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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.05.2021, RV/1100027/2019

Drittelbegünstigung für Vorbezug zur Wohneigentumsförderung aus einer Schweizer Pansionskasse?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***

in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,

betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***,

zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der angefochtene Bescheid enthielt die Begründung, der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom , 2009/15/0188, erkannt, dass die Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z. 53 EStG 1988 nur dann zustehe, wenn eine Pensionsabfindung vorliege. Eine solche sei nur dann gegeben, wenn ein Zwang zur Annahme bestehe und die bezugsberechtigte Person über kein Wahlrecht hinsichtlich der Auszahlungsmodalitäten verfüge.

Dagegen wandte sich der Beschwerdeführer und führte in seiner Beschwerde aus: Die Vorbezugsleistung sei nicht freiwillig erfolgt. Die ***6*** habe für seinen endfälligen Kredit in Schweizer Franken eine Sondertilgung mit dieser Vorbezugsleistung verlangt. Daher stehe die Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z. 53 EStG 1988 zu. Er brachte im Weiteren vor, dass die von der Vorbezugsleistung in der Schweiz einbehaltene Quellensteuer i.H.v. € 6.227,50 nicht berücksichtigt worden sei und verwies auf eine diesbezügliche Bestätigung der Schweizer Steuerbehörde. Auch die Schmutz-und Erschwerniszulagen - er sei Bahnarbeiter im Verschub - seien nicht berücksichtigt worden.

In der Folge erläuterte die Abgabenbehörde in einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung: Bei dem Vorbezug zur Wohnungseigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge habe sich der Beschwerdeführer bewusst für die Auszahlung und damit gegen den späteren Bezug einer lebenslangen Altersrente in voller Höhe entschieden. Der Wohnraumvorbezug sei daher aufgrund eines Antrags des Beschwerdeführers freiwillig erfolgt. Ein "Zwang zur Inanspruchnahme einer Pensionsabfindung" liege nicht vor, da ein solcher lediglich das Verhältnis zwischen dem Anspruchsberechtigten und der Pensionskasse betreffe. Dem von Seiten des Beschwerdeführers genannten "Zwang" seitens der ***6*** komme keine rechtliche Relevanz zu, zumal ein Gläubiger die Auszahlung eines Wohnraumvorbuges nicht verlangen könne.

Zudem liege im Streitfall keine begünstigungsfähige Pensionsabfindung im Sinne des § 124b Z. 53 EStG 1988 vor, da es sich um die bloße Abfindung einer Anwartschaft handle.

Was die Quellensteuer betreffe, sei die Steuerverwaltung des Kantons ***1*** davon ausgegangen, dass es sich um einen Anwendungsfall des Art. 19 Abs. 1 DBA CH handle. Vorsorgeleistungen, die von Vorsorgeeinrichtungen mit Sitz im Kanton ***1*** an Personen mit Wohnsitz im Ausland ausgerichtet würden, seien in der Schweiz bzw. im Kanton ***1*** der Quellensteuer unterworfen. Dagegen stellte sich die Abgabenbehörde mit der Begründung, dass die Pensionskasse der ***2*** durch einen privatrechtlichen Akt, nämlich eine Stiftungsurkunde, gegründet worden sei. Die ***3*** sei daher eine privatrechtliche Stiftung und keine juristische Person des öffentlichen Rechts im Sinne des Art. 19 Abs. 1 DBA CH. Privatrechtlich strukturierte Vorsorgeeinrichtungen seien aber von der "Kassenstaatsregel" ausgeschlossen. Die Anrechnung der in der Schweiz einbehaltenen Quellensteuer i.H.v. € 6.227,50 könne daher nicht gewährt werden. Art. 18 DBA CH weise vielmehr dem Ansässigkeitsstaat Österreich das alleinige Besteuerungsrecht zu.

Im Hinblick auf die Schmutz-und Erschwerniszulagen wurde seitens der Abgabenbehörde ausgeführt: Aus dem angefochtenen Bescheid könne ersehen werden, dass unter Kennzahl 394 steuerfreie Zuschläge und Zulagen i.H.v. CHF 3.625,41 berücksichtigt worden seien. Dabei handle es sich um den maximal berücksichtigbaren Betrag gemäß § 68 Abs. 1 EStG i.V.m. § 68 Abs. 6 EStG 1988. Der monatlich berücksichtigbare Steuerfreibetrag für SEG-Zulagen sowie Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge betrage bei dem für das Jahr 2016 geltenden Umrechnungskurs insgesamt maximal € 360 (= CHF 398,45). Laut den vorgelegten Monatslohnabrechnungen seien im Streitfall neben den separat ausgewiesenen Sonntags- und Nachtarbeitszuschlägen keine weiteren SEG-Zulagen ausbezahlt worden. Auch wenn der monatliche Maximalbetrag nicht bereits ausgeschöpft worden sei, könnten daher keine zusätzlichen SEG-Zulagen berücksichtigt werden. Abgeltungen für Piket-Dienste seien nicht steuerbegünstigt.

In der Folge brachte der Beschwerdeführer ohne weitere Ausführungen einen Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
  • Der im Jahr ***4*** geborene Beschwerdeführer ist seit 1991 bei der ***2*** AG (***5*** AG) angestellt.

  • Über seinen Antrag wurde ihm ein Vorbezug im Sinne der Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge von der ***3*** auf sein österreichisches Bankkonto ausbezahlt.

  • Der Vorbezug diente der Amortisation der auf seiner inländischen Liegenschaft lastenden Hypothek.

  • Der in Höhe von CHF 85.000 errechnete Vorbezug wurde, reduziert um eine Quellensteuer von CHF 6.227,50, mit einem Betrag von CHF 78.772,50 zur Auszahlung gebracht.

  • Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf Rückerstattung der Quellensteuer auf die Kapitalleistung der Vorsorgeeinrichtung an die Steuerverwaltung des Kantons ***1***.

  • Der Antrag auf Rückerstattung wurde mit der Begründung abgelehnt, dass das Besteuerungsrecht für die in Streit stehende Vergütung gemäß Art. 19 Abs. 1 des DBA CH der Schweiz bzw. dem Kanton ***1*** zustehe.

Die Feststellungen zum Sachverhalt gründen sich auf unstrittigen Akteninhalt.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Vorbezug für Wohneigentum:

Strittig ist: Steht die "Drittelbegünstigung" gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 für den Wohnraumvorbezug zu?

Gemäß § 124b Z 53, letzter Satz, EStG 1988 sind Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen aufgrund gesetzlicher oder statutenmäßige Regelungen nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen.

Gesetzliche Grundlage für die berufliche Vorsorge in der Schweiz ist das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) vom .

Nach Art. 13 Abs. 1 BVG haben Männer, die das 65. Altersjahr zurückgelegt haben und Frauen, die das 64. Altersjahr zurückgelegt haben, Anspruch auf Altersleistungen. Abweichend davon können nach Art. 13 Abs. 2 erster Satz BVG die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung vorsehen, dass der Anspruch auf Altersleistungen mit der Beendigung der Erwerbstätigkeit entsteht.

Verlassen Versicherte die Vorsorgeeinrichtung, bevor ein Vorsorgefall eintritt (Freizügigkeitsfall), so haben sie gemäß Art. 2 des Schweizer Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsgesetz, FZG) Anspruch auf eine Austrittsleistung.

Gemäß Art. 37 Abs. 1 BVG werden Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenleistungen in der Regel als Rente ausgerichtet. Gemäß Art. 37 Abs. 4 lit. a BVG kann die Vorsorgeeinrichtung in ihrem Reglement vorsehen, dass die Anspruchsberechtigten anstelle einer Alters-, Hinterlassenen-oder Invalidenrente eine Kapitalabfindung wählen können.

Nach Art. 30c Abs. 1 BVG kann der Versicherte bis drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistungen von seiner Vorsorgeeinrichtung einen Betrag für Wohneigentum zum eigenen Bedarf geltend machen.

Gemäß Art. 30c Abs. 2 BVG dürfen Versicherte bis zum 50. Altersjahr einen Betrag bis zur Höhe der Freizügigkeitsleistung beziehen. Versicherte, die das 50. Altersjahr überschritten haben, dürfen höchstens die Freizügigkeitsleistung, auf die sie im 50. Altersjahr Anspruch gehabt hätten, oder die Hälfte der Freizügigkeitsleistung im Zeitpunkt des Bezuges in Anspruch nehmen.

Mit dem Bezug wird nach Art. 30c Abs. 4 BVG gleichzeitig der Anspruch auf Vorsorgeleistungen entsprechend den jeweiligen Vorsorgereglementen und den technischen Grundlagen der Vorsorgeeinrichtung gekürzt.

Nach Art. 30d Abs. 1 BVG muss der bezogene Betrag vom Versicherten oder von seinen Erben in den dort angeführten Fällen, unter anderem wenn das Wohneigentum veräußert wird (lit. a), an die Vorsorgeeinrichtung zurückbezahlt werden.

Im Übrigen kann der Versicherte den bezogenen Betrag nach Art. 30d Abs. 2 BVG unter Beachtung der Bedingungen von Abs. 3 jederzeit zurückzahlen.

Die Rechtsgrundlagen ergeben somit, dass ein Vorbezug wie der gegenständliche während eines aufrechten Arbeitsverhältnisses bis drei Jahre vor der Pensionierung in Anspruch genommen werden kann und die bestehenden Vorsorgeansprüche mindert. Von einer (teilweisen) "Abfindung" eines Pensionsanspruches und damit einem Anwendungsfall des § 124b Z. 53 EStG 1988 kann dabei nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes nicht ausgegangen werden, weil der Pensionsanspruch des Versicherten im Umfang des Vorbezuges nicht endgültig verlorengeht, sondern im Falle der Rückzahlung wieder auflebt.

Zudem ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass - insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation - dem Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist (vgl. mit Hinweisen auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung, etwa sowie ).

Eine "Abfindung" eines Anspruches auf rentenmäßige Zahlung liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor, wenn ein freies Wahlrecht (obligatio alternativa) zwischen der Rente einerseits und dem Rentenbarwert als Kapitalanspruch andererseits eingeräumt ist (vgl. und ).

Der Beschwerdeführer hat von der laut Gesetz und Pensionskassenreglement eingeräumten Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Vorbezuges für Wohneigentum Gebrauch gemacht. Durch die antragsgemäße Auszahlung des Vorbezuges hat sich sein Anspruch aus dem Vorsorgeverhältnis - wie in dem im Akt aufliegenden Versicherungsausweis vom im Detail dargestellt - vermindert. Er hat aus eigener Entscheidung auf die Wahrung des (späteren) vollen Pensionsanspruches in Rentenform gegenüber der Pensionskasse zugunsten der anteiligen Kapitalauszahlung in Form des Vorbezuges verzichtet. Es war ihm somit nach objektiven Kriterien eine Wahlmöglichkeit eingeräumt.

Soweit er in diesem Zusammenhang eingewendet hat, er sei zu Inanspruchnahme des Vorbezuges "gezwungen" gewesen, weil die ***6*** eine Sondertilgung für seinen Schweizer- Franken- Kredit verlangt habe, ist er auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung zu verweisen, wonach der "Zwang" zur Inanspruchnahme einer kapitalisiert ausbezahlten Pensionsabfindung sich lediglich auf das Verhältnis zwischen dem Anspruchsberechtigten einerseits und dem Arbeitgeber bzw. der auszahlenden Stelle (Pensionskasse) andererseits beziehen kann. Eine allenfalls persönlich als "zwingend" empfundene - privatautonome - Rechtsbeziehung zu einem Gläubiger oder sonstigem Dritten kann nicht Grundlage für die steuerrechtliche Begünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 sein.

Insgesamt liegen somit die Voraussetzungen für die Anwendung der Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 deshalb nicht vor, weil a) dem Beschwerdeführer ein Wahlrecht zustand, dh, er nicht gezwungen war, den Vorbezug für Wohneigentum in Anspruch zu nehmen und b) der Pensionsanspruch nicht endgültig verloren geht, sondern im Falle der Rückzahlung wieder auflebt (vgl. ).

Keine Bedeutung kommt dabei Einwand der Abgabenbehörde zu, wonach es sich gegenständlich nicht um eine Pensionsabfindung handle, weil bloß die Abfindung einer Anwartschaft vorliege. In diesem Zusammenhang hat nämlich der VwGH mit Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0086, klargestellt, dass es - grundsätzlich und ohne Relevanz für den vorliegenden Fall - gerade auch die Abfindung von Pensionsanwartschaften ist, die der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung begünstigen will.

Quellensteuer:

Strittig ist: Steht für den Vorbezug für Wohneigentum der Schweiz bzw. dem Kanton ***1*** das Besteuerungsrecht gemäß Art. 19 Abs. 1 DBA CH zu ("Kassenstaatsregel") zu, was einer beantragten Rückerstattung der Quellensteuer auf die Kapitalleistung der Vorsorgeeinrichtung entgegenstünde?

Gemäß Art. 15 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl Nr. 64/1975 (in der Folge: DBA CH), dürfen, vorbehaltlich der Art. 16, 18 und 19 Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus unselbstständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.

Gemäß Art. 18 DBA CH dürfen, vorbehaltlich des Artikels 19 Abs. 1, Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragstaat ansässigen Person für frühere unselbstständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.

Gemäß Art. 19 Abs. 1 DBA CH dürfen Vergütungen, einschließlich der Ruhegehälter, die ein Vertragsstaat für ihm erbrachte, gegenwärtige oder frühere Dienstleistungen oder Arbeitsleistungen auszahlt, in diesem Staat besteuert werden. Dies gilt auch dann, wenn solche Vergütungen von einem Land, von einem Kanton, von einer Gemeinde, einem Gemeindeverband oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts eines der beiden Staaten gewährt werden.

Gemäß Art. 19 Abs. 2 DBA CH wird, ob eine juristische Person eine solche des öffentlichen Rechts sei, nach den Gesetzen des Staates entschieden, in dem sie errichtet ist.

Eine Vertreterin des Bundesministeriums für Finanzen hat mit Schreiben vom an das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen, Sektion bilaterale Steuerfragen und Doppelbesteuerung in ***1***, zur Frage der Behandlung von Leistungen aus der schweizerischen beruflichen Vorsorge an Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst ausgeführt:

"Eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Art. 19 DBA CH und somit des Kassenstaatsprinzips ist, dass die Vergütungen von einem Vertragstaat, Land, Kanton, Gemeinde, Gemeindeverband oder von einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts ausgezahlt werden. Der Begriff "juristische Person öffentlichen Rechts" richtet sich nach den Gesetzen des Errichtungsstaates.

Daneben ist für die Anwendbarkeit des Art. 19 erforderlich, dass die Vergütungen für gegenüber dem Vertragstaat erbrachte frühere Dienst-oder Arbeitsleistungen gezahlt werden. Werden Vergütungen daher für Dienste gezahlt, die nicht für den jeweiligen Vertragstaat erbracht wurden, so scheidet eine Anwendung des Artikels 19 aus, ungeachtet dessen, ob der letzte Arbeitgeber der öffentliche Dienst war oder nicht. Gegebenenfalls ist eine Aufteilung erforderlich.

Nach Ihrer Auskunft wird die berufliche Vorsorge (betriebliche Altersvorsorge) über von jedem Arbeitgeber zu entrichtende Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen abgewickelt und ist einheitlich für den privaten und öffentlichen Sektor geregelt. Das Gesetz sieht zwingend vor, dass die Vorsorgeeinrichtung in der Rechtsform einer Stiftung oder einer juristischen Person öffentlichen Rechts errichtet werden muss. Stiftungen sind nicht von Art. 19 Abs. 1 DBA CH erfasst, weil jene Personen, die als qualifizierend auszahlende Stelle in Frage kommen, taxativ aufgelistet werden. Die bloße Tatsache, dass die berufliche Vorsorge ihre gesetzliche Grundlage im öffentlichen Recht findet, bedeutet nicht auch, dass alle dieser gesetzlichen Grundlage entstammenden Rechtsgebilde als juristische Person öffentlichen Rechts gelten. Vielmehr bedürfte es dann der Norm des Artikels 48 BVG nicht, die dem Arbeitgeber freistellt, in welcher Form die Vorsorgeeinrichtung ausgestaltet werden soll.

Dass diese Einrichtungen sowohl privaten als auch öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern zur Verfügung stehen, spielt für die im gegenständlichen Verfahren relevante Frage des Vorliegens einer Leistung von einer juristischen Person für eine Arbeitsleistung im öffentlichen Dienst keine Rolle. Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und der Schweiz knüpft hinsichtlich des öffentlichen Dienstes ausdrücklich an die Gewährung der Leistungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts an, um die Kassenstaatsregel zur Anwendung gelangen zu lassen. Diese Formulierung im DBA wäre unerklärlich, wenn sich die Kassenstaatsregel ohnehin auf alle Vorsorgeeinrichtungen bezieht und wenn es nicht auch die Leistungen von etwa Stiftungen gäbe. Mit der Formulierung im DBA werden daher explizit Vorsorgestiftungen oder allfällige andere privatrechtlich strukturierten Vorsorgeeinrichtungen von der Kassenstaatsregel abgesondert.

Dass schließlich das Sozialversicherungsrecht insgesamt zum Bereich des öffentlichen Rechts gehört, ist zwar zutreffend. Dass hiermit aber sämtliche Einrichtungen der schweizerischen beruflichen Vorsorge juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, ist unzutreffend. Die Frage der rechtlichen Qualifikation einer Einrichtung beurteilt sich nach den Rechtsquellen, mittels derer sie geschaffen wird und gerade nicht nach dem Sachbereich, in dem die jeweilige Einrichtung tätig wird.

…… Die Rechtsform der Vorsorgeeinrichtung ist aus den dargelegten Gründen erheblich."

Wie in der Beschwerdevorentscheidung - auf die verwiesen wird - ausgeführt wird, handelt es sich bei der ***3***, welche im Streitfall den Vorbezug für Wohneigentum ausbezahlt hat, um eine privatrechtliche Stiftung. Sie wurde von den ***2*** durch einen privatrechtlichen Akt in Form einer Stiftungsurkunde begründet und ist keine juristische Person des öffentlichen Rechts im Sinne des Art. 19 Abs. 2 DBA CH.

Zumal daher die "Kassenstaatsregel" gemäß Art. 19 DBA CH im Sinne obenstehender Ausführungen nicht zur Anwendung gelangen kann, kommt das Besteuerungsrecht für die Auszahlung aus der beruflichen Vorsorge gemäß Art. 18 DBA CH allein Österreich zu.

Die Quellensteuer wäre daher dem Beschwerdeführer auf seinen Antrag von Schweizer Seite zu erstatten gewesen. Eine Anrechnung im Sinne des Art. 23 Abs. 2 DBA CH kommt nicht in Betracht, weil es sich eben nicht um Einkünfte handelt, die nach diesem Abkommen in der Schweiz und in Österreich besteuert werden durften.

Soweit daher gegenständlich ein Qualifikationskonflikt in der Form vorliegt, dass es aufgrund unterschiedlicher Abkommensinterpretationen zu einer Doppelbesteuerung kommt, bietet sich einzig ein Verständigungsverfahren als Ausweg an (vgl. Dommes, Pensionen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, IX.4.3.).

SEG-Zulagen:

In der Beschwerdevorentscheidung wurde umfassend dargelegt, dass die SEG-Zulagen bereits im Erstbescheid im höchstmöglichen Ausmaß berücksichtigt worden sind.

Da einer Beschwerdevorentscheidung Vorhaltscharakter zukommt und der Beschwerdeführer in seinem Vorlageantrag keine weitere Stellungnahme zu den dort dargelegten Ausführungen betreffend SEG-Zulagen abgegeben hat, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass er seinen Einwand der Nichtberücksichtigung von SEG-Zulagen nicht weiter aufrecht erhält. Der Beschwerde kommt somit auch insofern keine Berechtigung zu.

Insgesamt war wie im Spruch zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Streitfall zu lösenden Rechtsfragen finden zum einen Teil Deckung in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und lassen sich zum anderen Teil in klarer Weise aus der Rechts-und Gesetzeslage ableiten.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 19 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 18 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
§ 68 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 53 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100027.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at