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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.06.2021, RV/2200008/2016

Steueraussetzungsverfahren - Lieferung an eine vom Empfänger bestimmte Person, die ihren Sitz außerhalb des Steuergebiets hat

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in den Beschwerdesachen der ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***Vt***, Steuerberater, ***Vt-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Zollamtes Graz (nunmehr Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***1***, und vom , Zahl: ***2***, betreffend Biersteuer für die Jahre 2013 und 2014 sowie Säumnis- und Verspätungszuschlag zu Recht erkannt:

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid des Zollamtes Graz vom , Zahl ***1***, wurde für die Beschwerdeführerin gemäß § 23 Abs. 1 und 2, § 7 Abs. 1 Z 3, § 8 Abs. 1 Z 1 und § 15 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Biersteuergesetz 1995 (BierStG) für den Berechnungszeitraum Kalenderjahr 2013 Biersteuer in der Höhe von 81.986,26 Euro festgesetzt. Ebenso wurden ein Säumniszuschlag in der Höhe von 1.639,72 Euro und ein Verspätungszuschlag in der Höhe von 1.639,72 Euro festgesetzt.

Mit Bescheid des Zollamtes Graz vom , Zahl ***2***, wurde für die Beschwerdeführerin gemäß § 23 Abs. 1 und 2, § 7 Abs. 1 Z 3, § 8 Abs. 1 Z 1 und § 15 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Biersteuergesetz 1995 (BierStG) für den Berechnungszeitraum Kalenderjahr 2014 Biersteuer in der Höhe von 24.292,22 Euro festgesetzt. Ebenso wurden ein Säumniszuschlag in der Höhe von 485,84 Euro und ein Verspätungszuschlag in der Höhe von 485,84 Euro festgesetzt.

In den gleichlautenden Begründungen wurde neben der Wiedergabe von Rechtsgrundlagen ausgeführt, als Inhaber einer Betriebsbewilligung für ein Bierlager gemäß § 14 BierStG habe die Beschwerdeführerin entgegen den Vorschriften keine der Bezug habenden Sendungen körperlich in ihr Bierlager aufgenommen, sondern direkt an ihre Abnehmer in Italien und Niederlanden geliefert. Somit seien Unregelmäßigkeiten im Verkehr unter Steueraussetzung entstanden und es sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diese Bescheide richteten sich die Beschwerden vom . In diesen wurde neben der Wiedergabe von Rechtsgrundlagen und allgemeinen grundsätzlichen Ausführungen betreffend das Steueraussetzungsverfahren und betreffend Erstattungsregeln (gleichlautend) im Wesentlichen vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe aus einem Steuerlager eines österreichischen Unternehmens Bier unter Steueraussetzung übernommen. Dieses Bier habe die Beschwerdeführerin nicht körperlich in ihr eigenes Steuerlager überführt, sondern direkt an italienische (bzw. holländische) Kunden geliefert. Unstrittig sei, dass die Bierlieferungen tatsächlich bei den Kunden im jeweiligen Bestimmungsland angekommen seien. Für sämtliche Lieferungen seien die vorgeschriebenen elektronischen Verwaltungsdokumente erstellt worden; in diesen sei als Abgangsort der österreichische Sitz der Beschwerdeführerin und als Bestimmungsort die Lieferadressen der jeweiligen Kunden angegeben worden.

Es stelle sich die Frage, ob die körperliche Nichtaufnahme von verbrauchsteuerpflichtigen Waren in ein Steuerlager eine Unregelmäßigkeit darstelle, die die Steuerschuld entstehen lasse. In den vorliegenden Fällen stehe fest, dass die Beschwerdeführerin Bierlieferungen an italienische (bzw. holländische) Kunden getätigt habe und die Kunden die Bierlieferungen auch übernommen haben. Es möge beanstandet werden, dass die Bierlieferungen nicht physisch in ein Steuerlager der Beschwerdeführerin aufgenommen, sondern direkt an die Empfänger geliefert worden seien. Dies beweise aber nicht, dass die Kunden die Lieferungen nicht übernehmen hätten können. Diesbezügliche Nachweise würde es nicht geben. Es lägen somit keine überzeugenden Argumente für das Vorliegen einer Unregelmäßigkeit vor. Folglich sei die Verbrauchsteuer für die Bierlieferungen in Italien zu erheben, mangels Unregelmäßigkeiten falle eine solche in Österreich nicht an. Die physische Nichtaufnahme der Biere in das Steuerlager der Beschwerdeführerin stelle für sich allein keine Unregelmäßigkeit dar, wenn feststehe, dass die Bierlieferungen von den Kunden übernommen worden seien. Die italienischen (holländischen) Behörden seien für die Erhebung der Verbrauchsteuer zuständig. Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin eine Entscheidung durch den Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom , mit der vom die Beschwerde gegen den Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. In den Begründungen wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei den unter Steueraussetzung erfolgten Bezügen handle es sich um Bier, welches die Beschwerdeführerin von der ***K*** GmbH aus deren Steuerlager übernommen habe. Die für die Beförderungen unter Steueraussetzung erforderlichen elektronischen Verwaltungsdokumente seien von der ***K*** GmbH erstellt worden, während die Beschwerdeführerin zeitgleich bei Übernahme der Waren durch die von ihr beauftragten Spedition ein weiteres elektronisches Verwaltungsdokument mit dem Steuerlager der Beschwerdeführerin als Abgangsort und mit dem Bestimmungsort des jeweiligen Kunden eröffnet habe. Die Waren selbst seien vom Steuerlager der ***K*** GmbH direkt an die jeweiligen Kunden in Italien oder in den Niederlanden geliefert worden. Keine einzige Sendung sei körperlich in das Steuerlager der Beschwerdeführerin aufgenommen worden. Richtlinienkonforme Beendigungen seien somit nicht erfolgt. Es würden somit Unregelmäßigkeiten vorliegen und die Steuerschuld sei für diese Sendungen entstanden. Eine Aufnahme im Steuerlager der Beschwerdeführerin habe nicht erfolgen können, da die Bierlieferungen absichtlich, auf Veranlassung der Beschwerdeführerin niemals zu ihrem Steuerlager transportiert worden seien. Aufgrund der durch die Nichtaufnahme in das Steuerlager der Beschwerdeführerin entstandenen Steuerschuld hätten die Steueraussetzungsverfahren nach Italien bzw. in die Niederlande nicht rechtskonform eröffnet werden können. Die Lieferungen seien nicht mehr im Verfahren der Steueraussetzung gewesen. Die Empfangsbestätigungen der Kunden in Italien und in den Niederlanden dokumentierten keine unter Steueraussetzung erfolgten Lieferungen.

Dagegen richteten sich die Vorlageanträge vom bzw. vom . Die Beschwerdeführerin brachte vor, bei der Anwendung eines zur Durchführung einer Richtlinie erlassenen Gesetzes sei die Auslegung im Lichte des Zwecks der Richtlinie vorzunehmen. Zweck der Richtlinien im Bereich Verbrauchsteuern sei es insbesondere, dass der Verbrauchsteueranspruch in allen Mitgliedstaaten unter gleichen Umständen gegeben sei und dass Doppelbesteuerungen im Verhältnis zwischen Mitgliedstaaten vermieden würden. Die Beschwerdeführerin könne sich unmittelbar auf die Richtlinie berufen. Die Beschwerdeführerin habe lückenlos nachgewiesen, dass sämtliche Lieferungen von den Kunden in Italien oder in den Niederlanden übernommen worden seien. Österreich sei damit jedenfalls Abgangs- oder Durchgangsmitgliedstaat und somit komme Österreich kein Recht zu, Verbrauchsteuer zu erheben. Dass die Lieferungen nicht zufällig so wie festgestellt abgelaufen seien, brauche nicht weiter zu diskutiert werden. Wichtig sei zu erwähnen, dass die belangte Behörde spätestens seit dem über das Abwicklungsprozedere informiert gewesen sei. Im Zuge einer amtlichen Aufsicht sei die Beschwerdeführerin belehrt worden, wie im Fall solcher Lieferungen vorzugehen sei. Vor diesem Hintergrund werde auch die Ermessensübung zu prüfen sein. Der Grundsatz von Treu und Glauben sei nämlich ermessensrelevant. Bei der Ermessensübung sei zu berücksichtigen, ob die Einhebung der Abgaben unbillig sei. Eine solche Unbilligkeit könne vorliegen, wenn eine vom Gesetz objektiv nicht gewollte Doppelbesteuerung eintrete.

Mit Schreiben vom teilte die Beschwerdeführerin mit, sie und das Bundesfinanzgericht gingen übereinstimmend davon aus, dass der Sachverhalt und die Ergebnisse des Verfahrens in der Beschwerdesache der ***3*** m.b.H. gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , Zahl ***4***, betreffend Festsetzung von Biersteuer völlig gleich seien und in den hier gegenständlichen Verfahren übernommen werden könnten. Sie ziehe die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Mit Schreiben vom teilte die Beschwerdeführerin mit, sie lege Urkunden zum Beweis dafür vor, dass die Bierlieferungen bei den jeweiligen Empfängern in Italien und in den Niederlanden angekommen seien. Es handle sich dabei um Frachtbriefe mit Empfangsbestätigungen, bestätigte Lieferscheine und Rechnungen der Frachtführer. Die Beschwerdeführerin arbeite noch an einer Dokumentation über die tatsächliche Versteuerung in Italien und in den Niederlanden. Als Beispiel werde ein die ***3*** m.b.H betreffendes Formular aus Italien vorgelegt, aus dem ergebe sich für einen näher genannten Warenausgang die Entrichtung der Biersteuer. Es stehe also unverändert außer Zweifel, dass die Bierlieferungen andere Mitgliedstaaten erreicht hätten und Österreich im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht für die Erhebung der Verbrauchsteuer zuständig sei. Jede Vorschreibung von Biersteuer in Österreich würde zu einer nach Gemeinschaftsrecht verbotenen Doppelbesteuerung führen. Dazu komme, dass die vom Gesetzgeber nicht berücksichtigte Doppelbesteuerung auch bei der Ermessensübung zu berücksichtigen sei. Und eine Ermessensentscheidung liege schon bei der Festsetzung gemäß § 201 BAO vor, und nicht erst wie die belangte Behörde vermeine, bei einem allfälligen Antrag nach § 236 BAO.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in der Beschwerdesache der ***3*** m.b.H. am wurde von der Beschwerdeführerin ausgeführt, sie sei ein Vertriebspartner der ***K*** GmbH gewesen; das zuletzt genannte Unternehmen sei Generalimporteur für ***10*** Bier gewesen und habe dieses nur in Österreich verkaufen dürfen. Der ***K*** GmbH sei es nicht möglich gewesen, die ihr zugeteilte Menge Bier in Österreich verkaufen zu können. Diese Mehrmengen seien in Ländern außerhalb von Österreich verkauft worden, solche Verkäufe habe die ***K*** GmbH jedoch nicht durchführen dürfen. Dies sei dann über die Beschwerdeführerin erfolgt. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei das Zollamt, im Konkreten die Frau ***5***, über die Vorgangsweise informiert gewesen. Die Beschwerdeführerin sei davon ausgegangen, dass Frau ***5*** die Vorgangsweise so verstanden habe, dass das von der ***K*** GmbH zugekaufte und in weiterer Folge an Kunden in Italien und in den Niederlanden verkaufte Bier körperlich nicht in das Bierlager in ***6*** aufgenommen werde. Eine andere Vorgangsweise sei alternativlos geblieben. Das Bier sei von der ***K*** GmbH ab-Werk gekauft worden. Der (steuerliche) Vertreter der Beschwerdeführerin führte auch aus, dass bei der ***Bf1*** der gleiche Sachverhalt vorliege, es dort aber um wesentlich höhere Nachforderungsbeträge gehe.

Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung als Zeugin befragte Frau ***7***, Angestellte der (gegenständlichen) Beschwerdeführerin, gab an, der Frächter sei von ihr beauftragt worden, die Ware von der ***K*** GmbH abzuholen. Der Frachtführer habe ihr gemeldet, wann er die Ware bei der ***K*** GmbH abholen werde. Dem Frachtführer sei das elektronische Verwaltungsdokument für die Beförderung von der Beschwerdeführerin zum jeweiligen Kunden übermittelt worden. Nach erfolgter Beladung des Beförderungsmittels bei der ***K*** GmbH sei ihr vom Frachtführer die Übernahme der Waren gemeldet worden. Erst nach Übernahme der Ware durch den Frachtführer habe sie den Empfang des Biers (Aufnahme in das Steuerlager der Beschwerdeführerin) gemeldet. Die Mitteilung von der Ladung sei nicht immer sofort nach der Beladung erfolgt, jedoch immer am selben Tag. Zum Zeitpunkt der Empfangsbestätigungen habe sich das Bier nicht mehr im Steuerlager der ***K*** GmbH befunden.

Sie könne nicht sagen, ob mit dem Zollamt die Vorgangsweise (wie sie tatsächlich stattgefunden habe) auch so besprochen worden sei. Bei Nachschauen sei ersichtlich gewesen, dass im ersten und im zweiten Beförderungsverfahren das selbe Transportmittel verwendet worden sei. Die Frage, ob die Ware tatsächlich in das Bierlager aufgenommen worden sei, habe sie mit dem Zollamt nicht besprochen. Es seien bei den Nachschauen nur die Dokumente kontrolliert worden. Sie habe der Frau ***5*** nicht mitgeteilt, dass eine körperliche Aufnahme nicht stattfinde bzw. stattgefunden habe.

Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung am in der Beschwerdesache der ***3*** m.b.H. vernommene Mitarbeiterin der belangten Behörde, Frau ***5***, teilte mit, sie habe am gemeinsam mit einem Kollegen eine Nachschau bei der (gegenständlichen) Beschwerdeführerin durchgeführt. Anlass der Nachschau sei eigentlich die Wiedereinführung der Schaumweinsteuer gewesen. Im Zuge dieser Nachschau und auch im Rahmen der Aufnahme der Befundprotokolle, die zeitlich vor der genannten Nachschau erfolgt seien, sei ihr nicht zur Kenntnis gebracht worden, dass das von der ***K*** GmbH bezogene Bier nicht in das Bierlager der Beschwerdeführerin aufgenommen werde bzw. aufgenommen worden sei. Sie habe keine Kenntnis über die tatsächliche Abwicklung, nämlich dass das Bier körperlich nicht in das Bierlager aufgenommen werde, gehabt. Sie habe die praktizierte Vorgangsweise auch nicht gutgeheißen. Sie könne sich nur daran erinnern, dass sie Frau ***7*** in einem Fall ganz aufgeregt angerufen und gefragt habe, was sie tun könne, denn die Einlagerung der bezogenen Ware sei aus zeitlichen Gründen nicht möglich. In diesem einzigen Fall habe sie die Zustimmung erteilt, von einer körperlichen Aufnahme in das Steuerlager der Beschwerdeführerin Abstand nehmen zu können; sie könne sich nicht mehr erinnern, um welche Ware es sich gehandelt habe.

Die ebenfalls im Rahmen der fortgesetzten mündlichen Verhandlung als Zeugin vernommene ehemalige Bedienstete der ***Bf1*** und sich seit März 2013 im Ruhestand befindliche Frau ***8*** gab an, ihr sei nicht bekannt gewesen, ob die Waren versteuert gewesen seien und der Begriff Steueraussetzung sage ihr nichts. Ihr sei von Frau ***5*** telefonisch bestätigt worden, dass das Bier nicht eingelagert und danach wieder ausgelagert werden müsse. Bei einer Gegenüberstellung wies die zu zuletzt genannte Person die Aussage der Zeugin ***8*** entschieden zurück. Frau ***8*** habe ihre Arbeitsstätte nicht am Sitz des Unternehmens bzw. des Bierlagers gehabt, sondern in ***9***. Informationen darüber, wie vorzugehen sei, habe sie bei der ***K*** GmbH eingholt.

Ein Geschäftsführer der Beschwerdeführerin führte aus, er habe im Zuge der Bewilligungserteilung der Frau ***5*** das Steuerlager (Garagen) gezeigt. Seine Wahrnehmung im Jahr 2010 sei jene gewesen, dass aufgrund des geringen Raumangebotes Frau ***5*** davon ausgehen habe können, dass das Bier nicht eingelagert werden könne. Der Deckungsbeitrag zeige, dass es sich um Geschäfte im "Centbereich" gehandelt habe. Vom Geschäftspartner (***K*** GmbH) habe man Teilinformationen zur Abwicklung des Steueraussetzungsverfahrens erhalten. Die Abwicklung sei immer die gleiche gewesen, die Telefonate zwischen der Frau ***8*** und der Frau ***5*** vom Zollamt hätten zu keinen innerbetrieblichen Veranlassungen geführt.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurden die Entscheidungen über die Beschwerden bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Revisonsverfahrens der ***3*** m.b.H. gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom ausgesetzt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 323b Abs. 1 BAO tritt das Zollamt Österreich am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

Nach Beendigung des genannten Revisionsverfahrens mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom waren die ausgesetzten Beschwerdeverfahren von Amts wegen fortzusetzen.

Die Beschwerdeführerin, deren Geschäftszweig der Vertrieb, das Marketing und der Handel von Waren aller Art mit dem Schwerpunkt im "non-food-Bereich" ist, ist (unter anderem) Inhaberin einer Betriebsbewilligung für ein Bierlager. Diese wurde ihr mit Bescheid vom erteilt.

Die Beschwerdeführerin hat in den Jahren 2013 und 2014 von der ***K*** GmbH mit Sitz in Wien unversteuertes Bier zugekauft und an Kunden in Italien und in den Niederlanden weiterverkauft. Für diese, in den Punkten 4.4.2. und 4.6.2. der über das Ergebnis einer Außenprüfung aufgenommen Niederschrift vom angeführten (verfahrensgegenständlichen) Lieferungen wurden von der Verkäuferin des Biers Beförderungen im Verfahren der Steueraussetzung angemeldet (nachfolgend erstes Beförderungsverfahren genannt). Den hierfür eingereichten elektronischen Verwaltungsdokumenten wurden administrative Referenzcodes zugewiesen. In diesen elektronischen Verwaltungsdokumenten ist die ***K*** GmbH als Versender und deren Steuerlager als Abgangsort angegeben. Als Empfänger der Waren ist die Beschwerdeführerin und als Ort der Lieferung ist das Steuerlager (Bierlager) der Beschwerdeführerin ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat in allen Fällen gemeldet, das Bier sei in ihrem Bierlager aufgenommen worden; diese Meldungen wurden validiert. Das von ihr jeweils gemeldete Eingangsdatum ist mit dem im jeweiligen elektronischen Verwaltungsdokument angegebenen Versanddatum ident. Das von den elektronischen Verwaltungsdokumenten erfasste und von der Beschwerdeführerin als bei ihr als eingegangen gemeldete Bier wurde jedoch nicht in das Bierlager der Beschwerdeführerin übernommen.

Denn nachdem der von der Beschwerdeführerin beauftragte Frachtführer das Bier aus dem Steuerlager der ***K*** GmbH übernommen hatte und dieses auf dem Beförderungsmittel verladen war, meldete der Frachtführer der Beschwerdeführerin die Übernahme und Verladung des Biers. Nach Erhalt dieser Mitteilungen durch den Frachtführer erstattete die Beschwerdeführerin die vorstehend genannten Eingangsmeldungen. In weiterer Folge meldete die Beschwerdeführerin im Regelfall vor dem von ihr gemeldeten Eingang (weitere) Beförderungen im Steueraussetzungsverfahren an (nachfolgend zweites Beförderungsverfahren genannt). Das Bier wurde über Anordnung der Beschwerdeführerin entgegen den Angaben in den elektronischen Verwaltungsdokumenten betreffend das erste Beförderungsverfahren direkt vom Steuerlager der ***K*** GmbH an Kunden in Italien und in den Niederlanden geliefert.

Den für das zweite Beförderungsverfahren von der Beschwerdeführerin eingereichten elektronischen Verwaltungsdokumenten wurden administrative Referenzcodes zugewiesen. In diesen Verwaltungsdokumenten sind die Beschwerdeführerin als Versender und ihr Bierlager, in das das Bier nicht aufgenommen worden ist, als Abgangsort ausgewiesen. Als Empfänger sind die Kunden in Italien oder in den Niederlanden, und als Ort der Lieferung die Steuerlager dieser Kunden angegeben. Das in den elektronischen Verwaltungsdokumenten betreffend das zweite Beförderungsverfahren jeweils ausgewiesene Versanddatum deckt sich, soweit nachfolgend nicht anders ausgeführt, mit dem von der Beschwerdeführerin angegebenen Eingangsdatum und mit dem in den jeweiligen elektronischen Verwaltungsdokumenten betreffend das erste Beförderungsverfahren angegebenen Versanddatum. In allen Fällen haben die Kunden in Italien und in den Niederlanden Meldungen über den Eingang des Biers übermittelt. Die Waren sind zu Unternehmen in Italien oder in den Niederlanden geliefert worden.

In den drei Fällen, in denen in den elektronischen Verwaltungsdokumenten betreffend das erste Beförderungsverfahren als Versanddatum der ausgewiesen ist, und in denen die Beschwerdeführerin gemeldet hat, das Bier sei bei ihr am eingegangen, wurde das Bier nach Übernahme durch den Frachtführer und nach Verladung am selben Tag zur Zwischenlagerung in ein Lager verbracht, bei dem es sich nicht um ein Bierlager gehandelt hat. Nach den dort zur Abklärung von Zahlungsmodalitäten erfolgten Zwischenlagerungen wurde das Bier an Kunden in Italien geliefert. In diesen Fällen deckt sich das in den elektronischen Verwaltungsdokumenten betreffend das zweite Beförderungsverfahren jeweils angegebene Versanddatum nicht mit dem von der Beschwerdeführerin angegebenen Eingangsdatum und nicht mit dem in den elektronischen Verwaltungsdokumenten betreffend das erste Beförderungsverfahren jeweils angegebenen Versanddatum.

Gemäß dem im Abgabenverfahren vorherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) genügt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ).

Der vorstehende Sachverhalt stand aufgrund der Feststellungen der belangten Behörde im Rahmen der Außenprüfung, aufgrund der Angaben in den elektronischen Verwaltungsdokumenten und aufgrund der im Verfahren für die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung erfolgten Meldungen, aufgrund der mit Schreiben der Beschwerdeführerin vom vorgelegten Lieferunterlagen und aufgrund der Angaben und Aussagen in der mündlichen Verhandlung in der Beschwerdesache der ***3*** m.b.H., in der der gleiche Sachverhalt wie gegenständlich vorlag und auf deren Verfahren der Beschwerdeführer mit Schreiben vom hingewiesen hat, fest. Die Beschwerdeführerin bestätigte mit ihrer Unterschrift die Richtigkeit des in der Niederschrift dargestellten Sachverhaltes und auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin in den Beschwerden und in den Vorlageanträgen bestätigen den als erwiesen angenommenen Sachverhalt. So hat die Beschwerdeführerin selbst angegeben, die von der ***K*** GmbH zugekaufte und von dieser aus deren Steuerlager im Verfahren der Steueraussetzung übernommene Bier körperlich nicht in ihr Steuerlager aufgenommen zu haben, sondern direkt an Kunden in Italien oder in den Niederlanden geliefert zu haben.

Der Ablauf und das Prozedere im Zusammenhang mit der Übernahme und Verladung des Biers bei der ***K*** GmbH, mit den Eingangsmeldungen durch die Beschwerdeführerin, mit der Eröffnung des zweiten Beförderungsverfahrens und mit dem tatsächlichen Beförderungsgeschehen ergaben sich nicht nur aus den Feststellungen im Rahmen der Außenprüfung sowie aus den Verwaltungsdokumenten selbst, sondern wurden auch die Aussage der Zeugin ***7***, Dienstnehmerin der Beschwerdeführerin, bestätigt. Selbst die belangte Behörde ging davon aus, dass die Waren nach Italien oder in die Niederlande geliefert worden sind. Bestätigt wird dies durch die Empfangsbestätigungen und durch die vorgelegten Lieferunterlagen.

Im Verfahren der ***3*** m.b.H., dem ein identer Sachverhalt zugrunde gelegen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof mit dem (bereits genannten) Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0129-6, wie folgt erkannt (auszugsweise):

"22 Nach § 7 Abs. 1 des Biersteuergesetzes 1995 (im Folgenden: BierStG) entsteht die Steuerschuld, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, durch die Überführung des Biers in den steuerrechtlich freien Verkehr.

23 Eine solche Überführung des Biers in den steuerrechtlich freien Verkehr erfolgt nach § 7 Abs. 1 Z 1 BierStG etwa durch die Wegbringung aus einem Steuerlager, ohne dass sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren anschließt, oder nach § 7 Abs. 1 Z 3 BierStG durch eine Unregelmäßigkeit nach § 23 leg. cit. bei der Beförderung unter Steueraussetzung.

24 Als Unregelmäßigkeit im Verkehr unter Steueraussetzung gilt nach § 23 Abs. 1 BierStG ein während der Beförderung von Bier unter Steueraussetzung eintretender Fall, mit Ausnahme der hier nicht interessierenden in § 7 Abs. 4 leg. cit geregelten Fälle, aufgrund dessen die Beförderung oder ein Teil der Beförderung nicht ordnungsgemäß beendet werden kann.

25 § 23 BierStG ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die darin verwendete Wortfolge "ordnungsgemäß beendet" als nach "Art. 20 Abs. 2 der RL 2008/118/EG beendet" zu verstehen ist (vgl. ).

26 § 15 BierStG in der im Revisionsfall noch maßgeblichen Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 151/2009, samt Überschrift lautet:

  • "Verkehr unter Steueraussetzung im Steuergebiet

  • § 15. (1) Bier darf unter Steueraussetzung befördert werden aus Steuerlagern im Steuergebiet oder von registrierten Versendern (§ 18) vom Ort der Einfuhr im Steuergebiet

1. in Steuerlager oder

2. in Betriebe, denen die steuerfreie Verwendung nach § 6 Abs. 2 bewilligt wurde, oder

3. soweit die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach den internationalen Übereinkommen und zwischenstaatlichen Verträgen vorliegen, zu diplomatischen Missionen, konsularischen Vertretungen oder zu den in internationalen Übereinkommen und Amtssitzabkommen vorgesehenen internationalen Einrichtungen

  • im Steuergebiet.

  • (2) Das Bier ist unverzüglich vom Inhaber des beziehenden Steuerlagers in sein Steuerlager oder vom Inhaber des Bierverwendungsbetriebes in seinen Betrieb aufzunehmen oder von den im Abs. 1 Z 3 genannten Empfängern zu übernehmen.

  • (3) In den Fällen des Abs. 1 beginnt die Beförderung unter Steueraussetzung, wenn das Bier das Steuerlager verlässt oder am Ort der Einfuhr in den zollrechtlich freien Verkehr nach Art. 79 des Zollkodex überführt worden ist und endet mit der Aufnahme oder Übernahme des Bieres.

  • (4) Der Inhaber des abgebenden Steuerlagers oder der registrierte Versender hat Sicherheit für den Versand in Höhe der Steuer zu leisten, die bei einer Entnahme des Bieres in den freien Verkehr entstehen würde, wenn Anzeichen für eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Biersteuer erkennbar sind. Besteht eine ausreichende Lagersicherheit, deckt diese auch den Versand ab. Das Zollamt kann auf Antrag zulassen, dass die Sicherheit durch den Beförderer oder den Empfänger des Bieres geleistet wird."

27 Gemäß § 16 Abs. 1 Z 2 BierStG darf Bier unter Steueraussetzung aus Steuerlagern im Steuergebiet u.a. in Steuerlager oder in Betriebe von registrierten Empfängern in anderen Mitgliedstaaten befördert werden, wobei die Beförderung unter Steueraussetzung gemäß § 16 Abs. 3 leg. cit. beginnt, wenn das Bier das Steuerlager verlässt.

28 Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG, ABl. L 9 vom , (im Folgenden: RL 2008/118/EG) entsteht der Verbrauchsteueranspruch zum Zeitpunkt und im Mitgliedstaat der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr.

29 Als Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr im Sinne dieser Richtlinie gilt nach Art. 7 Abs. 2 Buchstabe a der RL 2008/118/EG die Entnahme verbrauchsteuerpflichtiger Waren, einschließlich der unrechtmäßigen Entnahme, aus dem Verfahren der Steueraussetzung.

30 Ein Steuerlager ist nach Art. 4 Nr. 11 der RL 2008/118/EG ein näher bestimmter Ort, an dem verbrauchsteuerpflichtige Waren im Rahmen eines Verfahrens der Steueraussetzung vom zugelassenen Lagerinhaber in Ausübung seines Berufs u.a. gelagert, empfangen oder versandt werden.

31 Die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren in einem Verfahren der Steueraussetzung aus einem Steuerlager zu einem anderen Steuerlager oder zu einem zugelassenen Empfänger beginnt gemäß Art. 20 Abs. 1 der RL 2008/118/EG, wenn die Waren das Abgangssteuerlager verlassen, und endet gemäß Art. 20 Abs. 2 leg. cit., wenn der Empfänger die Waren übernommen hat.

32 Eine Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren gilt gemäß Art. 21 Abs. 1 der RL 2008/118/EG nur dann als in einem Verfahren der Steueraussetzung durchgeführt, wenn sie mit einem e-VD erfolgt, welches nach den Abs. 2 und 3 des Art. 21 leg. cit. erstellt wurde.

33 Im Revisionsfall befand sich das in Rede stehende Bier somit im Verfahren der Steueraussetzung im Steuerlager der K GmbH, bis es dieses Steuerlager verlassen hat. Ein Verkauf des Biers an die Revisionswerberin ändert daran nichts (vgl. auch Polihim-SS EOOD, C-355/14, Rn 47 bis 55).

34 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts wurden jeweils am selben Tag (in einem Fall aufgrund einer Zwischenlagerung an unterschiedlichen Tagen), an dem das Bier das Steuerlager der K GmbH verließ, zwei e-VD ausgestellt, nämlich eines mit der Angabe der K GmbH als Versender, der Revisionswerberin als Empfänger und dem Steuerlager der Revisionswerberin als Ort der Lieferung und ein weiteres mit der Revisionswerberin als Versender, deren Steuerlager als Abgangssteuerlager und dem jeweiligen Käufer des von der Revisionswerberin weiterverkauften Bieres als Empfänger mit dem Lieferort im jeweiligen anderen Mitgliedstaat.

35 Diese Vorgangsweise mag dem Umstand geschuldet sein, dass die verbrauchsteuerrechtlichen Bestimmungen eine Regelung für den Fall nicht ausdrücklich vorsehen, bei welchem der erste Verkäufer den letzten Käufer nicht kennt und die Beförderung unmittelbar vom ersten Verkäufer zu diesem letzten Käufer erfolgen soll.

36 Art. 17 Abs. 2 der RL 2008/118/EG sieht lediglich den Fall vor, dass der Bestimmungsmitgliedstaat eine Direktlieferung an einen in seinem Gebiet befindlichen Bestimmungsort zulassen kann, wenn dieser Ort vom zugelassenen Lagerinhaber im Bestimmungsmitgliedstaat oder vom registrierten Empfänger angegeben wurde. Solch ein Sachverhalt lag offensichtlich einem, mehrwertsteuerrechtliche Fragen zur Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren beantwortenden, Urteil des EuGH zu Grunde (vgl. AREX CZ a.s., C-414/17, Rn 17f, 58 und 78). Eine Regelung für eine Direktlieferung vom Steuerlager des ersten Verkäufers im Abgangsmitgliedstaat zu einem Bestimmungsort im (anderen) Bestimmungsmitgliedstaat, wenn der erste Käufer über ein zugelassenes Steuerlager nicht im Bestimmungsmitgliedstaat, sondern im Abgangsmitgliedstaat verfügt und dieser die Direktlieferung an seinen (den zweiten) Käufer für sich in Anspruch nehmen möchte, fehlt. Eine Änderung des Bestimmungsorts während der Beförderung sieht Art. 21 Abs. 8 der RL 2008/118/EG lediglich durch den Versender, nicht aber durch den Empfänger vor.

37 Es kann im Revisionsfall dahin gestellt bleiben, ob für eine Beförderung jeweils zwei unzutreffende e-VD bestanden haben (das jeweils erste mit der Angabe eines unzutreffenden Empfängers und das jeweils zweite mit der Angabe eines unzutreffenden Abgangssteuerlagers) und ob diese fehlerhaften e-VD überhaupt dazu führten, dass die einzige Beförderung nicht im Sinne des Art. 20 Abs. 2 der RL 2008/118/EG beendet worden ist, sodass auf Grund dieser Unregelmäßigkeit das Bier dem Verfahren der Steueraussetzung entnommen worden und der Steueranspruch entstanden ist.

38 Denn nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts wurde von den in den jeweils zweiten e-VD angeführten Empfängern in anderen Mitgliedstaaten Meldungen über den Eingang des in Rede stehenden Biers übermittelt.

39 Der EuGH hat zu der von der RL 2008/118/EG aufgehobenen Richtlinie 92/12/EWG klar und unmissverständlich ausgesprochen, dass die Richtlinie 92/12/EWG bezwecke, in bestimmtem Umfang den Besitz, den Verkehr und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren zu regeln, und zwar insbesondere, um zu gewährleisten, dass der Verbrauchsteueranspruch in allen Mitgliedstaaten unter den gleichen Umständen gegeben ist. Diese Harmonisierung ermögliche es grundsätzlich, Doppelbesteuerungen im Verhältnis zwischen Mitgliedstaaten zu vermeiden. In der RL 92/12/EWG werde die allgemeine Regel aufgestellt, dass eine verbrauchsteuerpflichtige Ware, die in einem Mitgliedstaat in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden ist, und sich zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstaat befindet, im letztgenannten Staat besteuert wird. Der Steueranspruch entstehe somit im Bestimmungsmitgliedstaat der Ware und nicht im Mitgliedstaat der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr (vgl. Meiland Azewijn BV, C-292/02, Rn 35, und vor allem Ralph Prankl, C-175/14, Rn 20 und 21, sowie jüngst Silcompa SpA, C-95/19, Rn 44). Der Abgangsmitgliedstaat bleibt nur unter der Voraussetzung für die Erhebung der Verbrauchsteuer zuständig, dass die verbrauchsteuerpflichtigen Waren nicht zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstaat in Besitz gehalten werden ( Ralph Prankl, C-175/14, Rn 24 und 25).

40 Diese Rechtsprechung ist auf die im Revisionsfall maßgebliche RL 2008/118/EG zu übertragen, welche lediglich aus Gründen der Klarheit die Richtlinie 92/12/EWG in der Fassung derer Änderungen ersetzt hat (vgl. erster Erwägungsgrund der RL 2008/118/EG).

41 Ist der Abgangsmitgliedstaat nach dieser Rechtsprechung des EuGH aber nicht für die Erhebung der Verbrauchsteuer zuständig, wenn sich die Ware bereits zu gewerblichen Zwecken im Bestimmungsmitgliedstaat befindet, kommt eine Festsetzung der Verbrauchsteuer im Abgangsmitgliedstaat zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Betracht (vgl. Bieber/Brandl, SWI 2015, 610 [612f])".

Das Bundesfinanzgericht schließt sich unter Berücksichtigung der im Erkenntnis genannten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und im Hinblick auf die Bestimmung des Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie 2008/118/EG der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes an. Da im verfahrensgegenständlichen Fall - selbst wenn eine Unregelmäßigkeit vorgelegen wäre - Österreich für die Erhebung der Verbrauchsteuer nicht zuständig war, weil die Waren zu Unternehmen in Italien oder in die Niederlande geliefert worden sind, waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen, sondern stützt die Entscheidung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und auf die des Verwaltungsgerichtshofes in einem Fall, dem ein identer Sachverhalt wie dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegen ist.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 23 Abs. 1 BierStG 1995, Biersteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 701/1994
Verweise
VwGH, Ra 2018/16/0129
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2200008.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at