Keine Bewertung als unbebautes Grundstück bei Abriss eines Altgebäudes und Errichtung eines Neubaues
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache XY GmbH & Co KG, Adresse, über die Beschwerden vom und vom betreffend den Feststellungsbescheid zum (Artfortschreibung) vom , den Grundsteuermessbescheid zum vom und den Bescheid über die Bodenwertabgabe vom des Finanzamt Graz-Stadt (nunmehr gem § 323b BAO Finanzamt Österreich) zu Recht erkannt:
Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Übergang der Zuständigkeit vom UFS auf das BFG
Da die gegenständliche Berufung am beim unabhängigen Finanzsenat anhängig war, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung gem § 323 Abs 38 BAO auf das Bundesfinanzgericht übergegangen und ist die Rechtssache als Beschwerde iSd Art. 130 Abs 1 B-VG zu erledigen.
Verfahrensgang
Mit Vollmacht vom hat die Z GmbH als Komplementär der Beschwerdeführerin (Bf) der Dr. Binder & Co Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH (nunmehr BG&P Binder Grossek & Partner Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung GmbH) die Vollmacht für die steuerliche Vertretung und zum Empfang von Schriftstücken, insbesondere der Abgabenbehörden, eingeräumt.
Die Bf, die XY GmbH & Co KG (FN Nummer) wurde am im Firmenbuch eingetragen und am im Firmenbuch auf Antrag gelöscht.
Am ist ein Feststellungsbescheid zum (Artfortschreibung § 21 Abs 1 Z 2 BewG) und ein Grundsteuermessbescheid zum (Fortschreibungsveranlagung) ergangen. Beide Bescheide waren in einem gemeinsamen Schreiben zusammengefasst und waren an "XY GmbH & CoKG, Adresse" adressiert. Am erging auf der Basis des Feststellungsbescheides vom ein Bescheid über die Bodenwertabgabe für den Zeitraum 2011 bis 2013.
Gegen den Feststellungsbescheid zum und den Grundsteuermessbescheid zum beide vom sowie gegen den Bescheid über die Bodenwertabgabe vom wurde innerhalb der offenen Rechtsmittelfrist am Berufung (nunmehr Beschwerde) erhoben.
Am erging hinsichtlich dieser Berufung gegen den Feststellungsbescheid zum vom und den Grundsteuermessbescheid zum vom ein Zurückweisungsbescheid gem § 273 Abs 1 BAO idF vor dem . Begründend wurde ausgeführt:
"Die Zurückweisung erfolgte, weil die Berufung aus folgendem Grund nicht zulässig ist:
Die o.a. Bescheide wurden nicht der gemäß § 81 BAO vertretungsbefugten Person zugestellt und sind daher nicht rechtswirksam ergangen."
Am erging neuerlich ein Feststellungsbescheid zum (Artfortschreibung § 21 Abs 1 Z 2 BewG) und ein Grundsteuermessbescheid zum , wobei als Adressat der Bescheide handschriftlich der bevollmächtigte Vertreter gem § 81 BAO angeführt und die Bescheide mit dem Hinweis auf die Zustellfiktion des § 101 Abs 3 BAO ergänzt wurden.
Am folgte eine Berufungsvorentscheidung betreffend die Berufung vom gegen den Bescheid über die Bodenwertabgabe vom . Die Berufungsvorentscheidung wies die Berufung als unbegründet ab und begründete dies wie folgt:
"Den Angaben in Ihrer Berufung zufolge hat im Juni 2010 der Gebäudeabbruch stattgefunden und wurde mit dem Neubau von Wohnungen/Geschäften im Dezember 2010 begonnen - Fundamente.
Gemäß § 1 BWAG sind Gegenstände der Bodenwertabgabe die unbebauten Grundstücke gemäß § 55 BewG 1955. Bei einem Fundament handelt es sich um kein Gebäude, sodass zum Stichtag noch immer ein unbebautes Grundstück und noch kein Grundstück im Zustand der Bebauung im Sinne des § 53 Abs. 9 BewG 1955 vorliegt.
Gemäß § 53 Abs. 9 BewG 1955 sind bei der Feststellung von Einheitswerten von Grundstücken, die sich zum Feststellungszeitpunkt im Zustand der Bebauung befinden, zum Wert des Grund und Bodens und der benützungsfertigen Gebäude und Gebäudeteile die Kosten hinzuzurechnen, die für die in Bau befindlichen Gebäude und Gebäudeteile bis zum Feststellungszeitpunkt entstanden sind.
Der Gesetzeswortlaut geht neben dem Wert des Grund und Bodens vom Vorhandensein benützungsfertiger Gebäude(-teile) aus. Als Minimum für ein(en) Gebäude(teil) muss das Kellergeschoß fertig sein. Nach dem von der Judikatur entwickelten Gebäudebegriff ist ein Bauwerk dann ein Gebäude, wenn es Personen, Tieren oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Zutritt von Menschen gestattet, mit dem Grund und Boden fest verbunden und von einiger Beständigkeit ist. Bei unterkellerten Gebäuden muss somit die Kellerdecke, bei nicht unterkellerten Gebäuden die erste Geschoßdecke fertig gestellt sein, damit ein Grundstück im Zustand der Bebauung vorliegt. Wird bloß ein Fundament errichtet, liegt zwar ein Bauwerk vor, dieses fällt aber nicht unter die aus dem Wortlaut des § 53 Abs. 9 Satz 1 BewG 1955 ableitbare Definition des Begriffes eines Grundstückes im Zustand der Bebauung."
Am wurde seitens des steuerlichen Vertreters der Bf Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen den Feststellungsbescheid zum vom , den Grundsteuermessbescheid zum vom und gegen den "Bescheid über die Bodenwertabgabe 2011 und 2012 vom " erhoben. Mit selben Schreiben wurde ein "Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch den gesamten Berufungssenat sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung" gestellt.
Am erfolgte betreffend die Berufungsvorentscheidung vom (betreffend Bescheid über die Bodenwertabgabe vom ) ein Antrag auf Vorlage der Berufung (nunmehr Beschwerde) und mit selben Schreiben die Zurücknahme der Berufung vom betreffend den Bescheid über die Bodenwertabgabe 2011 und 2012 vom . Die Zurücknahme der Berufung wurde damit begründet, dass lt telefonischer Auskunft der Bescheid über die Bodenwertabgabe vom noch immer im Rechtsbestand sei und dass die telefonische Auskunft, dass es einen neuen Bodenwertabgabebescheid vom gäbe, nicht korrekt gewesen sei.
Hinsichtlich der Berufung gegen den Feststellungsbescheid zum vom und gegen den Grundsteuermessbescheid zum vom wurde keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sodass die Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen diese beiden Bescheide dem UFS (nunmehr BFG) entsprechend § 276 BAO idF vor dem direkt zur Entscheidung vorgelegt wurden.
Mit Schreiben vom wurden durch den steuerlichen Vertreter der Bf die Anträge auf eine mündliche Verhandlung und auf eine Senatsentscheidung zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Am erging ein Feststellungsbescheid zum (Wertfortschreibung § 21 Abs 1 Z 1 BewG) in welchem die streitgegenständliche Liegenschaft (KG, EZ, GrStNr) als Geschäftsgrundstück bewertet wurde.
Am erging von der Bau- und Anlagenbehörde der Stadt Graz der Bescheid für eine Abbruchbewilligung auf dem Grundstück KG, EZ, GrStNr. Lt unbestrittenem Vorbringen der steuerlichen Vertretung der Bf wurde die gegenständliche Liegenschaft im November 2009 erworben und erfolgte der Abbruch des auf der gegenständlichen Liegenschaft befindlichen Autohauses samt Lagerhalle im Juni 2010. Der Abbruch erfolgte um auf der gegenständlichen Liegenschaft Wohn- und Geschäftsgebäude zu errichten. Mit dem Neubau der Wohnungen bzw des Geschäftshauses wurde im Dezember 2010 begonnen. Entsprechend dem Vorbringen der Bf vom an das Finanzamt Graz-Stadt samt der beigefügten Fotodokumentation wurde im Dezember 2010 mit dem Aushub des Kellers im "Bereich Keller Haus A" samt Betonierung des Bodenfundamentes begonnen. Die Fotos zeigen den Baufortschritt beginnend mit dem Aushub der Baugrube am und die Schalungs- und Armierungsarbeiten für die Betonierung des Fundamentes am . Ein Foto vom zeigt ein fertig betoniertes Bodenfundament. Die Liegenschaft wurde im September 2012 verkauft und die XY GmbH & CoKG wurde auf Antrag vom am im Firmenbuch gelöscht.
Ergänzend sei noch angemerkt, dass sich in dem vorgelegten Einheitswertakt zwar ein Bescheid über die Bodenwertabgabe vom findet, dieser aber nicht der Bf zugestellt wurde und offensichtlich nur intern vom Finanzamt aus buchungstechnischen Gründen im Zuge der Zurückweisung der Beschwerden gegen den Feststellungsbescheid zum und den Grundsteuermessbescheid zum beide vom erstellt wurde. Es war daher der Bescheid über die Bodenwertabgabe vom - entsprechend dem Vorbringen der Bf vom (Vorlageantrag) - zum Zeitpunkt des Vorlageantrages noch immer im Rechtsbestand befindlich.
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist daher über die Berufungen (nunmehr Beschwerden) gegen die folgenden Bescheide zu entscheiden:
Feststellungsbescheid zum vom
Grundsteuermessbescheid zum vom
Bescheid über die Bodenwertabgabe vom
Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des Einheitswertaktes EAWZ betreffend KG, EZ, GrStNr, sowie auf die Schriftsätze der Bf einerseits und des Finanzamtes andererseits.
Rechtliche Beurteilung
Zum angefochtenen Feststellungsbescheid zum (Artfeststellung § 21 Abs 1 Z 2 BewG) vom :
§ 21 BewG 1955 in der zum Feststellungszeitpunkt gültigen Fassung (BGBl. I Nr. 59/2001) lautet auszugsweise:
"(1) Der Einheitswert wird neu festgestellt,
…
2. wenn die Art des Bewertungsgegenstandes von der zuletzt im Einheitswertbescheid festgestellten Art abweicht (Artfortschreibung).
…
(4) Allen Fortschreibungen einschließlich der Fortschreibungen auf Grund einer Änderung der steuerlichen Zurechnung des Bewertungsgegenstandes (Zurechnungsfortschreibung) sind die Verhältnisse bei Beginn des Kalenderjahres zugrunde zu legen, das auf die Änderung folgt (Fortschreibungszeitpunkt). Die Vorschriften im § 65 über die Zugrundelegung eines anderen Zeitpunktes bleiben unberührt."
§ 53 BewG 1955 lautet auszugsweise:
"(1) Bei der Bewertung von bebauten Grundstücken (Grundstücke, deren Bebauung abgeschlossen ist, und Grundstücke, die sich zum Feststellungszeitpunkt im Zustand der Bebauung befinden), ist vom Bodenwert (Abs. 2) und vom Gebäudewert (Abs. 3 bis 6) auszugehen.
…
(9) Bei der Feststellung der Einheitswerte von Grundstücken, die sich zum Feststellungszeitpunkt im Zustand der Bebauung befinden, sind zu dem Wert des Grund und Bodens und der benützungsfertigen Gebäude und Gebäudeteile die Kosten hinzuzurechnen, die für die in Bau befindlichen Gebäude und Gebäudeteile bis zum Feststellungszeitpunkt entstanden sind. Der so festgestellte Einheitswert darf jedoch nicht höher sein als der Einheitswert, der sich ergeben wird, wenn das Gebäude oder der Gebäudeteil benützungsfertig (Abs. 6 dritter Satz) sind. Für Zwecke der Grundsteuer ist ein besonderer Einheitswert festzustellen; dabei ist nur der Wert des Grund und Bodens und der benützungsfertigen Gebäude und Gebäudeteile zu erfassen. Grundstücke im Zustand der Bebauung sind in diejenige Grundstückshauptgruppe (§ 54) einzureihen, der sie auf Grund der zum Bewertungsstichtag vorliegenden Pläne nach Beendigung der Bebauung angehören werden. Wird die Bebauung abgeschlossen, liegt eine Änderung der Art des Bewertungsgegenstandes im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2 vor.
…"
§ 55 BewG 1955 lautet wie folgt:
"§ 55. Bewertung von unbebauten Grundstücken.
(1) Unbebaute Grundstücke sind mit dem gemeinen Wert zu bewerten.
(2) Als unbebaute Grundstücke gelten auch Grundstücke, auf denen sich Gebäude befinden, deren Wert und Zweckbestimmung gegenüber dem Wert und der Zweckbestimmung des Grund und Bodens von untergeordneter Bedeutung sind."
Die im Zuge der Hauptfeststellung ermittelten Einheitswerte gelten grundsätzlich bis zum nächsten Hauptfeststellungszeitpunkt, also für die Dauer des jeweiligen Hauptfeststellungszeitraumes. Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen während dieses Zeitraumes wird durch Fortschreibungen Rechnung getragen. Als solche kommen stärker ins Gewicht fallende Wertveränderungen sowie Änderungen in der Art und der Zurechnung des Bewertungsgegenstandes in Betracht. Die Vorschriften des § 21 BewG werden diesbezüglich durch den § 193 BAO ergänzt. (vgl. dazu Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, zu § 21)
§ 186 BAO lautet wie folgt:
"(1) Unbeschadet anderer gesetzlicher Anordnungen sind die Einheitswerte für wirtschaftliche Einheiten oder Untereinheiten im Sinn des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, gesondert festzustellen, wenn und soweit diese Feststellung für die Geltendmachung von Abgabenansprüchen von Bedeutung ist.
(2) Die gesonderten Feststellungen gemäß Abs. 1 sind einheitlich zu treffen, wenn an dem Gegenstand der Feststellung mehrere Personen beteiligt sind.
(3) Mit der Feststellung des Einheitswertes sind Feststellungen über die Art des Gegenstandes der Feststellung und darüber zu verbinden, wem dieser zuzurechnen ist (§ 24). Sind an dem Gegenstand mehrere Personen beteiligt, so ist auch eine Feststellung darüber zu treffen, wie der festgestellte Betrag sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt.
(4) Die Gemeinden sind für Zwecke der Erhebung der Grundsteuer berechtigt, nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten auf automationsunterstütztem Weg Einsicht in die Berechnungsgrundlagen des Einheitswertes zu nehmen."
§ 193 BAO lautet wie folgt:
"(1) Wenn die Voraussetzungen für eine Wert-, Art- oder Zurechnungsfortschreibung nach bewertungsrechtlichen Vorschriften vorliegen, so ist in den Fällen einer beantragten Fortschreibung auf den sich aus der Anwendung des Abs. 2 ergebenden Zeitpunkt, in den Fällen einer amtswegigen Fortschreibung auf den 1. Jänner des Jahres, an dem die Voraussetzungen für eine Fortschreibung erstmals vorliegen, ein Fortschreibungsbescheid zu erlassen. Dadurch tritt der dem Fortschreibungsbescheid zugrunde liegende Bescheid über den Einheitswert einer wirtschaftlichen Einheit (Untereinheit) mit Wirkung ab dem Fortschreibungszeitpunkt insoweit außer Kraft, als der Fortschreibungsbescheid von dem zugrunde liegenden Bescheid in seiner zuletzt maßgeblichen Fassung abweicht.
(2) Ein Fortschreibungsbescheid wird auf Antrag, erforderlichenfalls auch von Amts wegen erlassen. Der Antrag kann nur bis zum Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Beginn die neue Feststellung beantragt wird, oder bis zum Ablauf eines Monates, seitdem der bisherige Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist, gestellt werden. Eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes (§ 80 Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148) gilt als Antrag auf Erlassung eines Fortschreibungsbescheides. § 134 Abs. 2 gilt sinngemäß."
Ein Feststellungsbescheid gem § 186 BAO über die (einheitliche und) gesonderte Feststellung von Einheitswerten ist ein Grundlagenbescheid für den Grundsteuermessbescheid und Abgabenbescheid (vgl Ritz, BAO6, zu § 192 Rz 2; Stoll, BAO-Kommentar, 2029f).
Nach § 21 Abs 1 Z 2 BewG wird der Einheitswert im Rahmen einer Artfortschreibung neu festgestellt, wenn die Art des Bewertungsgegenstandes von der zuletzt im Einheitswertbescheid festgestellten Art abweicht.
Mit der Frage, ab wann ein Grundstück mit einem darauf stehenden, in Abbruch befindlichen Gebäude als unbebautes Grundstück zu bewerten ist, hat sich der Verwaltungsgerichtshof in zwei Erkenntnissen beschäftigt ( und ). Er führt dazu aus, dass eine Fortschreibung der zuletzt festgestellten Einheitswerte zur Voraussetzung haben, dass Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen seit der letzten Feststellung eingetreten sind. Für den Fall der Rückführung bzw Umwandlung eines bebauten Grundstückes in ein unbebautes Grundstück fehlt im Bewertungsgesetz eine Aussage darüber, dass und ab wann das bebaute Grundstück im Zuge des Abbruches des vorhandenen Gebäudes als unbebautes gilt. Ausgehend von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise wird man von einer Änderung in der Art des Grundstückes erst nach Abbruch bzw Entfernung des gesamten Gebäudes, dh nach Wiederherstellung des vor der Verbauung befindlichen Zustandes sprechen können. Wird ein bisher intaktes Gebäude abgerissen, um darauf ein anderes zu errichten, und befinden sich im Bewertungszeitpunkt auf dem Grundstück noch Gebäudereste (wie zB Grundmauern etc), dann liegt dennoch ein bebautes Grundstück vor.
Im gegenständlichen Fall wurde zwar nicht vorgebracht, dass auf dem Grundstück am Bewertungsstichtag zum noch Gebäudereste des abgerissenen Gebäudes vorhanden gewesen wären, jedoch wurde bereits im Dezember 2010 mit dem Neubau eines Gebäudes begonnen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass zum Bewertungsstichtag, also zum , wieder der Zustand des Grundstückes hergestellt worden wäre, wie er vor der Verbauung bestanden hat.
Gegen die Annahme eines unbebauten Grundstückes zum Bewertungsstichtag spricht auch, dass auf dem gegenständlichen Grundstück bereits im Dezember mit dem Neubau eines Gebäudes begonnen wurde. Von einer Bebauung kann nämlich dann gesprochen werden, wenn mit der Errichtung des Gebäudes bereits begonnen wurde, dh wenn am Bewertungsstichtag zumindest schon ein Fundament oder Grundmauern vorhanden sind, wobei der Beginn oder die Beendigung des Erdaushubes für sich alleine noch nicht genügt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 53 Abs 9 BewG 1955, wonach bei der Feststellung des Einheitswertes zu dem Wert des Grund und Bodens und der benutzungsfertigen Gebäude und Gebäudeteile die für die in Bau befindlichen Gebäude und Gebäudeteile bis zum Feststellungszeitpunkt entstandenen Kosten hinzuzurechnen sind. (vgl dazu Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, zu § 53 Abs 9 BewG)
Das Finanzamt begründet seine Berufungsvorentscheidung vom ua damit, dass gem § 53 Abs 9 BewG 1955 bei der Feststellung von Einheitswerten von Grundstücken, die sich zum Feststellungszeitpunkt im Zustand der Bebauung befinden, zum Wert des Grund und Bodens und der benützungsfertigen Gebäude und Gebäudeteile die Kosten hinzuzurechnen seien, die für die in Bau befindlichen Gebäude und Gebäudeteile bis zum Feststellungszeitpunkt entstanden seien. Der Gesetzeswortlaut ginge lt der Begründung des Finanzamtes neben dem Wert des Grund und Bodens vom Vorhandensein benützungsfertiger Gebäude(-teile) aus.
Die in § 53 Abs 9 erster Satz BewG 1955 ersterwähnten auf einem Grundstück befindlichen benutzungsfertigen Gebäude oder Gebäudeteile können nicht mit den (zweiterwähnten) Gebäuden oder Gebäudeteilen, deren Kosten bis zum Feststellungszeitpunkt entstanden sind, gleichgesetzt werden, weil sonst einerseits diese Gebäude oder Gebäudeteile doppelt erfasst würden und andererseits § 53 Abs 9 zweiter Satz BewG 1955 unverständlich und zu § 53 Abs 9 erster Satz BewG 1955 geradezu widersprüchlich wäre, weil diesfalls auf erst künftig benützungsfertig werdende Gebäude und Gebäudeteile Bezug genommen würde, obwohl die gleichen Gebäude zum Feststellungsstichtag bereits benützungsfertig waren ( vgl dazu ).
Somit steht fest, dass zum Bewertungsstichtag am das Grundstück jedenfalls kein unbebautes Grundstück iSd § 55 BewG 1955 war und daher zum die Art des Bewertungsgegenstandes von der zuletzt im Feststellungsbescheid zum vom festgestellten Art nicht abgewichen ist.
Zum angefochtenen Grundsteuermessbescheid zum vom :
§ 21 GrStG 1955 lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 21. Fortschreibungsveranlagung.
(1) Im Falle einer Fortschreibung des Feststellungsbescheides über einen Einheitswert ist der neuen Veranlagung des Steuermeßbetrages (Fortschreibungsveranlagung) der Einheitswert zugrunde zu legen, der auf den Fortschreibungszeitpunkt (§ 21 Abs. 4 des Bewertungsgesetzes 1955) festgestellt worden ist. Entsprechendes gilt für die anderen im Fortschreibungsbescheid getroffenen Feststellungen.
..."
Eine Fortschreibungsveranlagung des Grundsteuermessbescheides zum kommt entsprechend der Bestimmung des § 21 Abs 1 GrStG 1955 nur in dem Falle zur Anwendung, wenn es rechtmäßigerweise zu einer Fortschreibung des Feststellungsbescheides über den Einheitswert gekommen ist.
Feststellungsbescheide gem § 186 BAO über die (einheitliche und) gesonderte Feststellung von Einheitswerten sind Grundlagenbescheide für den Grundsteuermessbescheid (vgl Ritz, BAO6, zu § 192 Rz 2; Stoll, BAO-Kommentar, 2029f). Als abgeleiteter Bescheid ist der hier mitangefochtene Grundsteuermessbescheid zum vom an das Schicksal des hier ebenfalls bekämpften Grundlagenbescheides geknüpft.
Zum angefochtenen Bescheid über die Bodenwertabgabe vom :
Der angefochtene Bescheid über die Bodenwertabgabe vom hat den Feststellungsbescheid zum vom zur Grundlage. Als abgeleiteter Bescheid durfte der Bescheid über die Bodenwertabgabe auch vor der Erlassung des jeweiligen Grundlagenbescheides (hier der Feststellungsbescheid zum vom ) ergehen (vgl Ritz, BAO6, zu § 295 Rz 10). Feststellungsbescheide gem § 186 BAO über die (einheitliche und) gesonderte Feststellung von Einheitswerten sind Grundlagenbescheide für Abgabenbescheide und damit auch für den Bescheid über die Bodenwertabgabe (vgl Ritz, BAO6, zu § 192 Rz 2; Stoll, BAO-Kommentar, 2030).
§ 1 BWAG lautet wie folgt:
"§ 1. Gegenstand der Bodenwertabgabe.
Gegenstand der Bodenwertabgabe sind die unbebauten Grundstücke gemäß § 55 des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, einschließlich der Betriebsgrundstücke."
§ 4 BWAG idgF lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 4. Festsetzung des Jahresbetrages.
(1)…
(2)…
(3) Der Jahresbetrag der Abgabe ist mit Bescheid festzusetzen. Diese Festsetzung gilt innerhalb des Hauptveranlagungszeitraumes der Grundsteuermeßbeträge auch für die folgenden Jahre, soweit nicht infolge einer Änderung der Voraussetzungen für die Festsetzung des Jahresbetrages ein neuer Bescheid zu erlassen ist."
Als abgeleiteter Bescheid ist der hier mitangefochtene Bescheid über die Bodenwertabgabe vom an das Schicksal des hier ebenfalls bekämpften Grundlagenbescheides geknüpft.
Zu Spruchpunkt I)
Da, wie bereits ausgeführt, das gegenständliche Grundstück durch den Abriss des Autohauses samt Lagerhalle im Jahr 2010 und die im selben Jahr noch begonnene Errichtung eines neuen Gebäudes (Wohn- und Geschäftsgebäude) nicht als ein unbebautes Grundstück iSd § 55 BewG 1955 zu qualifizieren war, und damit die Voraussetzungen für eine Fortschreibung iSd § 21 Abs 1 Z 2 BewG nicht gegeben waren, war der gegenständliche Feststellungsbescheid zum vom (Grundlagenbescheid) ersatzlos aufzuheben.
Die von diesem Grundlagenbescheid abgeleiteten Bescheide (Grundsteuermessbescheid zum vom und Bescheid über die Bodenwertabgabe vom ) waren dementsprechend durch den Wegfall des Grundlagenbescheides ebenfalls ersatzlos aufzuheben.
Zu Spruchpunkt II)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Bundesfinanzgericht folgt in rechtlicher Hinsicht der in dieser Entscheidung zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Es handelt sich daher um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weshalb auszusprechen war, dass die Revision unzulässig ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 21 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 53 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 55 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 193 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 186 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 21 GrStG 1955, Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955 § 1 BWAG, Bodenwertabgabegesetz, BGBl. Nr. 285/1960 § 4 BWAG, Bodenwertabgabegesetz, BGBl. Nr. 285/1960 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100817.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at