TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.06.2021, RV/7100789/2019

Mitarbeiterentsendung im Konzern, Doppelbesteuerungsabkommen Kroatien

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ernst & Young Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Wagramer Straße 19, 1220 Wien, über die Beschwerden gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom und , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer 2012 und 2013 zu Recht erkannt:

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die festgesetzte Einkommensteuer 2012 beträgt Euro - 11.266,00.

Die festgesetzte Einkommensteuer 2013 beträgt Euro - 31.429,00.

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen und der Berechnung wird auf die Beschwerdevorentscheidungen 2012 und 2013 des Finanzamtes jeweils vom verwiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) wurde von ihrem kroatischen Arbeitgeber, einer in Kroatien ansässigen Bank, mit zunächst befristet bis zur XY-Bank AG nach Wien entsandt. Eine Verlängerung bis erfolgte. Bei der kroatischen Bank handelt sich es um die Tochter der XY-Bank AG. Strittig ist die Besteuerung der Bezüge in Österreich.

Die Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2012 und 2013 datieren mit . In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2012 und 2013 wurde unter Angabe des österreichischen Wohnsitzes in Wien die Anzahl der inländischen gehalts- oder pensionsauszahlenden Stellen jeweils mit 1 angegeben. Das Finanzamt (FA) erließ zunächst Einkommensteuerbescheide für 2012 und 2013 mit Steuernachforderungen auf Basis der Lohnzettel/Meldungen der bezugsauszahlenden Stelle, der kroatischen Bank (KZ 245-Steuerpflichtige Bezüge: Euro 99.310,60 für 2012 und Euro 103.973,74 für 2013).

Aufgrund der Beschwerde, berichtigten Lohnzettel/Meldungen, Vorhaltsbeantwortung und Neuberechnungen wurden mit Beschwerdevorentscheidungen für 2012 verminderte steuerpflichtige Bezüge (KZ 245) von Euro 59.536,70 und für 2013 von Euro 18,236,99 angesetzt. Abgabengutschriften ergaben sich.

Darstellungen zum Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2012 und 2013 laut Bf. bzw. steuerlicher Vertretung in Kurzform: Mit Entsendungsbeginn begründete die Bf. im Jahr 2011 einen Wohnsitz in Wien zur Dienstverrichtung in Österreich. Demzufolge war die Bf. im Veranlagungsjahr 2012 u 2013 unbeschränkt steuerpflichtig in Österreich. Die Bf. habe ihren kroatischen Wohnsitz beibehalten. Der Lebensmittelpunkt verbliebe weiterhin in Kroatien. Die Bf. sei an weniger als 183 Tagen in Österreich anwesend und ihre gesamten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit seien in Kroatien besteuert worden. Österreich komme in Anwendung des Art 15 Abs. 2 DBA Österreich/Kroatien kein Besteuerungsrecht auf die in den betreffenden Veranlagungsjahren entfallenden Bezüge zu. Die steuerpflichtigen Bezüge (KZ 245) für Österreich wurden für 2012 und 2013 mit jeweils Euro 1,00 angegeben.

Die steuerliche Vertretung der Bf. beruft sich auf die aufrechte Vollmacht, welche "die Zustellvollmacht umfasse" und führt in den Beschwerden gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 und 2013 sowie im Vorlageantrag und Ergänzungen insbesondere Folgendes aus:

Im Rahmen der jeweiligen Veranlagung für die Jahre 2012 und 2013 wurden die berichtigten Lohnzettel 2012 und 2013 (jeweils L1 und L8) nicht wie beantragt berücksichtigt. Hiezu ist auszuführen, dass unsere Mandantin im Rahmen ihrer Entsendung weder im Jahr 2012 noch im Jahr 2013 an mehr als 183 Tagen in Österreich anwesend war. Die Bezüge für 2012 und 2013 waren daher zur Gänze Kroatien zuzurechnen und in Österreich steuerfrei zu stellen. Als Nachweis finden Sie in der Anlage die von unserer Mandantin geführten Kalenderaufzeichnungen für die entsprechenden Jahre sowie einen Besteuerungsnachweis für die jeweiligen Jahre von der kroatischen Steuerbehörde. Die berichtigten Lohnzettel wurden dem Finanzamt bereits übermittelt. Inder Anlage findenSie eine Kopie der berichtigten Lohnzettel für die Jahre 2012 und 2013 (jeweils L1 und L8), sowie die Beilage zur Arbeitnehmerveranlagung 2012 und 2013 zur näheren Erläuterung.

… Unsere Mandantin wurde vom bis von ihrem kroatischen Arbeitgeber, der BankB zur XY-Bank AG nach Wien entsandt. Unsere Mandantin war im Jahr 2012 und 2013 in Kroatien ansässig. Ihr rechtlicher Arbeitgeber, die BankB war ebenfalls in Kroatien ansässig. Die Bf. war in den betroffenen Kalenderjahren an weniger als 183 Tage in Österreich anwesend und ihre gesamten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden in Kroatien besteuert. … Österreich kommt in Anwendung des Art 15 Abs. 2 DBA Österreich/Kroatien kein Besteuerungsrecht auf die in den betreffenden Veranlagungsjahren entfallenden Bezüge zu. Die berichtigten Lohnzettel wurden dem Finanzamt bereits übermittelt. …

… Der Erlass des Bundesministeriums für Finanzen, BMF-010221/0362-VI/8/2014 ist mit datiert und auch ab selbigem Datum gültig. Gemäß Abs 10 leg cit ist dieser Erlass "grundsätzlich auf alle im Zeitpunkt der Kundmachung des Erlasses offenen Fällen anzuwenden. In Fällen von Konzernentsendungen im Sinne des Abs. 29 des Erlasses des vom , BMF-010221/0101-IV/4/2006, AÖF Nr. 127/2006, die zum Zeitpunkt der Kundmachung dieses Erlasses bereits bestehen, bestehen keine Bedenken, die vor Ergehen des VwGH-Erkenntnisses übliche Verwaltungspraxis hinsichtlich der Qualifikation des Arbeitgebers ausnahmsweise vorübergehend weiterhin beizubehalten, sofern die für die Anwendung der Sonderregelung für kurzfristig beschäftigte Arbeitnehmer maßgebliche Frist von 183 Tagen nicht überschritten wird und der Nachweis erbracht wird, dass die auf die in Österreich erbrachten Dienstleistungen entfallenden Arbeitslöhne im Ansässigkeitsstaat der Arbeitnehmer der Besteuerung unterliegen."

Der Erlass ist somit auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar, da die Entsendung im Zeitpunkt der Wirksamkeit des Erlasses bereits bestand. Somit gilt die alte Rechtslage. Wir beantragen daher die entsprechende Korrektur der Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit gemäß den berichtigten Lohnzetteln für die Jahr 2012 sowie 2013.

Die steuerliche Vertretung übermittelte u.a. folgende Unterlagen in Kopie:

Entsendungsverträge betreffend 2011 - 2015

Bestätigungen über Besteuerungen der Jahre 2012 und 2013 in Kroatien (Ministarstvo financija/Zagreb)

Days-by-country Kalender Aufzeichnungen für die Jahre 2012 und 2013

Ergänzend wird von der steuerlichen Vertretung ausgeführt (vgl. Schreiben vom ):

Hinsichtlich des Besteuerungsrechtes Kroatiens halten wir fest, dass die langjährige Rechtsprechung sowie Verwaltungspraxis der österreichischen Finanzverwaltung bis zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom und dem darauffolgenden Erlass vom eindeutig dahingehend war, dass der Arbeitnehmerbegriff im Art. 15 der österreichischen DBAs als ein rechtlicher zu interpretieren ist. Auch wurde im Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom im Abs. 10 eine "Übergangsregelung" geschaffen. Diese besagt, dass in Fällen von Konzernentsendungen im Sinne des Abs. 29 des Erlasses des vom , BMF-010221/0101-IV/4/2006, AÖF Nr. 127/2006, die zum Zeitpunkt der Kundmachung dieses Erlasses bereits bestehen, bestehen keine Bedenken, die vor Ergehen des VwGH-Erkenntnisses übliche Verwaltungspraxis hinsichtlich der Qualifikation des Arbeitgebers ausnahmsweise vorübergehend weiterhin beizubehalten, sofern die für die Anwendung der Sonderregelung für kurzfristig beschäftigte Arbeitnehmer maßgebliche Frist von 183 Tagen nicht überschritten wird und der Nachweis erbracht wird, dass die auf die in Österreich erbrachten Dienstleistungen entfallenden Arbeitslöhne im Ansässigkeitsstaat der Arbeitnehmer der Besteuerung unterliegen." Die beschriebenen Voraussetzungen sind bei unserer Mandantin ausnahmslos erfüllt. Sie war während ihrer Entsendung in Kroatien ansässig. Frau …. war an weniger als 183 Tagen in den jeweiligen Kalenderjahren in Österreich anwesend und ihre gesamten Einkünfte wurden in Kroatien besteuert. Daraus resultiert unseres Erachtens, dass Österreich hinsichtlich der Jahre 2012-2014 gemäß Art. 15 Abs. 2 des DBA Österreich/ Kroatien kein Besteuerungsrecht zukommt.

Standpunkte des Finanzamtes:

Aufgrund des wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriffes komme Österreich das Besteuerungsrecht zu ( und Erlass v. , BMF-010221/0362-VI/8/2014). Um Abweisung im Sinne der Stellungnahme der GPLA wird ersucht (vgl. Beschwerdevorlage).

Im Rahmen eines Vorhaltes wurde die Bf. u.a. ersucht, eine Stellungnahme abzugeben, warum, entgegen des wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriffes (wonach Österreich das Besteuerungsrecht zukommt) die in Österreich verbrachten Arbeitstage in Kroatien zur Versteuerung gemeldet wurden. Die Tragung der Gesamtkosten durch die entsendende Gesellschaft ohne Weiterverrechnung an den Gestellungsnehmer sei unüblich, und wäre gesondert nachzuweisen.

Für 2012, 2013 und Folgejahre wurden vom FA die in Österreich erbrachten Arbeitstage Österreich zugeordnet. Wie der Beilage zur Arbeitnehmerveranlagung zu entnehmen sei, handle es sich laut FA um eine passive Arbeitskraftgestellung, sodass hier im Sinne des wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriffes Österreich das Besteuerungsrecht zukomme (siehe und Erlass vom BMF-010221/0362-VI/8/2014). Der eventuelle Einwand, dass Kroatien das Welteinkommen versteuere und es dadurch zu einer Doppelbesteuerung käme, ist laut FA insoweit für die berechtigte Erhebung des Österreich zustehenden Steuersubstrats unerheblich, als bei einer Doppelbesteuerung die Steuerentlastung durch den Ansässigkeits- und nicht durch den Tätigkeitsstaat erfolgen müsste und im Regelfall die Doppelbesteuerung auch nicht auf das Beharren des DBA-Partnerstaates auf eine bestimmte Steuerleistung zurückzuführen sei, sondern auf die Erklärungsabgabe der steuerlichen Vertretung. Die Versteuerung des Welteinkommens in Kroatien sei auf die Abgabe einer entsprechenden Steuerklärung in diesem Sinne zurückzuführen, weil es eigentlich keinen Qualifikationskonflikt mit Kroatien geben dürfte, da Kroatien, der Literatur zum internationalen Steuerrecht folgend, auch am wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff festhalte. Die Tragung der Gesamtkosten durch die entsendende Gesellschaft und keine Weiterverrechnung an den Beschäftigter also an den Gestellungsnehmer, sei laut FA unüblich.

Das BFG habe laut FA bei Inboundfällen auch für 2013 und Vorjahre erkannt, dass der wirtschaftliche Arbeitgeberbegriff anzuwenden ist, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses der einschlägigen VwGH-Judikatur zum wirtschaftlichen Arbeitgeber noch keine Erklärungsabgabe erfolgt war (siehe auch BFG GZ. RV/7106275/2016 vom ). Speziell im Zusammenhang mit dem DBA Kroatien werde auf die BFG Entscheidung GZ. RV/7104629/2015 vom verwiesen, wonach Kroatien ebenfalls am wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff festhalte. Österreich das Steuersubstrat für österreichische Tätigkeitstage entziehen zu wollen, werde durch die Steuerung vom Vertreter mittels gezielter Erklärungsabgabe verursacht und nicht, weil es einen Qualifikationskonflikt beider Staaten gebe. Zu dem konkret ausformulierten Vorhalt vom bleibe laut FA die steuerliche Vertretung mit ihrer Darlegung vom die konkrete Antwort schuldig. Festzuhalten sei in diesem Zusammenhang laut FA auch, dass bei den zitierten Entscheidungen immer die steuerliche Vertretung als Einschreiter aufscheint.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen lautet (auszugsweise):

Artikel 3

allgemeine Begriffsbestimmungen

(1) Im Sinne dieses Abkommens, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert,

a) bedeutet der Ausdruck "Österreich" die Republik Österreich;b) bedeutet der Ausdruck "Kroatien" das Staatsgebiet der Republik Kroatien sowie die Meeresgebiete, einschließlich des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes, die sich an die äußeren Grenzen der Hoheitsgewässer anschließen, in denen die Republik Kroatien in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und dem Recht der Republik Kroatien Hoheitsrechte und Jurisdiktion ausübt;

c) umfaßt der Ausdruck "Person" natürliche Personen, Gesellschaften und alle anderen Personenvereinigungen;

d) bedeutet der Ausdruck "Gesellschaft" juristische Personen oder Rechtsträger, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden;

e) bedeuten die Ausdrücke "Unternehmen eines Vertragsstaats" und "Unternehmen des anderen Vertragsstaats", je nachdem, ein Unternehmen, das von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person betrieben wird, oder ein Unternehmen, das von einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person betrieben wird;

f) bedeutet der Ausdruck "internationaler Verkehr" jede Beförderung mit einem Seeschiff oder Luftfahrzeug, das von einem Unternehmen mit tatsächlicher Geschäftsleitung in einem Vertragsstaat betrieben wird, es sei denn, das Seeschiff oder Luftfahrzeug wird ausschließlich zwischen Orten im anderen Vertragsstaat betrieben;

g) bedeutet der Ausdruck "zuständige Behörde" i) in Österreich: den Bundesminister für Finanzen oder dessen bevollmächtigten Vertreter; ii) in Kroatien: den Finanzminister oder dessen bevollmächtigten Vertreter.

h) bedeutet der Ausdruck "Staatsangehöriger"

i) jede natürliche Person, die die Staatsbürgerschaft eines Vertragsstaats besitzt;

ii) jede juristische Person, Personengesellschaft und andere Personenvereinigung, die nach dem in einem Vertragsstaat geltenden Recht errichtet worden ist.

(2) Bei der Anwendung des Abkommens durch einen Vertragsstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder im Abkommen nicht definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, für die das Abkommen gilt.

Artikel 4

ansässige Person

(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Ortes ihrer Errichtung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist, und umfaßt auch diesen Staat und seine Gebietskörperschaften. Der Ausdruck umfaßt jedoch nicht eine Person, die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat oder mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist.

(2) Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt folgendes:

a) Die Person gilt als nur in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen);

b) kann nicht bestimmt werden, in welchem Staat die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat;

c) hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Staaten oder in keinem der Staaten, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie ist;

d) ist die Person Staatsangehöriger beider Staaten oder keines der Staaten, so werden sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten bemühen, die Frage in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln.

(3) Ist nach Absatz 1 eine andere als eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt sie als in dem Staat ansässig, in dem sich der Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung befindet.

Artikel 15

unselbständige Arbeit

(1) Vorbehaltlich der Artikel 16, 18 und 19 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur im erstgenannten Staat besteuert werden, wenn

a) der Empfänger sich im betreffenden Kalenderjahr im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage aufhält und

b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist, und

c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat.

(3) Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels dürfen Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Seeschiffes oder Luftfahrzeuges, das im internationalen Verkehr betrieben wird, oder an Bord eines Schiffes, das der Binnenschifffahrt dient, ausgeübt wird, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin (Bf.) von ihrem kroatischen Arbeitgeber, einer in Kroatien ansässigen Bank, mit zunächst bis zur XY-Bank AG nach Wien entsendet wurde (mit späterer Verlängerung). Bei der kroatischen Bank handelt es sich um eine Tochter der XY-Bank AG. Die Bf. übernahm in Wien eine Funktion im Marketing & Segments Department.

Der inländische Wohnsitz in Wien ergibt sich bereits aus den Angabe der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2012 und 2013. Auch in der Beilage zur Arbeitnehmerveranlagung wird angeführt, dass die Bf. in Wien einen Wohnsitz begründete. Laut Darstellung der steuerlichen Vertretung habe die Bf. ihren kroatischen Wohnsitz beibehalten und der Lebensmittelpunkt verbliebe weiterhin in Kroatien ("Unsere Mandantin war in den Jahren 2012, 2013 und 2014 in Kroatien ansässig. Die gesamten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für die Jahre 2012 und 2013 wurden in Kroatien besteuert").

Die Bf. war 2012 und 2013 auch in anderen Ländern tätig (Bulgarien, Kroatien, Italien, Slowenien und Slowakei (zum Teil nur wenige Tage). Es kann davon ausgegangen werden, dass die Bf. sich im Jahr 2012 und 2013 jeweils weniger als 183 Tage in Österreich aufgehalten hat (vgl. "days by country" report: Austria 2012: Total 148 (= 129,5 work + 13,5 non work + 5 Vacation), Austria 2013: Total 48,4 (= 37 work + 6,5 non work + 5 Vacation). Der "days by country" report zeigt für Kroatien 2012 Total 167,5 Tage, davon u.a. 37 Tage "work" und 92,5 Tage "non-work" sowie für Kroatien 2013 Total 138,5 Tage, davon u.a. 5,5 Tage "work" und 94 Tage "non work". Im Jahr 2013 verbrachte die Bf. die meiste Zeit nicht in Kroatien oder Österreich, sondern in Slowenien (Total 168,5 Tage, davon 167,5 Tage "work"). Zwischen den Parteien blieb aber unbestritten, dass die Bf. ihren kroatischen Wohnsitz aufrechterhalten hat. Davon geht auch das BFG aus.

Nach Art 15 Abs. 1 DBA Kroatien dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Eine übliche Sonderregelung wurde im DBA vereinbart (183-Tage Klausel).

Der VwGH erkannte in seinem Erkenntnis (2009/13/0031 vom ) im Falle einer Dienstnehmerentsendung zu einer slowakischen Tochtergesellschaft im Zusammenhang mit Art. 15 DBA CSSR, vergleichbar mit dem DBA Kroatien, dass Art. 15 Abs. 2 lit. b DBA CSSR Abkommens autonom auszulegen ist: Art. 15 Abs. 2 lit. b DBA-CSSR macht für einen in Österreich ansässigen Arbeitnehmer mit Einkünften aus einer in der Slowakei ausgeübten Tätigkeit das ausschließliche österreichische Besteuerungsrecht davon abhängig macht, dass "die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden", der nicht in der Slowakei ansässig ist. Durch diese Einschränkung soll nach hM sichergestellt werden, dass der Tätigkeitsstaat sein Recht zur Besteuerung auch bei einer unter 183 Tage dauernden Tätigkeit behält, wenn die gezahlte Vergütung den Gewinn eines seiner Steuerhoheit unterliegenden Unternehmens geschmälert hat. Entscheidend ist demnach, dass die Vergütung vom nicht im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber getragen und nicht bloß an den Arbeitnehmer ausbezahlt wird (vgl. Zehetner/Dupal, Der abkommensrechtliche Arbeitgeberbegriff, in Gassner/Lang/Lechner/Schuch/Staringer (Hrsg.), Wien 2003, S. 141 f, mwN, und z.B. das Urteil des Bundesfinanzhofes vom , I R 46/03, BStBl. 2005 II S. 547, der - in Bezug auf DBA-Bestimmungen, die mit der hier anzuwendenden vergleichbar sind - wiederholt ausgesprochen hat, dass Arbeitgeber im Sinne des Abkommensrechts nicht nur der zivilrechtliche Arbeitgeber, sondern auch eine andere natürliche oder juristische Person sein kann, die die Vergütungen für die ihr geleistete nichtselbständige Tätigkeit wirtschaftlich trägt; vgl. auch Giesinger; Der abkommensrechtliche Arbeitgeberbegriff, SWI 2010, S. 3 ff) (vgl. ).

In der vorliegenden Streitsache ist Kroatien als Ansässigkeitsstaat zu qualifizieren (vgl. Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA Kroatien). Dies ist zwischen den Parteien unstrittig. Die einschlägige Verteilungsnorm bei unselbständiger Arbeit ist Art. 15 des DBA Kroatien Artikel 15 Abs. 1 und 2 DBA Kroatien in der vorliegenden Sache ist im Sinne obig dargestellter Judikatur des VwGH so auszulegen, dass Arbeitgeber nicht nur der zivilrechtliche Arbeitgeber, sondern auch eine andere Person sein kann, die Vergütungen für die ihr geleistete nichtselbständige Tätigkeit wirtschaftlich trägt. Dies hat zur Folge, dass die 183-Tage-Klausel nicht mehr wirksam ist.

Der Vorhalt des FA vom wurde von der steuerlichen Vertretung und der Bf. nur unzureichend beantwortet. Nicht übermittelt wurde insbesondere die vom FA geforderte Abgabe einer Stellungnahme, aus welchem Grunde die in Österreich verbrachten Arbeitstage in Kroatien zur Versteuerung gemeldet wurden. Damit hängt auch die vom FA geforderte Aufklärung zusammen, dass es allenfalls in unüblicher Weise zu keinen Kostenverrechnungen mit der XY-Bank AG gekommen sei. Der geforderte Nachweis und die geforderte Aufklärung wurden in Folge von der steuerlichen Vertretung und der Bf. unterlassen.

Vereinbart wurde mit der Bf. in den Entsendungsverträgen, dass die Bf. auf Vollzeitbasis zum Nutzen für die XY-Bank AG arbeitet. "Functional supervision" und "direction power" über die täglichen Aktivtäten der Bf. unterliegen der XY-Bank AG. Die Bf. ist somit während ihrer Tätigkeit für die XY-Bank AG in Wien organisatorisch eingegliedert und arbeitet für deren Nutzen. Die Bf. bekam laut Entsendungsverträgen neben dem eigentlichen Gehalt auch Zuschläge, wie "Cost of living differences".

Die Tragung der Gesamtkosten der Entsendung durch die Tochtergesellschaft ohne konzerninterne Verrechnungen mit der XY-Bank AG erscheint nicht plausibel und mit den allgemeinen Denkgesetzen nicht vereinbar. Das BFG geht davon aus, dass es diesbezüglich zu konzerninternen Verrechnungen gekommen sein muss. Die Bf. und ihre steuerliche Vertretung haben im Beschwerdeverfahren weder bestritten, noch behauptet, dass es zu einer oder zu keiner Kostenverrechnung kam. Eine Aufklärung wurde von der Bf. und deren Vertretung nicht geboten.

Die Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2012 und 2013 datieren mit . Das maßgebliche Erkenntnis des VwGH zu 2009/13/0031 stammt bereits vom . Im vorliegenden Fall lag keine rückwirkende Änderung des DBA Kroatien vor. Kroatien besteuerte vergleichsweise Bezüge ebenso für kroatischen Arbeitstage abweichend vom zivilrechtlichen Arbeitnehmerbegriff aufgrund dieses "wirtschaftlichen" Arbeitgeberbegriffes (vgl. GZ. RV/7104629/2015, mit stattgebenden Erkenntnis bereits zu einem Einkommensteuerfall des Jahres 2011, vertreten durch die idente steuerliche Vertretung, hier aber quasi mit gegenteiliger Rechtsansicht).

Sofern die Bf. in Bezug auf den Erlass des Bundesministeriums für Finanzen , BMF-010221/0362-VI/8/2014 einerseits dessen generelle Nichtanwendung reklamiert, andererseits nachträglich die Anwendbarkeit einer in diesem Erlass beinhaltete Übergangsbestimmung betreffend Konzernentsendungen für die Bf. reklamiert, ist anzumerken, dass Richtlinien des BMF für das BFG generell keine maßgeblichen oder bindenden Rechtsquellen darstellen.

Richtlinien des BMF sind weder Rechtsquellen, Rechtsverordnungen noch generelle Weisungen. Verwaltungsanweisungen, wie z.B. Richtlinien oder Erlässen, kann unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht die gleiche Wirkung beigemessen werden, wie einer verbindlichen Zusage oder Auskunft für den Einzelfall, weil der Grundsatz von Treu und Glauben ein konkretes Verhältnis zwischen dem Abgabepflichtigen und dem Finanzamt voraussetzt, bei dem sich allein eine Vertrauenssituation bilden kann (vgl. ). Ausführungen in einem Erlass des Bundesministeriums für Finanzen können kein schützenswertes Vertrauen der Abgabepflichtigen begründen (vgl. ). Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass Erlässe der Finanzverwaltung keine Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen zu begründen vermögen ().

Die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013 ergingen auf Basis von inländischen und ausländischen Bezügen. Aufgrund der Beschwerdeausführungen, berichtigten Lohnzettel/Meldungen und Vorhaltsbeantwortung wurden für 2012 und 2013 vom FA nur die in Österreich erbrachten Arbeitstage auch Österreich zugeordnet. Mit Beschwerdevorentscheidungen für 2012 und 2013 wurden entsprechend verminderte steuerpflichtige Bezüge (KZ 245) angesetzt. Abgabengutschriften ergaben sich. Gegen diese Ziffernmaterial/Berechnungen selbst wurde von der steuerlichen Vertretung kein konkretes Vorbringen erstattet.

Zu Spruchpunkt: Unzulässigkeit der Revision

Gegen eine Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der Rechtsprechung des VwGH (vgl. ) und verweist auf Judikatur zu allgemeinen Verwaltungsanweisungen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Eine ordentliche Revision ist unzulässig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 15 DBA HR (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kroatien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 119/2001
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100789.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at