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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.05.2021, RV/2100790/2019

SEG-Zulagen einer biomedizinischen Analytikerin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache X, Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Gegen den Erstbescheid vom brachte die Beschwerdeführerin (= Bf.) mit Schreiben vom Beschwerde bei der Abgabenbehörde ein, begründet im Wesentlichen wie folgt:
Die Besteuerungsgrundlage für das Jahr 2018 sei nicht korrekt. Sie erhalte eine Zulage gem. § 112 GehG und sei diese Vergütung dem Grunde bzw. dem wirtschaftlichen Gehalt nach eine Gefahrenzulage.

Sie habe mit Stuhl-, Harn-, Blutproben etc. von Mensch und Tier zu tun und zwar im weit überwiegenden Ausmaß ihrer Tätigkeit. Sie arbeite mit HIV und Syphilis- Proben. Die Blutproben seien höchst infektiös. In der Bakteriologie arbeite sie mit Harn - und Stuhlproben und mit einer Vielfalt an Abstrichen, die jede Menge verschiedener Bakterien enthalten können. Besonders gefährlich seien Meningokokken.

Unter Gefahrenzulage gem. § 68 Abs. 5 EStG 1988 sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz - oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlichen Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen. "

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde mit folgender Begründung als unbegründet ab:

"Stellungnahme des Betriebsstättenfinanzamtes:

Die Firma B richtete im Dezember 2014 an das Finanzamt der Betriebsstätte ein Auskunftsersuchen. Gegenstand der Anfrage war die steuerlich begünstigte Behandlung von Schmutz-, Erschwernis-und Gefahrenzulagen im Sinne des § 68 Abs. 1 EStG 1988.

Um eine rechtlich richtige Beurteilung der ausbezahlten Zulagen vornehmen zu können, wurde ein Lokalaugenschein vor Ort anberaumt.

Das Ergebnis nach einer Besprechung mit den dafür Verantwortlichen ergab, dass Erschwernis- und Schmutzzulagen (mit Ausnahme der in der Pathologie beschäftigten Dienstnehmer) ab steuerpflichtig abzurechnen sind. Die Erfordernisse des § 68 Abs. 1 EStG 1988 waren nicht gegeben.

Die gewährten Gefahrenzulagen können bei der Erfüllung der Voraussetzungen steuerfrei im Sinne des § 68 Abs. 1 EStG 1988 abgerechnet werden.

Die von der Bf aufgestellte Behauptung "die ausbezahlte Erschwerniszulage sei dem wirtschaftlichen Gehalt nach Gefahrenzulage" geht ins Leere; dies wurde nach nochmaliger Rücksprache mit den Verantwortlichen abgeklärt. Aus dem Lohnkonto ist ersichtlich, dass die Erschwerniszulage voll steuerpflichtig abgerechnet wurde und die Gefahrenzulage steuerfrei behandelt wurde und somit die Lohnverrechnung ordnungsgemäß unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgt ist.

Der gegenständliche Sachverhalt wurde mit der Beschwerde gegen den Einkommensteuer-bescheid 2016 vom vom Bundesfinanzgericht entschieden und mit Erkenntnis vom als unbegründet abgewiesen."

Mit fristgerechtem Vorlageantrag brachte die Bf. im Wesentlichen vor, dass die Erschwerniszulage (Vergütung nach § 112 GehG) deshalb steuerfrei zu belassen sei, da es sich dabei dem wirtschaftlichen Gehalt nach um eine Gefahrenzulage handle (siehe dazu § 21 BAO). Die Gefahr bestehe in der Tatsache, dass sie erhöhter Infektionsgefahr durch Patientenproben (Stuhl, Blut, Sputum, etc.) ausgesetzt sei, welche primär das gesamte Erregerpotenzial enthalten könnten. Dieser Gefahr sei Sie überwiegend während ihrer gesamten Tätigkeit ausgesetzt. Abschließend beantragte die Bf. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte die Arbeitgeberin der Bf. mittels Vorhalt um ergänzende Auskünfte zur konkreten Tätigkeit der Bf. sowie um Vorlage der Arbeitsplatzbeschreibung und Stundenaufstellung.

In Beantwortung der Schreiben des Bundesfinanzgerichts an die Arbeitgeberin übersandte diese die gewünschten Unterlagen und nahm zu den an sie gerichteten Fragen wie folgt Stellung:

In welchem Labor war die Bf. im strittigen Jahr tätig?
Antwort: Serologielabor

Welche Gefahreneinstufung hatte dieses Labor?
Antwort: BSL 2 (biosafety-level 2)

Hatte die Bf. im strittigen Jahr mit HIV, Syphilis sowie Meningokokkenproben zu tun und wenn ja, in welchem Ausmaß (überwiegend)?
Antwort: Fr. X hatte im Jahr 2018 überwiegend mit HIV und Syphilis Proben zu tun, aber mit keinen Meningokokken-Proben.

Bei der Tätigkeit mit HIV und Syphilis-Proben kommt es hier zu einer tatsächlichen Berührung mit potenziell infizierten Flüssigkeiten/Gewebeproben etc. bei der es zu einer Gefährdung kommen könnte?
Antwort: In tatsächliche Berührung mit potenziell infizierten Flüssigkeiten/Gewebeproben kommt Fr. X nicht, jedoch kann z.B. eine Röhre (mit Blut) zerbrechen. Mit Gewebeproben hat Fr. X nicht zu arbeiten.

In der mündlichen Verhandlung bestätigte die Bf die Richtigkeit der Aussagen ihres Arbeitgebers. Der Vertreter der Bf. stellte klar, dass für die Einstufung eines biologischen Arbeitsstoffes als gefährlich der § 42 ASchG ausschlaggebend ist, nicht § 47 ASchG. Ob sodann die Verordnung über biologische Arbeitsstoffe anzuwenden ist ergibt sich im Rahmen der Beurteilung der arbeitsbedingten Gefährdungen nach § 4 ASchG. Die Bf. legte eine Aufstellung betitelt mit "B/Zentrum für lebensmittelbedingte Infektionskrankheiten Abteilung Klinische Mikrobiologie und Serologie" Untertitel "Bakteriologie: Untersuchungen von humanen Proben: in Harn, Stuhl, Sputum, Blut sowie diverse Abstriche …" mit einer Auflistung von Bakterienbezeichnungen vor. Weiters legte die Bf dem Bundesfinanzgericht die "Gefahrstoffliste der B" vor, welche dem Gericht bereits bekannt und vorliegend war. Die Liste enthält jene Stoffe, die in den einzelnen Räumlichkeiten/Laboren verwendet werden, die Beschreibung der gefährlichen Eigenschaften der Stoffe sowie u.a. deren Verwendungszweck, Menge sowie Expositionszeit/Woche und Relevanz/Evaluierung. Auf dieser Liste konnten 7 (von insgesamt 156) Stoffe der Tätigkeit der Bf. zugeordnet werden (Kennzeichnung "alles Labors" sowie "Serologie Staph RL"). Dabei handelte es sich u.a. um Bacillol, Ethanol 96%, Sterillium ,Danklorix Hygienereiniger, welche allesamt zur Wischdesinfektion der Arbeitsflächen eingesetzt werden.

Die Tätigkeit der Bf. umfasste beispielsweise die Aufnahme und Registrierung von Proben, Ausfertigung von Befunden und Erteilung von Befundauskünften, Untersuchung von Abstrichen, Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen von Menschen auf bakterielle, virale, mykotische und parasitäre Erreger, Identifizierung der Erreger sowie Nachweis von Toxinen bzw. Prüfung auf Erregerempfindlichkeit gegen Antibiotika und Chemotherapeutika. Weiters gehört die Erstellung von Prüfvorschriften zur korrekten Erstellung eines richtigen Befundes zu ihren Aufgaben sowie die Qualitätskontrolle von Nährmedien.

Die Bf. arbeitete mit Maske, Handschuhen und Mantel. Luftabzug ist ebenfalls durchgehend vorhanden. Die Proben (Röhrchen) werden von ihr geöffnet und sodann in die Zentrifuge gegeben, bei Syphilisverdacht erfolgt ein händischer Auftrag der Probe auf ein Tita-Plättchen. Auch wird bei Salmonellenverdacht das Blut von der Bf. auf die konkrete Art der Salmonellen untersucht.

Auf die Frage der Richterin, welchen gefährlichen Stoffen die Bf. in den strittigen Zeiträumen ausgesetzt gewesen ist und jeweils wie lange gab die Bf. an, dass sie HIV, Syphilis und Salmonellen ausgesetzt und immer wieder in der Bakteriologie (siehe vorgelegte Liste) tätig war. Auf die Frage ob es dazu konkrete Aufzeichnungen über Art der gefährlichen Stoffe sowie jeweilige Dauer der Tätigkeit mit diesen vorhanden sind wurde erklärt, dass Grundaufzeichnungen über die Dauer und die Gefährdung nicht geführt werden. Es gibt lediglich Aufzeichnungen über das Ergebnis der Proben. Da diese nur auf Papier geführt werden und Patientendaten beinhalten. ist eine Vorlage aufgrund von Datenschutz nicht möglich.

Die Tätigkeit der Bf. habe sich seit 2014 (der letzten Arbeitsplatzbeschreibung vor jener aus 2017) nicht geändert. Im strittigen Jahr war die Bf mit 24 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt, die angefallenen Wochenenddienste waren Aushilfe in der Bakteriologie; dies waren jeweils 3 Std.

Die von ihrer Arbeitgeberin ausbezahlte Zulage gemäß § 112 GehG heiße nicht Erschwerniszulage, § 112 GehG sei einschlägig. Die in Labors tätigen biomedizinischen Analytiker seien von § 112 GehG erfasst. Es gäbe abertausend im Bund und Land Tätige, die die Zulage gemäß § 112 GehG steuerfrei ausbezahlt bekämen, nur für die Vertragsbediensteten bei der B sei die Zulage gemäß § 112 GehG steuerpflichtig. Beamtete medizinisch-technische Assistenten seien steuerfrei, im gesamten öffentlichen Dienst sei § 112 GehG steuerfrei, nur nicht in der B. Das sei auch logisch, weil der Bundesdienst nicht geprüft werde. Von der Vergütung nach § 112 GehG seien die Erschwernis-, die Gefahren- und die Schmutzzulage erfasst.

Auf den Hinweis des Vertreters der Abgabenbehörde, dass bereits 2016 ein angestrebtes Verfahren der Bf mit derselben Thematik rechtskräftig abgewiesen wurde und dagegen keine weiteren Schritte unternommen wurden entgegnete der Vertreter der Bf., dass aufgrund der im Laufe der Zeit und mehrerer gleichartiger Verfahren nun immer entweder eine Begehung oder eine mündliche Verhandlung beantragt werde um weitere Informationen bzw. Klarstellungen vorzubringen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin war im strittigen Jahr als Vertragsbedienstete bei der Firma B in einem Serologielabor der Gefahrenklasse BSL 2 (biosafety level) tätig.

Die biologische Schutzstufe (entlehnt aus dem englischen biosafety level, kurz BSL) ist eine Gefährlichkeitseinstufung biologischer Arbeitsstoffe, insbesondere von Mikroorganismen. Diese wird durch die EU-Richtlinie 2000/54/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit für die Europäische Union normiert und in der Biostoffverordnung in Deutschland eingeführt. Laboratorien, in denen mit biologischen Arbeitsstoffen umgegangen wird, müssen bestimmte Schutzmaßnahmen treffen. Dementsprechend werden die Laboratorien in vier definierte Schutzstufen eingeteilt, wobei Schutzstufe 4 die höchsten Anforderungen aufweist.

Die Risikostufe 2 wird nachfolgend definiert:

"Biostoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen könnten; eine Verbreitung in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich." (§ 3 Biostoffverordnung) (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Biologische_Schutzstufe)

Die (dort von der Bf. ausgeübte) Tätigkeit als biomedizinische Analytikerin umfasst unter anderem die Durchführung von mikrobiologischen Untersuchungsverfahren der Abteilung entsprechend den Arbeitsvorschriften, die Selbständige Planung von Prüfungen und Auswertung der Ergebnisse, Probenaufnahme und Registrierung, die Erstellung von Befunden sowie Erteilung von Befundauskünften, Selbständige Untersuchung von Abstrichen, Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen des Menschen auf bakterielle, virale, mykotische und parasitäre Erreger übertragbarer Krankheiten, Prüfung der Erreger auf Empfindlichkeit gegen Antibiotika und Chemotherapeutika, Serologische Labordiagnostik

Auf die detaillierten Angaben in der (vorliegenden) Arbeitsplatzbeschreibung wird verwiesen.

Die Tätigkeit der Bf. stellt im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen innerhalb ihrer Berufssparte keine außerordentliche Erschwernis dar.

Die Bf. erhielt im beschwerdegegenständlichen Zeitraum, von ihrer Arbeitgeberin eine steuerfreie Gefahrenzulage sowie eine als steuerpflichtig abgerechnete Erschwerniszulage (auf Basis des § 112 GehG).

Diese Zulagenabrechnung durch die B erfolgte entsprechend einer erteilten Auskunft des zuständigen Betriebsfinanzamtes (vgl. § 90 EStG 1988) zu einer von der Arbeitgeberin gestellten sachverhaltsbezogenen Anfrage bezüglich der steuerlichen Behandlung der an ihre Arbeitnehmer ausbezahlten Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeit sind der von der B am erstellten Arbeitsplatzbeschreibung für die Bf. entnommen. Da sich die Tätigkeit der Bf. laut handschriftlichem Vermerk auf der Arbeitsplatzbeschreibung nicht geändert hat, wurde diese auch der Beurteilung des streitgegenständlichen Jahres (2018) zugrunde gelegt.

Die 2018 an die Bf. ausbezahlten (SEG-) Zulagen ergeben sich aus dem Lohnkonto.

Zur Klärung der Problematik der Gewährung einer steuerfreien Schmutz-, Erschwernis- oder Gefahrenzulage ihrer Dienstnehmer richtete die Arbeitgeberin am ein Auskunftsersuchen an das (für den Lohnsteuerabzug zuständige) Betriebsfinanzamt. Gegenstand dieser Anfragegemäß § 90 EStG 1988 war die steuerlich begünstigte Behandlung von Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulage (SEG) iSd § 68 EStG 1988.

Um eine rechtlich richtige Beurteilung der ausbezahlten Zulagen vornehmen zu können, wurde vom ersuchten Finanzamt ein Lokalaugenschein vor Ort der Wiener Niederlassung mit anschließender Gesprächsrunde durchgeführt. Dazu wurden auch Tätigkeitsbeschreibungen des Arbeitgebers sowie die Ergebnisse der Befragung von Dienstnehmern herangezogen. Nachfolgende Beurteilung erging sodann:

"Aufgrund der Tätigkeiten und Tätigkeitsbeschreibungen entspricht es der Rechtsansicht des hierortigen Finanzamtes, die Gefahrenzulage unter der Begünstigung des § 68 Abs. 1 EStG 1988 zu subsumieren. Voraussetzung dafür ist aber, dass überwiegend im Lohnzahlungszeitraum solche Tätigkeiten, die die Gesundheit, die körperliche Sicherheit oder das Leben der Arbeitnehmer gefährden, erbracht werden.

Es empfiehlt sich in regelmäßigen Abständen, etwas alle zwei bis drei Jahre zu überprüfen, ob sich die Tätigkeiten und somit die Gefährdung durch technische bzw. wissenschaftliche Weiterentwicklungen verändert haben-

Sollte deine Gefahrenzulage auch für etwaige Schreibtätigkeiten gewährt werden bzw. sollten Schreibtätigkeiten neben den einzelnen gefährlichen Tätigkeiten überwiegend im Lohnzahlungszeitrau, also zu mehr als 50% Arbeitszeit) geleistet werden, sin die Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Behandlung der Zulagen im Sinne des § 68 Abs. 1 ESTG 1988 nicht gegeben.


Nach ho Rechtsansicht finden sich im gegenständlichen Fall nicht die vom Gesetzgeber geforderten Voraussetzungen, damit die Erschwerniszulage begünstigt gem. § 68 Abs. 1 EStG 1988 behandelt werden kann. Eine steuerbegünstigte Gewährung eine Erschwerniszulage setzt voraus, dass Arbeiten überwiegend (zu mehr als 50% Arbeitszeit) unter Umständen geleistet werden, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen (….)

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass während des Urlaubs im Gegensatz zum Krankenstand eine SEG-Zulage nicht steuerbegünstigt gem. § 68 Abs. 1 EStG 1988 behandelt werden kann. Es bestehen dabei aber keine Bedenken die Zulage während eines Kalendermonats steuerpflichtig zu behandeln. "

Seitens der Bf. wurde im Hinblick auf die außerordentliche Erschwernis ihrer Tätigkeit nicht bekanntgegeben bzw. nachgewiesen, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt habe und wann bzw. in welchem Umfang diese geleistet worden seien. Auf die konkrete Frage nach Grundaufzeichnungen, aus denen die zeitliche Dauer sowie die Art der Gefährdung exakt hervorgeht, wurde dies insofern verneint, als zwar Aufzeichnungen über das Ergebnis der Probentestung (negativ/positiv) geführt würden, nicht aber über die für die Zuerkennung von konkreten Begünstigungen vom VwGH geforderten exakten Aufzeichnungen.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen, sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis € 360 monatlich steuerfrei.

Soweit Zulagen und Zuschläge durch die Abs. 1 und 2 nicht erfasst werden, sind sie nach dem Tarif zu versteuern (Abs. 3 leg. cit.).

§ 68 Abs. 5 EStG lautet:
"Unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die

• in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidungbewirken,

• im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernisdarstellen, oder

• infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.

Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit sie

1. auf Grund gesetzlicher Vorschriften,

2. auf Grund von Gebietskörperschaften erlassener Dienstordnungen,

3. auf Grund aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,

4. auf Grund der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,

5. auf Grund von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,

6. auf Grund von Betriebsvereinbarungen, die wegen des Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden,

7. innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gewährt werden (Abs. 5 leg. cit.)."

§ 112 Abs. 1 GehG 1956 lautet (auszugsweise):

"Den Beamten des Krankenpflegedienstes gebührt für die mit ihrer Dienstleistung verbundenen Belastungen eine monatliche Vergütung. Die Vergütung beträgt: (..)"

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist, ob die der Bf. im Jahr 2018 gewährte (als Erschwerniszulage bezeichnete) Vergütung nach § 112 GehG unter der Steuerbegünstigung des § 68 Abs. 1 EStG1988 zu subsumieren ist oder nicht.

Die Steuerbefreiung für Gefahrenzulagen oder Erschwerniszulagen hat jedoch zur Voraussetzung, dass die zu leistenden Arbeiten - worunter nur die vom Arbeitnehmer auf Grund des Dienstverhältnisses schlechthin zu erbringende Arbeitsleistung verstanden werden kann - überwiegend unter Umständen ausgeführt werden, die zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen oder die Arbeiten eine außerordentliche Erschwernis darstellen. (vgl. , vom , 91/14/0057, und vom , 90/13/0102).

Die Frage der Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperliche Sicherheit oder die der außerordentlichen Erschwernis ist also nicht allein anhand jener Arbeiten zu untersuchen, mit denen diese Gefährdung oder Erschwernis verbunden sind. Vielmehr ist bezogen auf die gesamten vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten innerhalb eines Lohnzahlungszeitraumes im Sinne des § 77 EStG 1988 zu prüfen, ob sie überwiegend eine solche Gefahrenlage oder Erschwernis bewirken. Es müssen also in zeitlicher Hinsicht die Tätigkeiten, die mit einer Gefährdung oder Erschwernis verbunden sind, überwiegen (). Die Möglichkeit der Gefahr oder Erschwernis kann somit nicht berücksichtigt werden, wenn die damit verbundene Tätigkeit nur einen geringen Teil der Arbeitszeit, für die eine Zulage zusteht, ausmacht ().

Von Arbeiten unter außerordentlicher Erschwernis kann nur dann gesprochen werden, wenn sie sich entweder selbst als außerordentlich schwierig erweisen, unter außerordentlich schwierigen Bedingungen auszuführen oder besonders dringlich sind (; Jakom/Lenneis EStG, 2018, § 68 Rz 7). Der Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen muss innerhalb der jeweiligen Berufsgruppe gezogen werden (vgl. ).

Es muss vom Steuerpflichtigen nachgewiesen werden, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden ().

Die Bf. hat weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren behauptet oder vorgebracht, die von ihr zu verrichtenden Arbeiten seien unter einer außerordentlichen Erschwernis erfolgt. Es wurde stets darauf hingewiesen, die strittige Zulage stelle ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach eine Gefahrenzulage dar. Auch aus den von der Arbeitgeberin vorgelegten Unterlagen (Arbeitsplatzbeschreibung) und den Feststellungen des Finanzamtes der Betriebsstätte ließen sich keine Hinweise dafür entnehmen, dass die von der Beschwerdeführerin in verrichteten Arbeiten im Vergleich zu den allgemeinen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis dargestellt hätten.

Die Bf. hat in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, sie habe bei ihren Untersuchungen mit Blutproben oder anderen Körperausscheidungen zu tun und von den für die Untersuchungen erforderlichen Arbeitsstoffen (Gefahrstoffliste) ginge eine Gefährdung aus. Es ist der Bf. zwar zuzustimmen, dass das Arbeiten mit potenziell infektiösen Materialien eine Gefährdung der Gesundheit bzw. des Lebens mit sich bringen können () oder bei Arbeitnehmern, die mit fremden Blut oder Harn in Kontakt kommen können, eine entsprechende Zulage steuerbegünstigt gewährt werden kann, jedoch führten diese Ausführungen nicht zum Erfolg der Beschwerde.

Einerseits erhielt die Bf eine (von der Arbeitgeberin steuerfrei) belassene Gefahrenzulage, die diese typische Berufsgefahr entsprechend abgilt. Andererseits verneinte die Bf. ausdrücklich, dass Aufzeichnungen über die Art der Gefährdung bzw. deren jeweilige Dauer geführt werden. Es gibt lediglich Aufzeichnungen über das Ergebnis der getesteten Proben, welche allerdings aus Datenschutzgründen nicht vorgelegt werden können. Zu den Stoffen, welche lt. Gefahrstoffliste im Tätigkeitsbereich der Bf. verwendet werden und die nach Angaben der Bf. ebenfalls eine Gefährdung für ihr Leben und Gesundheit darstellten, ist festzuhalten, dass selbst nach den Angaben in der dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Liste der Arbeitsstoffe ("Gefahrstoffliste B") von den in den Labors und am Arbeitsplatz der Bf. verwendeten Arbeitsstoffen keine oder keine besonderen Gefährdungen zu erwarten sind und diese Stoffe unter Benützung entsprechender Schutzkleidung und technischer Schutzmaßnahmen verwendet werden. Aus den Angaben in dieser Liste lässt sich auch ableiten, dass sogar von fast allen, vom Institut für Humanmedizin verwendeten Arbeitsstoffen keine oder keine besonderen Gefährdungen zu erwarten sind. Selbst wenn diese Stoffe eine Gefährdung dargestellt hätten, konnte mit dem Vorbringen der Bf. unter Berücksichtigung der von der Bf. insgesamt zu erbringenden Arbeiten nicht dargelegt werden, dass die Bf. während ihrer gesamten überwiegend unter Gefährdungsumständen tätig gewesen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Anerkennung einer steuerlichen Begünstigung ein Nachweis erforderlich, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt at und wann diese geleistet worden sind.

Zu erbringen ist dieser Nachweis durch das Lohnkonto und die zugehörigen Grundauf-zeichnungen, muss doch den Abgabenbehörden eine entsprechende Überprüfungsmöglichkeit geboten sein (so schon , § 3 Abs 1 Z 16 EStG 1967 E 1). Die spätere Rekonstruierbarkeit (, § 68 EStG 1972 E 14), sei es auf Grund nicht näher aufgegliederter Eintragungen im Lohnkonto über ausgezahlte Zulagen, sei es auf Grund von Kollektivverträgen, Dienstplänen, Zeugenaussagen oder nachträglich beigebrachten eidesstättigen Erklärungen der Arbeitnehmer reichen zum Nachweis nicht aus (VwGH aaO E 5, 8, 9, 14, 18) Fellner in Hofstätter/Reichel (Hrsg), Die Einkommensteuer (EStG 1988) - Kommentar (54. Lfg 2013) zu § 68 EStG Rz 33

Einen solchen Nachweis hat die Bf. im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht erbracht.

Unterlässt es der Abgabepflichtige, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen überprüfbaren Nachweise zu erbringen, sind die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht nicht gehalten, von sich aus eigene Ermittlungen anzustellen. Vielmehr hat der Abgabepflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt bzw. nehmen will, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann ().

Die dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Unterlagen und die Ausführungen der Bf. vermochten diesen Nachweis nicht zu erbringen.
Im Übrigen wird auf das ho ergangene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zu RV/2100708/2017 (betreffend Einkommensteuererklärung 2016 und derselben Thematik) verwiesen.

Betreffend die strittige Vergütung sind daher die in § 68 EStG 1988 geforderten Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerfreiheit nicht gegeben.

Auch in vergleichbaren Beschwerdefällen wurden die Begehren auf steuerliche Begünstigung der als Erschwerniszulage bezeichneten Vergütung als unbegründet abgewiesen (zum Beispiel ; ). Festzuhalten ist noch, dass der Umstand, dass ein für die Bf einschlägiges Gesetz eine Vergütung für die mit der Dienstleistung verbundenen besonderen Belastungen vorsieht, nicht als Erfüllung der Voraussetzungen des § 68 Abs. 5 EStG 1988 angesehen werden kann. Die lohngestaltende Regelung kann in typisierender Betrachtung auf eine allgemein gegebene Gefahrengeneigtheit abstellen. § 68 Abs. 1 in Verbindungmit Abs. 5 EStG 1988 stellt hingegen darauf ab, dass tatsächlich nach den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls eine Berufsgefahr (überwiegend) besteht ().

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen, sondern hat sich auf diese sowie auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen und auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestützt.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
§ 112 Abs. 1 GehG, Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54/1956






ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100790.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at