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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.06.2021, RV/2100182/2021

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei einfacher Postaufgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch taxteamhuber Steuerberatung OG, Bahnhofstraße 4, 4840 Vöcklabruck, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Beschwerde gegen die Erstattung der Vorsteuern für den Zeitraum 1-12/2013 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist in Bezug auf den Bescheid über die Vorsteuererstattung vom stattgegeben wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Erstattungsantrag vom reichte die Beschwerdeführerin (Bf.), eine deutsche Kosmetikfirma, einen Vorsteuererstattungsantrag für den Zeitraum 1-12/2013 in Höhe von 17.000 € ein.
Im angefochtenen Bescheid vom wurde die Erstattung mit der Begründung abgewiesen, weil der Erstattungsantrag verspätet eingebracht wurde.
Entsprechend einem E-Mail der steuerlichen Vertretung vom wurde dem Finanzamt die angeblich übersandte Beschwerde vom betreffend Vorsteuervergütungsantrag für das Jahr 2013 übermittelt.
Mit Schreiben vom wurde die Bf. aufgefordert, einen Nachweis der rechtzeitigen Einreichung und des Einlangens der Beschwerde bei der Behörde beizulegen und für den Fall der rechtzeitigen Einreichung der Beschwerde eine Bestätigung des Bundeszentralamtes für Steuern beizubringen, dass der Antrag rechtzeitig und vollständig übermittelt worden sei.
Mit Antwort vom übersandte die Bf. einen Auszug des Postausgangsbuches (Anlage 1) als Nachweis der rechtzeitigen Einreichung der Beschwerde.
Weiters wurde der bereits übermittelte Antrag auf Umsatzsteuervergütung für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2013 inklusive Empfangsbestätigung beigeschlossen.
Des Weiteren begehrte die Bf. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da der mechanisch technische Fehler seitens der Finanzbehörden nicht zu ihren Lasten auszulegen sei. Wie in der Beschwerde detailliert erläutert sei der Vorgang nunmehr bei der belangten Behörde zu klären, da das BZSt keine Eingangsbestätigung aus dem Jahr 2014 liefern könne bzw. seinerzeit nicht liefern konnte. Es sei für sie nicht ersichtlich, weshalb ein derartiges technisches Versehen ihrer Mandantin zu Lasten fällt, obwohl dies außerhalb ihres Einflussbereiches liege.
Aus dem Auszug des Postausgangsbuches geht hervor, dass betreffend "Vorsteuervergütung" für das Veranlagungsjahr 2016 am ein Brief an das Finanzamt nach Österreich gesandt worden sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gemäß § 260 BAO zurückgewiesen. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, die angeführte Beschwerde sei nie beim Finanzamt eingelangt. Der vorgelegte Auszug aus dem Postausgangsbuch sei ein Screenshot der internen Postausgangsliste und zeige, dass ein Schreiben an das Finanzamt gesendet wurde, aber es sei daraus kein Nachweis des tatsächlichen Einlangens oder Absendens zu entnehmen. Die Zustellung des angefochtenen Bescheides vom sei elektronisch durch die EDV erfolgt. Gegenteiliges wurde nicht behauptet und sei auch der Aktenlage nicht entnehmbar. Erstmals sei mit E-Mail vom eine Abschrift dieser Beschwerde beim Finanzamt eingegangen, was weit außerhalb der Monatsfrist des § 245 Abs. 1 BAO sei.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH erfolge die Beförderung durch die Post auf Gefahr des Absenders. Die entsprechenden Judikaturzitate wurden angeführt. Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde treffe den Absender, wobei der Beweis der Postaufgabe nicht ausreiche.

Mit elektronischer Eingabe über Finanzonline vom überreichte der nunmehr beauftragte inländische steuerliche Vertreter einen Vorlageantrag und behauptete, der deutsche steuerliche Vertreter habe in diesem Verfahren geltenden Fristen durch rechtzeitiges Tätigwerden eingehalten. Überdies habe dieser jeweils sowohl beim BZSt als auch beim Finanzamt Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nachweislich gestellt. Die auch im Zuge des Vorhalteverfahrens der mit Fax vom erneut übermittelte Beschwerde sei als Wiedereinsetzungsantrag zu werten. Der Antrag sei rechtzeitig innerhalb der Dreimonatsfrist erfolgt, da der deutsche steuerliche Vertreter frühestens am durch die Korrespondenz mit dem Finanzamt darauf aufmerksam wurde, dass die Beschwerde vom nie beim Finanzamt eingelangt sei. In eventu und zusätzlich zum Vorlageantrag werde auch ein ausdrücklich bezeichneter Wiedereinsetzungsantrag gestellt, dessen Frist zur Einreichung erst am ablaufe. Bei Stattgabe des Antrages trete der wegen der Versäumung der Beschwerdefrist erlassene Zurückweisungsbescheid ex lege außer Kraft und es sei sodann das ursprüngliche Anbringen (Antrag auf Vorsteuererstattung 2013) einer materiell-rechtlichen Erledigung zu unterziehen.

Mit Eingabe vom überreichte die Bf. einen Antrag auf Vorlageerinnerung und führte aus, mit Beschwerdevorentscheidung vom sei die Beschwerde vom betreffend Vorsteuererstattung 2013 als verspätet zurückgewiesen und dem über die entsprechende Standardmaske in FinanzOnline eingebrachten Vorlageantrag gemäß § 264 Abs. 1 BAO nicht entsprochen worden, da die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht unter Verletzung der Vorlagepflicht gemäß § 265 Abs. 1 BAO durch die Abgabenbehörde nicht erfolgt sei. Im Zuge dieser Vorlageerinnerung verweise sie auf eine am in diesem Verfahren eingebrachte Bescheidbeschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom hinsichtlich des Antrages vom (eingelangt ) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO betreffend der oa. Beschwerdevorentscheidung vom wiederum in Bezug auf den Bescheid 2013 vom (betreffend Vorsteuererstattung 2013). Sie gebe dazu bekannt, dass sie im Fall einer negativen Entscheidung über diese Bescheidbeschwerde vom einen entsprechenden Antrag auf Vorlage an das Bundesfinanzgericht stellen werde. Es handle sich letztlich um ein und das selbe Verfahren und die zusätzlichen Rechtsmittel würden somit in eventu eingebracht, da der Bf. bislang jeglicher, verfahrensrechtlicher Zugang auf Vorsteuererstattung verwehrt worden sei. Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
In ihrer Sachverhaltsdarstellung sei der Erstattungsantrag vom betreffend den Zeitraum 1-12/2013 als verspätet abgewiesen worden, weil die Frist zur Antragstellung bereits am abgelaufen sei. Weiters sei am eine Beschwerde gegen diesen Bescheid eingereicht worden, die zurückgewiesen wurde. Mit hg. Beschluss RV/2100693/2020 vom wurde die gegenständliche Bescheide als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Im angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Bf. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom , eingebracht am , abgewiesen.
In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, der Vorsteuererstattungsantrag 1-12/2013 sei erst am im Ansässigkeitsstaat eingebracht worden und daher könne eine Erstattung der Vorsteuern für das Jahr 2013 nicht erfolgen. Es sei auch vom Bundeszentralamt für Steuern erklärt worden, ein derartiger Antrag sei nicht eingelangt und gelte daher als "nicht gestellt". Die Antragsfrist für die gegenständliche Vorsteuererstattung ende am 30.9. des Folgejahres und sei nicht verlängerbar. Daher sei es unerheblich, ob eine Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom eingereicht worden sei, da eine Erstattung der Vorsteuern nicht erfolgt wäre (?).

Gegen diesen Bescheid wandte sich die Beschwerde und führte wiederholenderweise aus, trotz jeglicher Anbringen und gesetzter zumutbarer Maßnahmen der Bf. und ihrer Vertreter sei es verfahrensrechtlich bisher nicht möglich gewesen, eine Erstattung der ursprünglich beantragten Vorsteuer zu erlangen. Sie verweise daher auf die bisherigen aktenkundigen Eingaben und verzichte auf die Erlassung einer weiteren Beschwerdevorentscheidung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Rechtsquellen:

Bundesabgabenordnung (BAO)

§ 308 Abs. 1:
Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

§ 310
Abs. 1: Die Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand obliegt der Behörde, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war.
Abs. 2: Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, steht die Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde zu.
Abs. 3: Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat. Soweit die versäumte Handlung erst die Einleitung eines Verfahrens zur Folge gehabt hätte, ist durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung die ursprünglich versäumte Handlung als rechtzeitig vorgenommen anzusehen.

§ 245 Abs. 1 BAO
Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat. Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird die Beschwerdefrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt. Dies gilt sinngemäß, wenn ein Bescheid auf einen Bericht (§ 150) verweist.

§ 260 Abs. 1 BAO
Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.
Gemäß § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
Erledigungen werden gemäß § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.
Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.
Nach § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.

Der Zurückweisungsbescheid betreffend den Antrag auf Erstattung der abziehbaren Vorsteuern vom wurde am erlassen. Die angeblich eingereichte Beschwerde vom wurde erst mit dem als Antrag auf Wiedereinsetzung des Verfahrens wegen Versäumung der Beschwerdefrist zu deutenden Eingabe vom der belangten Behörde (verspätet) überreicht.
Die verspätete Aufgabe der Beschwerde ist daher erwiesen, auch wenn laut Postaufgabebuch des steuerlichen Vertreters die Beschwerde am bei der Post aufgegeben worden sein soll. Der Postaufgabestempel wäre ein eindeutiger Beweis für das Aufgabedatum. Ein solcher wurde allerdings nicht beigebracht. Die verspätete Aufgabe liegt in der Sphäre der Bf.
In sachverhaltsmäßiger Hinsicht konnte von der Bf. lediglich glaubhaft gemacht werden, am ein als Beschwerde bezeichnetes Dokument erstellt zu haben. Damit ist aber weder die Aufgabe des Schriftsatzes an einen Postdienstleister noch dessen Einlangen bei der belangten Behörde ausreichend bewiesen. Die Beförderung der Sendung durch die Post erfolgt auf Gefahr des Absenders. Auch wenn üblicherweise der Post übergebene Briefsendungen den Adressaten erreichen, ersetzt diese Erfahrungstatsache den Beweis des Einlangens nicht.

Entsprechend der Judikatur des VwGH soll dem Wortlaut und dem Sinne des § 308 Abs. 1 BAO entsprechend das Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verhindern, dass einer Partei, die gegen ein unverschuldet oder nur leicht fahrlässig im Sinne des § 1332 ABGB bzw. nicht auffallend sorglos verschuldet unvorhergesehenen oder unabwendbar eintretendes Ereignis nichts unternehmen kann, wenn wegen der prozessualen Folgen dieses Ereignisses die Prüfung ihres materiellen Anspruches verweigert wird. Ganz abgesehen davon, dass keine allgemeine Verpflichtung besteht, eine Beschwerde als bescheinigte Sendung aufzugeben, ist ein Ereignis unabwendbar, wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten (objektiv) nicht verhindern konnte, auch wenn sie dessen Eintritt voraussah. Unvorhergesehen ist ein Ereignis, das die Partei nicht einberechnet hat und dessen Eintritt sie auch unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht (subjektiv) nicht erwarten konnte. Diese Rechtsprechung geht auch davon aus, eine behauptete Postaufgabe eines Schriftsatzes als nicht bescheinigte Sendung und eine Unterlassung einer jedenfalls nicht vorgeschriebenen Überprüfung des Einlangens bei der Behörde, sei nicht als auffallend sorgloses Verhalten des Bf. zu deuten. Im Übrigen hält der VwGH der von der damaligen belangten Behörde ins Treffen geführten älteren Judikatur entgegen, dass eine Wandlung dieser zu beobachten sei und auch auffalle, dass in jüngerer Zeit Sachverhalte als Wiedereinsetzungsgründe anerkannt worden seien, die vor Jahren und Jahrzehnten nach der Rechtsprechung nicht solche gewesen seien ().

In diesem Sinne wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Bf. die Rechtsverteidigungsmöglichkeit abgeschnitten. Das Bundesfinanzgericht teilt zwar die grundsätzliche Rechtsansicht der belangten Behörde, die Antragsfrist sei als gesetzliche (Verordnung) Fallfrist nicht verlängerbar, diese übersieht allerdings, es ging der Bf. im gegenständlichen "Doppelantrag" auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einerseits wegen Versäumung der Beschwerdefrist, weil der maßgebliche Schriftsatz bei der Behörde nicht eingelangt sei und andererseits, weil der seinerzeitig vermeintliche rechtzeitig über das Bundeszentralamt gestellte Antrag nicht nach Österreich weitergeleitet worden sei. Der erste Teil wurde mehr oder weniger mit dem Hinweis erledigt, es sei unerheblich, ob eine Beschwerde innerhalb der Rechtsmittelfrist eingereicht worden sei, weil eine Erstattung der Vorsteuern nicht erfolgt sei. Diese eher kurz gehaltene und unklare Ausführung kann möglicherweise dahingehend gedeutet werden, ausgehend von einer nicht verlängerbaren Fallfrist für die Einreichung von Vorsteuererstattungsanträgen könnte eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ohnehin nicht für zulässig erachtet werden. Nach einschlägiger Kommentarliteratur besteht die Möglichkeit zur Wiedereinsetzung bei Fristen unabhängig davon, ob es sich um eine verfahrensrechtliche oder materielle Frist handle, ob sie ein Verfahren einleite oder ob sie innerhalb eines Verfahrens bestehe oder ob sie verlängerbar sei (vgl. Ritz, BAO6, § 308, Tz. 3). Daher ist auch im Erstattungsverfahren eine grundsätzliche Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist denkbar.
Ausgehend von einer anderen Rechtsansicht wurde diese Möglichkeit von der belangten Behörde gar nicht weiter in Betracht gezogen und abgelehnt.
Daher befindet sich durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Verfahren wieder im offenen Beschwerdeverfahren gegen den Ablehnungsbescheid der Erstattung von Vorsteuern. In diesem werden die in der Beschwerde vom relevierten Umstände des Einreichens oder Nichteinreichens eines Erstattungsantrages näher zu untersuchen sein. Ohne diesem Verfahren vorgreifen zu wollen, liegt es an der Bf. ihr Vorbringen durch klare und aussagekräftige Beweismittel in Form von individuellen fallbezogenen Stellungnahmen zu substantiieren, wobei darauf Bedacht zu nehmen sein wird, dass weder die belangte Behörde noch ein allfällig später angerufenes Bundesfinanzgericht mit den konkreten technischen Abläufen von der Eingabe bis zur Ablage am Server des Bundeszentralsamts für Steuern (BZSt) und dessen Weiterleitung an die österreichische Finanzbehörde, zu der es anscheinend gar nicht gekommen ist (vgl. Ausführungen der Beschwerde vom , Seite 2, Absatz 1), vertraut sind und allenfalls bei weiteren Unklarheiten die deutschen Finanzbehörden zur Sachverhaltsaufklärung im Wege der Amtshilfe ersuchen müssten, was naturgemäß mit weiteren Verzögerungen verbunden wäre. Abschließend erlaubt sich das Bundesfinanzgericht in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass gerade bei Anträgen, die vorwiegend Rechte zu Gunsten des Antragstellers geltend machen und deren Ausgangssachverhalt im Ausland stattfindet, dieser zu einer umfassenden Mitwirkung verpflichtet sein wird. Mit der bloßen Vorlage von ohnehin unbestrittenen oder allgemein gehaltenen Dokumenten und nicht weiter nachprüfbaren Prozessbehauptungen wird der Darlegungsverpflichtung möglicherweise nicht ausreichend Genüge getan.

Daher war der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100182.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at