Studienerfolgsnachweis - ernsthaftes und zielstrebiges Betreiben eines Studiums
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/16/0076. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH, Mölker Bastei 5, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Oktober 2016 bis Juni 2018 für das Kind ***4*** ***3***, geb. ***6***1995, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Auf Grund des Schreibens des Finanzamtes auf Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom hat die Beschwerdeführerin (Bf.) ***Bf1*** das Studienblatt/Studienbuchblatt ihres Sohnes ***4***, geb.***6***.1995, und den Studienerfolgsnachweis vom dem Finanzamt vorgelegt.
Von der Bf. wurde ausgeführt, dass ihr Sohn die TU Wien besuche, Studienrichtung Informatik, Studienbeginn WS 2014, voraussichtliche Dauer sei noch offen.
Das Finanzamt forderte mit dem Bescheid vom die zu Unrecht bezogenerFamilienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für das Kind ***4*** ***3***, geb. ***6***1995, betreffend den Zeitraum Okt. 2016 - Juni 2018 in Höhe von
EUR 4.785,00 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG in Verbindung mit § 33 Abs.3 EStG zurück.
Begründend führte das Finanzamt aus:
"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigenFassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet habenund die für einen Beruf ausgebildet werden.
Bei Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992, genannteEinrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgeseheneStudienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeitum nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.
Die Aufnahme als ordentliche Hörerin oder ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr.
Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für das vorhergehende Studienjahr (Nachweiszeitraum) die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Erreicht der oder die Studierende im Nachweiszeitraum den erforderlichen Studienerfolg nicht, besteht zunächst für die weitere Studienzeit kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Wird der Studienerfolg dann erreicht, so kann die Beihilfe wieder ab Beginn des Monats, in dem der Studienerfolg erreicht wurde, zuerkannt werden. Die Prüfungen aus dem ersten Studienjahr werden dabei allerdings nicht mehr berücksichtigt.
Für die weiteren Studienjahre (nach Erbringung des Erfolgsnachweises für das erste Studienjahr) muss grundsätzlich weiterhin ein günstiger Studienerfolg vorliegen. Ein günstiger Studienerfolg liegt vor, wenn der Studierende sein Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt, die vorgesehene Studienzeit nicht überschreitet und Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlegt. Grundsätzlich ist zufolge des Universitätsgesetzes davon auszugehen, dass ein ordentlicher Student im Studienjahr Prüfungen im Umfang von etwa 60 ECTS-Punkten erreichen sollte.
Als Richtwert für den Nachweis eines ernsthaften und zielstrebigen Studiums gilt die Erreichung von 16 ECTS-Punkten pro Studienjahr.
Ihr Sohn ***4*** hat im ersten Studienjahr (WS2014/15-SS15) 23 ECTS erreicht, im zweiten Studienjahr 0 ECTS (zu 4 Prüfungen angetreten - alle negativ benotet), im dritten Studienjahr 11 ECTS und im vierten Studienjahr 1 ECTS. Es ist daher ab Oktober 2016 (nach Ende des zweiten Studienjahres) nicht mehr von einem ernsthaften und zielstrebigen Studium auszugehen, weshalb die ab Oktober 2016 bis einschließlich Juni 2018 zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe zurück zu zahlen ist."
Gegen den Rückforderungsbescheid brachte die Bf. fristgerecht Beschwerde ein und führte begründend aus:
"1. Mein Sohn studierte von September 2014 bis Juni 2018 das Studium der Medieninformatik an der technischen Universität Wien. Im ersten Studienjahr erbrachte er den Leistungsnachweis in Höhe von 16 ECTS. Nunmehr forderte das Finanzamt die für das dritte und vierte Studienjahr, von Oktober 2016 bis Juni 2018, bezogene Familienbeihilfe und den in diesem Zeitraum bezogenen Kinderabsetzbetrag zurück.
2. Inhaltliche Begründung der Rechtswidrigkeit
a. Begründungspflicht
Gemäß § 93 Abs. 3 lit. a Bundesabgabenordnung (BAO) sind Bescheide zu begründen. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu aus:
"Nach ständiger Rechtsprechung muss die Bescheidbegründung erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet." ( 2016/13/0005 mwN)
Im vorliegenden Fall hat die Behörde ihre Rückforderung mit dem Universitätsgesetz begründet. Einschlägig für die Rückforderung der Familienbeihilfe ist aber das Familienlastenausgleichsgesetz. Dort ist von einem Leistungsnachweis nach dem ersten Studienjahr keine Rede. Vielmehr genügt für den Anspruch auf Familienbeihilfe im ersten Studienjahr die Inskription als ordentlicher Hörer. Ab dem zweiten Studienjahr besteht gem. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG Anspruch"nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird;" (Hervorhebung durch Autor)
Die Begründung der belangten Behörde ist daher unklar und genügt den Erfordernissen, welche der VwGH für die Begründung von Bescheiden aufstellt, nicht. Dieser Begründungsmangel stellt einen Verfahrensfehler dar, der sich im Ergebnis zu meinen Ungunsten ausgewirkt hat. Bereits dadurch hat die Behörde den belangten Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet und ist dieser aufzuheben.
b. Ernsthaftes und zielstrebiges Studium bei negativen Prüfungen
Es wurde bereits oben ausgeführt, dass das Gesetz den Leistungsnachweis aus einem(unbestimmt) vorhergehenden Studienjahr genügen lässt. Richtig ist, dass derVerwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, dass die bloßeInskription den Anspruch auf Familienbeihilfe nicht vermittelt. Vielmehr ist es nach dieserRechtsprechung erforderlich, dass das entsprechende Studium ernsthaft und zielstrebigbetrieben wird.
Daraus dass Prüfungen meines Sohnes negativ beurteilt wurden, kann jedoch nichtautomatisch geschlossen werden, dass mein Sohn sein Studium nicht zielstrebig undernsthaft iS von § 2 Abs 1 lit b FLAG betrieben hat. Das wird insbesondere durch seinenwiederholten Antritt in Technische Grundlagen der Informatik sowie den mehrmaligen Antrittzur Prüfung Formale Modelierung deutlich. (Beilage ./1) Dass der Prüfungserfolg alleine fürdie Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit des Studiums nicht maßgeblich ist, hat auch der VwGHwiederholt ausgesprochen (VwGH, , 90/14/0108 sowie VwGH, , 98/13/0042).
Auch das Bundesfinanzgericht (BFG) geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass einernsthaftes und zielstrebiges Studium grundsätzlich auch ohne positive Absolvierung vonPrüfungen möglich ist. []
Aus den Durchführungsrichtlinien zum Familienlastenausgleichsgesetz geht hervor, dass derStudienerfolg nur aus einem Studienjahr zu erbringen ist:
"Für das erste Studienjahr des Studiums, für das Familienbeihilfe gewährt werdensoll, genügt die Fortsetzungsbestätigung (früher Inskriptionsbestätigung). Danach istfür den weiteren Anspruch auf die Familienbeihilfe einmal der Studienerfolg zuerbringen. " (DR-FLAG 1967,22.1.). (Hervorhebung durch Autor)
Der vorliegende Bescheid widerspricht der Rechtsprechung des BFG und VwGH zur Frageder Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit des betriebenen Studiums. Er ist daher mitRechtswidrigkeit auf Grund von Verfahrensfehlern sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltsbelastet.
Abschließend stelle ich daher dieAnträge:
Den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Falls nicht alle zu meinen Lasten gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenenBescheid in der Beschwerde geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufzugreifenbzw. allenfalls mir einen Verbesserungsauftrag zu erteilen;
Eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht durchzuführen."
Als Beilage wurde die Bestätigung des Studienerfolges vom (Prüfungszeugnis der technischen Universität Wien vom ) vorgelegt.
Die Beschwerde wurde vom Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen und führt nach Wiedergabe des Sachverhaltes und der gesetzlichen Regelungen wie folgt begründend aus:
"In der Beschwerde vom behaupteten Sie, dass der Rückforderungsbescheid vom
(unter anderem) deshalb an einem Begründungsmangel leide, weil man sich auf
das Universitätsgesetz gestützt habe und dieses im gegenständlichen Fall nicht einschlägig sei.
Dem ist zu entgegnen, dass das Universitätsgesetz - mit einem einzelnen Satz - zwar
Erwähnung fand, dies augenscheinlich aber nur erfolgte um zu verdeutlichen, dass der im § 2
Abs. 1 lit. b FLAG 1967 geforderte Leistungsnachweis ohnehin schon eine weitgehende
Begünstigung darstellt. Darüber hinaus ist klar erkennbar, welcher Sachverhalt dem Bescheid zuGrunde gelegt wurde und welche rechtlichen Konsequenzen - unter Anführung der relevantengesetzlichen Bestimmungen - sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergeben. Demnach istdem Rückforderungsbescheid ein Begründungsmangel auch nicht zu entnehmen.
Betreffend Ihre Aussage, wonach für den Anspruch auf Familienbeihilfe im ersten Studienjahr
lediglich eine Inskriptionsbestätigung als ordentlicher Hörer erforderlich sei, ist anzumerken,
dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das Studium auch tatsächlich (ernsthaft
und zielstrebig) betrieben werden muss (vgl. Ro 2015/16/0033).
Darüberhinaus ist es unstrittig, dass im ersten Studienjahr seitens Ihres Sohnes eine ernsthafte undzielstrebige Berufsausbildung vorgelegen hat, zumal lediglich die für die ab dem dritten
Studienjahr bezogenen Beihilfenbeträge zurückgefordert wurden.
Im zweiten Studienjahr trat ***4*** laut übermittelten Unterlagen zu vier Prüfungen an, wobei
keine davon positiv absolviert wurde, demnach auch keine ECTS-Punkte bzw. SSt.
erwirtschaftet wurden. Das bedeutet zunächst, dass der Anspruch auf Weitergewährung der
Familienbeihilfe für das folgende (dritte) Studienjahr gemäß § 2 Abs. 1. lit. b FLAG 1967
wegfällt, zumal die geforderten 16 ECTS-Punkte nicht erreicht wurden (vgl.
Ra 2017/16/0036). Überdies war zu prüfen, ob im zweiten Studienjahr überhaupt ein ernsthaft
und zielstrebig betriebenes Studium vorliegt. Als Richtwert für ein Studienjahr wird hierbei in
der Verwaltungspraxis ebenso auf die oben umschriebenen 16 ECTS-Punkte zurückgegriffen,
wobei die Umstände des jeweiligen Einzelfalles Berücksichtigung finden. Da Ihr Sohn im
gegenständlichen Studienjahr mehrmals zu Prüfungen - wenn auch mit negativem Erfolg -
angetreten ist, war eine gewisse Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit offenkundig, weshalb im
Rückforderungsbescheid von einer Rückforderung der im zweiten Studienjahr bezogenen Beihilfenbeträge abgesehen wurde.
Wie eben ausgeführt, besteht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ein Anspruch aufWeitergewährung der Familienbeihilfe ab jedem weiteren Studienjahr zufolge § 2 Abs. 1 lit. bFLAG 1967 nur dann, wenn für das vorhergehende Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfungder ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- undWahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstundenoder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird, womit für jedes Studienjahr -innerhalb der Fristen des § 61 UG - ein quantitativ genau definierter Studienerfolg zu erbringenist ( Ra 2017/16/0036).
Demzufolge bestand weder im dritten noch im vierten Studienjahr ein Anspruch auf
Familienbeihilfe, da im jeweils vorangegangen zweiten (0 ECTS-Punkte, 0 SSt.) bzw. dritten
Studienjahr (11 ECTS-Punkte, 6 SSt.) der erforderliche Leistungsnachweis nicht erbracht wurde.
Der diesbezüglich ergangene Rückforderungsbescheid betreffend den Zeitraum von Oktober
2016 bis Juni 2018 ist demnach zu Recht ergangen.
Betreffend Ihren Hinweis auf die Durchführungsrichtlinien zum Familienlastenausgleichsgesetzist anzumerken, dass diese zwar eine einheitliche Vollziehung seitens der Abgabenbehördenbewirken sollen, aber die oben umschriebene höchstgerichtliche Judikatur in Zusammenhangmit der geltenden Gesetzeslage primär einschlägig ist, respektive eindeutig darlegt, dass beiNichterreichen eines Mindeststudienerfolgs innerhalb eines Nachweiszeitraumes der Anspruchauf Familienbeihilfe für das folgende Studienjahr erlischt.
Da somit ein Sachverhalt vorliegt, der keinen Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelt, war IhreBeschwerde als unbegründet abzuweisen."
Die Bf. brachte den Antrag auf Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht ein.
"Mit Beschwerdevorentscheidung vom , eingelangt am , wurde meine
Beschwerde gegen den Bescheid vom als unbegründet abgewiesen.
Ich beantrage nunmehr meine Beschwerde vom bezüglich der ungerechtfertigten
Rückforderung einer bezogenen Familienbeihilfe zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht
vorzulegen. Sämtliche darin gestellten Anträge bleiben aufrecht.
In der Beschwerdevorentscheidung wird der fehlende Anspruch und die daraus resultierende
Rückforderung der Familienbeihilfe für das dritte und vierte Studienjahr (Oktober 2016 bis Juni
2018) meines Sohnes ***4*** erneut damit begründet, dass aus dem jeweils vorgehenden
Studienjahr ein Studienerfolg von mindestens 16 ECTS-Punkten nötig wäre. Für ein derartiges
Erfordernis fehlt jedoch jede gesetzliche Grundlage.
In § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ist für einen Anspruch für ein späteres als das erste Studienjahr
verankert, ,,(...)wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der erstenDiplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern desbetriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; (...)". Diese Voraussetzung, für "ein vorhergehendesStudienjahr den geforderten Studienerfolg zu erbringen wurde von meinem Sohn ***4*** bereits inseinem ersten Studienjahr (2014/15) nachweislich erfüllt.
In der Folge hat mein Sohn ***4*** sein Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben, wodurch auchdie Voraussetzungen für einen Anspruch auf Familienbeihilfe für ihn uneingeschränkt gegebensind."
In der von der Bf. beantragten mündliche Verhandlung wurde vom Vertreter der Bf. ausgeführt, dass der Sohn der Bf. im 4. Studienjahr einen "negativen Erfolg" vorzeigte und einen ECTS Punkt aufgrund einer anderen Prüfung erzielte. Er sei bis zu diesem Studium zugelassen gewesen, den Bachelor habe er nicht abgeschlossen.
Der Finanzamtsvertreter führt aus, dass der Sachverhalt, so wie in der BVE dargestellt, unstrittig ist und weist auf die Ausführungen in der BVE und im Vorlagebericht hin.
Lt. sind die 16 ECTS Punkte für jedes Studienjahr im Sinne des quantitativ genau definierten Studienerfolgs zu erbringen. Er verwies auf die Ausführungen im .
Dem von der Bf. angeführten , liege ein völlig anderer Sachverhalt als dem verfahrensgegenständlichen Fall zugrunde und eine ganz andere wesentliche Rechtsfrage; in concreto, ob die Prüfungen in der Nachfrist (bis 30. November des Folgejahres) dem vorangegangenen Studienjahr anzurechnen seien. Da in diesem zitierten BFG-Erkenntnis vom die mindestens 16 ECTS Punkte incl. Nachfrist erbracht wurden, war im do. Verfahren der Beschwerde stattzugeben.
***4*** ***3***, der Sohn der Bf. führte als Zeuge aus, dass er während der Semester Winter 2016 bis Sommer 2018 Übungen gemacht habe, davon war die Mehrzahl Vorlesungen plus Übung, für die man sich im Semester nur ein einziges Mal anmelden könne. D.h., er könne sich nicht 3 Mal pro Semester für eine Übung anmelden, weil diese nur einmal pro Semester angeboten werde.
In seinem Studium gebe es nur ca. 5 % Vorlesungsprüfungen, zu denen er mehrfach pro Semester antreten könne. Er habe, sein Bachelorstudium auf der TU nicht abgeschlossen.
Er führte weiters aus, dass er seit August 2017 in einem Informatikberuf beschäftigt sei. Er arbeite immer noch als Informatiker und studiere auf der FH; mehrere Prüfungen von der TU könne er sich anrechnen lassen und hoffe demnächst fertig zu werden.
Der Finanzamtsvertreter führte aus, dass im verfahrensgegenständlicher Zeitraum Oktober 2016 bis Juni 2018, die Familienbeihilfe für das 3. und 4. Jahr rückgefordert worden sei, damit sei dem Bemühen des Studierenden Rechnung getragen worden.
Er führte weiters aus, dass ein Bachelorstudium 180 ECTS Punkte habe, wobei ein Jahrespensum von 60 ECTS Punkten diesem immanent ist, und der VwGH 16 ECTS Punkte als quantitativ erforderlichen Mindeststudienerfolg erachte.
Dem hielt der Zeuge entgegen, dass er bei den Lehrveranstaltungen gewesen sei und jedes Jahr den gleichen Aufwand für die Prüfungen erarbeitet habe.
Vom Finanzamtsvertreter wurden die Einkommensteuerbescheide des ***4*** ***3*** für die Jahre 2016, 2017 und 2018 und Kopien des Auskunftsverfahrens, Sozialversicherung vorgelegt.
Die Unterlagen wurden der Bf. zur Kenntnis gebracht.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Sohn der Bf., geb.***6***1995, begann am mit dem Bachelorstudium Medieninformatik und Visual Compulsing (Semester: 2018S, 2017W, 1016W, 2016S, 2015W, 2015S, 2014W).
Bestätigung des Studienerfolges:
Laut der vorgelegten Studienerfolgsbestätigung erwirtschafte der Sohn der Bf. im ersten Studienjahr 23 ECTS-Punkte, im zweiten 0 ECTS-Punkte, im dritten 11 ECTS-Punkte und im vierten 1 ECTS-Punkt.
Den vom Finanzamtsvertreter vorgelegten Einkommensteuerbescheiden ist zu entnehmen, dass der Sohn der Bf. für die Jahre 2016 (ab ) € 5.220,23, 2017 € 14.096,63 und 2018 € 26.163,67 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bezogen hat.
2. Beweiswürdigung
In Streit steht die Rückforderung der Familienbeihilfe sowie des Kinderabsetzbetrages für den im Bescheid namentlich genannten Sohn der Beschwerdeführerin für den Zeitraum Oktober 2016 bis Juni 2018.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist das Vorliegen eines ernsthaft und zielstrebig betriebenen Studiums bzw. das diesbezügliche Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für den Familienbeihilfenbezug in Verbindung mit dem Bezug der Kinderabsetzbeträge zu prüfen.
3. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 in der ab gültigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Bei volljährigen Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992, genannten Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.
...
Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für das vorhergehende Studienjahr (= Nachweiszeitraum) die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; ...
In seinem Rechtsatz zum Erkenntnis , führt der Verwaltungsgerichtshof wie folgt aus:
"§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 lässt die Erbringung des Erfolgsnachweises über das erste Studienjahr oder eine Studieneingangs- und Orientierungsphase in zeitlicher Hinsicht offen. Anders als etwa für den Fall eines Studienwechsels verweist § 2 Abs. 1 lit. b FLAG hierfür auch nicht auf universitäts- oder studienrechtliche Bestimmungen. Vor dem Hintergrund der die kontinuierliche Absolvierung eines Studiums sichernden Zulassungsfristen des § 61 UG und unter Wahrung des im Ausschussbericht 517 BlgNR XVIII.GP 1 zum Ausdruck gelangenden Verständnisses ist der - von der Beihilfenbehörde autonom rechtlich zu beurteilende - Nachweiszeitraum für das erste Studienjahr vom Beginn des ersten Semesters bis zum Ende der Zulassungsfrist für das zweite Semester folgende zweite Semester, sohin bis 30. November der Folgejahres, anzusetzen (in diesem Sinne Wimmer in Czaszar/Lenneis/Wanke, Kommentar zum Familienausgleichsgesetz, Rz 72 zu § 2FLAG). Unbeschadet dessen besteht der Anspruch auf Weitergewährung der Familienbeihilfe ab jedem weiteren Studienjahr zufolge § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nur dann, wenn das vorhergehende Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächerndes betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird, womit für jedes Studienjahr - innerhalb der Fristen des § 61 UG - ein quantitativ genau definierter Studienerfolg zu erbringen ist."
Der Sohn der Bf. hat im gegenständlichen Fall das Bachelorstudium Medieninformatik und Visual Computing als ordentlicher Hörer 2014W begonnen und somit stand der Bf. für das erste Studienjahr 2014/2015 die Familienbeihilfe zu.
Weiters hat der Sohn im ersten Studienjahr 23 ETCS Punkte erwirtschaftet, somit das Studium zielstrebig und ernsthaft betrieben.
Für das zweite Studienjahr 2015/2016 ist betreffend die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages auf das vorhergehende Studienjahr 2014/2015 abzustellen. Im vorhergehenden 1. Studienjahr hat der Sohn der Bf. unbestritten die gesetzlichen Auflagen der Ablegung von Prüfungen von Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von 8 Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten erbracht, er hat 23 ECTS-Punkte erbracht.
Im 2. Studienjahr2015/2016 ist der Sohn laut der oa. Bestätigung des Studienerfolges zu vier Prüfungen angetreten: am , Formale Modellierung, am Technische Grundlagen der Informatik, am Formale Modellierung und am Technische Grundlagen für Informatik, jedoch mit der Beurteilung "nicht genügend".
Im 2. Studienjahr 2015/2016 hat der Sohn der Bf. somit keine ECTS-Punkte erwirtschaftet. Er ist zwar zu 4 Prüfungen angetretene, hat jedoch keine positiv beendet.
Somit kann - laut vorgelegten Bestätigungen des Studienerfolges vom (Bachelorstudium Medieninformatik) - von einem ernsthaften und zielstrebigen Studium ausgegangen werden und es wurde daher die Familienbeihilfe für das 2. Studienjahr zugestanden.
Da er im 2. Studienjahr jedoch keine ECTS-Punkte erwirtschaftet hat, hat er die gesetzliche Auflage der Ablegung von Prüfungen von Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von 8 Semesterstunden oder im Ausmaß von 16. ECTS-Punkten für das 3. Studienjahr nicht erbracht.
Im 3. Studienjahr 2016/2017 hat der Sohn der Bf. laut vorgelegter Bestätigung des Studienerfolges nur 11 ECTS-Punkte erwirtschaftet, somit auch für das 4. Studienjahr 2017/2018 die gesetzliche Auflage der Ablegung von Prüfungen von Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von 8 Semesterstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten für das 4. Studienjahr nicht erfüllt.
(vgl. )
Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ab dem dritten und vierten Studienjahr - und damit für den hier strittigen Zeitraum - hätte nur dann bestanden, wenn für das jeweilige vorhergehende Studienjahr (Nachweiszeitraum) die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen worden wären.
Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend lagen somit die Voraussetzungen einer Berufsausbildung nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ab Oktober 2016 bis Juni 2018 nicht vor und die Familienbeihilfe wurde für diesen Zeitraum zu Unrecht bezogen.
Wer Familienbeihilfe jedoch zu Unrecht bezogen hat, hat nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. § 26 leg. cit. gilt gemäß § 33 Abs. 4 Z. 3 lit. a EStG 1988 auch für den zu Unrecht bezogenen Kinderabsetzbetrag.
Der Bescheid betreffend die Rückforderung der Familienbeihilfe und dem Kinderabsetzbetrag für die Monate Oktober 2016 bis Juli 2018 ist somit zu Recht ergangen.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Erledigung der Beschwerde war nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung hätte. Das Bundesfinanzgericht konnte sich auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen. Tatsachenfragen sind einer Revision im Allgemeinen ohnehin nicht zugänglich.
Die ordentliche Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 93 Abs. 3 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 61 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100284.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at