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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 26.05.2021, RV/7103530/2019

§ 36 EStG 1988: Aus einem Schulderlass resultierende Gewinne ("Sanierungsgewinn") § 299 BAO: Bescheidaufhebung von Amts wegen

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/13/0100. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende ***SV***, den Richter***R*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***L1*** und ***L2***, in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF***, in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Stb***, über die Beschwerden

  • vom gegen den Bescheid betreffend die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2018 und Folgejahre des Finanzamtes ***FA***, vom ,

  • vom gegen den Bescheid betreffend die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre des Finanzamtes ***FA***, vom ,

  • vom gegen die Bescheide über die Aufhebung (§ 299 BAO) der Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 des Finanzamtes ***FA***, beide vom und

  • vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 des Finanzamtes ***FA***, beide vom ,

nach der am durgeführten mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

  • Die Beschwerde gegen die Bescheide über die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
    Den Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 wird teilweise Folge gegeben.
    Diese Bescheide werden abgeändert.
    Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
    Den Beschwerden gegen die Bescheide betreffend die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2018 und Folgejahre sowie 2019 und Folgejahre wird teilweise Folge gegeben. Diese Bescheide werden abgeändert.
    Die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2018 und Folgejahre werden in Höhe von 1.679 € sowie die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre in Höhe von 1.760 € festgesetzt.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf) - Frau ***Bf1*** - übermittelte am Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 und 2017 elektronisch.

In den am erlassenen Einkommensteuerbescheiden 2016 und 2017 wurden die Werbungskosten und Kirchenbeiträge in erklärter Höhe in Abzug gebracht und bezüglich der Topf-Sonderausgaben sowie Beiträge für bestimmte Versicherungen wurde darauf hingewiesen, dass diese nur zu einem Viertel berücksichtigt werden könnten. Sollte der Gesamtbetrag der Einkünfte über 36.400 Euro liegen, verringere sich der Betrag weiter. Für diesen Fall wurde auf die angeführte Formel verwiesen.

Mit Bescheiden vom wurden die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 vom gemäß § 299 BAO aufgehoben. Als Bescheidbegründung wurde der erste Satz des § 299 Abs 1 BAO zitiert.

Mit gleichem Datum () erließ die Abgabenbehörde neue Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017, in welchen nunmehr zusätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von jeweils 130.469,43 € in Ansatz gebracht wurden. In der Bescheidbegründung wurde unter anderem ausgeführt, dass bei Ermittlung der betrieblichen Einkünfte ein Gewinn aus einem Schuldnachlass im Rahmen eines Insolvenzverfahrens gemäß § 36 EStG 1988 von 134.369,43 € - abzüglich eines Gewinnfreibetrages (Grundfreibetrag gemäß § 10 Abs 1 Z 2 EStG 1988) in Höhe von 3.900 € - berücksichtigt worden sei. Aufgrund des Schuldenregulierungsverfahrens und des mit rechtskräftig bestätigten Zahlungsplans sei ein Sanierungsgewinn gemäß § 36 EStG wie folgt zu berechnen:


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2016
2017
Quote: 5 %
Raten: 7
Verbindlichkeiten lt Anmeldeverzeichnis: 960.090,51
(gemeint: 990.090,51)
Sanierungsgewinn gesamt 95 %: 940.585,98
Sanierungsgewinn lt Raten (1/7): 134.369,43
Einkommensteuer ohne Sanierungsgewinn
-203,00
-208.00
Einkommensteuer mit Sanierungsgewinn
63.026,00
63.049,00
Einkommensteuer betr. den Sanierungsgewinn
63.229,00
63.257,00

Die Einkommensteuer sei in Höhe der bezahlten Quote von 5 % festgesetzt worden.

Im Einkommensteuerbescheid 2016 wurde von der Einkommensteuer ein Betrag in Höhe von 60.094,15 € (richtig: 60.067,55 € = 95 % von 63.229 €) als "Nichtfestsetzung gemäß § 6 Z 6 lit b EStG" [Kz 387] in Abzug gebracht.
Im Einkommensteuerbescheid 2017 wurde von der Einkommensteuer ein Betrag in Höhe von 60.094,15 € (= 95 % von 63.257 €) als "Nichtfestsetzung gemäß § 6 Z 6 lit b EStG" [Kz 387] in Abzug gebracht.

Mit gleichem Datum () erließ die Abgabenbehörde den Bescheid betreffend die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2018 und Folgejahre, setzte die Einkommensteuervorauszahlungen für 2018 und Folgejahre in Höhe von 3.073 € fest und begründete dies damit, dass die für die Festsetzung der Vorauszahlungen maßgebliche Veranlagung das Jahr 2017 betreffe und gemäß § 45 Abs 1 EStG 1988 daher die maßgebliche Abgabenschuld in Höhe von 2.955 € um 4 % erhöht worden sei.

Mit Schriftsatz vom erhob die steuerliche Vertretung der Bf Beschwerde gegen die Bescheide über die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017, beide vom , und begründete diese im Wesentlichen damit, dass eine Aufhebung gemäß § 299 BAO eine Ermessensentscheidung sei, diese jedenfalls zu begründen sei und eine Begründung in beiden Bescheiden fehle.

Mit Schriftsatz vom erhob die steuerliche Vertretung der Bf auch Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017, beide vom , und führte darin unter anderem aus, dass es richtig sei, dass das vorliegende Verfahren unter den § 36 EStG falle, jedoch seien nur Nachlässe betreffend betrieblicher Verbindlichkeiten, Sanierungsgewinne im Sinne des § 36 EStG. Der Nachweis privater Verbindlichkeiten stelle eine nicht steuerbare außerbetriebliche Vermögensvermehrung dar (Jakom EStG 2016, § 36 Z 11). In den vorliegenden Einkommensteuerbescheiden seien sämtliche Verbindlichkeiten laut Anmeldeverzeichnis der Berechnung des Sanierungsgewinnes zu Grunde gelegt worden und es fehle die Begründung, warum dieser Betrag zur Berechnung des Sanierungsgewinnes herangezogen werde. Aufgrund dessen stehe fest, dass eine zusammenhängende Darstellung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes fehle. Gemeint sei mit der zusammenhängenden Sachverhaltsdarstellung als im zentralen Begründungselement eines Bescheides die Anführung jenes Sachverhaltes, den die belangte Behörde als Ergebnis ihrer Überlegungen zur Beweiswürdigung als erwiesen annehme. Die zusammenhängende Sachverhaltsdarstellung habe in der Darstellung der behördlichen Überlegungen zur Beweiswürdigung zu bestehen. Es seien somit jene Erwägungen der Behörde darzustellen, welche sie bewogen, einen anderen als den vom Abgabepflichtigen behaupteten Sachverhalt als erwiesen anzunehmen, und aus welchen Gründen sich die Behörde im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung dazu veranlasst gesehen habe, im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse gerade den von ihr angenommenen und nicht einen durch Beweisergebnisse auch als denkmöglich erscheinenden Sachverhalt als erwiesen anzunehmen. Als zusätzliches Element der Bescheidbegründung habe die Behörde die rechtliche Beurteilung darzulegen. Die Einbeziehung von 100 % der angemeldeten Forderungen widerspreche den Denkgesetzen und seien deshalb die vorliegenden Bescheide rechtswidrig. Die steuerliche Vertretung der Bf ersuchte, die genannten Bescheide aufzuheben und den Sanierungsgewinn mit EUR 0,00 festzusetzen.

Mit Schriftsatz vom erhob die steuerliche Vertretung der Bf auch Beschwerde gegen den Bescheid betreffend die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2018 und Folgejahre, vom , und verwies auf die mit gleicher Post erhobenen Beschwerden und beantragte, den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für 2018 und Folgejahre ersatzlos aufzuheben und die Einkommensteuervorauszahlungen für 2018 und Folgejahre mit EUR 0,00 festzusetzen. Die steuerliche Vertretung der Bf stellte den Antrag auf Entscheidung durch den Senat und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Vorhalt vom führte die Abgabenbehörde aus, dass der Sanierungsgewinn auf Grundlage des Schuldenregulierungsverfahrens berechnet worden sei, welches mit Beschluss vom eröffnet und mit Beschluss vom nach einem rechtskräftig bestätigten Zahlungsplan mit einer Quote von 5 %, zahlbar in sieben Jahresraten, aufgehoben worden sei. Als Berechnungsgrundlage für den Sanierungsgewinn sei das letztgültige Anmeldeverzeichnis vom herangezogen worden. Im Anmeldeverzeichnis würden die geprüften und auch anerkannten Verbindlichkeiten in Höhe von 990.090,51 € angeführt. Die Summe der Verbindlichkeiten setze sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
***Bank1***
7.337,05 €
***2***
82.759,32 €
***Bank3***
12.523,18 €
***Bank4***
96.620,29 €
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft
137.059,25 €
***A*** Gebietskrankenkasse
31.626,34 €
***Bank5***
242.979,91 €
***B*** GmbH
17.213,48 €
A1 Telekom Austria AG
2.050,31 €
***C***
2.675,56 €
Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur
330.153,76 €
***D***
27.093,06 €

Die Abgabenbehörde verwies darauf, dass im Protokoll vom zur Vernehmung der Bf gemäß § 70 Abs 2 IO beim Bezirksgericht ***E*** die Bf angegeben habe: "Der Großteil der Verbindlichkeiten resultiere aus ihrer ehemaligen selbständigen Tätigkeit mit der ***G*** KEG". Die Abgabenbehörde vertrat die Auffassung, dass aufgrund der Gläubiger geschlossen werden könne, dass die berücksichtigten Verbindlichkeiten nicht ausschließlich der privaten Sphäre zuzuordnen seien. Die Abgabenbehörde ersuchte daher die Bf bis zum , bekanntzugeben, welche der Verbindlichkeiten und in welcher Höhe den privaten Bereich beträfen, wobei die Angaben durch die entsprechenden Unterlagen (Verträge etc) zu belegen seien.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde gegen die Bescheide über die Aufhebung (§ 299 BAO) der Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 Folge gegeben und die angefochtenen Aufhebungsbescheide aufgehoben. Begründend wurde ausgeführt, dass die angefochtenen Aufhebungsbescheide keine Begründungsausführungen enthielten und somit mit einem wesentlichen Mangel behaftet seien, welcher nicht sanierbar sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 zurückgewiesen. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass durch den Aufhebungsbescheid über den Bescheid über die Aufhebung (Aufhebung gemäß § 299 BAO) der Einkommensteuerbescheid 2016 und 2017 vom das Verfahren gemäß § 299 Abs 3 BAO in die Lage zurückgetreten sei, in der es sich vor der Aufhebung befunden habe. Die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 vom hätten dadurch wieder Rechtsgültigkeit erlangt und die angefochtenen Einkommensteuerbescheide seien aus dem Rechtsbestand ausgeschieden.

Mit Schreiben vom wurde die Bf erinnert, dass offenbar übersehen worden sei, die Vorhaltsbeantwortung betreffend die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 und 2017 fristgerecht bis einzureichen. Die Bf wurde ersucht, dies bis längstens nachzuholen, wobei darauf hingewiesen wurde, dass für den Fall, dass keine Beantwortung des Vorhaltes innerhalb der angeführten Frist erfolgen sollte, der Sanierungsgewinn auf Basis der im Vorhalt vom angeführten Verbindlichkeiten berechnet und die daraus resultierende Steuer (wie schon in den vom erlassenen und inzwischen aufgehobenen Bescheiden) festgesetzt werde.

Mit Schriftsatz vom ersuchte die steuerliche Vertretung der Bf, die Frist zur Beantwortung des Fragenvorhaltes bis zum zu verlängern.

Mit Schriftsatz vom verwies die steuerliche Vertretung der Bf hinsichtlich des Verfahrens betreffend 2016 und 2017 darauf, dass in der Beschwerdevorentscheidung vom ausgeführt worden sei, dass in den Bescheiden über die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 keine Begründungsausführungen enthalten und somit mit einem wesentlichen Mangel behaftet seien, welcher nicht sanierbar sei. Da - wie von der Abgabenbehörde richtigerweise ausgeführt - ein solcher Mangel nicht sanierbar sei und hinsichtlich der Jahre 2016 und 2017 ein neuer Tatsachenkomplex nicht vorliege, sei somit ein zweites Wiederaufnahmeverfahren gemäß VwGH-Erkenntnis vom , Ro 2014/15/0035, nicht möglich.

Mit Bescheiden vom wurden die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 vom gemäß § 299 BAO aufgehoben. Als Bescheidbegründung wurde der erste Satz des § 299 Abs 1 BAO zitiert und ein Hinweis angeführt, dass die (zusätzliche) Begründung zu diesem Bescheid der Bf gesondert zugehe. Die Begründung des Aufhebungsbescheides bezüglich Einkommensteuer 2017 weist den Zusatz auf, dass die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt worden sei. Im vorliegenden Fall überwiege das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen könnten auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden.

In der gesondert übermittelten Bescheidbegründung vom wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass Voraussetzung für eine Aufhebung die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des aufzuhebenden Bescheides sei. Der Inhalt eines Bescheides sei rechtswidrig, wenn der Spruch des Bescheides sich als rechtswidrig erweise. Der Bescheidspruch sei sowohl bei unzutreffender Auslegung von Rechtsvorschriften als auch bei Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Tatsachen inhaltlich rechtswidrig. Aufhebungen gemäß § 299 dürften auch mehrfach hintereinander erfolgen (). Die Abgabenbehörde verwies darauf, dass die Einkommensteuerbescheide 2016 und2017 vom gemäß § 299 BAO auf Grund des nicht richtigen Spruches aufgehoben worden seien, da entscheidungserhebliche Tatsachen nicht berücksichtigt worden seien. Gegenständlich sei der Sanierungsgewinn in Höhe von 134.369,43 € nicht berücksichtigt worden. Im Jahr 2016 und 2017 wäre vom Sanierungsgewinn jeweils ein Siebentel zu berücksichtigen gewesen. Die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom sei unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt worden. Im vorliegenden Fall überwiege das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen könnten auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden.

Mit gleichem Datum () erließ die Abgabenbehörde neue Einkommensteuer-bescheide 2016 und 2017, die mit jenen vom ident sind.

Mit gleichem Datum () erließ die Abgabenbehörde den Bescheid betreffend die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre, setzte die Einkommensteuervorauszahlungen für 2019 und Folgejahre in Höhe von 3.220 € fest und begründete diesen damit, dass die für die Festsetzung der Vorauszahlungen maßgebliche Veranlagung das Jahr 2017 betreffe und gemäß § 45 Abs 1 EStG 1988 daher die maßgebliche Abgabenschuld in Höhe von 2.955 € um 9 % erhöht worden sei.

Am wurde von der steuerlichen Vertretung der Bf die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre elektronisch eingebacht und damit begründet, dass die Bf 2019 ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erziele und deshalb die Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen für 2019 mit 0,00 € beantragt werde.

Mit Schriftsatz vom erhob die steuerliche Vertretung der Bf Beschwerde gegen die Bescheide über die Aufhebung (§ 299 BAO) der Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017, beide vom , stellte den Antrag auf Entscheidung durch den Senat und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und begründete die Beschwerde wie folgt:

"Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die gemäß § 299 BAO wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 aufgehoben und ausgeführt, dass die Wiederaufnahme gemäß § 299 BAO für die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 keine Begründungsausführungen enthalten haben und somit mit einem wesentlichen Mangel behaftet waren und dieser auch nicht sanierbar ist. Da wie schon in der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes ***FA*** der Hinweis auf die Nichtsanierbarkeit enthalten ist und außerdem ein neuer Tatsachenkomplex nicht vorliegt, ist eine weitere Wiederaufnahme für die Einkommensteuer 2016 und 2017 nicht mehr möglich. In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf das VwGH-Erkenntnis vom , Ro 2014/15/0035. Aufgrund der Ausführungen bitte ich den Bescheid über die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017, Aufhebung gemäß § 299 BAO, und den Bescheid über die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2016, Aufhebung gemäß § 299 BAO, ersatzlos aufzuheben."

Mit Schriftsatz vom erhob die steuerliche Vertretung der Bf auch Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017, beide vom , stellte den Antrag auf Entscheidung durch den Senat und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und begründete die Beschwerde wie folgt:

"Da wie in der Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 299 BAO betreffend Einkommensteuer 2017 und betreffend Einkommensteuer 2016, beide vom , ausgeführt, ein neuer Tatsachenkomplex nicht vorliegt und somit ein zweites Wiederaufnahmeverfahren gemäß VwGH-Erkenntnis vom , Ro 2014/15/0035 nicht möglich ist, ist dem Einkommensteuerbescheid 2017 und dem Einkommensteuerbescheid 2016, beide vom , die Rechtsgrundlage entzogen. Ich bitte deshalb für beide Bescheide um Aufhebung."

Mit E-Mail vom übermittelte die steuerliche Vertretung der Bf einen Beitrag mit dem Titel "Fehlender Wiederaufnahmegrund kann nicht im Beschwerdeverfahren saniert werden" (Stefan Schuster in: SWK, Heft 31/2018, S 1390ff) und verwies in diesem Zusammenhang auch auf Prof. Ritz, BAO-Kommentar, 6. Auflage, Seite 1185, auf den Terminus "Entschiedene Sache" und dass dieser Tatbestand auch im vorliegenden Fall zu berücksichtigen sei.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017, beide vom , als unbegründet abgewiesen. In der gesondert übermittelten Begründung der beiden Bescheide vom wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gegen die Berechnung bzw Hinzurechnung des Sanierungsgewinnes keine konkreten Einwendungen vorgebracht worden seien und die Steuerfestsetzung für den aus Schulderlass resultierenden Gewinn entsprechend der Rechtsvorschrift des § 36 Z 1 bis Z 3 EStG 1988 und somit rechtskonform erfolgt sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen die Bescheide über die Aufhebung betreffend die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017, beide vom , als unbegründet abgewiesen. In der Bescheidbegründung führte die Abgabenbehörde im Wesentlichen aus, dass die Einwendungen der Bf ins Leere führten, da ausschließlich Argumente vorgebracht worden seien, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO beträfen und nicht auf die Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO zuträfen. Insbesondere dürften Bescheidaufhebungen gemäß § 299 BAO mehrfach hintereinander erfolgen. Seitens der Abgabenbehörde sei der Aufhebungsgrund - nämlich die Nichtberücksichtigung des Siebentels des Sanierungsgewinnes - angeführt sowie Ermessen geübt worden. Ferner seien die Bescheidaufhebungen innerhalb der Jahresfrist gemäß § 302 Abs 1 BAO durchgeführt worden. Sämtliche Voraussetzungen für die Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 seien vorgelegen. Die Aufhebungen gemäß § 299 BAO seien daher rechtmäßig erfolgt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Bescheid betreffend die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2018 und Folgejahre vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden sei. Mangels Änderung der für die Festsetzung der Vorauszahlung maßgeblichen Veranlagung, sei die Beschwerde gegen den Vorauszahlungsbescheid 2018 betreffend Einkommensteuer für 2018 und Folgejahre als unbegründet abzuweisen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Bescheid betreffend die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden sei. Mangels Änderung der für die Festsetzung der Vorauszahlung maßgeblichen Veranlagung, sei die Beschwerde gegen den Vorauszahlungsbescheid 2019 betreffend Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre als unbegründet abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom stellte die steuerliche Vertretung der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2019 vom durch das Bundesfinanzgericht und verwies betreffend der Beschwerdegründe auf die Ausführungen in der Beschwerde vom .

Mit Schriftsatz vom stellte die steuerliche Vertretung der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuer-vorauszahlungsbescheid 2018 vom durch das Bundesfinanzgericht und verwies betreffend der Beschwerdegründe auf die Ausführungen in der Beschwerde vom . Weiters wurde auf die Beschwerden vom gegen die Bescheide über die Aufhebung gemäß § 299 der Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 sowie gegen die Sachbescheide Einkommensteuer 2016 und 2017 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom stellte die steuerliche Vertretung der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom gegen die Bescheide über die Aufhebung gemäß § 299 des Einkommensteuerbescheides 2016 und 2017 vom durch das Bundesfinanzgericht und verwies im Wesentlichen darauf, dass das Fehlen von Wiederaufnahmegründen in Bescheiden von der Abgabenbehörde nicht mehr saniert werden könne, weil weder das Rechtsmittelverfahren, noch andere verfahrensrechtliche Instrumente deren Nachholung ermöglichten. Die mit diesem Mangel behafteten Bescheide seien rechtswidrig und auch keiner neuerlichen Entscheidung zugänglich. Die steuerliche Vertretung der Bf ersuchte daher, die Bescheide über die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017, beide vom , ersatzlos aufzuheben.

Mit Schriftsatz vom stellte die steuerliche Vertretung der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017, beide vom , durch das Bundesfinanzgericht und verwies im Wesentlichen darauf, dass das Fehlen von Wiederaufnahmegründen in Bescheiden von der Abgabenbehörde nicht mehr saniert werden könne, weil weder das Rechtsmittelverfahren, noch andere verfahrensrechtliche Instrumente deren Nachholung ermöglichten. Die mit diesem Mangel behafteten Bescheide seien rechtswidrig und auch keiner neuerlichen Entscheidung zugänglich. Die steuerliche Vertretung der Bf ersuchte daher, die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017, beide vom , ersatzlos aufzuheben.

Mit Schriftsatz vom stellte die steuerliche Vertretung der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für 2020 und Folgejahre vom , durch das Bundesfinanzgericht und verwies unter anderem darauf, dass die im Zahlungsplan genannten Positionen 3, 5, 6, 8, 9 und 12 betriebliche Schulden seien und diese Positionen hochgerechnet 227.565,60 € ergeben. 95 % davon seien 216.187,32 €. Aufgrund des Zahlungsplanes ergebe 1/7 davon 30.883,90 €, abzüglich 95 %, ergebe dies einen Sanierungsgewinn pro Jahr von 1.544,19 €.

Mit E-Mail vom wurde die Bf aufgefordert, bis spätestens Dienstag, den , unter anderem den Zahlungsplan, nachzureichen, anhand von geeigneten Unterlagen (zB Kreditverträgen udgl) nachvollziehbar die private Veranlassung jener Positionen (1, 2, 4, 7, 10 und 11) nachzuweisen, bei denen es sich nicht um betriebliche Schulden handle und dazu Stellung zu nehmen, dass die Bf laut Protokoll vom zu ihrer Vernehmung gem § 70 Abs 2 IO beim Bezirksgericht ***E*** angegeben habe, dass "der Großteil der Verbindlichkeiten aus ihrer ehemaligen selbständigen Tätigkeit mit der ***G*** KEG resultiere", während nunmehr vorgebracht werde, dass lediglich 227.565,60 € (von 990.090,51 €, ds 23 %) betriebliche Schulden seien.

Mit E-Mail vom übermittelte die steuerliche Vertretung der Bf eine Zusammenstellung der von der Bf geschuldeten Beträge aus der hervorgeht, dass die Bf in den Jahren 2016, 2017 und 2018 jeweils einen Betrag in Höhe von 7.072,06 € bezahlt habe. Hinsichtlich der Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes, anhand von geeigneten Unterlagen (zB Kreditverträgen udgl) nachvollziehbar die private Veranlassung jener Positionen (1, 2, 4, 7, 10 und 11) nachzuweisen, bei denen es sich nicht um betriebliche Schulden handle, führte die steuerliche Vertretung der Bf aus, dass die ***G*** KEG mit aufgelöst und das anteilige Miteigentum auf der Adresse ***Büro-Adr*** vom verbleibenden Miteigentümer übernommen worden sei. Frau ***Bf1*** habe dies bis zur Löschung der KEG als Hauptwohnsitz benützt und es sei nur eine untergeordnete Nutzung im Sinn des Steuerrechtes vorhanden gewesen, sodass auch in diesem Zusammenhang bestehende Kredite private Kredite gewesen seien. Hinsichtlich des Protokolls vom beim BG ***E*** sei auszuführen, dass die Bf den Hintergrund der Fragestellung nicht erkannt habe und werde in diesem Protokoll auf Seite 2 Abs 3 die Bf auch wie folgt zitiert: "Die Höhe meiner Gesamtverbindlichkeiten ist mir aufgrund der laufenden Zinsen nicht bekannt". Die steuerliche Vertretung der Bf verwies darauf, dass nachdem die KG 1997 gegründet und 2002 aufgrund des Konkursverfahrens aufgelöst worden sei, die entsprechenden Unterlagen nicht mehr vorhanden seien. Nachdem der größte Teil der Finanzierung jedoch das Miteigentum auf dem Standort ***Büro-Adr*** gewesen sei, sei ebenfalls davon auszugehen, dass die Finanzierung der Banken die Anschaffungskosten des Miteigentumsanteils betroffen habe und dieser Miteigentumsanteil sei aufgrund der untergeordneten steuerlichen Nutzung jedenfalls dem Privatvermögen zuzuordnen.

Mit E-Mail vom wurde die Bf vom Bundesfinanzgericht erneut aufgefordert, die Kreditverträge mit der ***Bank1***, der Raiffeisenlandesbank Bgld u. Revisionsverband eGen, der ***Bank4*** und der ***Bank5*** bezüglich der Verbindlichkeiten in Höhe von 7.337,05 €, 82.759,32 €, 96.620,29 € und 242.979,91 € nachzureichen. Bezüglich des Vorbringens, wonach "die KG 1997 gegründet und 2002 aufgrund des Konkursverfahrens gelöscht worden sei und die entsprechenden Unterlagen nicht mehr vorhanden seien, wurde darauf hingewiesen, dass die Bf den Zahlungsplan noch nicht vollständig erfüllt habe und es daher nicht plausibel erscheine, dass die dem Zahlungsplan zugrunde liegenden Verträge nicht mehr vorhanden seien. Die Bf wurde weiters aufgefordert, bezüglich des Vorbringens, dass "das anteilige Miteigentum auf der Adresse ***Büro-Adr*** vom verbleibenden Miteigentümer übernommen worden sei", aufzuklären, wie hoch der Anteil der Bf am Miteigentum auf der Adresse ***Büro-Adr*** gewesen sei und das belegmäßig nachzuweisen sowie anhand von geeigneten Unterlagen nachvollziehbar die private Veranlassung der Verbindlichkeit gegenüber "***C***" in Höhe von 2.675,56 € (Position 10 des Zahlungsplans) nachzuweisen.

Zur mündlichen Verhandlung am erschien Herr Mag. ***H*** von ***Stb***, als steuerlicher Vertreter der Bf.

Im Hinblick darauf, dass - wie in der Begründung des Einkommensteuervorauszahlungsbescheides 2019 ausgeführt wurde - "die für die Festsetzung der Vorauszahlungen maßgebliche Veranlagung das Jahr 2017 betreffe" - und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Verbindung der Beschwerden, über die der Senat zu entscheiden hat (§ 299 BAO (ESt 2016 + 2017), ESt 2016 + 2017 und ESt-Vz 2018), mit der Beschwerde, über die ansonsten der Einzelrichter zu entscheiden hätte (ESt-Vz 2019), zu einem gemeinsamen Verfahren zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens zweckmäßig erscheint, hielt der Berichterstatter gemäß § 274 Abs 1 Z 2 BAO eine mündliche Verhandlung für erforderlich und stellte dieser aus verfahrensökonomischen Gründen das Verlangen der Senatszuständigkeit gemäß § 272 Abs 2 Z 2 iVm Abs 3 BAO bezüglich der Beschwerde vom gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2019 vom .
Es erfolgte der Beschluss, dem Antrag Folge zu geben.

Der steuerliche Vertreter legte bezüglich der angefochtenen Bescheide über die Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes, GZ. RV/7101420/2019, vor und führte dazu aus, dass der gegenständliche Fall ident sei, mit jenem Sachverhalt des Erkenntnisses: dieses Erkenntnis betreffe eine Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer. Weiters legte der steuerliche Vertreter einen Auszug aus dem Kommentar zur BAO, Ritz zu § 303, Tz 11, vor. Die Amtsvertreterin verwies auf die Begründung zum aufhebenden Bescheid und stellte nochmals klar, dass im gegenständlichen Fall kein Wiederaufnahmebescheid vorliege, sondern ein Bescheid gemäß § 299 BAO (BVE vom ).
Bezüglich Sanierungsgewinn verwies der steuerliche Vertreter darauf, dass es eine Zwangsversteigerung gegeben habe wo alles weggeräumt worden sei, weshalb es nunmehr keine Verträge mehr gebe. Ein Rechtsanwalt aus ***I*** habe alle Verbindlichkeiten aufgerollt und jene Verbindlichkeiten, die von den Gläubigern bei Gericht anlässlich des Insolvenzverfahrens angemeldet worden seien, in der übermittelten Liste zusammengestellt. Die Trennung zwischen betrieblich und privat veranlassten Krediten sei auf Basis der Aussagen der Bf erfolgt. Mangels vorhandener Verträge hätten die Aussagen der Bf nicht verifiziert werden können.
Mit dem Kredit der ***Bank5*** (Punkt 7 der Aufstellung) wurde das Gebäude (Wohnungseigentum an Top 2) finanziert: es handelt sich dabei um ein eingeschossiges Gebäude, in dem die Bf den Dachboden erworben hat, in dem sie ihr Büro errichtet hat. Der steuerliche Vertreter verfügte nicht über den betreffend Kreditvertrag. Dem steuerlichen Vertreter wurden drei zwischen der ***Bank5*** und der ***G*** OEG abgeschlossene Kreditverträge vorgelegt: Beim Vertrag vom wird ein Kreditbetrag in Höhe von 1,5 Mio ATS und ein Verwendungszweck "Büroneubau" ausgewiesen; der Vertrag vom weist einen Kreditbetrag von 500.000 ATS und einen Verwendungszweck "Fertigstellung Büro, restliche Zahlungen" aus; beim dritten Kredit vom handelt es sich um einen Kontokorrentkredit in Höhe von 500.000 ATS. Die Amtsvertreterin legte den Veranlagungsakt der OEG vor und verwies darauf, dass die drei Kredite in der Saldenliste ausgewiesen seien. Die Frage der Vorsitzenden an den steuerlichen Vertreter der Bf, ob er wisse, wie viele Konten die Bf gehabt habe (privates Konto bzw betriebliches Konto) wurde von diesem verneint, verwies aber darauf, dass die Bf eine Spielerin in Casinos gewesen sei und sie deshalb Privatkredite aufgenommen habe.
Im Zusammenhang mit der Verbindlichkeit gegenüber der ***Bank2*** (Punkt 2 der Aufstellung) wird festgehalten, dass im Kreditvertrag über 200.000 ATS als Verwendungszweck "Betriebsmittel" ausgewiesen wird, während aus dem Abstattungskreditvertrag die Bf als Kreditnehmerin hervorgeht.
Bei der Verbindlichkeit gegenüber der ***Bank4*** (Punkt 4 der Aufstellung) handelt es sich um eine Judikatschuld zu der der steuerliche Vertreter der Bf ausführt, dass es sich dabei laut Aussage der Bf um das private Konto der Bf handle.
Die Verbindlichkeit gegenüber der ***Bank1*** (Punkt 1 der Aufstellung) steht in Zusammenhang mit einem Girokonto.
Bezüglich der Verbindlichkeit gegen Herrn ***C*** (Punkt 10 der Aufstellung) führt der steuerliche Vertreter der Bf aus, dass Herr ***C*** der Bf ein Privatdarlehen gegeben habe und diesen Betrag im Insolvenzverfahren angemeldet habe; eine schriftliche Vereinbarung über dieses Darlehen existiere nicht.
Hinsichtlich der Verbindlichkeit gegenüber der Republik Österreich (Punkt 11 der Aufstellung) verweist der steuerliche Vertreter der Bf darauf, dass die in der Verbindlichkeit enthaltene Einkommensteuer herauszurechnen sei, mangels Unterlagen er jedoch keine Beträge nennen könne. Daraufhin wird dem steuerlichen Vertreter der Rückstandsausweis ausgehändigt. Die Amtsvertreterin räumt ein, dass dem steuerlichen Vertreter der Bf hinsichtlich der Herausrechnung der Einkommensteuer zuzustimmen sei. Bezüglich der Aufteilung der Pfändungsgebühren, des Barauslagenersatzes und der Zwangs-/Ordnungs-/Mutwillensstrafen wird einvernehmlich davon ausgegangen, dass diese mangels Zuordnung zur Umsatz- bzw Einkommensteuer aliquot aufgeteilt werden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Bf betrieb von Jänner 1997 im Rahmen der ***G*** OEG bzw ab Mai 2001 als KEG bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens am das Baumeistergewerbe mit dem Schwerpunkt der Planung und Überwachung von Bauvorhaben.
Mit Beschluss vom des Landesgerichtes ***J*** wurde der über das Vermögen der ***G*** KEG eröffnete Konkurs nach Abschluss eines Zwangsausgleiches (Quote 20 %) aufgehoben.
Die Quote des Zwangsausgleichs konnte von der Bf nicht erfüllt werden.

In den Folgejahren war die Bf bis einschließlich 2011 als Einzelunternehmerin tätig.
Seit 2012 erzielt die Bf ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Am stellte die Republik Österreich (Finanzamt ***FA***), vertreten durch die Finanzprokuratur beim Bezirksgericht ***E***, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 70 IO, da die Bf der Antragstellerin zumindest einen Betrag von 354.473,22 € an rückständigen und vollstreckbaren Abgaben schuldete. Mit Schriftsatz vom schränkte die Abgabenbehörde die Anmeldung von Abgabenforderungen im Betrag von 354.473,22 € um den Betrag von 24.320,46 € auf den Betrag von 330.152,76 € ein.

Mit Beschlussfassung vom über den Zahlungsplan (§§ 140ff IO, § 193 IO) wurde unter anderem festgehalten, dass

  • die Forderung des Finanzamtes auf den Betrag von 330.152,76 € eingeschränkt wurde,

  • die ***Bank2*** und Revisionsverband eGen auf Grund des Absonderungsrechtes nur mit dem Betrag von 82.759,32 € am allfälligen Zahlungsplan teilnimmt,

  • die im Rahmen des Zahlungsplans zu bedienenden Insolvenzforderungen 990.090,51 € betragen,

  • die Quote 5 % beträgt, in 7 Jahresraten zahlbar und die erste Rate am fällig ist.

Außer Streit steht, dass die im Zahlungsplan genannten Positionen 3, 5, 6, 8, 9 und 12 betrieblich veranlasste Schulden sind.

Insgesamt betragen die betrieblich veranlassten Schulden 595.203,57 €:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
betrieblich
privat
1
***Bank1***
7.337,05 €
2
***2***
23.628,48 €
59.130,84 €
3
***Bank3***
12.523,18 €
4
***Bank4***
96.620,29 €
5
Sozialversicherungsanstalt der gew. Wirtschaft
137.059,25 €
6
***A*** Gebietskrankenkasse
31.626,34 €
7
***Bank5***
242.979,91 €
8
***B*** GmbH
17.213,48 €
9
A1 Telekom Austria AG
2.050,31 €
10
***C***
2.675,56 €
11
Republik Österreich, vertr. durch die Finanzprokuratur
101.029,56 €
229.123,20 €
12
***D***
27.093,06 €
Summe der betriebl./privaten Insolvenzforderungen
595.203,57 €
394.886,94 €
Summe der Insolvenzforderungen
990.090,51 €

In den Streitjahren wurden keine Bescheide betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens erlassen.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht von der Abgabenbehörde übermittelten Unterlagen, dem Insolvenzakt des Bezirksgerichts ***E*** (***GZ1***), der E-Mail des steuerlichen Vertreters der Bf vom und der folgenden Beweiswürdigung:

Beweiswürdigung

Punkt 1 der Aufstellung: ***Bank1*** (7.337,05 €):
Aus der Forderungsanmeldung der ***Bank1*** vom im Schuldenregulierungsverfahren die Bf betreffend, geht hervor, dass sich die anzumeldende Forderung in Höhe von 7.337,05 € aus dem Überzug des Girokontos Nr. ***123*** in Höhe von 4.044,74 € und dem Überzug des Girokontos Nr. ***456*** in Höhe von 3.292,31 € zusammensetzt. Da sich weder aus dem Insolvenzakt des Bezirksgerichts ***E*** noch aus den übermittelten Unterlagen der Abgabenbehörde Hinweise darauf ergeben, dass die beiden Girokonten mit der beruflichen Tätigkeit der Bf in Zusammenhang stehen, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die erwähnte Forderung der ***Bank1*** in Höhe von 7.337,05 € - wie von der Bf vorgebracht - der privaten Lebensführung der Bf zuzuordnen ist.

Punkt 2 der Aufstellung: ***2*** (82.759,32 €):
Aus der Forderungsanmeldung der ***Bank2*** vom im Insolvenzverfahren der Bf geht hervor, dass der Bf ein Abstattungskredit () in Höhe von 1,35 Mio ATS und der ***G*** OEG () ein Kontokorrentkredit in Höhe von 200.000 ATS samt Internkredit in Höhe von 50.000 ATS gewährt wurde, aus denen Forderungen zum in Höhe von 136.662,31 € (Abstattungskredit) und 24.842,57 € (Kontokorrent- samt Internkredit), in Summe 161.504,88 € resultieren. Da die Bf Geschäftsanteile im Betrag von 1.214,09 € gezeichnet hatte, wurden diese aufgerechnet, wodurch sich die Forderungen auf einen Betrag von 160.290,79 € verminderten. Weiters wurde ein mit einer Versicherung in Zusammenhang stehendes Absonderungsrecht im Wert von 77.531,47 € abgezogen, sodass sich ein ungedeckter Anteil in Höhe von 82.759,32 € ergab. Da der Kontokorrentkredit und der Internkredit die ***G*** OEG als Kreidtnehmerin ausweisen und im Vertrag des Kontokorrentkredits "Betriebsmittel" als Verwendungszweck angeführt wurde, geht das Bundesfinanzgericht - im Gegensatz zum Abstattungskredit, der die Bf als Kreditnehmerin ausweist - davon aus, dass der Kontokorrent- samt Internkredit mit einer Forderung in Höhe von 24.842,57 € zum betrieblichen Zwecken gedient hat und nach Abzug der oben erwähnten Geschäftsanteile im Betrag von 1.214,09 €, in Höhe von 23.628,48 € als Betriebsschuld bei der Berechnung des aus einem Schulderlass resultierenden Gewinnes in Ansatz zu bringen ist, während der auf den Abstattungskredit entfallende Anteil der ungedeckten Forderung in Höhe von 59.130.84 € (= 82.759,32 € - 23.628,48 €) eine private Verbindlichkeit darstellt:


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Abstattungskredit zum (Kreditnehmerin Bf)
136.662,31 €
+ Kontokorrent- samt Internkredit zum (Kreditnehmerin OEG)
24.842,57 €
Summe der Forderungen zum
161.504,88 €
- von der Bf gezeichnete Geschäftsanteile
-1.214,09 €
angemeldeter Betrag laut Anmeldungsverzeichnis
160.290,79 €
- Absonderungsrecht (Versicherung)
-77.531,47 €
ungedeckter Anteil laut Zahlungsplan
82.759,32 €
Kontokorrent- samt Internkredit zum
24.842,57 €
- von der Bf gezeichnete Geschäftsanteile
-1.214,09 €
-23.628,48 €
private Verbindlichkeit
59.130,84 €

Punkt 4 der Aufstellung: ***Bank4*** (96.620,29 €):
Aus der Forderungsanmeldung der ***Bank4*** vom im Insolvenzverfahren der Bf geht hervor, dass sich die Judikatforderung in Höhe von 96.620,29 € aus zwei Versäumungsurteilen des Landesgerichts ***J***, Mahnkosten und Zinsen zusammensetzt:


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Versäumungsurteil aus dem Jahre 1988
33.991,54 €
Mahnkosten
1.892,96 €
Versäumungsurteil aus dem Jahre 2004
30.172,03 €
Mahnkosten
8,72 €
66.065,25 €
Zinsen
15.398,62 €
Zinsen
15.156,42 €
30.555,04 €
insgesamt
96.620,29 €

Im Hinblick darauf, dass zum Zeitpunkt des Ergehens des ersten Versäumungsurteils im Jahr 1988 die ***G*** OEG noch nicht gegründet war und dem Bundesfinanzgericht keine Informationen dahingehend vorliegend, dass die Bf in den Jahren davor unternehmerisch tätig war, wird davon ausgegangen, dass es sich bei den im Zusammenhang mit dem Versäumungsurteil aus dem Jahr 1988 stehenden Schulden, Zinsen und Mahnkosten um private Verbindlichkeiten handelt. Da sich weder aus dem Insolvenzakt des Bezirksgerichts ***E*** noch aus den übermittelten Unterlagen der Abgabenbehörde Hinweise darauf ergeben, dass das Versäumungsurteil aus dem Jahr 2004 mit der beruflichen Tätigkeit der Bf in Zusammenhang steht, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die gesamte, erwähnte Forderung der ***Bank4*** in Höhe von 96.620,29 € - wie von der Bf vorgebracht - der privaten Lebensführung der Bf zuzuordnen ist.

Punkt 7 der Aufstellung: ***Bank5*** (242.979,91 €):
Aus der Forderungsanmeldung der ***Bank5*** vom im Insolvenzverfahren der Bf geht hervor, dass der Rechtsgrund eine Judikatforderung ist, die unter anderem auf ein Versäumungsurteil vom zurückgeht, wonach die Bf schuldig ist, der klagenden Partei 230.453,27 € zu bezahlen.
Laut Grundbuchsauszug erwarb die
***G*** OEG mit Kaufvertrag vom das Eigentumsrecht an einem Büro (Top 2) im Obergeschoss der Liegenschaft ***Büro-Adr***.
Im "Anlagenverzeichnis von 1999/01/01 bis 1999/12/31" wird unter der Kontonummer "200 Bebaute Grundstücke" mit Anschaffungsdatum 1999/12/17 ein "Anschaffungswert neu" in Höhe von 60.000 ATS und unter der Kontonummer "210 Betriebs- und Geschäftsgebäude" mit Anschaffungsdatum 1999/12/13 ein "Anschaffungswert neu" in Höhe von 1.039.350 ATS ausgewiesen.
Mit Kreditanbot (Konto Nr.:
***789***) vom stellte die ***Bank5*** der ***G*** OEG einen Kreditbetrag in Höhe von 1,5 Mio ATS - mit dem Verwendungszweck "Büroneubau" - zur Verfügung. Unter "Punkt 11. Sicherheiten" verpflichtete sich die Kreditnehmerin, zugunsten der ***Bank5*** bezüglich der Liegenschaft EZ ***X*** KG ***Y******Z***, untrennbar verbunden mit Wohnungseigentum am Obergeschoss, Top Nr. 2 eine Kredithypothek im Höchstbetrag von 109.000 € = 1.499.872,70 ATS im 1. Geldrang eintragen zu lassen, die im Lastenblatt des Grundbuches als "Pfandrecht Höchstbetrag EUR 109.000,-- für ***Bank5***" ausgewiesen wird. Die Annahmeerklärung des Kreditanbots vom erfolgte mit Unterschrift und dem Firmenstempel der ***G*** OEG.
Mit Kreditanbot (Konto-Nr.:
***101112***) vom bot die ***Bank5*** der ***G*** OEG den Abschluss eines Vertrages über einen Einmalkredit in Höhe von 500.000 ATS - mit dem Verwendungszweck "Fertigstellung Büro, restliche Zahlungen" - an. Die Annahmeerklärung vom erfolgte mit Unterschrift und dem Firmenstempel der ***G*** OEG.
Mit Kreditanbot (Konto-Nr.:
***131415***) vom bot die ***Bank5*** der ***G*** OEG einen Kontokorrentkredit in Höhe von 500.000 ATS an. Die Annahmeerklärung vom erfolgte mit Unterschrift und dem Firmenstempel der ***G*** OEG.
In der "Saldenliste per 2001/11/30" der
***G*** KEG werden die drei ***Bank5***-Kredite in Höhe von 695.547,09 ATS (Konto-Nr.: ***131415***), 1.500.000 ATS (***789***) und 481.142,02 ATS (Konto-Nr.: ***101112***) ausgewiesen.

Im Hinblick darauf, dass die ***G*** OEG

  • laut Grundbuch mit Kaufvertrag vom das Eigentumsrecht an einem Büro (Top 2) im Obergeschoss der Liegenschaft ***Büro-Adr*** erworben hat,

  • diesen Erwerb im "Anlagenverzeichnis von 1999/01/01 bis 1999/12/31" mit einem "Anschaffungswert neu" in Höhe von 60.000 ATS unter "Bebaute Grundstücke" und in Höhe von 1.039.350 ATS unter "Betriebs- und Geschäftsgebäude" verbucht hat,

  • - im Jänner 2000 bei der ***Bank5*** einen Kredit in Höhe von 1,5 Mio ATS für einen "Büroneubau",
    - im Jänner 2001 bei der ***Bank5*** einen weiteren Kredit in Höhe von 500.000 ATS für "Fertigstellung Büro, restliche Zahlungen" sowie
    - im Jänner 2001 ebenfalls bei der ***Bank5*** einen Kontokorrentkredit in Höhe von 500.000 ATS aufgenommen hat,
    wobei die jeweilige Kreditannahmeerklärung von Seiten der Kreditnehmerin auch mit dem Firmenstempel der ***G*** OEG bestätigt wurde und

  • die drei erwähnten Kredite auch in der "Saldenliste per 2001/11/30" der ***G*** KEG mit den jeweiligen Kontonummern der Kreditverträge ausgewiesen hat,

geht das Bundesfinanzgericht - im Gegensatz zu dem Vorbringen der Bf - davon aus, dass die durch die Aufnahme der drei erwähnten Kredite verfügbar gewordenen finanziellen Mittel den Erwerb des Eigentumsrechts an dem Büro (Top 2) im Obergeschoss der Liegenschaft ***Büro-Adr*** und somit betrieblichen Zwecken dienten. Da es sich somit bei der Aufnahme der drei Kredite um Vorgänge handelt, die ursächlich und unmittelbar auf Vorgänge beruhen, die den Betrieb der ***G*** OEG betreffen, ist im Zusammenhang mit der Forderungsanmeldung der ***Bank5*** in Höhe von 242.979,91 € von einer Betriebsschuld auszugehen, die bei der Berechnung des aus einem Schulderlass resultierenden Gewinns in Ansatz zu bringen ist.

Punkt 10 der Aufstellung: ***C*** (2.675,56 €):
Aus der Forderungsanmeldung des Insolvenzgläubigers ***C*** vom im Insolvenzverfahren der Bf geht hervor, dass der Rechtsgrund eine Judikatforderung ist, die auf eine Wechselmandatsklage vom zurückgeht, womit die Bf aufgefordert wurde, Rechnungen vom in Höhe von 1.000 €, in Höhe von 500 €, in Höhe von 200 € und in Höhe von 200 € samt Zinsen, Wechselprovision und gerichtliche Kosten zu zahlen.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die
***G*** KEG infolge Eröffnung des Konkursverfahrens bereits am aufgelöst wurde und die Bf im Jahr 2012 - aus dem die vier Rechnungen stammen - ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hat und sich weder aus dem Insolvenzakt des Bezirksgerichts ***E*** noch aus den übermittelten Unterlagen der Abgabenbehörde Hinweise darauf ergeben, dass die Wechselmandatsklage aus dem Jahr 2012 mit der beruflichen Tätigkeit der Bf in Zusammenhang steht, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die Bf ihre einzelunternehmerische Tätigkeit im Jahr 2012 nicht mehr ausgeübt hat und es sich bei der Forderung des Insolvenzgläubigers ***C*** in Höhe von 2.675,56 € um eine Privatverbindlichkeit der Bf handelt, die zu keiner Erhöhung des steuerlichen Gewinnes führt.

Punkt 11 der Aufstellung: Republik Österreich (330.152,76 €):
Mit Schreiben vom meldete die Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, diese vertreten durch die Abgabenbehörde, im Insolvenzverfahren der Bf auf Grund des vollstreckbaren Rückstandsausweises vom die dort bezeichneten Abgabenforderungen in Höhe von 354.473,22 € als Insolvenzforderungen an.
Mit Schreiben vom schränkte die Abgabenbehörde ihre Forderungsanmeldung um den Betrag von 24.320,46 € auf den Betrag von 330.152,76 € ein.
Mit E-Mail vom teilte die Abgabenbehörde mit, dass der Betrag in Höhe von 24.320,46 € die Einkommensteuer 2012 in Höhe von 23.788 € und Zinsen 2012 in Höhe von 532,46 € betreffe.
In der mündlichen Verhandlung führte der steuerliche Vertreter der Bf aus, dass seiner Ansicht nach in diesem Betrag auch die Einkommensteuer enthalten sei, die herauszurechnen sei, er jedoch mangels Unterlagen keine Beträge nennen könne. Nachdem dem steuerlichen Vertreter der Rückstandsausweis ausgehändigt wurde, stimmte die Amtsvertreterin dem steuerlichen Vertreter zu, dass die im Rückstandsausweis enthaltenen Einkommensteuerbeträge bei der Berechnung der aus einem Schulderlass resultierenden Gewinne außer Ansatz zu bleiben hätten.
Da der Nachlass von Ertragsteuerverbindlichkeiten wie zB der Einkommensteuer zu keiner Erhöhung des steuerlichen Gewinnes führt, ist bei der Berechnung jenes Betrages, der aufgrund der eingeschränkten Forderungsanmeldung der Republik Österreich in Höhe von 330.152,76 € als aus einem Schulderlass resultierender Gewinn zu berücksichtigen ist, zunächst die Summe der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer zu ermitteln. Von der Summe der Einkommensteuer in Höhe von 216.680,95 € ist jener Teilbetrag der Einschränkung der Forderungsanmeldung, der auf die Einkommensteuer 2012 entfällt (23.788 €) in Abzug zu bringen und sodann das Verhältnis zwischen der Summe der Einkommensteuer (192.892,95 €) und der Summe der Umsatzsteuerbeträge (90.657,50 €) zu ermitteln. Von der Summe der Einkommen- und Umsatzsteuer (283.550,45 €) entfallen 68 % auf die Einkommensteuer (192.892,95 €) und 32 % auf die Umsatzsteuer (90.657,50 €). Da im Rahmen der mündlichen Verhandlung einvernehmlich davon ausgegangen wurde, dass die Pfändungsgebühren, die Barauslagenersätze und die Zwangs-/Mutwillens-/Ordnungsstrafen mangels alternativer Zuordnungsmöglichkeit im Verhältnis zwischen Einkommen- und Umsatzsteuer aufzuteilen seien, werden von der Summe der Pfändungsgebühren (7.077,04 €), der Barauslagenersätze (26,97 €) und der Zwangs-/Mutwillens-/Ordnungsstrafen (965,35 €), ds 8.069,36 €, 68 % der Einkommensteuer (5.487,16 €) und 32 % der Umsatzsteuer (2.582,20 €) zugeordnet. Die Säumniszuschläge in Höhe von 11.220,22 € und die Anspruchszinsen in Höhe von 9.500,10 € (= 10.032,56 € - 532,46 €) werden ausschließlich der Einkommensteuer, die Verspätungszuschläge in Höhe von insgesamt 17.812,63 € - entsprechend der in den Bescheiden betreffend Verspätungszuschläge jeweils ausgewiesenen Abgabenart - der Einkommensteuer in Höhe von 10.022,77 € und der Umsatzsteuer in Höhe von 7.789,86 € zugeordnet. Die Höhe jener Abgaben, die aufgrund der Forderungsanmeldung der Republik Österreich bei der Berechnung des aus einem Schulderlass resultierenden Gewinnes zu berücksichtigen ist, beträgt somit 101.029,56 €.


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Abgabenart
Rückstands-ausweis
Ein-schränkung
%
privat
betrieblich
Einkommensteuer
216.680,95
-23.788,00
192.892,95
68
192.892,95
Umsatzsteuer
90.657,50
90.657,50
32
90.657,50
283.550,45
100
Säumniszuschlag
11.220,22
11.220,22
Verspätungszuschlag
17.812,63
10.022,77
7.789,86
Anspruchszinsen
10.032,56
-532,46
9.500,10
Pfändungsgebühr
7.077,04
68 % von 8.069,36 =32 % von 8.069,36 =
5.487,16
2.582,20
Barauslagenersatz
26,97
Zwangs/OrdnungsStr.
965,35
229.123,20
101.029,56
354.473,22
-23.788,00 - 532,46 =
330.152,76

Rechtliche Beurteilung

3.1. Der festgestellte Sachverhalt ist in folgender Weise rechtlich zu würdigen:

3.1.1. Einkommensteuer 2016 und 2017

§ 36 EStG 1988 lautet:

  • Sind im Einkommen eines Steuerpflichtigen aus einem Schulderlass resultierende Gewinne enthalten, hat die Steuerfestsetzung in den Fällen des Abs 2 nach Maßgabe des Abs 3 zu erfolgen.

  • aus dem Schulderlass resultierende Gewinne sind solche, die entstanden sind durch:
    1. Erfüllung eines Sanierungsplans gemäß §§ 140 bis 156 der Insolvenzordnung (IO),

  • 2. Erfüllung eines Zahlungsplanes (§§ 193 bis 198 IO) oder

  • 3. Erfüllung einer Restschuldbefreiung nach Durchführung eines Abschöpfungs-verfahrens (§§ 199 bis 216 IO).

  • (3) Für die Steuerfestsetzung gilt:

  • 1. Es ist die Steuer vom Einkommen sowohl einschließlich als auch ausschließlich der aus dem Schulderlass resultierenden Gewinne zu berechnen und daraus der Unterschiedsbetrag zu ermitteln.

  • 2. Auf den nach Z 1 ermittelten Unterschiedsbetrag ist der dem Schulderlass entsprechende Prozentsatz (100 Prozent abzüglich der Quote) anzuwenden.

  • 3. Der nach Z 2 ermittelte Betrag ist von der Steuer abzuziehen, die sich aus dem Einkommen einschließlich der aus dem Schulderlass resultierenden Gewinne ergibt.

§ 36 idF AbgÄG 2005 setzt nicht voraus, dass das Unternehmen nach dem Schulderlass fortgeführt wird. § 36 erfasst auch Gewinne, die durch den Nachlass betrieblicher Schulden im sogenannten Privatkonkurs (zB Zahlungsplanverfahren) entstehen. Die Restschuldbefreiung bzw die Erfüllung eines Zahlungsplanes führt zu nachträglichen Betriebseinnahmen.

Der Schulderlass muss betrieblich bedingt sein. Ob beispielsweise ein Kredit eine betriebliche oder private Verbindlichkeit darstellt, hängt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, wozu die verfügbar gewordenen finanziellen Mittel dienen oder worin der Schuldgrund zu sehen ist. Dienen sie betrieblichen Zwecken, ist die Verbindlichkeit als Betriebsschuld anzusehen. Betriebsschulden beruhen ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen, die den Betrieb betreffen.

Mit Hinweis auf die oben dargelegte Beweiswürdigung geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass von den im Anmeldeverzeichnis angeführten, geprüften und auch anerkannten Forderungen (990.090,51 €) 595.203,57 € betrieblich veranlasste Schulden sind (Tabelle Seite 14).

Laut Tagsatzungsprotokoll des Bezirksgerichts ***E*** vom wurde der Zahlungsplan angenommen wobei die Quote 5 % betrage, in 7 Jahresraten zahlbar und die erste Rate am fällig sei.

Da die Restschuldbefreiung (= 95 %) bzw die Erfüllung eines Zahlungsplanes zu nachträglichen Betriebseinnahmen führt, sind von den betrieblich veranlassten Schulden in Höhe von 595.203,57 € in den Streitjahren 2016 und 2017 jeweils 95 % von einem Siebentel von 595.203,57 €, ds 80.777,63 €, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Ansatz zu bringen.

Die gemäß § 36 Abs 3 Z 1 EStG 1988 zu ermittelnde Differenz zwischen der Steuer vom Einkommen einschließlich der aus dem Schulderlass resultierenden Gewinne in Höhe von 36.230 € (2016) bzw 36.253 € (2017) und der Steuer ausschließlich der aus dem Schulderlass resultierenden Gewinne in Höhe von 203 € (2016) bzw 208 € (2017) beträgt 36.433 € (2016) bzw 36.461 € (2017).

Bei Anwendung des dem Schulderlass entsprechenden Prozentsatzes (100 Prozent abzüglich der Quote von 5 %) auf den Unterschiedsbetrag nach Z 1 ergibt sich gemäß Abs 3 Z 2 leg cit ein Betrag von 34.611,35 € (= 95 % von 36.433 €) für das Jahr 2016 bzw ein Betrag von 34.637,95 € (= 95 % von 36.461 €) für das Jahr 2017.

Nach Abzug des nach Z 2 ermittelten Betrages (34.611,35 € für 2016 bzw 34.637,95 € für 2017) von der Steuer, die sich aus dem Einkommen einschließlich der aus dem Schulderlass resultierenden Gewinne ergibt (36.230 € für 2016 bzw 36.253 € für 2017) ergibt sich gemäß Abs 3 Z 3 leg cit die festzusetzende Einkommensteuer für das Jahr 2016 in Höhe von 1.618,65 € und für das Jahr 2017 in Höhe von 1.615,05 €:


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2016
2017
Steuer vom Einkommen einschließlich der aus dem Schulderlass resultierenden Gewinne
36.230,00 €
36.253,00 €
Steuer vom Einkommen ausschließlich der aus dem Schulderlass resultierenden Gewinne
-203,00 €
-208,00 €
Unterschiedsbetrag nach Z 1
36.433,00 €
36.461,00 €
95 % vom Unterschiedsbetrag nach Z 1
(= Betrag gemäß Abs 3 Z 2 leg cit)
34.611,35 €
34.637,95 €
Steuer vom Einkommen einschließlich der aus dem Schulderlass resultierenden Gewinne
36.230,00 €
36.253,00 €
- Betrag gemäß Abs 3 Z 2 leg cit
-34.611,35 €
-34.637,95 €
Steuerfestsetzung
1.618,65 €
1.615,05 €

Die Einkommensteuer ist daher für die Streitjahre 2016 und 2017 in Höhe von 1.619 € (2016) und 1.615 € (2017) festzusetzen.

Der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2016 und 2017 war daher teilweise Folge zu geben.

3.1.2. Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2018 und Folgejahre sowie
für 2019 und Folgejahre

Gemäß 45 Abs 1 EStG 1988 hat der Steuerpflichtige auf die Einkommensteuer nach dem allgemeinen Steuertarif und nach einem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Vorauszahlungen zu entrichten. Vorauszahlungen sind auf volle Euro abzurunden. Für Lohnsteuerpflichtige sind Vorauszahlungen nur in den Fällen des § 41 Abs 1 Z 1 und 2 festzusetzen. Die Vorauszahlung für ein Kalenderjahr wird wie folgt berechnet:

  • Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr abzüglich der Beträge im Sinne des § 46 Abs 1 Z 2 und Z 3.

  • Der so ermittelte Betrag wird, wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirkt, um 4 %, wenn sie erstmals für ein späteres Kalenderjahr wirkt, um weitere 5 % für jedes weitere Jahr erhöht.

Gemäß § 41 Abs 1 Z 1 EStG 1988 ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind und er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt.

Die Restschuldbefreiung bzw die Erfüllung eines Zahlungsplanes führt zu nachträglichen Betriebseinnahmen, weshalb letztere in den Streitjahren 2016 und 2017 in Höhe von 80.777,63 € als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Ansatz zu bringen waren. Da die Bf in den Streitjahren 2016 und 2017 andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt, war die Bf gemäß § 41 Abs 1 Z 1 EStG 1988 zu veranlagen und waren gemäß § 45 Abs 1 EStG 1988 Vorauszahlungen festzusetzen.

Wirkt die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr, so erfolgt auf den ermittelten Betrag ein Zuschlag von 4 %; wirkt sie erstmals für ein späteres Kalenderjahr, beträgt der Zuschlag 5 % für jedes weitere Jahr (dh zB 9 % für das zweitfolgende Jahr) (vgl Jakom/Peyerl EStG, 2018, § 45 Rz 7).

Die Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr 2017 beträgt 1.615 €, die gemäß § 45 Abs 1 Z 2 EStG 1988 um 4 %, ds 64,60 €, zu erhöhen ist, wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirkt. Da die Vorauszahlungen gemäß § 45 Abs 1 leg cit auf volle Euro abzurunden sind, sind die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2018 und Folgejahre in Höhe von 1.679 € (= 1.615 € + 64,60 €) festzusetzen.

Die Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr 2017 in Höhe von 1.615 € ist gemäß § 45 Abs 1 Z 2 EStG 1988 um 9 % für das zweitfolgende Kalenderjahr, ds 145,35 € zu erhöhen. Da die Vorauszahlungen gemäß § 45 Abs 1 leg cit auf volle Euro abzurunden sind, sind die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre in Höhe von 1.760 €
(= 1.615 € + 145,35 €) festzusetzen.

Den Beschwerden gegen die Bescheide betreffend die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2018 und Folgejahre sowie 2019 und Folgejahre wird teilweise Folge gegeben.

3.1.3. Bescheide über die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017

Gemäß § 299 Abs 1 BAO idF des FVwGG 2012 (§ 323 Abs 37 BAO) BGBl I Nr 14/2013 kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. (…)

Die Aufhebung setzt die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (vgl ; , 2012/13/0059).

Die Rechtswidrigkeit muss nicht offensichtlich sein.

Die Aufhebung, aber auch die Abweisung des Aufhebungsantrages, setzt die vorherige Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraus (vgl ; , 2012/13/0059; Ritz, BAO6, § 299 Tz 13).

Der Inhalt eines Bescheides ist rechtswidrig, wenn der Spruch des Bescheides rechtswidrig ist, sei es, dass er gegen Gesetze, gegen Verordnungen oder gegen Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union verstößt. Der Bescheidspruch ist nicht nur bei unzutreffender Auslegung von Rechtsvorschriften inhaltlich rechtswidrig. Er ist auch rechtswidrig, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen oder Beweismittel nicht berücksichtigt wurden; dies auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung auf mangelnde Kenntnis der Abgabenbehörde (zB als Folge mangelnder Offenlegung durch die Partei) zurückzuführen ist (vgl Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 299 Tz 15).

Die Abgabenbehörde begründet die beiden Bescheide vom über die Aufhebung gemäß § 299 BAO der Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 vom im Wesentlichen damit, dass die Einkommensteuerbescheid 2016 und 2017 vom auf Grund des nicht richtigen Spruches aufgehoben worden seien, da entscheidungsrelevante Tatsachen nicht berücksichtigt worden seien. Gegenständlich sei der Sanierungsgewinn in Höhe von 134.369,43 € nicht berücksichtigt worden. Im Jahr 2016 und 2017 wäre vom Sanierungsgewinn jeweils ein Siebentel zu berücksichtigen gewesen.

Die Begründung des Aufhebungsbescheides hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 darzulegen. Die Sache, über die im Verfahren über die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid zu entscheiden ist, wird bei der amtswegigen Aufhebung durch die Abgabenbehörde im Aufhebungsbescheid festgelegt. Im Rechtsmittelverfahren darf kein anderer Aufhebungsgrund herangezogen werden. Bei amtswegiger Aufhebung ist daher die Bezeichnung der für die Aufhebung maßgebende Rechtswidrigkeit in der Begründung unverzichtbar (vgl Ritz, BAO6, § 299 Tz 40ff).

Den angefochtenen Aufhebungsbescheiden () liegt die Rechtsauffassung zu Grunde, dass im Einkommen der Bf aus einem Schulderlass resultierende Gewinne ("Sanierungsgewinn") enthalten seien und in den Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre 2016 und 2017 jeweils ein Siebentel dieser Gewinne als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Ansatz zu bringen seien. Da sich - wie unter Punkt 3.1.1. dargelegt - die rechtliche Beurteilung der Abgabenbehörde bezüglich der Berücksichtigung von aus einem Schulderlass resultierenden Gewinnen in den Einkommensteuerbescheiden 2016 und 2017 der Bf als frei von Rechtsirrtum erweist, stellt sich der jeweilige Spruch der aufgehobenen Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 vom als "nicht richtig" iSd § 299 Abs 1 BAO dar.

Der steuerliche Vertreter der Bf führt in der Beschwerde vom gegen die Aufhebungsbescheide vom aus, dass mit Beschwerdevorentscheidung vom die gemäß § 299 BAO wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 aufgehoben und ausgeführt worden sei, dass die Wiederaufnahme gemäß § 299 BAO für die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 keine Begründungsausführungen enthalten hätten und somit mit einem wesentlichen Mangel behaftet gewesen seien und dieser auch nicht sanierbar sei und außerdem ein neuer Tatsachenkomplex nicht vorliege, sodass eine weitere Wiederaufnahme für die Einkommensteuer 2016 und 2017 nicht mehr möglich sei.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass im gegenständlichen Beschwerdeverfahren kein Verfahren gemäß § 303 BAO wiederaufgenommen wurde, der Begriff des "Tatsachenkomplexes" vom Verwaltungsgerichtshof unter anderem in einem Erkenntnis vom , Ro 2014/15/0035, verwendet wurde, das zur Wiederaufnahme des Verfahrens ergangen ist und Aufhebungen gemäß § 299 auch mehrfach hintereinander erfolgen dürfen (vgl Ritz, BAO6, § 299 Tz 42).

In der mündlichen Verhandlung überreichte der steuerliche Vertreter der Bf ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7101492/2019, und vertrat die Auffassung, dass der Sachverhalt des gegenständlichen Beschwerdefalles ident sei mit jenem des Erkenntnisses. Mit dem erwähnten Erkenntnis wurde einer Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben, da von der belangten Behörde im Zuge einer zweiten verfügten Wiederaufnahme die Gründe für die ursprüngliche (erste) Wiederaufnahme nachgeschoben wurden, da sich der erste Wiederaufnahmebescheid als unzureichend begründet herausstellte und ein derartiges "Nachschieben" der Wiederaufnahmegründe klar die strengen Anforderungen an die Wiederaufnahme umgeht und zur Rechtswidrigkeit der gegenständlichen zweitverfügten Wiederaufnahme führt.

Wie bereits von der Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, führt auch der Hinweis auf das erwähnte Erkenntnis ins Leere, da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt wurde, sondern Bescheide aufgehoben wurden, deren jeweiliger Spruch sich als nicht richtig erwiesen hat.

Die Voraussetzungen für eine Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO liegen somit vor; ob der Einkommensteuerbescheid 2016 und der Einkommensteuerbescheid 2017 tatsächlich aufzuheben waren, ist jedoch eine Ermessensentscheidung.

Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen.

Unter "Billigkeit" versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit in bezug auf berechtigte Interessen der Partei", unter "Zweckmäßigkeit" das "öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben".

Die Billigkeit gebietet die Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie des steuerlichen Verhaltens und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei, ferner sind auch das bisherige redliche oder unredliche Verhalten des Abgabepflichtigen, seine Einstellung zum Recht und zu seinen abgabenrechtlichen Pflichten zu würdigen. Zur Zweckmäßigkeit gehört auch die Berücksichtigung der Verwaltungsökonomie (vgl, Ritz, BAO6, § 20 Tz 7 und die dort zitierte Judikatur).

Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren. Daher ist zB für Aufhebungen gemäß § 299 insbesondere der Vorrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu beachten (siehe
Ritz, aaO, § 20 Tz 8; Stoll, BAO-Kommentar, 209).

Die Beachtung des Prinzips der Gleichmäßigkeit der Besteuerung - der Zweck der Norm des § 299 BAO - spricht im gegenständlichen Fall unstrittig für die bescheidmäßig erfolgte Berücksichtigung der aus einem Schulderlass resultierenden Gewinne. Dass ein öffentliches Interesse an der Einbringung von Abgaben besteht, steht ebenfalls außer Zweifel, sodass die Zweckmäßigkeit zu bejahen ist. Unter Berücksichtigung der unstrittigen Tatsache, dass für den Fall, dass im Einkommen eines Steuerpflichtigen aus einem Schulderlass resultierende Gewinne enthalten sind, die Steuerfestsetzung gemäß § 36 EStG 1988 in den Fällen des Abs 2 nach Maßgabe des Abs 3 zu erfolgen hat und der Bf das Erkennen der Abgabepflicht zumutbar gewesen wäre, stehen den gegenständlichen bescheidmäßigen Festsetzungen auch keine Billigkeitsüberlegungen - berechtigte Interessen der Partei - entgegen.

Im vorliegenden Beschwerdefall sind im Einkommen der Bf aus einem Schulderlass resultierende Gewinne in Höhe von 595.203,57 € enthalten und in den Streitjahren 2016 und 2017 jeweils ein Siebentel als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen. Wenn im Rahmen des Ermessens im Hinblick auf die Billigkeit auch die Einstellung der Bf zu ihren abgabenrechtlichen Pflichten zu würdigen ist, so wird zunächst daran erinnert, dass die Abgabenbehörde mit Vorhalt vom und mit Erinnerung vom die Bf vergebens ersucht hat, bekanntzugeben, welche der Verbindlichkeiten und in welcher Höhe den privaten Bereich betreffen, da aus dem Protokoll vom beim Bezirksgericht ***E*** hervorgeht, dass die Bf in ihrer Vernehmung gemäß § 70 Abs 2 IO angegeben habe, dass der Großteil der Verbindlichkeiten aus ihrer ehemaligen selbständigen Tätigkeit mit der ***G*** KEG resultiere. Da die beiden Ersuchen der Abgabenbehörde nicht beantwortet wurden, wurden die beiden nun angefochtenen Aufhebungsbescheide () erlassen. Erst im Vorlageantrag bezüglich des Einkommensteuervorauszahlungsbescheides 2020 vom äußerte sich die Bf bezüglich der betrieblich veranlassten Schulden etwas konkreter, und zwar dahingehend, dass die im Zahlungsplan genannten Positionen 3, 5, 6, 8, 9 und 12 betriebliche Schulden seien, ohne jedoch ihr Vorbringen durch Unterlagen jeglicher Art zu belegen. Auch der Aufforderung des Bundesfinanzgerichts vom (E-Mail), anhand von geeigneten Unterlagen (zB Kreditverträgen udgl) nachvollziehbar die private Veranlassung jener Positionen (1, 2, 4, 7, 10 und 11) nachzuweisen, bei denen es sich nicht um betriebliche Schulden handle, wurde nicht entsprochen. Und selbst in der mündlichen Verhandlung wurden von Seiten des steuerlichen Vertreters der Bf keine Unterlagen vorgelegt, die das Vorbringen der Bf in irgendeiner Art und Weise hätten belegen können. Anhand des vom Bezirksgericht ***E*** zur Verfügung gestellten Insolvenzaktes wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung in freier Beweiswürdigung die betrieblichen Insolvenzforderungen ermittelt. Im Hinblick darauf, dass die Bf im gesamten Beschwerdeverfahren der wiederholt an sie herangetragenen Aufforderung, ihr Vorbringen durch geeignete Unterlagen zu belegen bzw glaubhaft zu machen, nicht nachgekommen ist, erweist sich auch unter diesem Gesichtspunkt die Ermessensübung der Abgabenbehörde als mit der Bestimmung des § 20 BAO in Einklang stehend und damit als rechtsrichtig. Zudem lässt die Beschwerde nicht erkennen, welches berechtigte Interesse die Bf am Unterbleiben der rechtsrichtigen Beurteilung, abgesehen von den steuerlichen Vorteilen für die Bf selbst durch das niedrigere zu versteuernde Gesamteinkommen, haben könnte.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist in den Streitjahren 2016 und 2017 jeweils ein Siebentel von 95 % der aus dem Schulderlass resultierenden Gewinne in Höhe von 595.203,57 € als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Ansatz zu bringen. Da die Einkommensteuer 2016 in Höhe von 1.619 € und die Einkommensteuer 2017 in Höhe von 1.615 € festzusetzen sein wird, gelangt das Bundesfinanzgericht zu der Ansicht, dass keine Geringfügigkeit der steuerlichen Auswirkungen vorliegt, bzw die Rechtswidrigkeit nicht bloß geringfügig ist.

Wie bereits ausgeführt, ist es Zweck der Bestimmung über die Aufhebungen gemäß § 299 BAO, dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit vor allem im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, Rechnung zu tragen und diesem Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit zu geben. Bei Abwägung aller in Betracht kommender Gesichtspunkte würde ein Absehen von den beschwerdegegenständlichen Abgaben diesem Prinzip nicht Rechnung tragen. Die positive Ermessensübung steht daher nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes im Einklang mit den im gegebenen Zusammenhang maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung.

Die Beschwerde gegen die Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO betreffend Einkommensteuer 2016 und 2017 war daher abzuweisen.

Beilagen: 2 Berechnungsblätter

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die Beurteilung der zu lösenden Rechtsfrage erfolgte im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 10 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 323 Abs. 37 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 36 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Bescheidaufhebung
Schulderlass
Betriebsschulden
Rechtswidrigkeit
Restschuldbefreiung
Sanierungsgewinn
Ermessen
"Billigkeit"
"Zweckmäßigkeit"
Zahlungsplan
Verweise
§ 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 274 Abs. 1 Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Jakom/Peyerl EStG, 2018, § 45 Rz 7
§ 45 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 36 Abs. 3 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Ritz, BAO 6. Aufl.,, § 299 Tz 42
§ 36 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Stoll, BAO-Kommentar, 209
§ 45 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Ritz, BAO 6. Aufl., § 20 Tz 7f
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961



Ritz, BAO 6. Aufl., § 299 Tz 13
Ellinger/Sutter/Urtz, BAO 3. Aufl., § 299 Tz 15
Ritz, BAO 6. Aufl., § 299 Tz 40ff
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103530.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at