsgrundlage erforderlichen Umstände wie Auslastung und somit Anzahl der Mieter und die Höhe des Mietentgeltes vollständig und richtig feststellen können. Über diese allgemein gehaltenen Beanstandungen der Schätzung hinaus blieb der Antragsteller selbst genaue Angaben zur Ermittlung der Bemessungsgrundlagen schuldig.

Das Finanzamt wies die Beschwerden mit ausführlich begründeter Beschwerdevorentscheidung ab.

Der Antragsteller stellte den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht.

Gleichzeitig stellte er den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe beim Bundesfinanzgericht, führte als Datum des Bescheides "", als Zustelldatum "" an und beantragte die Bestellung des Verfahrenshelfers durch die Rechtsanwaltskammer. Zur Begründung der Rechtswidrigkeit verwies er auf die fehlerhafte Schätzung und legte dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe die Begründung der Beschwerde bei.

Gleichzeitig legte er ein ausgefülltes Vermögensbekenntnis zur Erlangung der Verfahrenshilfe vor. Die monatlichen Aufwendungen für die Benützung der Wohnung im eigenen Haus würden EUR 2.500,00 (Bankkreditrückzahlung) betragen. Er sei unselbständig erwerbstätig und beziehe ein monatliches Nettoeinkommen, ohne Abzug der Schulden iHv EUR 450,00. Ansonsten habe er laut Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 einen Verlust iHv EUR 15.022,25 aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Er besitze ein Haus in Bad Goisern und mehrere Wohnungen in Wien (12., 16., 17., 123***., und 22. Bezirk). Die Liegenschaft bringe einen Jahresertrag iHv EUR 90.816,00 und jährliche Ausgaben/AfA iHv EUR 105.737,00, somit einen Verlust iHv EUR 14.921,00. Ein Bankkonto mit einem Guthaben iHv EUR 19.125,00 sei vom Finanzamt gepfändet, ein weiteres Bankkonto weise ein Guthaben iHV EUR 4.542,90 auf. Er bezahle Kreditraten für einen Kredit mit einer Kredithöhe von EUR 1.650.000,00. Er habe Unterhaltspflichten für ein minderjähriges Kind iHv EUR 400,00.

Erwägungen:

§ 292 BAO lautet auszugsweise wie folgt:

"(1) Auf Antrag einer Partei (§ 78) ist, wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen,

1. als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestrieten und

2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

2) Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt.

(3) Einer juristischen Person oder einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit ist die Verfahrenshilfe insoweit zu bewilligen,

1. als die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und

2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(4) Ein wirtschaftlich Beteiligter (Abs. 3 Z 1) ist eine Person, auf deren Vermögenssphäre sich der Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht ganz unerheblich auswirkt und bei der es - auch aus diesem Grund - als zumutbar angesehen werden kann, von dieser Person eine Finanzierung der Verfahrenskosten zu verlangen.

(5) Offenbar aussichtslos ist eine Beschwerde insbesondere bei Unschlüssigkeit des Begehrens oder bei unbehebbarem Beweisnotstand. Bei einer nicht ganz entfernten Möglichkeit des Erfolges liegt keine Aussichtslosigkeit vor. Mutwillig ist eine Beschwerde dann, wenn sich die Partei der Unrichtigkeit ihres Standpunktes bewusst ist oder bewusst sein muss.

(6) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist bis zur Vorlage der Bescheidbeschwerde bei der Abgabenbehörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird der Antrag vor Ablauf der Frist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde beim Verwaltungsgericht eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung. Für Verfahren über Maßnahmenbeschwerden (§ 283) und über Säumnisbeschwerden (§ 284) ist der Antrag beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird der Antrag vor Ablauf der Frist zur Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde bei der Abgabenbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung.

(7) Der Antrag kann gestellt werden

1. ab Erlassung des Bescheides, der mit Beschwerde angefochten werden soll bzw.

2. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat bzw.

3. nach Ablauf der für Säumnisbeschwerden nach § 284 Abs. 1 maßgebenden Frist.

(8) Der Antrag hat zu enthalten

1. die Bezeichnung des Bescheides …

2. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

3. Die Entscheidung der Partei, ob der Kammer der Wirtschaftstreuhänder oder der Rechtsanwaltskammer die Bestellung des Verfahrenshelfers obliegt,

4. Eine Darstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers …"

Besonders schwierige Rechtsfragen:

Bei der Bewilligung der Verfahrenshilfe ist im Wesentlichen zu prüfen, ob die zu entscheidenden Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen und ob die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw ob die Rechtverfolgung offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Die Prüfung der tatbildlich für die Verfahrenshilfebewilligung erforderlichen Rechtsfrage mit "besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art" hat vom Bundesfinanzgericht auch unter Heranziehung der erstinstanzlichen Entscheidung zu erfolgen und kann sich nicht allein auf die Angabe im Verfahrenshilfeantrag beschränken (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 292 Anm 8).

Im dem Verfahrenshilfeantrag zu Grunde liegenden Beschwerdeverfahren geht es um die Schätzung der Bemessungsgrundlagen zur Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dabei ist die Anzahl und Größe der vermieteten Wohnungen/Zimmer unstrittig. Strittig ist, an wie viele Personen über welche Zeiträume und zu welchen Konditionen die einzelnen Zimmer vom Beschwerdeführer vermietet wurden.

Nach § 292 Abs 1 BAO setzt die Bewilligung von Verfahrenshilfe jedenfalls voraus, dass die im jeweiligen Beschwerdeverfahren strittigen Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen. Der Begriff der besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art geht auf § 282 Abs 1 idF vor dem FVwGG 2012 zurück und soll nach den Gesetzesmaterialien sicherstellen, dass Verfahrenshilfe nur für überdurchschnittlich schwierige, durch ständige Judikatur noch nicht geklärte Rechtsfragen gewährt wird (ErlRV 1352 BlgNR 25. GP, 18; Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 292, II. Besonders schwierige Rechtsfragen Rz 4 - 6).

Nach , sind besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art anzunehmen, wenn eine besondere Komplexität der Rechtslage gegeben ist. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn eine Rechtsfrage zur Beurteilung ansteht, die bislang uneinheitlich entschieden wurde bzw in der ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung erwogen wird oder der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Ausweitung durch und (vgl Martin Vock, SWK 27/2020, 1314; Franz Philipp Sutter, AnwBl 2020/234, Heft 9/2020, S 531):
Nach , erfordert und erlaubt die Wendung, "dass zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen" eine Prüfung, ob im konkreten Einzelfall für den Antragsteller besondere Schwierigkeiten bestehen. Dabei sind alle Umstände des Falles wie der Streitgegenstand, die begründeten Erfolgsaussichten des Rechtsschutzsuchenden, die Bedeutung des Rechtsstreites für diesen, die Komplexität des geltenden Rechtes und des anwendbaren Verfahrens sowie die Fähigkeiten des Rechtsschutzsuchenden, sein Anliegen wirksam zu verteidigen, abzuwägen.

Nach Auffassung des VfGH schließt § 292 Abs 1 BAO die Gewährung von Verfahrenshilfe im Einzelfall nicht schon deshalb aus, weil objektiv keine komplexe, besonders schwierige Frage rechtlicher Art vorliegt. In verfassungskonformer Auslegung können zum einen auch besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts, also Fragen tatsächlicher Natur, einen Anspruch auf Verfahrenshilfe begründen, zumal Tatsachenfragen regelmäßig in Rechtsfragen münden; und zum anderen sind stets auch die Fähigkeiten des betroffenen Antragstellers zu berücksichtigen, sein Anliegen wirksam zu vertreten.

Der VfGH vertritt die Ansicht, wonach in verfassungskonformer Auslegung die Tatsache, dass einzig die rechtliche Komplexität explizit in den Gesetzestext Eingang gefunden hat, nicht ausschließt, dass auch weitere, ungenannte Kriterien bei der Entscheidung über die Gewährung von Verfahrenshilfe zu beachten sind.

In diesem Sinne auch :
"Da der Antragsteller offenbar tatsächlich Probleme hat, seinen Rechtsstandpunkt präzise zu formulieren, weist die zu entscheidende Rechtsfrage für ihn besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art auf."

Dies bedeutet, dass der VfGH den Anwendungsbereich der Verfahrenshilfe im Bereich der BAO ausgeweitet hat. Die Auffassung des Gesetzgebers, wonach § 292 BAO in einem objektiven Sinn zu verstehen ist und demnach Verfahrenshilfe zu gewähren sei, wenn eine objektiv schwierige Rechtsfrage zu klären ist und es deshalb professioneller Rechtskenntnisse bedarf, wurde vom VfGH als verfassungswidrig erkannt.

Demnach ist Verfahrenshilfe nach dem Bedürfnisprinzip immer dann zu gewähren, wenn der Antragsteller sein Anliegen andernfalls nicht wirksam vertreten kann.

In verfassungskonformer Auslegung des § 292 Abs 1 BAO ist die Wortfolge "wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen" nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv zu verstehen. Es ist daher für die Gewährung von Verfahrenshilfe ausreichend, wenn im konkreten Einzelfall für den Antragsteller besondere Schwierigkeiten bestehen, sein Anliegen wirksam zu vertreten, wenn er also aufgrund seiner subjektiven Fähigkeiten mit den Anforderungen eines Verfahrens, das eine objektiv nicht besonders schwierige Frage rechtlicher Art betrifft, nicht umgehen kann.

Das bedeutet: Liegt zwar keine objektiv besonders schwierige Rechts- oder Tatsachenfrage vor, ist aber der Antragsteller aufgrund seiner subjektiven Fähigkeiten dennoch nicht in der Lage, im betroffenen Verfahren sein Anliegen wirksam zu vertreten, ist Verfahrenshilfe zu gewähren.

Auch in einem zweiten Bereich erweitert der VfGH das Recht auf Verfahrenshilfe: "In verfassungskonformer Auslegung können auch besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts, also Fragen tatsächlicher Natur, einen Anspruch auf Verfahrenshilfe begründen, zumal Tatsachenfragen regelmäßig in Rechtsfragen münden."

Verfahrenshilfe iSd § 292 BAO ist demnach nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts zu gewähren, wenn:
a) die im jeweiligen Beschwerdeverfahren strittigen Rechtsfragen objektiv besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, außer der Antragsteller ist aufgrund seiner subjektiven Fähigkeiten in der Lage, sein Anbringen wirksam zu vertreten. Dies betrifft überdurchschnittlich schwierige und komplexe, durch ständige Judikatur noch nicht geklärte Rechtsfragen.
oder wenn
b) zwar objektiv keine komplexe, besonders schwierige Frage rechtlicher Art vorliegt, im konkreten Einzelfall für den Antragsteller jedoch besondere Schwierigkeiten bestehen, sein Anliegen wirksam zu verteidigen bzw zu vertreten, wenn er also aufgrund seiner subjektiven Fähigkeiten mit den Anforderungen eines Verfahrens, das eine objektiv nicht besonders schwierige Frage rechtlicher Art betrifft, nicht umgehen kann.
oder wenn
c) besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts, somit komplexe Fragen tatsächlicher Natur, bestehen, außer der Antragsteller ist aufgrund seiner subjektiven Fähigkeiten in der Lage, sein Anbringen wirksam zu vertreten.

Nach (mwN), ist davon auszugehen, dass in einem Verfahren wie dem vorliegenden, in dem (anders als in vielen Zivilprozessen) keine Vertretungspflicht besteht, im Hinblick auf die bestehende Manuduktionspflicht und den Grundsatz der materiellen Wahrheit der Beigebung eines Rechtsanwaltes oder eines Steuerberaters als Verfahrenshelfer Ausnahmecharakter zukommt.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:

Ad a): "Besondere Schwierigkeiten" liegen vor, wenn die Bearbeitung eines Rechtsstreites Anforderungen stellt, die weit über das übliche Maß hinausgehen, insbesondere wenn die Lösung ausgefallener oder komplizierter Rechtsfragen ansteht, die in Rechtsprechung und Schrifttum wenig oder widersprüchlich erörtert sind.

Diese Voraussetzung liegt nicht vor.

Bei der Vermietung der gegenständlichen Wohnungen/Zimmer werden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Die Einnahmen bilden die Mieteinnahmen, inklusive oder exklusive Betriebskosten und sind ebenso klar zuzuordnen wie die mit Vermietungen in Zusammenhang stehenden Ausgaben.

Diesbezüglich können keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art vorliegen.Es sind weder eine Komplexität der Rechtslage noch komplizierte oder ausgefallene Rechtsfragen erkennbar.

Ad b): Dass für den Antragsteller besondere Schwierigkeiten bestehen, sein Anliegen wirksam zu verteidigen, ist nicht erkennbar. Der Antragsteller war für die Verfassung der Beschwerden steuerlich vertreten. In diesen wurde ausführlich und unter Zitierung hier relevanter Bestimmungen sein Rechtsstandpunkt klar und nachvollziehbar dargelegt und mit zahlreichen Unterlagen und Argumenten die Schätzung der Betriebsprüfung der Höhe nach bestritten. Die Schätzungsberechtigung dem Grunde nach wurde nicht bestritten. Es wurde rechtsrichtig die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs 1 Z 1 BAO beantragt. Der steuerliche Vertreter hat für den Antragsteller weiter beantragt, das Bundesfinanzgericht möge gemäß § 278 Abs 1 in der Sache selbst entscheiden und die angefochtenen Bescheide zur Gänze aufheben oder in eventu die angefochtenen Bescheide gemäß § 278 Abs 1 BAO aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Unter einem wurde - unter detaillierter Anführung der auszusetzenden Beträge - auch der Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO gestellt. Der Antrag wurde begründet.

Nach Ergehen der Beschwerdevorentscheidung hat der nunmehr unvertretene Antragsteller rechtsrichtig einen "Antrag auf Entscheidung über die Beschwerden (Vorlageantrag) durch das Bundesfinanzgericht" gestellt. Darin sind die angefochtenen Bescheide, das Datum der Beschwerdevorentscheidung und das Zustelldatum derselben richtig angeführt. Der Vorlageantrag enthält die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Vernehmung von Mietern als Zeugen, auf gänzliche Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Entscheidung in der Sache selbst, in eventu auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde, sowie auf Aussetzung der Einhebung. In Einem wird auch rechtsrichtig Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen erhoben.

Der Antragsteller hat daher offensichtlich keine Probleme, seinen Rechtsstandpunkt präzise zu formulieren bzw ist dieser bereits in den Beschwerden präzise formuliert und ist zweifellos so rechtlich versiert, dass er sein Anliegen selbst vertreten kann.

Ad c): Besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts bestehen nicht, da es sich nicht um besonders komplexe Fragen tatsächlicher Natur handelt. Der Sachverhalt ist soweit geklärt, dass die gebotene Schätzung den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe kommt. Die Fragen nach dem Bestehen und der Anzahl von Mietverhältnissen sind überschaubar und keinesfalls so komplex, dass der Antragsteller die Relevanz der entscheidungswesentlichen Sachverhaltselemente nicht erkennen könnte, bzw ist dem Beschwerdeführer der tatsächliche Sachverhalt betreffend die strittigen Mietverhältnisse bekannt. Er geht auf die strittigen Punkte ein, legt dazu Unterlagen vor und vertritt mit entsprechenden und zielgerichteten Vorbringen sein Anliegen. Der Sachverhalt wäre umfassend und den Tatsachen entsprechend festzustellen, wenn der Antragsteller die Bemessungsgrundlagen offenlegte. Dem stehen jedenfalls keine Schwierigkeiten besonderer Art für den Antragsteller entgegen. Die Gewährung von Verfahrenshilfe kann nicht davon abhängig gemacht werden, inwieweit der jeweilige Antragsteller an der Sachverhaltsermittlung mitwirkt oder nicht, was dann der Fall wäre, wenn allein der Umstand, dass geschätzt werden muss weil nicht offen gelegt wird, besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts darstellten.

Die zu lösenden einfachen Rechtsfragen sind durch Lehre und Judikatur geklärt bzw ergibt sich die Lösung aus der einfachen Anwendung des konkreten Sachverhaltes auf den gesetzlichen Tatbestand. Eine Komplexität der strittigen Rechtsfragen ist nicht erkennbar.

Da keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art iSd § 292 Abs 1 BAO vorliegen, ist der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe abzuweisen.

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die in diesem Beschluss zu beurteilenden Rechtsfragen folgen der einschlägigen Rechtsprechung (vgl ), sodass keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung vorliegen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 292 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:VH.7100009.2021

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