Säumnisbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 29.04.2021, RS/7100038/2021

Keine Säumigkeit iSd § 284 (1) BAO durch ein nicht mehr existierendes Finanzamt

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die RichterinN.N. im Säumnisbeschwerdeverfahren des [...], [...], (Bf) vertreten durch Naue Steuerberatungsgesellschaft GmbH, Wipplingerstraße 25 Tür 31a, 1010 Wien, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes (§ 284 BAO) im Beschwerdeverfahren betreffend den zur Steuernummer 99-999/9999 ergangenen Umsatzsteuerbescheid 2019 vom beschlossen:

Die Säumnisbeschwerde vom , beim BFG eingelangt am , wird gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Am langte beim BFG folgender mit datierter Schriftsatz ein:

"***Bf1***, StNr 99/999/9999

Säumnisbeschwerde gem. § 284 BAO

Sehr geehrte Damen und Herren,

durch den obengenannten Mandanten wurde am eine Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2019 vom eingebacht.

Bis heute, neun Monate später, ist noch keine Entscheidung ergangen, wobei wir zugestehen, dass der Sachverhalt sehr komplex ist und das Finanzamt an die USt-Richtlinien gebunden ist.

Im Namen und im Auftrag des Steuerpflichtigen ersuchen wir das Gericht um die in § 284 BAO vorgesehenen Maßnahmen.

Von unserer Seite wird auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet - wohl wissend, dass das in diesem Stadium eigentlich nicht vorgesehen ist.

Mit freundlichem Gruß"

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. Der gegenständlichen Entscheidung liegt folgender, aufgrund des Ergebnisses der vom BFG durchgeführten abgabenbehördlichen Datenbankrecherche als erwiesen erachteter Sachverhalt zu Grunde:

Am erging zur StNr 99-999/9999 ein USt-Bescheid 2019 des Finanzamtes X (FA) an den Bf.

Die dagegen am via FinanzOnline beim FA eingebrachte Beschwerde, in welcher der Bf die Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze aus seiner Privatunterrichtstätigkeit begehrt, ist bis dato unerledigt.

Die Einbringung eines Vorlageantrages an das BFG (§ 264 BAO) ist nicht dokumentiert.

Seit liegt die Zuständigkeit für die Umsatzbesteuerung des Bf beim Finanzamt Österreich.

Im finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahren kamen keine Umstände hervor, welche das BFG zu Zweifeln an der Richtigkeit der festgestellten Datenbankinhalte veranlassen.

Aufgrund des Verzichts auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (BVE) in der Säumnisbeschwerde vom geht das BFG davon aus, dass die Beschwerde vom keinen BVE-Verzicht enthielt.

II. Die für das anhängige Verfahren maßgeblichen gesetzl. Bestimmungen lauten:

§ 260 BAO:

(1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

a) nicht zulässig ist oder

b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

§ 262 BAO:

(1) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

(2) Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,

a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und

b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

(…)

§ 284 BAO (Säumnisbeschwerde):

(1) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.

(2) Das Verwaltungsgericht hat der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren einzustellen.

(3) Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht erst dann auf das Verwaltungsgericht über, wenn die Frist (Abs. 2) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.

(….)

(7) Sinngemäß sind anzuwenden:

a) § 256 Abs. 1 und 3 (Zurücknahme der Beschwerde),

b) § 260 Abs. 1 lit. a (Unzulässigkeit),

c) § 265 Abs. 6 (Verständigungspflichten),

d) § 266 (Vorlage der Akten),

e) § 268 (Ablehnung wegen Befangenheit oder Wettbewerbsgefährdung),

f) § 269 (Obliegenheiten und Befugnisse, Ermittlungen, Erörterungstermin),

g) §§ 272 bis 277 (Verfahren),

h) § 280 (Inhalt des Erkenntnisses oder des Beschlusses).

§ 285 BAO:

(1) Die Säumnisbeschwerde hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung der säumigen Abgabenbehörde;

b) die Darstellung des Inhaltes des unerledigten Antrages bzw. der Angelegenheit, in der eine Verpflichtung zur amtswegigen Erlassung eines Bescheides besteht;

c) die Angaben, die zur Beurteilung des Ablaufes der Frist des § 284 Abs. 1 notwendig sind.

III. Unterlässt das Finanzamt im Bescheidbeschwerdeverfahren entgegen § 262 BAO die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, ist der Rechtsbehelf gegen eine Säumigkeit des Finanzamts die Säumnisbeschwerde nach Maßgabe des § 284 BAO.

Zu den unabdingbaren Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde gehört die Verletzung einer Entscheidungspflicht durch das (zuständige) Finanzamt. Diese tritt in antragsgebundenen Verfahren (z.B. im Beschwerdeverfahren) zufolge § 284 Abs. 1 BAO keinesfalls vor dem Anlauf von sechs Monaten ab Einbringen des entsprechenden Anbringens (zB der Beschwerde) bei der für die Entscheidung im betreffenden Verfahren zuständigen Abgabenbehörde ein.

In der BFG-Judikatur wurde bereits ausführlich dargelegt, weshalb vor dem Hintergrund der mit in Kraft getretenen Finanz-Organisationsreform 2020 im 1.Halbjahr 2021, weder eine Säumnis des bis für eine Beschwerdeerledigung zuständig gewesenen Finanzamtes im Sinne des § 284 (1) BAO eintreten kann (keine Zuständigkeit zur Beschwerdeerledigung ab ) noch bei dem seit zuständigen Finanzamt Österreich (mangels Zuständigkeit für eine Dauer von mehr als sechs Monaten).

Zuletzt hat das BFG im Beschluss vom ausgeführt:

"§ 9 Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010BGBl. I Nr. 9/2010 (gemäß § 33 leg.cit. mit außer Kraft getreten) lautete:

Sitz und Amtsbereich

§ 9. (1) Der Bundesminister für Finanzen hat mit Verordnung den Sitz (die Sitze) und den Amtsbereich der Abgabenbehörden in organisatorisch zweckmäßiger, einer einfachen und Kosten sparenden Vollziehung, wie auch den Bedürfnissen einer bürgernahen Verwaltung dienenden Weise nach regionalen Gesichtspunkten festzulegen.

(2) Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung die Einreichung bestimmter Eingaben an eine gemeinsame Anschrift für mehrere oder alle Finanz- oder Zollämter zusätzlich zur jeweiligen Anschrift der zuständigen Behörde bestimmen.

(3) Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung besondere Organisationseinheiten mit bundesweitem und/oder regionalem Wirkungsbereich zur Besorgung der Geschäfte der Steuer- und Zollverwaltung einrichten, soweit dies organisatorisch zweckmäßig ist und einer einfachen und Kosten sparenden Vollziehung wie auch den Bedürfnissen einer bürgernahen Verwaltung dient. Diese Organisationseinheiten werden bei Erfüllung ihrer Aufgaben als Organe der Abgabenbehörden tätig.

(4) Dienststellen der besonderen Organisationseinheiten können im gesamten Bundesgebiet eingerichtet werden. Die von Organen der besonderen Organisationseinheiten gesetzten Amtshandlungen sind, sofern keine unmittelbare Beauftragung für den Einzelfall durch eine Abgaben- oder Finanzstrafbehörde erfolgt ist, jener Abgabenbehörde zuzurechnen, in deren Amtsbereich die Dienststelle des Organes eingerichtet ist.

§ 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010 (AVOG 2010 - DV) BGBl. II Nr. 165/2010, außer Kraft getreten durch Art. 34 FORG-Anpassungsverordnung BGBl. II Nr. 579/2020 mit Ablauf des , lautete auszugsweise:

§ 4. (1) Es werden folgende Finanzämter mit allgemeinem Aufgabenkreis eingerichtet:

...

Finanzamt Gänserndorf Mistelbach für die politischen Bezirke Gänserndorf und Mistelbach mit Sitz in Gänserndorf und in Mistelbach an der Zaya,

§ 60 BAO i. d. F. BGBl. I Nr. 104/2019 lautet (gemäß § 323 Abs. 63 BAO mit in Kraft getreten):

Zuständigkeit des Finanzamtes Österreich

§ 60. (1) Das Finanzamt Österreich ist zuständig für

1. die Wahrnehmung einer Aufgabe, die einer Abgabenbehörde übertragen ist, wenn weder die Voraussetzungen für die Zuständigkeit des Bundesministers für Finanzen, noch für die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe noch jene für die Zuständigkeit des Zollamtes Österreich vorliegen,

2. die Wahrnehmung einer Aufgabe, die einem Finanzamt übertragen ist, wenn die Voraussetzungen für die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe nicht vorliegen.

(2) Das Finanzamt Österreich ist jedenfalls zuständig für

1. die

a) Prüfung der Vollständigkeit und Zulässigkeit,

b) Weiterleitung und

c) Zustellung von Erledigungen der Abgabenbehörden der anderen Mitgliedstaaten

in Bezug auf Anträge auf Vorsteuererstattung für im Inland ansässige Unternehmer in Anwendung von Art. 18 der Richtlinie 2008/9/EG zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige, ABl. Nr. L 44 vom S. 23, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2010/66/EU, ABl. Nr. L 275 vom S. 1;

2. die Erhebung der Umsatzsteuer von Unternehmern, die ihr Unternehmen vom Ausland aus betreiben und im Inland weder eine Betriebsstätte haben noch Umsätze aus der Nutzung eines im Inland gelegenen Grundbesitzes erzielen;

3. die Rückerstattung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge im Sinn des Bundesgesetzes über die Ermächtigung zur Übernahme der Rückerstattung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge, BGBl. I Nr. 63/2011;

4. die Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer bei widerrechtlicher Verwendung eines Kraftfahrzeuges (§ 1 Abs. 1 Z 3 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 - KfzStG 1992, BGBl. Nr. 449);

5. die Entgegennahme und Erledigung von

a) Anzeigen gemäß § 120 Abs. 1 und

b) Anträgen auf Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gemäß Art. 28 UStG 1994

von Abgabepflichtigen, die unter § 61 Abs. 1 Z 5 bis 8 fallen und denen noch keine Steuernummer bekanntgegeben worden ist;

6. die Erhebung der Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn für Bezüge und Vorteile von Arbeitgebern ohne Betriebsstätte im Sinn des § 81 EStG 1988 im Inland sowie für die Entgegennahme und Bearbeitung von Lohnbescheinigungen gemäß § 84a Abs. 1 EStG 1988 (§ 47 Abs. 1 EStG 1988).

§ 323b BAO lautet:

Übergangsbestimmungen im Zusammenhang mit der Finanz-Organisationsreform 2020

§ 323b. (1) Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Das Zollamt Österreich tritt am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

(2) Die am bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.

(3) Eine vor dem von der zuständigen Abgabenbehörde des Bundes genehmigte Erledigung, die erst nach dem wirksam wird, gilt als Erledigung der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens für die jeweilige Angelegenheit zuständigen Abgabenbehörde.

(4) Für Angelegenheiten, für die vor dem der Bundesminister für Finanzen zuständig gewesen ist und nach dem eine andere Einrichtung der Bundesfinanzverwaltung zuständig ist, gilt zusätzlich zu Abs. 3 Folgendes:

1. Die ab dem zuständige Einrichtung der Bundesfinanzverwaltung tritt an die Stelle des Bundesministers für Finanzen.

2. Die am beim Bundesminister für Finanzen anhängigen Verfahren werden von der jeweils am zuständigen Einrichtung der Bundesfinanzverwaltung in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.

3. Abweichend von Z 2 bleibt der Bundesminister für Finanzen zuständig für alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit Beschwerdeverfahren, die von ihm erlassene Bescheide gemäß § 103 EStG 1988 betreffen, wenn er die Bescheidbeschwerde bereits vor dem dem Verwaltungsgericht vorgelegt hat.

(5) Bis können Anbringen, für deren Behandlung entweder das Finanzamt Österreich, das Finanzamt für Großbetriebe oder das Amt für Betrugsbekämpfung zuständig ist, innerhalb offener Frist auch unter Verwendung der falschen dieser drei Bezeichnungen wirksam eingebracht werden.

(6) Bis können Anbringen, für deren Behandlung entweder das Finanzamt Österreich, das Finanzamt für Großbetriebe oder das Amt für Betrugsbekämpfung zuständig ist, auch unter Verwendung der Bezeichnung der Finanzämter gemäß § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010 (AVOG 2010 - DV), BGBl. II Nr. 165/2010, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 375/2016, sowie unter Verwendung der zum kundgemachten Anschriften der Finanzämter wirksam eingebracht werden.

(7) Bis können Anbringen, für deren Behandlung das Zollamt Österreich zuständig ist, auch unter Verwendung der Bezeichnung der Zollämter gemäß § 11 AVOG 2010 - DV in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 375/2016, sowie unter Verwendung der zum kundgemachten Anschriften der Zollämter wirksam eingebracht werden.

(8) Alle gemäß § 71 in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 9/2010 oder gemäß § 3 AVOG 2010 erlassenen Delegierungsbescheide sind mit Ablauf des aufgehoben.

(9) Verliert eine Abgabenbehörde des Bundes nach dem durch Änderungen von Abgabenvorschriften ihre Zuständigkeit in einer bestimmten Angelegenheit, so können diese Angelegenheit betreffende Anbringen dennoch innerhalb eines Jahres ab Inkrafttreten dieser Änderungen weiter bei dieser Abgabenbehörde eingebracht werden. Die Weiterleitung an die zuständige Abgabenbehörde hat diesfalls nicht auf Gefahr des Einschreiters zu erfolgen, sofern der Einschreiter nicht bereits vor der Einbringung seines Anbringens über die Änderung der Zuständigkeit seitens einer Abgabenbehörde in Kenntnis gesetzt worden ist.

(10) Wird in einer Rechtsvorschrift des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde die Bezeichnung "Finanzamt Österreich", "Finanzamt für Großbetriebe", "Zollamt Österreich" oder "Amt für Betrugsbekämpfung" verwendet, ist darunter bis zum Ablauf des jene Einrichtung zu verstehen, die aufgrund

- des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 104/2019 oder

- der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010, BGBl. II Nr. 165/2010, in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 104/2019 oder

- eines anderen durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 104/2019 geänderten Bundesgesetzes in dessen Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 104/2019

zuständig gewesen ist.

(11) Bis zum können Anbringen, für deren Behandlung ein Finanzamt zuständig ist, auch unter Verwendung der Bezeichnung "Finanzamt Österreich" oder "Finanzamt für Großbetriebe" wirksam eingebracht werden.

(12) Bis zum können Anbringen, für deren Behandlung ein Zollamt zuständig ist, auch unter Verwendung der Bezeichnung "Zollamt Österreich" wirksam eingebracht werden.

Beendigung des Bestehens des Finanzamts Gänserndorf Mistelbach:

Das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach hat zufolge § 33 AVOG 2010 und Art. 34 FORG-Anpassungsverordnung mit Ablauf des zu Bestehen aufgehört.

Das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach kann daher seit mangels Existenz nicht mehr säumig sein.

Finanzamt Gänserndorf Mistelbach existiert als belange Behörde nicht mehr:

Im Zeitpunkt der Erhebung der gegenständlichen Säumnisbeschwerde vom existiert das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach nicht mehr.

Fortführung des Beschwerdeverfahrens durch das Finanzamt Österreich:

Seit ist das Finanzamt Österreich gemäß § 60 BAO i. V. m. § 323b Abs. 2 BAO zur Fortführung des Beschwerdeverfahrens, dessen Erledigung beantragt wird, zuständig.

Das bedeutet aber nicht, dass die Säumnisbeschwerde vom dahingehend umzudeuten wäre, dass an die Stelle des Finanzamts Gänserndorf Mistelbach als gemäß § 285 Abs. 1 lit. a BAO belangte Abgabenbehörde zu treten hat.

Soll eine Säumigkeit des Finanzamts Österreich gerügt werden, ist dieses - und kein anderes Finanzamt, ob existent oder nicht existent, und keine andere Behörde - in der Säumnisbeschwerde als säumige Abgabenbehörde zu bezeichnen.

§ 323b Abs. 6 BAO (wonach Anbringen, für deren Behandlung entweder das Finanzamt Österreich, das Finanzamt für Großbetriebe oder das Amt für Betrugsbekämpfung zuständig ist, auch unter Verwendung der Bezeichnung der Finanzämter gemäß § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010 (AVOG 2010 - DV), BGBl. II Nr. 165/2010, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 375/2016, sowie unter Verwendung der zum kundgemachten Anschriften der Finanzämterwirksam eingebracht werden können) ist im gegenständlichen Fall nicht anwendbar, dafür eine Säumnisbeschwerde keines der genannten Finanzämter, sondern das Bundesfinanzgericht zuständig ist (vgl. ).

Keine Entscheidungspflicht des Finanzamts Gänserndorf Mistelbach mehr:

Seit besteht keine Entscheidungspflicht des Finanzamts Gänserndorf Mistelbach mehr.

Zurückweisung der Säumnisbeschwerde:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs führt die Bezeichnung einer Behörde, welche die Entscheidungspflicht nicht trifft, deren Verletzung mit der Säumnisbeschwerde geltend gemacht wird, zur Zurückweisung der Säumnisbeschwerde (vgl. 2010/16/0208; 2009/16/0174; ; ; ).

Die Säumnisbeschwerde ist daher zufolge mangelnder Entscheidungspflicht der nicht mehr bestehenden belangten Behörde a limine gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückzuweisen (vgl. RS/7100023/2021).

Bemerkt wird, dass ferner nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts eine Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes Österreich in den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 noch nicht vorliegen kann, da für das Finanzamt Österreich die Frist für eine Entscheidung erst am zu laufen begonnen hat (vgl. RS/5100003/2021, BFGjournal 3/2021, 99; ; jeweils unter Hinweis auf Fr 2014/16/0001)." (Zitatende ).

Da auch das den verfahrensgegenständlichen USt-Bescheid 2019 vom erlassende FA zufolge § 4 AVOG 2010-DV als Finanzamt mit allgemeinem Aufgabenkreis eingerichtet war, kommt im anhängigen Verfahren dieselbe Rechtslage zur Anwendung wie im Verfahren RS/7100032/2021. Vor diesem Hintergrund schließt sich das BFG im anhängigen Verfahren der im dargestellten Rechtsansicht an.

Die am beim BFG eingelangte Säumnisbeschwerde des Bf (§ 284 BAO) war daher gemäß § 260 Abs 1 lit. a BAO iVm. § 284 Abs. 7 lit. b BAO als unzulässig zurückzuweisen.

Auf die Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens (§ 85 Abs. 2 BAO) zur Konkretisierung der aus Sicht des Bf säumigen Abgabenbehörde konnte verzichtet werden, weil dieses Verfahren zu keinem anderen Ergebnis führen konnte.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung folgt der ständigen VwGH-Rechtsprechung zur fehlenden Säumnis einer nicht mehr existierenden Behörde. Damit liegen die dargestellten Voraussetzungen zur Einbringung einer Revision nicht vor.

Wien, am

[...]

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 4 AVOG 2010 - DV, Durchführung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010, BGBl. II Nr. 165/2010
§ 285 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 323b Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 284 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 60 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 323b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RS.7100038.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at