Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag schließen einander dem Grunde nach aus
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom teilweise Folge gegeben.
Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Im Zuge der Veranlagung der Einkommensteuer 2019 mit Einkommensteuerbescheid vom wurde der im Lohnzettel ausgewiesene Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt und mit dem angefochtenen Bescheid eine Einkommensteuernachforderung in Höhe von € 494,00 vorgeschrieben.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde vom begehrte der Bf die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages, da er den "Alleinverdiener" nicht angekreuzt habe.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom führte das Finanzamt unter Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages eine neuerliche Veranlagung der Einkommensteuer 2019 durch, als deren Ergebnis die Einkommensteuer mit € 0,00 festgesetzt und die mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebene Einkommensteuernachforderung gutgeschrieben wurde.
Dagegen brachte der Bf am über FINANZOnline wiederum "Beschwerde" ein und forderte die Neuberechnung.
Mit Schreiben vom verwies das Finanzamt auf die in § 250 Abs. 1 BAO geforderten Inhalte einer Beschwerde und ersuchte den Bf mit Frist bis die Mängel seiner Beschwerde zu beheben, da seine Beschwerde die aufgezeigten Punkte nicht enthalten würde. Weiters wurde dem Bf mitgeteilt, dass seine Beschwerde als zurückgenommen gelten würde, wenn er dieser Einladung nicht nachkommen würde.
Das Finanzamt erließ daraufhin mit Bescheid vom eine weitere Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO mit der die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 vom als zurückgenommen gelten würde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bf zum Vorhalt keine Stellungnahme abgegeben habe.
Mit Aufhebungsbescheid vom hob das Finanzamt den Bescheid vom betreffend Beschwerdevorentscheidung (Zurücknahme der Beschwerde) Einkommensteuerbescheid 2019 gemäß § 299 Abs. 1 BAO auf, da der Spruch des Bescheides sich als falsch erweisen würde, zumal die Beschwerde weder zurückgenommen worden sei noch als zurückgenommen gelten würde.
Mit weiterem Aufhebungsbescheid vom hob das Finanzamt gemäß § 299 Abs. 1 BAO
1.) den Bescheid - Beschwerdevorentscheidung (Zurücknahme der Beschwerde) vom und
2.) den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom auf
und führte begründend aus, dass zu
1.) der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweisen würde, zumal die Beschwerde weder zurückgenommen worden sei noch als zurückgenommen gelten würde. Zudem sei bereits am eine Beschwerdevorentscheidung erlassen worden und zu
2.) die Abgabenbehörde irrtümlich statt der Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerdevorentscheidung vom "aufgehoben" habe. Tatsächlich hätte es sich beim Schriftsatz vom um ein Anbringen (Vorlageantrag gemäß § 264 BAO) gehandelt und nicht um einen Bescheid der Abgabenbehörde.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und verwies im Punkt "Stellungnahme" darauf, dass für die Beurteilung von Anbringen es auf den Inhalt und das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes ankommen würde (). Das Anbringen vom würde als Bescheiddatum den , sohin das Datum der Beschwerdevorentscheidung, und auch den Zeitraum 2019 enthalten. Auch der Wille des Bf auf eine erneute Entscheidung über sein Anbringen sei eindeutig erkennbar.
Zur Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages wird ausgeführt, dass die Beschwerdevorentscheidung vom laut EDV am über den Postweg versendet worden sei. Wann die Beschwerdevorentscheidung tatsächlich zugestellt worden sei, könne nicht festgestellt werden, doch gelte die Zustellung ohne Zustellnachweis gemäß § 26 Abs. 2 ZustG als am dritten Werktag nach Übergabe an das Zustellorgan als bewirkt. Der Vorlageantrag vom sei rechtzeitig eingebracht worden.
Nach Übermittlung des Vorlageberichtes und des Beschwerdeaktes am legte das Finanzamt am den vom Bf am eingebrachten Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO vor, in dem der Bf um Neuberechnung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2019 vom ersuchte. Bei der Berechnung sei bisher nicht berücksichtigt worden:
- Alleinverdienerabsetzbetrag mit 1 Kind (Familienbeihilfenbezug mind. 7 Monate)
Name des (Ehe)Partners: ***1***, VSNR ***2***
- Alleinerzieherabsetzbetrag für 1 Kind (Familienbeihilfenbezug mind. 7 Monate)
- Kinderfreibetrag - Formular L1k pro Kind
Als Begründung der neuen Tatsache oder eines neuen Beweismittels, warum eine Wiederaufnahme durchgeführt werden soll, führte der Bf aus: "Ich bringe gegen den Einkommensteuer 2019 von . Eine beschwerde zum Neu berechnen!"
Dem in Form eines Vordruckes eingebrachten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist im Anschluss zu entnehmen, dass alle bisherigen und neu beantragten Aufwendungen mittels Belegen nachzuweisen sind und die Wiederaufnahme des Verfahrens im Ermessen der Abgabenbehörde stehen würde.
Gleichzeitig brachte der Bf neuerlich die Beilage L 1k für 2019 zum Formular L 1 ein, in der er offensichtlich den Unterhaltsabsetzbetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind, für das er den gesetzlichen Unterhalt geleistet habe, insgesamt im Jahr 2019 geleistete Unterhaltszahlungen € 1.200,00, Höhe der monatlichen Unterhaltsverpflichtung € 320,00.
Unter dem Punkt 5.4 "Angaben zur Behinderung des Kindes (Kostentragung siehe Punkt 5.2)" machte der Bf weiters ein Schulgeld für eine Sonder(Pflege)-Schule bzw. Behindertenwerkstätte in Höhe von € 65,00 geltend. Als Steuerliche Vertretung gab der Bf seine Ehegattin an.
Das Finanzamt legte ergänzend einen Ausdruck aus dem Abgabeninformationssystem des Finanzamtes, wonach für das Kind ***3*** die Ehegattin des Bf, ***4*** ***1***, die Familienbeihilfe bezogen hat. Weiters wurden Abfragen aus dem ZMR (Zentralen Melderegister) betreffend den Bf, seine Ehegattin und das gemeinsame Kind vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass sie einem gemeinsamen Haushalt zugehören. Weiters wurden Zustellnachweise über die Zustellung der Aufhebungsbescheide in die Databox vorgelegt.
Im Schreiben vom führte das Finanzamt zur Zustellung der Bescheidaufhebungen aus, dass auf der jeweils ersten Seite zu den Bescheidaufhebungen vom und über dem Empfänger wie folgt ausgewiesen sei: "Unzustellbar zurück an 1000 Wien, Postfach ***5***". Die Formulierung sei unglücklich gewählt, denn dies würde nicht bedeuten, dass die Bescheidzustellung nicht erfolgen hätte können, sondern, dass im Falle einer tatsächlichen Unzustellbarkeit das Dokument an das zuvor genannte Postfach zurückzustellen sei. Die Zustellungen seien in die Databox erfolgt.
Zum Antrag vom (Wiederaufnahmeantrag) führte das Finanzamt aus, dass auf dem vom Finanzamt zur Verfügung gestellten und vorgedruckten Formular "Antrag auf Wiederaufnahme" der Bf sowohl den Alleinverdienerabsetzbetrag als auch den Alleinerzieherabsetzbetrag für ein Kind beantragt habe. Zusätzlich hätte er den Kinderfreibetrag beantragt. In der Begründung stehe wie folgt: "Ich bringe gegen den Einkommensteuer 2019 von . Eine beschwerde zum Neu berechnen!" Unter einem hätte er das Formular L1k für sein Kind, ***6***, geboren am ***7***, eingebracht. Bereits im Zuge des Antrags auf Arbeitnehmerveranlagung vom hätte der Beschwerdeführer ein L1k abgegeben. Im L1k vom hätte er zum (zuvor beantragten und gewährten) Familienbonus Plus keine Angaben mehr gemacht. Dafür hätte er nun den Unterhaltsabsetzbetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind beantragt. Er würde angeben, dass die Höhe der monatlichen Unterhaltsverpflichtung EUR 320,- betragen würde und er habe im Jahr 2019 EUR 1.200,- an Unterhalt geleistet. Zusätzlich hätte der Bf die Berücksichtigung von EUR 65,- unter dem Titel "Schulgeld für eine Sonder(Pflege)-Schule bzw. Behindertenwerkstätte" beantragt. In das Feld "Steuerliche Vertretung" habe er seine Ehegattin (***1***, ***8***) eingetragen. Nach einem von der Abgabenbehörde durchgeführten Unterschriftenvergleich (Antrag auf Wiederaufnahme, L1k und L1) dürfte der Beschwerdeführer das L1k selbst unterfertigt haben.
Ergänzend erstattete das Finanzamt in seinem Schreiben vom folgende Stellungnahme:
"Es stellt sich nach Ansicht der Abgabenbehörde die Frage, als welche Art von Anbringen der Antrag vom samt Beilagen zu werten ist, nämlich als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder als eine Ergänzung zur Bescheidbeschwerde/zum Vorlageantrag.
Es handelt sich bloß um ein vom Finanzamt zur Verfügung gestelltes und vorgedrucktes Formular mit dem Titel "Antrag auf Wiederaufnahme". Nach dem Wortlaut des vom Beschwerdeführer selbst ausgefüllten Textfelds handelt es sich um die Einbringung einer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom , in welcher er die Neuberechnung seines Einkommensteuerbescheides unter Berücksichtigung des AVAB, des AEAB, des KIF für ein Kind sowie des neu eingebrachten L1k beantragt. Aufgrund des rechtswidrigen, und nun aufgehobenen, Bescheids vom war das Verfahren zum Zeitpunkt des Einbringens der "Beschwerde" vom allerdings bereits beendet.
Aufgrund der nunmehrigen Aufhebung des Bescheides vom tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung des Bescheids befunden hat. Aus diesem Grunde stellt sich die Frage, ob über dieses ergänzende Vorbringen im Rahmen des beim BFG anhängigen Verfahrens zu entscheiden ist.
Laut ZMR wohnt der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin und dem gemeinsamen Kind an der Adresse ***9***. Das Kind ist somit haushaltszugehörig und steht der Unterhaltsabsetzbetrag nicht zu. Abgesehen davon hat der Beschwerdeführer bereits den Familienbonus Plus beantragt und auch gewährt bekommen.
Der Familienbonus Plus ersetzt ab dem Jahr 2019 die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten und den Kinderfreibetrag, weshalb der beantragte Kinderfreibetrag nicht zusteht.
Die Familienbeihilfe wird der Mutter des Kindes ausbezahlt. Im Familienbeihilfenakt ist keine Behinderung des Kindes ersichtlich und wurde der Abgabenbehörde auch kein ärztliches Gutachten des Sozialministeriums übermittelt. Die in diesen Zusammenhang beantragte Berücksichtigung der Kosten iHv EUR 65,- ist nicht zu gewähren.
Der Alleinverdienerabsetzbetrag und der Alleinerzieherabsetzbetrag schließen einander aus. Beim Beschwerdeführer wurde der Alleinverdienerabsetzbetrag bereits berücksichtigt. Diesem Beschwerdepunkt ist daher im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom stattzugeben."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Bf war ganzjährig und durchgehend bei einem Arbeitgeber beschäftigt. In dem von seinem Arbeitgeber übermittelten Lohnzettel ist vermerkt, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag für ein Kind berücksichtigt wurde.
Die Familienbeihilfe wurde an die nicht berufstätige Ehegattin des Bf ausbezahlt.
Der Bf, seine Ehegattin und das gemeinsame minderjährige Kind wohnten in einem gemeinsamen Haushalt.
Beweiswürdigung
Aus dem elektronischen Abgabeninformationssystem ist zu ersehen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages und des Familienbonus Plus vorliegen.
Dass der Bf und seine Ehegattin mit dem gemeinsamen Kind in einem gemeinsamen Haushalt wohnen, ergibt sich aus dem vom Finanzamt vorgelegten Abfragen aus dem ZMR.
Bezüglich der im Zuge des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellten Anträge auf Berücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrages auf Grund von monatlichen Unterhaltsleistungen in Höhe von € 320,00, insgesamt im Jahr 2019 in Höhe von € 1.200,00, und einem Schulgeld für eine Sonder(Pflege)-Schule bzw. Behindertenwerkstätte in Höhe von € 65,00 hat der Bf keine Nachweise vorgelegt, obwohl in seinen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ausdrücklich vermerkt ist, dass alle bisherigen und neu beantragten Aufwendungen mittels Belegen nachzuweisen sind.
Weder in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2019, der Einbringung seiner Beschwerde, der Einbringung des Vorlageantrages noch in der Beantwortung des Vorhaltes vom hat der Bf diesbezüglich Nachweise erbracht. Auch dem Finanzamt sind im elektronischen Abgabeninformationssystem über eine Behinderung seines Kindes oder über Unterhaltsleistungen an ein haushaltsfremdes Kind keine Informationen bzw. Nachweise bekannt.
In der in Papierform beim Finanzamt eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 vom hat der Bf beim Alleinverdienerabsetzbetrag die Anzahl der Kinder mit 1 angegeben und in der Beilage L 1k für 2019 den Familienbonus Plus und im Zusammenhang mit Angaben zur Behinderung des Kindes unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel in Höhe von € 120,00 beantragt. In seiner im Zusammenhang mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens eingereichten Beilage L 1k fehlen diese Angaben, stattdessen beantragte er den Unterhaltsabsetzbetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind und Schulgeld in Höhe von € 65,00. Die Vielzahl der sich teilweise widersprechenden Anträge lässt den Schluss zu, dass dem Bf die Tragweite seiner Anträge in seinen verschiedenen Eingaben nicht bewusst ist, sondern es ihm offensichtlich lediglich darum geht, vom Finanzamt eine Einkommensteuerrückzahlung zu erhalten.
Rechtliche Beurteilung
Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages:
Die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes trägt das Datum vom und wurde nach den Angaben des Finanzamtes laut EDV am über den Postweg ohne Zustellnachweis an den Bf versendet.
Nachdem die Frist für die Einbringung eines Vorlageantrages gegen die Beschwerdevorentscheidung aufgrund des 2. Covid-19-Gesetzes frühestens am zu laufen begonnen hat (siehe Rechtsbelehrung in der Beschwerdevorentscheidung), war die Einbringung des Vorlageantrages am über die Databox in FINANZOnline fristgerecht.
Einbringung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO vom :
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde am , also nach Ergehen der vom Finanzamt erlassenen Beschwerdevorentscheidung vom und vor der Erlassung der Aufhebungsbescheide vom und vom , beim Finanzamt eingebracht. Das ordentliche Beschwerdeverfahren war zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens beendet. Dieser Umstand war offensichtlich auch dem Bf bewusst, weswegen er das Rechtsinstitut der Wiederaufnahme des Verfahrens gewählt hat, um das Beschwerdeverfahren wieder in Gang zu setzen, da er zu diesem Zeitpunkt nicht wissen konnte, dass das Finanzamt die Beschwerdevorentscheidung vom aufheben würde, wodurch das Beschwerdeverfahren auf den Stand nach fristgerechter Einbringung des Vorlageantrages versetzt wurde. Dies deutet darauf hin, dass der Bf einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens und keine Ergänzung zur Beschwerde eingebracht hat, da eine Ergänzung zu einer bereits erledigten Beschwerde ein absolut untaugliches Mittel zur Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens dargestellt hätte. Inwieweit der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als erfolgversprechend zu beurteilen ist, spielt dabei keine Rolle, da dieser Antrag als ein Anbringen des Bf an das Finanzamt zu werten ist, worüber die Abgabenbehörde gemäß § 85a BAO ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden hat. Dem Bundesfinanzgericht ist es jedenfalls verwehrt den beim Finanzamt eingebrachten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens erstmalig in Behandlung zu nehmen (vgl. § 1 Abs. 1 BFGG über die Zuständigkeit des BFG).
Die im Zuge des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellten weiteren Anträge wurden zwar ursprünglich außerhalb des Beschwerdeverfahrens gestellt, durch die Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung vom mit Aufhebungsbescheid vom durch das Finanzamt ist das Beschwerdeverfahren jedoch in die Lage zurückgetreten, in der es sich vor der Aufhebung des Bescheides befunden hat (vgl. Ausführungen des Finanzamtes im Schreiben vom ). Das bedeutet, dass die Anträge als im laufenden (offenen noch nicht entschiedenen) Beschwerdeverfahren gestellt zu betrachten sind und wurden daher in die gegenständliche Entscheidung miteinbezogen.
Alleinverdienerabsetzbetrag:
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 steht Alleinverdienenden ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu, wenn sich das Kind ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält: Dieser beträgt jährlich
bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro
bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.
Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht erforderlich. Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und 32 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen. Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nur einem der (Ehe-)Partner zu. Erfüllen beide (Ehe-)Partner die Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Sätze, hat jener (Ehe-)Partner Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, der die höheren Einkünfte im Sinne der Z 1 erzielt. Haben beide (Ehe-)Partner keine oder gleich hohe Einkünfte im Sinne der Z 1, steht der Absetzbetrag dem haushaltsführenden (Ehe-)Partner zu.
Das gemeinsame Kind des Bf und seiner Ehegattin, mit der er mehr als sechs Monate im Jahr 2019 verheiratet ist, hält sich nach den Ermittlungen des Finanzamtes ständig in Österreich auf. Die Familienbeihilfe wird an die Ehegattin des Bf, die Einkünfte von höchstens 6.000 Euro im Jahr 2019 erzielt hat, ausbezahlt. Auf Grund der vorliegenden Voraussetzungen ist der Bf Alleinverdiener, weswegen das Finanzamt zu Recht den Alleinverdienerabsetzbetrag in Höhe von € 494,- gewährt hat.
Familienbonus Plus:
Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
Der Familienbonus Plus beträgt
a) Bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,
b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.
Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag.
In der Beilage L 1k für 2019 zur Erklärung L1 zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2019 hat der Bf unter Punkt 3.1 bekannt gegeben, dass er oder seine Ehepartnerin für das Kind im Jahr 2019 keine Unterhaltszahlungen (Alimente) erhalten haben. Seine Ehepartnerin bezieht die Familienbeihilfe und er beantragte den ganzen Familienbonus Plus.
Nachdem die Anspruchsvoraussetzungen für die Berücksichtigung des Familienbonus Plus (Antrag durch den Bf, Familienbeihilfenbezug durch die Ehegattin des Bf, Aufenthaltsort des Kindes des Bf ständig in Österreich, der Bf ist Anspruchsberechtigter, es kommt zu keiner Negativsteuer beim Bf) beim Bf gegeben sind, hat das Finanzamt zu Recht den Familienbonus Plus bereits im angefochtenen Bescheid berücksichtigt.
Wie bereits das Finanzamt in seinem Schreiben vom ausgeführt hat ersetzt ab dem Jahr 2019 der Familienbonus Plus die steuerliche Abzugsfähigkeit der Kinderbetreuungskosten und den Kinderfreibetrag. Dem vom Bf in seinem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO vom gestellten Antrag auf Berücksichtigung des Kinderfreibetrages war daher nicht nachzukommen.
Alleinerzieherabsetzbetrag:
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro, bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.
Nachdem der Bf nach Auskunft im ZMR mit seiner Ehegattin und dem gemeinsamen Kind in einem Haushalt wohnhaft sind, ist er kein Alleinerziehender im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988. Da der Bf die Voraussetzungen für die Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages im Jahr 2019 erfüllt hat und ihm der Alleinverdienerabsetzbetrag mit der Beschwerdevorentscheidung vom gewährt wurde, steht ihm der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zu, da der Alleinverdienerabsetzbetrag und der Alleinerzieherabsetzbetrag einander dem Grunde nach ausschließen (Jakum, EStG Kommentar, Rz 66 zu § 33).
Unterhaltsabsetzbetrag:
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.
Da das Kind des Bf im strittigen Jahr seinem gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehegattin zugehört hat und der von ihm nicht getrennt lebenden Ehepartnerin die Familienbeihilfe ausbezahlt wurde, liegen die Voraussetzungen für die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages nicht vor. Obwohl der Bf in der Beilage L 1k für 2019 zur Erklärung L1 zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 den Unterhaltsabsetzbetrag beantragte und anführte, insgesamt im Jahr 2019 € 1.200,00 geleistet zu haben und eine monatliche Unterhaltsverpflichtung in Höhe von € 320,00 zu haben, war der Unterhaltsabsetzbetrag im Hinblick darauf, dass nach der vorliegenden Aktenlage der Bf mit seiner Ehegattin und dem gemeinsamen Kind in einem gemeinsamen Haushalt wohnen, nicht zu gewähren. Darüber hinaus wurden Nachweise über die Leistung eines gesetzlichen Unterhalts an ein nicht im gemeinsamen Haushalt lebendes Kind nicht vorgelegt.
Behinderung des Kindes:
In der Beilage L 1k für 2019 zur Erklärung L1 zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 beantragte der Bf unter den Angaben zur Behinderung des Kindes unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel in Höhe von € 120,00. In der im Zuge des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens wiederum eingereichten Beilage L 1k für 2019 zur Erklärung L1 zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 vom machte der Bf unter den Angaben zur Behinderung des Kindes zwar keine unregelmäßigen Ausgaben für Hilfsmittel, dafür jedoch Schulgeld für eine Sonder(Pflege)-Schule bzw. Behindertenwerkstätte in Höhe von € 65,00 geltend.
Hiezu ist auszuführen, dass eine Behinderung des im Jahr 2016 geborenen Kindes des Bf beim Finanzamt im Familienbeihilfenakt nicht aktenkundig ist und darüber hinaus dem Finanzamt vom Sozialmisterium in diesem Zusammenhang kein ärztliches Gutachten übermittelt wurde. Auch diesbezügliche Nachweise hat der Bf, trotz Aufforderung in seinem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ("Alle bisherigen und neu beantragten Aufwendungen sind mittels Belegen nachzuweisen"), nicht vorgelegt.
Zusammenfassend waren daher der Alleinverdienerabsetzbetrag und der Familienbonus Plus, wie in der Beschwerdevorentscheidung vom zu gewähren, die Anträge auf Berücksichtigung des Alleinerzieherabsetzbetrages, des Unterhaltsabsetzbetrages des Kinderfreibetrages und die Berücksichtigung der Beträge für Sonderschule bzw. Behindertenwerkstätte und unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel abzuweisen.
Bezüglich der Berechnung der Einkommensteuer wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 3a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | Jakum, EStG Kommentar, Rz 66 zu § 33 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100112.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at