Keine an die Abmeldung von der Schule anschließende Berufsausbildung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Rückforderung zu Unrecht für ***Kind*** für den Zeitraum Juli 2017 bis Jänner 2019 bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag (Steuernummer ***St.Nr.***) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Zeitraumes Juli 2017 bis Juli 2018 - ersatzlos - aufgehoben.
Hinsichtlich des Zeitraumes August 2018 bis Jänner 2019 wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen; insoweit bleibt der angefochtene Bescheid aufrecht.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog im beschwerdegegenständlichen Zeitraum für ihren im Juli 2000 geborenen Sohn Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.
Am ersuchte das Finanzamt die Bf. um Vorlage folgender Unterlagen:
Schulabschlusszeugnis für 2018/19 von O…
Abgangsbescheinigung der Schule ?
Die Bf. legte ein Jahreszeugnis Schuljahr 2016/2017 einer Wiener HTL betreffend ihren Sohn vom vor.
Das Finanzamt forderte mit Bescheid vom die ab Beginn des auf das Ausstellungsdatum des Jahreszeugnisses folgenden Monats - Juli 2017 bis Jänner 2019 - bezogenen Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbeträge unter Verweis auf die Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 und mit nachstehender Begründung zurück:
Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.
Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:
• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung
• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.
Die Bf. erhob gegen den Rückforderungsbescheid Beschwerde wie folgt:
2016 - 2018 HTL … (2 Jahre)
Lehrvertrag 2019 vorhanden
Der Beschwerde waren die Schulnachrichten und die Jahreszeugnisse der Schuljahre 2016/17 und 2017/18 des Sohnes der Bf. sowie der Ausbildungsvertrag vom mit der I. GmbH beigelegt (zu den Unterlagen vgl. unten).
Das Finanzamt gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung teilweise - auf Grund des Umstandes, dass der Sohn im Zeitraum 7/2017 bis 6/2018 die Schule besuchte und im Juli 2018 das 18. Lebensjahr vollendete - statt und begründete den Bescheid wie folgt:
Ihrer Beschwerde wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Für den Zeitraum 7/2017 bis 6/2018 wird der Beschwerde stattgegeben.
Der Zeitraum 7/2018 bis 1/2019 ist als unbegründet abzuweisen.
Begründung:
Sie haben die Familienbeihilfe für Ihren Sohn O…, geb. … .7.2000, bezogen.
Laut vorgelegter Schulnachricht und Jahreszeugnis besuchte O… im Schuljahr 2017/2018 bis Juni 2018 die erste Klasse der HTL 1… Wien. Die Ausbildung zum Betriebslogistikkaufmann begann er im März 2019.
Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.
Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:
- Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung
- Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
- Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
- das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.
Da sich Ihr Sohn im Zeitraum Juli 2018 bis Jänner 2019 nicht in Berufsausbildung befand, war laut oben genannter gesetzlicher Bestimmung spruchgemäß zu entscheiden.
Der Vorlageantrag wurde mit nachstehender Begründung eingebracht:
2016/17 HTL …
2017/18 HTL …
2018 Ausbildung Betriebslogistikkaufmann W… und Partner
übernommen (Firma)
Dem Vorlageantrag war ein vom Sohn der Bf. mit der Fa. X. abgeschlossener Lehrvertrag beigelegt (vgl. unten).
Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
(Die Bf.) bezog für ihren Sohn O… (geb. … .7.2000) lfd. die Familienbeihilfe. Im Zuge einer Überprüfung wurde für O… eine Bestätigung vom des AMS über die Vormerkung zur Arbeitslosenversicherung, ein Jahreszeugnis SJ 2016/2017 vom der HTL 1030 Wien sowie die Bestätigung der Schulabmeldung mit vorgelegt.
Die Familienbeihilfe wurde für den Zeitraum 7/2017 bis 1/2019 rückgefordert.
Im Zuge der Beschwerde wurden u.a. ein Jahreszeugnis SJ 2017/2018 vom sowie ein Ausbildungsvertrag zum Betriebslogistikkaufmann ab März 2019 vorgelegt.
In der Beschwerdevorentscheidung wurde der Beschwerde für den Zeitraum 07/2017 bis 06/2018 stattgegeben.
Die Rückforderung für den Zeitraum 07/2018 bis 01/2019 blieb aufrecht.
Dagegen wurde ein Vorlageantrag eingebracht.
Beweismittel:
Ersuchen um Ergänzung Dok. 7
Beschwerde inkl. Zeugnis und Ausbildungsvertrag Dok. 1
SV-Auszug Dok. 8
Stellungnahme:
Da der Sohn im Zeitraum 7/2017 bis 6/2018 die Schule besuchte und im Juli 2018 das 18. Lebensjahr vollendete, wird für diesen Zeitraum um Stattgabe ersucht.
Im Zeitraum 8/2018 bis 1/2019 wurde keine Berufsausbildung absolviert, weshalb für diesen Zeitraum um Abweisung ersucht wird.
Informativ wird mitgeteilt, dass für die Ausbildung ab 3/2019 die Familienbeihilfe dzt. laufend gewährt wird.
Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurde mit Vorhalteschreiben ersucht, das im Vorlageantrag gemachte Vorbringen "2018 Ausbildung Betriebslogistikkaufmann W… und Partner" durch Vorlage geeignet erscheinender Unterlagen nachzuweisen.
In Beantwortung des Vorhaltes wurde (abermals) der Ausbildungsvertag vom 8. März 2019 mit der I. GmbH vorgelegt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Im Schuljahr 2017/18 war der Sohn der Bf. Schüler der 1AFBT-Klasse (9. Schulstufe) einer Wiener HTL (Jahreszeugnis vom ).
Am wurde der Sohn der Bf. von der o.a. Schule abgemeldet (Abmeldebestätigung vom ).
Ab bis war der Sohn der Bf. beim Arbeitsmarktservice als arbeitsuchend vorgemerkt (Bestätigung des AMS vom und Sozialversicherungsabfrage).
Mit Beginn der Ausbildung schlossen die I. GmbH als Ausbildungsberechtigte und der Sohn der Bf. einen Ausbildungsvertrag über die Ausbildung in einer besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtung gem. § 30 b Berufsausbildungsgesetz (BAG), Lehrberuf Betriebslogistikkaufmann (Ausbildungsvertrag vom ).
In der Folge wurde mit der tatsächlichen Lehrzeit bis zwischen dem Sohn der Bf. und der Fa. X. ein Lehrvertrag abgeschlossen (Lehrvertrag mit der Fa. X.).
Beweiswürdigung
Die Feststellungen beruhen auf dem Akteninhalt, den Abfragen im Abgabeninformationssystem und der Sozialversicherungsdaten und den im Beschwerdeverfahren von der Bf. selbst vorgelegten Unterlagen und sind unstrittig.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Auf Grund dieser Feststellungen ergibt sich:
Der im Juli 2000 geborene Sohn der Bf. befand sich bis einschließlich Juni 2018 in Schulausbildung und erreichte (erst) im Laufe des Folgemonats Juli (in der zweiten Julihälfte) 2018 die Volljährigkeit.
Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist zufolge § 33 Abs. 3 EStG 1988, letzter Satz, § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
§ 2 Abs. 1 lit. a und b FLAG bestimmt:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
Mit Beschwerdevorentscheidung wurde der Beschwerde für "den Zeitraum 7/2017 bis 6/2018 … stattgegeben" und betreffend den "Zeitraum 7/2018 bis 1/2019 als unbegründet ab(gewiesen)".
Da der Sohn erst im Juli 2018 (im Übrigen in der zweiten Monatshälfte) volljährig wurde, ergibt sich der Spruch, dass der Beschwerde - wie vom Finanzamt in der Beschwerdevorlage zutreffend beantragt - für den Zeitraum Juli 2017 bis Juli 2018 stattzugeben ist (und nicht wie laut Beschwerdevorentscheidung bis Juni 2018).
Für die Richtigkeit des Vorbringens im Vorlageantrag "2018 Ausbildung Betriebslogistikkaufmann W… und Partner" ergaben die Abfragen im Abgabeninformationssystem und der Sozialversicherungsdaten keinen diesbezüglichen Hinweis und wurden seitens der Bf. trotz Aufforderung im Beschwerdeverfahren keine Nachweise erbracht.
Der vorgelegte Ausbildungsvertrag vom und der Beginn der tatsächlichen Lehrzeit mit , die zeitlich nach dem bis Jänner 2019 dauernden Spruchzeitraum liegen, können der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Feststellungen auf der Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind daher keiner Revision zugängig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102301.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at