Rückforderung ohne jegliche Sachverhaltsermittlung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7100887/2021-RS1 | Aus der Formulierung, es werde um „Gewährung der Familienbeihilfe zumindest für die Zeit von Jänner bis September 2019“ ersucht, ergibt sich nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit, dass das Anbringen auf den Zeitraum Jänner bis September 2019 eingeschränkt wurde. |
RV/7100887/2021-RS2 | Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 Satz 1 hat Anspruch auf Familienbeihilfe hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 Satz 2 Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 Satz 1 anspruchsberechtigt ist.
Anspruch besteht gemäß § 2 Abs. 3 FLAG 1967 für die eigenen Kinder, Enkelkinder oder Großenkelkinder, für Wahlkinder und deren Nachkommen, für Stiefkinder sowie für Pflegekinder; ferner gemäß § 2 Abs. 3a FLAG 1967 für Krisenpflegekinder.
Ist keine dieser Personen infolge Haushaltszugehörigkeit oder überwiegender Unterhaltstragung anspruchsberechtigt), besteht gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 ein Eigenanspruch des Kindes, wenn dessen Unterhalt nicht aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs zur Gänze) gedeckt wird. |
RV/7100887/2021-RS3 | Die Beantwortung der Frage, mit welcher Person ein Kind die Wohnung teilt, hängt ganz wesentlich davon ab, in wessen Wohnung das Kind regelmäßig nächtigt, und zwar jedenfalls dann, wenn die betreffende Person die üblicherweise mit diesen Nächtigungen im Zusammenhang stehenden altersadäquaten Betreuungsmaßnahmen (z. B. Sorgetragung für morgendliche und abendliche Körperpflege oder Begleitung zur Schule) erbringt |
RV/7100887/2021-RS4 | Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben; demgemäß kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an. |
RV/7100887/2021-RS5 | Der Umstand, dass auch der andere Elternteil Familienbeihilfe beantragt, ist bei getrennt lebenden Eltern keineswegs selten und verpflichtet die Behörde, gerade deswegen besonders sorgfältig vorzugehen und sich nicht bloß auf die Angaben eines Elternteils zu verlassen |
RV/7100887/2021-RS6 | Um ein Kind, das sich außerhalb der elterlichen Wohnung aufhält, noch als haushaltszugehörig ansehen zu können, darf der anderweitige Aufenthalt des Kindes nur ein "vorübergehender" sein. Die Ausdrucksweise des Gesetzes lässt erkennen, dass die Abwesenheit von der entstandenen Wohnungsgemeinschaft nur eine zeitlich beschränkte sein darf, und diese zeitliche Beschränkung, damit sie nicht zur Auflösung der Wohnungsgemeinschaft führt, nicht lange Zeit, sondern nur einen vorübergehenden Zeitraum dauern darf. |
RV/7100887/2021-RS7 | Für die Abgrenzung des vorübergehenden Aufenthalts nach § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 vom ständigen Aufenthalt ist die zu § 5 Abs. 3 FLAG 1967 ergangene Rechtsprechung heranzuziehen. |
RV/7100887/2021-RS11 | Hat ein Beschwerdeführer einigermaßen konkrete, sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich sind, hat ihn die Behörde zu einer Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es ihr – allenfalls nach weiteren Ermittlungen - ermöglichen zu beurteilen, ob der behauptete Sachverhalt verwirklicht worden ist. |
RV/7100887/2021-RS12 | Wenn das Finanzamt im Rückforderungsverfahren behauptet, der Beihilfebezieher habe Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, die ihm zuvor ausbezahlt worden sind, zu Unrecht erhalten, ist es Sache des Finanzamts, den Nachweis des unrechtmäßigen Bezugs zu erbringen, und nicht Sache des Beihilfebeziehers nachzuweisen, dass er die bereits (zufolge vorangegangener Prüfung durch das Finanzamt) ausbezahlte Familienbeihilfe zu Recht erhalten hat. Anspruchsbegründende Tatsachen hat, wenn bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter Ausschöpfung sämtlicher hierfür geeigneter Erkenntnisquellen Sachverhaltsfeststellungen letztlich nicht getroffen werden können, der Antragsteller (im Verfahren um Zuerkennung von Familienbeihilfe) zu beweisen, einem Anspruch entgegenstehende Tatsachen (wie den unrechtmäßigen Bezug von Familienbeihilfe im Rückforderungsverfahren) das rückfordernde Finanzamt. |
RV/7100887/2021-RS13 | |
RV/7100887/2021-RS14 | Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes vor. |
RV/7100887/2021-RS15 | Bei der Ermessensübung, ob nach § 269 Abs. 2 BAO oder § 278 BAO vorzugehen ist, ist zu berücksichtigen, dass durch einen Rückzahlungsbescheid nach § 26 FLAG 1967 der Bf durch mit einer Zahlungspflicht belastet wird. Die Zeit, die die belangte Behörde zur Ermittlung des erforderlichen Sachverhalts, die bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheids vorgenommen werden hätte müssen, noch benötigt, darf nicht zulasten des Bf gehen |
Folgerechtssätze | |
RV/7100887/2021-RS8 | wie RV/7103474/2015-RS3 Ein Bescheid ist rechtswidrig, wenn aus diesem nicht hervorgeht, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Diese für das allgemeine Verwaltungsverfahren in § 60 AVG verankerten Grundsätze sind auch im Verfahren nach der BAO zu beachten. |
RV/7100887/2021-RS9 | wie RV/7103474/2015-RS6 § 2 Abs. 2 FLAG 1967 stellt auf die Haushaltszugehörigkeit, nicht auf das Recht zur Obsorge ab. |
RV/7100887/2021-RS10 | wie RV/7103474/2015-RS1 Es braucht nicht näher ausgeführt werden, dass es mit dem Verfahrensrecht nicht vereinbar ist, eine Entscheidung einer Behörde betreffend Familienbeihilfe allein auf die Entscheidung einer anderen Behörde in einem Verfahren, in dem der Antragsteller weder Parteistellung hatte noch deren Ermittlungsergebnisse dem Antragsteller bekannt sind, zu stützen. |
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke im Beschwerdeverfahren betreffend über die Beschwerde des ***1*** ***2***, ***3***, ***4***, vom gegen den Bescheid des (damaligen) Finanzamts Wien 8/16/17, 1030 Wien, Marxergasse 4, vom , mit welchem zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (1.968,40 €) und Kinderabsetzbetrag (700.80 €) für den im April 2007 geborenen ***5*** ***6*** für den Zeitraum Jänner 2019 bis Dezember 2019 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden, Sozialversicherungsnummer ***7***, Gesamtbetrag der Rückforderung 2.669,20 €, beschlossen:
Der angefochtene Bescheid vom und die Beschwerdevorentscheidung vom werden gemäß § 278 BAO unter Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt aufgehoben.
III. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG im Verbindung mit Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a VwGG eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.
Begründung
Verfahrensgang 2
Rückforderungsbescheid 2
Dem angefochtenen Bescheid vorangegangenes Verfahren 3
Eigenantrag des Sohnes 3
Antrag des Kinder- und Jugendhilfeträgers (KJHT) auf Betrauung mit der Obsorge gemäß § 211 ABGB i.V.m. § 181 ABGB wegen Gefährdung des Kindeswohls 4
Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 4
Ladung des Magistrats der Stadt Wien, Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 16, 17, 18, 19 vom 5
Schreiben des Magistrats der Stadt Wien, Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 16, 17, 18, 19 vom 6
Zahlungsübersicht 6
Kontrollmitteilung vom 7
Keine weiteren Ermittlungen 7
Beschwerde 7
Beschwerdevorentscheidung 8
Vorlageantrag 9
Vorlage 10
ZMR 12
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen: 13
Rechtsgrundlagen 13
Verfahrensgegenstand 30
Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen 31
Verbrauch für das Kind nicht maßgebend 32
Haushaltszugehörigkeit, Unterhaltskostentragung 32
Zeitraum Jänner bis September 2019 33
Oktober bis Dezember 2019 35
Willkür der belangten Behörde 37
Kein Sachverhalt, keine Beweiswürdigung, kein Parteiengehör 37
Überprüfungswürdige Angaben 37
Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte 39
Zurückverweisung 40
Revisionsnichtzulassung 41
1. Die Zustellung erfolgt an: 43
Verfahrensgang
Rückforderungsbescheid
Mit dem angefochtenen Bescheid vom forderte das (damalige) Finanzamt Wien 8/16/17 vom Beschwerdeführer (Bf) ***1*** ***2*** zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (1.968,40 €) und Kinderabsetzbetrag (700.80 €) für den im April 2007 geborenen ***5*** ***6*** für den Zeitraum Jänner 2019 bis Dezember 2019 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurück und begründete dies so:
Gemäß § 10 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden.
Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Gemäß § 25 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) sind Personen, denen Familienbeihilfe gewährt wird, verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, innerhalb eines Monats ab dem Bekannt werden, beim zuständigen Finanzamt zu melden.
Welchen Sachverhalt die belangte Behörde auf Grund welcher Beweismittel für verwirklicht erachtet hat, lässt sich der Bescheidbegründung nicht entnehmen.
Dem angefochtenen Bescheid vorangegangenes Verfahren
Nach der Aktenlage (elektronisch vorgelegter Finanzamtsakt) wurden vor Erlassung des angefochtenen Bescheids folgende Dokumente zum Finanzamtsakt genommen:
Eigenantrag des Sohnes
Aktenkundig ist ein Schreiben vom an das "Wohnsitzfinanzamt Bezirke 1,3-19 und 23" des mj. ***5*** ***6***, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 16, 17, 18, 19, betreffend "Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe gemäß § 6 Abs 5 FLAG (BGBI.I Nr. 77/2018) ab ", in welchem angegeben wurde:
Der Antragsteller sei männlich, geboren ***8***, sei Staatsbürger "SCG", Sozialversicherungsnummer ***22***, wohne derzeit in der "Wohngemeinschaft" ***10***, ***11***. Die Kinder- und Jugendhilfe habe die volle Obsorge.
Eltern seien die Mutter ***21*** ***6***, ..., wohnhaft ***10***, ***11***, und der Vater ***1*** ***2***, ..., wohnhaft ***3***, ***4***.
Für den Fall, dass einem Elternteil bislang die Familienbeihilfe ausbezahlt wurde und diesem Elternteil die Familienbeihilfe auch nicht rückwirkend aberkannt wird, gilt der vorliegende Antrag nur für künftige Zeiträume ab Antragstellung. Es wird um eine entsprechende Mitteilung ersucht.
Nach Auffassung der Kinder- und Jugendhilfe genügt für die rückwirkende Antragstellung, dass die Wiener Kinder- und Jugendhilfe mit der Pflege und Erziehung des Kindes betraut ist. Da es jedoch durchaus sein kann, dass in weiterer Folge diese Vertretungsbefugnis für den rückwirkenden Teil des Antrages nicht als ausreichend erkannt wird, wurde mit gleicher Post der aus der Beilage ersichtliche Antrag auf Betrauung der Kinder- und Jugendhilfe mit der Obsorge im Bereich Beantragung und Verwaltung der Familienbeihilfe beim Pflegschaftsgericht gestellt (siehe Beilage).
Das antragstellende Kind befindet sich seit in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung. Der Stadt Wien entstehen dadurch Kosten von mindestens EUR 80,- täglich.
Das antragstellende Kind hat folgendes Einkommen: keines, Schüler
Von den Eltern des Kindes langen seit Antragsbegehren übergegangene Unterhalts- bzw. Kostenersatzbeträge (siehe Beilage) ein.
Folgende Nachweise sind diesem Antrag angeschlossen:
gesetzte Maßnahme der WKJH gem. § 211 Abs. 1 Satz 2 ABGB
Unterhalts-, bzw. Kostenersatztitel
Übergangsanzeigen
Auflistung der eingelangten Unterhalts-, bzw. Kostenersatzbeträge
Beigefügt waren:
Antrag des Kinder- und Jugendhilfeträgers (KJHT) auf Betrauung mit der Obsorge gemäß § 211 ABGB i.V.m. § 181 ABGB wegen Gefährdung des Kindeswohls
Antrag des Kinder- und Jugendhilfeträgers (KJHT) auf Betrauung mit der Obsorge gemäß § 211 ABGB i.V.m. § 181 ABGB wegen Gefährdung des Kindeswohls an das Bezirksgericht Döbling, wonach beantragt werde, wegen Gefährdung des Kindeswohls die gesamte Obsorge für ***5*** ***6*** an den Kinder- und Jugendhilfeträger zu übertragen (Seite 1, Datum nicht ersichtlich).
Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom
Das Bezirksgerichts Döbling verpflichtete den Bf ***1*** ***2*** am in Bezug auf die mj. ***5*** ***6*** und ***12*** ***6*** als Vater der Kinder, zusätzlich zu der ihm mit Unterhaltsvereinbarungen des Amtes für Jugend und Familie, Rechtsvertretung, Bezirke, 14,15,16, ... vom , UrkRegNr. ..., auferlegten Unterhaltsverpflichtung von monatlich Euro 30,00 für ***12*** und vom , UrkRegNr. ..., auferlegten Unterhaltsverpflichtung von monatlich Euro 30,00 für ***5*** auferlegten Unterhaltsverpflichtung
a) für den mj. ***5***
beginnend ab bis auf weiteres, einen weiteren Betrag von Euro 170,00, insgesamt daher einen monatlichen Unterhaltsbetrag von Euro 200,00 und
b) für den mj. ***12***
beginnend ab bis auf weiteres, einen weiteren Betrag von Euro 190,00 insgesamt daher einen monatlichen Unterhaltsbetrag von Euro 220,00,
jeweils zuhanden des gesetzlichen Vertreters Amt für Jugend und Familie - Rechtsvertretung, Bezirke 17, 18, 19, 1190 Wien, Gatterburggasse 14, bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Zum Sachverhalt führte das Gericht unter anderem aus:
Die Minderjährigen leben in Obsorge der Mutter.
Laut Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherungsträger bezieht der Vater seit zumindest Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, unterbrochen durch kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse, zuletzt in der Zeit vom bis bei der Firma ***13***
Laut vorliegender Gehaltsbestätigung bezog der Vater in der Zeit vom bis ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von Euro 1.363,00.
Den Vater treffen keine weiteren gesetzlichen Sorgepflichten.
Ladung des Magistrats der Stadt Wien, Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 16, 17, 18, 19 vom
Der Magistrat der Stadt Wien, Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 16, 17, 18, 19, richte am an die Mutter ***21*** ***6***, ***10***, ***11***, zu GZ ***24*** folgendes Schreiben:
Sehr geehrte Frau ***6***,
Ihr Sohn befindet sich seit in Pflege und Erziehung der Stadt Wien. Diese Unterbringung verursacht der Stadt Wien Kosten. Einen Teil dieser Kosten müssen auch Sie zahlen.
Die Höhe dieses Beitrages richtet sich nach der Höhe der Unterhaltsverpflichtung für Ihr Kind.
Um Ihren Beitrag zu berechnen, kommen Sie bitte
am um 8:00 Uhr
in die Wiener Kinder- und Jugendhilfe Rechtsvertretung Bezirke 16, 17, 18, 19 (4.Stock, Zimmer Nr. 4.14).
Bringen Sie bitte die Einkommensnachweise ab , die Geburtsurkunden weiterer Kinder und einen Lichtbildausweis mit.
Wenn Sie zu diesem Termin nicht kommen können, rufen Sie bitte an und vereinbaren Sie einen anderen Termin.
Wenn Sie den Termin nicht einhalten, wird die Wiener Kinder- und Jugendhilfe Rechtsvertretung bei der Sozialversicherung und Ihrem Dienstgeber anfragen, wieviel Sie verdienen (§ 39 B-KJHG 2013).
Der festgesetzte Unterhaltsanspruch Ihres Kindes geht auf die Stadt Wien über. Das bedeutet, dass der Unterhalt, den Sie Ihrem Kind zahlen müssen, als Ersatz für die Kosten von der Stadt Wien verwendet wird (§§ 36, 37 Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013). ...
Schreiben des Magistrats der Stadt Wien, Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 16, 17, 18, 19 vom
Der Magistrat der Stadt Wien, Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 16, 17, 18, 19, richte am zu GZ ***25*** an den Vater ***1*** ***2***, ***3***, ***4***, folgendes Schreiben:
Sehr geehrter Herr ***2***,
Ihr Sohn befindet sich seit in Pflege und Erziehung der Stadt Wien. Diese Unterbringung verursacht der Stadt Wien Kosten. Einen Teil dieser Kosten müssen auch Sie zahlen.
Der festgesetzte Unterhaltsanspruch Ihres Kindes geht auf die Stadt Wien über. Das bedeutet, dass der Unterhalt, den Sie Ihrem Kind zahlen müssen, als Ersatz für die Kosten von der Stadt Wien verwendet wird. (§§ 36, 37 Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013). ...
Zahlungsübersicht
Ferner wurde folgende Übersicht über Zahlungen von ***1*** ***2*** im Jahr 2019 zu GZ ***25*** vorgelegt (zwei Zahlungen zu je 200,00 € im August und Oktober, laufende Verpflichtung monatlich 200,00 € von Juni bis Oktober, zuvor Rückstand, Jahressumme Zahlungen 400,00 €):
Kontrollmitteilung vom
Das (damalige) Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg teilte dem (damaligen) Finanzamt Wien 8/16/17 mit E-Mail vom mit:
Bitte um Rückforderung bei SVNR: ***7*** (***2*** ***1***) für das Kind: ***6*** ***5*** - SVNR: ***22*** ab 01/19 und dann Einstellung, da It. ZMR kein gem. HH besteht und die Mutter die FB beantragt hat.
Keine weiteren Ermittlungen
Weitere Unterlagen sind im elektronisch vorgelegten Akt des Finanzamts nicht ersichtlich. Offenkundig wurde der angefochtene Bescheid am innerhalb von zwei Tagen allein auf Grund der Kontrollmitteilung vom ausgefertigt, ohne eigene Ermittlungen vorzunehmen und das Parteiengehör zu wahren.
Beschwerde
Unter Verwendung eines finanzamtsinternen Formulars erhob der Bf am persönlich Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid vom und gab an:
Ich habe die Familienbeihilfe immer nur für die Versorgung von ***5*** verwendet ich hatte die Obsorge für ***5*** und ich und ich wollte dass ***5*** wieder ganz bei mir lebt. ***5*** hatte immer wieder Probleme mit Polizei. Ich habe deshalb das Jugendamt um Hilfe gebeten.
Ich beantrage die Aussetzung des strittigen Betrages von 2.669,20 €.
Beigefügt war ein Schreiben der Stadt Wien, Kinder- und Jugendhilfe, Soziale Arbeit mit Familien Bezirke 17,18,19 betreffend "***23*** ***5***", ***8***, zur Vorlage an das Finanzamt vom :
Rückforderung des Finanzamtes - Bezug der Familienbeihilfe für 2019:
***5*** hat während dieser Zeit zwar in der Familie des Vaters gelebt. Leider hatte ***5*** extrem viele Probleme mit der Polizei.
Nach der Entlassung seiner leiblichen Mutter aus der Haft, suchte ***5*** immer mehr den Kontakt zur Mutter. Er lief vom Vater immer öfters weg.
Der Vater betont glaubhaft, dass er die Familienbeihilfe als finanzielle Unterstützung für die Versorgung von ***5*** verwendet hat.
Mit freundlichen Grüßen
***14*** ***15***, DSA
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt Wien 8/16/17 die Beschwerde vom als unbegründet ab und führte dazu aus:
Für den Familienbeihilfenanspruch ist die (überwiegende) Haushaltszugehörigkeit des Kindes maßgebend.
Anspruch auf Familienbeihilfe hat nach § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) vorrangig die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gem. § 2 Abs. 5 FLAG dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.
Ein Kind gilt als haushaltszugehörig, wenn es in einem bestimmten Haushalt wohnt, betreut und versorgt wird. Für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit ist ausschließlich die Tatsache der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Bedeutung.
Nach vorliegender Aktenlage war der überwiegende Aufenthalt Ihres Sohnes im Rückforderungszeitraum nicht in Ihrem Haushalt.
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Von welcher "Aktenlage" die Beschwerdevorentscheidung im Detail ausgeht, lässt sich dieser nicht entnehmen. Ermittlungen zum Beschwerdevorbringen sind jedenfalls nicht aktenkundig.
Vorlageantrag
Mit Schreiben vom , am selben Tag zur Post gegeben, stellte der Bf unter Beifügung des bereits der Beschwerde beigeschlossenen Schreibens der Stadt Wien vom Vorlageantrag:
Betrifft: Beschwerdevorentscheidung - Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom von Hrn. ***2*** Versicherungsnr.: ***7*** durch das Bundesfinanzgericht
1. Eine Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird:
Überwiegender Aufenthalt des Kindes: Mein Sohn ***5*** ***6*** lebt auf Grund der Lebenssituation seiner Mutter unter sehr widrigen Umständen. Frau ***6*** ist immer wieder in U-Haft oder Haft. Manches davon erfolgt sehr überraschen und ungeplant. ***5*** ist außer mir und meiner Familie bzw. den mütterlichen Großeltern fallweise keine Konstante bekannt. Frau ***6*** ist auch aktuell wieder in Haft seit ca. 6 Monaten. Die Entscheidung über die Dauer der Haft ist bis dato noch nicht getroffen worden-Corona Krise.
2. Änderungen:
Auch im Zeitraum Jänner 2019 - war die Kindesmutter in Haft z. B. Justizanstalt Josefstadt . Daher war ***5*** überwiegend bei mir aufhältig.
3. Erklärung
Die alleinige Obsorge meinerseits wurde zeitgerecht beantragt, da die Gefährdung des Sohnes durch die Lebensumstände Mutter mir bekannt waren, aber rechtskräftig wurde dies nie, da die Mutter bei Haftentlassung immer wieder in Rekurs ging. Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag waren immer für die Versorgung von ***5***. Von wo und welcher Art Frau ***6*** ihr Einkommen bezog ist mir nicht bekannt.
4. Erklärung, welche Änderungen beantragt werden
Ich ersuche daher um Gewährung der Familienbeihilfe und KG zumindest für die Zeit von Jänner bis September 2019. Sowie um Nachsicht/Stundung der Familienbeihilfe im Zeitraum Oktober - Dezember 2019, wo mein Sohn bereits im Krisenzentrum der Stadt Wien untergebracht war.
Ich verweise auch auf das Schreiben des für meinen Sohn ***5*** ***6*** - leider ein Irrtum im Familienname, Kind heißt nicht ***23*** sondern ***6***. - vom . Der Name wurde von der aktuellen Ansprechpartnerin der MA 11 RS 17-19 am Schreiben mit ihrer Unterschrift korrigiert.
Um eine Entscheidung im Sinne des Kindes ***5*** ***6*** und meiner Familie wird ersucht.
***2***
Vorlage
Mit Bericht vom legte das Finanzamt Österreich die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:
Inhaltsverzeichnis zu den vorgelegten Aktenteilen (Aktenverzeichnis)
Beschwerde
1 Beschwerde
Bescheide
2 Familienbeihilfe (Zeitraum: 01.2019-12.2019)
Beschwerdevorentscheidung
3 Beschwerdevorentscheidung
Vorlageantrag
4 Vorlageantrag
Vorgelegte Aktenteile
5 Eigenantrag Sohn
6 Mitteilung Finanzamt .2019
Bezughabende Normen
§§ 2 (2) und 26 FLAG 1967, § 33 (3) EStG 1988
Sachverhalt und Anträge
Sachverhalt:
Die Beschwerde wendet ein, dass die rückgeforderte Familienbeihilfe für die Versorgung des Sohnes ***5*** verwendet wurde.
Der Vorlageantrag verweist auf Inhaftierungen der Kindesmutter, auf eine Beantragung der Obsorge für das Kind durch den Bf., gegen die durch die Kindesmutter immer wieder Rekurs erhoben worden sei, und auf einen vorgeblich überwiegenden Aufenthalt des Sohnes beim Bf. Der Vorlageantrag postuliert eine Zuerkennung der FBH zumindest für Jänner bis September 2019, sowie eine Nachsicht für die Zeit der Unterbringung im Krisenzentrum der Stadt Wien (10 - 12/2019)
Beweismittel:
Bescheidbeschwerde, Vorlageantrag und weitere hochgeladene Akt-Dokumente
Stellungnahme:
Aus den, dem Eigenantrag für ***5*** ***6*** beigefügten Nachweisen ergibt sich, dass sich ***5*** bereits 2015 in Obsorge der Mutter befand.
Der Vorlageantrag verweist zwar auf einen (als solchen zwar behaupteten, aber nicht nachgewiesenen) "überwiegenden Aufenthalt" des Sohnes beim Bf., eine Haushaltszugehörigkeit von ***5*** beim Bf. wurde aber nicht einmal behauptet, und auch nicht nachgewiesen.
Aus dem, dem Vorlageantrag beigefügten Schriftsatz der Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien vom ergibt sich, dass ***5*** "während dieser Zeit" zwar "in der Familie des Vaters gelebt", aber "leider extrem viele Probleme mit der Polizei gehabt" habe.
Das bestätigte "Leben in der Familie des Vaters" wurde zeitlich nicht konkretisiert, es könnte sich demnach auch auf den Zeitraum beziehen, in welchem der Kinder- und Jugendhilfeträger ohnehin schon die volle Obsorge für das Kind innehatte, bzw. sich das Kind im Krisenzentrum der Stadt Wien befand.
Auch ist der Umfang des "Lebens in der Familie des Vaters" nicht konkretisiert. Es kann nicht festgestellt werden, dass ein Aufenthalt bei der "Familie des Vaters" ein genereller ständiger dortiger Aufenthalt des Kindes, u. U. auch während der Zeiten der Obsorge-Ausübung eben durch den Kinder- und Jugendhilfeträger gewesen sein sollte. Der Umstand, dass eine Haushaltszugehörigkeit ***5*** beim Bf. nicht bestätigt wurde, sowie, dass ***5*** "vom Vater immer öfter weglief" steht nach ho. Ansicht der Annahme entgegen, dass ***5*** beim Vater haushaltszugehörig gewesen wäre.
Soweit der Vorlageantrag auf eine Inhaftierung der Kindesmutter im Zeitraum Jänner 2019 bis , konkret am im der Justizanstalt Josefstadt hinweist, und daraus ableitet, "daher war ***5*** überwiegend bei mir aufhältig", bleibt entgegen zu stellen, dass auch mit diesem Einwand keine Haushaltszugehörigkeit des Kindes im Beschwerdezeitraum beim Bf. eingewandt, oder nachgewiesen wird.
Soweit der Bf. in der Eingabe vom (Vorlageantrag) festhält, dass "Frau ***6*** aktuell seit ca. 6 Monaten wieder in Haft" sei, bleibt entgegen zu stellen, dass der genannte Inhaftierungs-Zeitraum mit dem Beschwerdezeitraum nicht identisch ist.
Die Rückzahlungsverpflichtung ist ausschließlich an einen objektiv zu Unrecht erfolgten Bezug gebunden, der Einwand, dass diese für die Versorgung des Sohnes ***5*** verwendet wurde, ändert nichts daran, auch dann nicht, wenn der Kinder- und Jugendhilfeträger in der Bestätigung festhält, dass er die dortigen diesbezüglichen Äußerungen des Bf. als glaubhaft ansieht.
Da das in der Eingabe vom (Vorlageantrag) gestellte Nachsichtsansuchen nicht bloß als Eventualantrag gestellt wurde, wird der Beschwerdezeitraum nach ho. Ansicht damit auf den Zeitraum Jänner bis September 2019 eingeschränkt.
Umstände, die für den (eingeschränkten) Beschwerdezeitraum einen Beihilfenanspruch begründen, wurden nicht aufgezeigt, es wird daher beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
ZMR
Das Bundesfinanzgericht erhob im Zentralen Melderegister, dass ***5*** ***6*** in Wien geboren und serbischer Staatsbürger ist.
Seit ist im Zentralen Melderegister als Hauptwohnsitz ***3***, ***4***, Unterkunftgeber ***1*** ***2*** angegeben.
Von bis war Hauptwohnsitz in ***10***, ***11***, Unterkunftgeber ***21*** ***6***.
Von bis war Hauptwohnsitz in ***16***, ***17***, Unterkunftgeber ***18*** ***19***.
Von bis war Hauptwohnsitz in ***10***, ***11***, Unterkunftgeber ***21*** ***6***.
Von bis war Hauptwohnsitz in ***3***, ***4***, Unterkunftgeber ***1*** ***2***.
Von bis war Hauptwohnsitz in ***10***, ***11***, Unterkunftgeber ***20*** ***2***.
Davor sind ebenfalls wechselnde Hauptwohnsitze ausgewiesen, Unterkunftgeber entweder ***20*** ***2***, ***1*** ***2*** oder ***21*** ***6***. Im Jahr 2009 bestand eine mehrmonatige Unterbringung bei einer Krisenpflegemutter.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Rechtsgrundlagen
§ 2 FLAG 1967 lautet:
§ 2.(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd für längstens drei Monate,
e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,
(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,
h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,
i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,
k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am
aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
dd) Europäischen Freiwilligendienst nach der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 zur Einrichtung von "Erasmus+", ABl. Nr. L 347 vom S. 50.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person
a) deren Nachkommen,
b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,
c) deren Stiefkinder,
d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).
(3a) Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden.
(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.
(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).
Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.
(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.
(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.
(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,
d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.
§ 10 FLAG 1967 lautet:
§ 10.(1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.
(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.
(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.
(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.
§ 25 FLAG 1967 lautet:
§ 25. Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§ 12) wird, sind verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, daß der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, beim Finanzamt Österreich zu erfolgen.
§ 26 FLAG 1967 lautet:
§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.
(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
(4) Die Oberbehörde ist ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.
§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:
(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Abweichend davon gilt:
1. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu.
2. Für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten, ist die Höhe des Kinderabsetzbetrages auf Basis der vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen:
a) Die Höhe der Kinderabsetzbeträge ist erstmals ab auf Basis der zum Stichtag zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen. Die Höhe der Kinderabsetzbeträge ist in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.
b) Die Höhe der Kinderabsetzbeträge ist gemäß § 8a Abs. 3 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 kundzumachen.
Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
§ 85 BAO lautet:
§ 85. (1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
(3) Die Abgabenbehörde hat mündliche Anbringen der im Abs. 1 bezeichneten Art entgegenzunehmen,
a) wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen, oder
b) wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist, oder
c) wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann.
Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Abgabenbehörde nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden verpflichtet, die bei der Abgabenbehörde durch Anschlag kundzumachen sind.
(4) Wird ein Anbringen (Abs. 1 oder 3) nicht vom Abgabepflichtigen selbst vorgebracht, ohne daß sich der Einschreiter durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen kann und ohne daß § 83 Abs. 4 Anwendung findet, gelten für die nachträgliche Beibringung der Vollmacht die Bestimmungen des Abs. 2 sinngemäß.
(5) Der Einschreiter hat auf Verlangen der Abgabenbehörde eine beglaubigte Übersetzung einem Anbringen (Abs. 1 oder 3) beigelegter Unterlagen beizubringen.
§ 85a BAO lautet:
§ 85a. Die Abgabenbehörden sind verpflichtet, über Anbringen (§ 85) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.
§ 92 BAO lautet:
§ 92. (1) Erledigungen einer Abgabenbehörde sind als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen
a) Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder
b) abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder
c) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.
(2) Bescheide bedürfen der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten.
§ 93 BAO lautet:
§ 93. (1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.
(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
(3) Der Bescheid hat ferner zu enthalten
a) eine Begründung, wenn ihm ein Anbringen (§ 85 Abs. 1 oder 3) zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird;
b) eine Belehrung, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist, ferner, daß das Rechtsmittel begründet werden muß und daß ihm eine aufschiebende Wirkung nicht zukommt (§ 254).
(4) Enthält der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt er zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt.
(5) Ist in dem Bescheid eine kürzere oder längere als die gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der gesetzlichen oder der angegebenen längeren Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig erhoben.
(6) Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über die Abgabenbehörde, bei welcher das Rechtsmittel einzubringen ist, so ist das Rechtsmittel richtig eingebracht, wenn es bei der Abgabenbehörde, die den Bescheid ausgefertigt hat, oder bei der angegebenen Abgabenbehörde eingebracht wurde.
§ 114 BAO lautet:
§ 114. (1) Die Abgabenbehörden haben darauf zu achten, daß alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfaßt und gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, daß Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden. Sie haben alles, was für die Bemessung der Abgaben wichtig ist, sorgfältig zu erheben und die Nachrichten darüber zu sammeln, fortlaufend zu ergänzen und auszutauschen.
(2) Hiefür darf eine elektronische Dokumentation angelegt werden (Dokumentationsregister). Diese Dokumentation hat insbesondere Daten betreffend die Identität des Abgabepflichtigen und die Klassifizierung seiner Tätigkeit zu umfassen.
(3) Die Abgabenbehörde kann Anbringen und andere das Verfahren betreffende Unterlagen mit automationsunterstützter Datenverarbeitung erfassen. Diese Erfassung beeinträchtigt nicht die Beweiskraft, wenn sichergestellt ist, dass die so erfassten Unterlagen nachträglich nicht unbemerkbar verändert werden können.
(4) Abgabenbehörden dürfen personenbezogene und nicht personenbezogene Daten für Zwecke des automationsunterstützten Risikomanagements und der Betrugsbekämpfung verarbeiten, soweit dies nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Erfüllung ihrer Aufgaben geeignet, erforderlich und angemessen ist.
§ 115 BAO lautet:
§ 115.(1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.
(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.
(4) Solange die Abgabenbehörde nicht entschieden hat, hat sie auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu würdigen.
§ 119 BAO lautet:
§ 119. (1) Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.
(2) Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.
§ 143 BAO lautet:
§ 143.(1) Zur Erfüllung der im § 114 bezeichneten Aufgaben ist die Abgabenbehörde berechtigt, Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen. Die Auskunftspflicht trifft jedermann, auch wenn es sich nicht um seine persönliche Abgabepflicht handelt.
(2) Die Auskunft ist wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung schließt die Verbindlichkeit in sich, Urkunden und andere schriftliche Unterlagen, die für die Feststellung von Abgabenansprüchen von Bedeutung sind, vorzulegen oder die Einsichtnahme in diese zu gestatten.
(3) Die Bestimmungen der §§ 170 bis 174 finden auf Auskunftspersonen (Abs. 1) sinngemäß Anwendung.
(4) Die Bestimmungen über Zeugengebühren (§ 176) gelten auch für Auskunftspersonen, die nicht in einer ihre persönliche Abgabepflicht betreffenden Angelegenheit herangezogen werden.
§ 158 BAO lautet:
§ 158.(1) Die Abgabenbehörden sind für Zwecke der Abgabenerhebung berechtigt, mit allen Dienststellen der Körperschaften des öffentlichen Rechtes (soweit sie nicht als gesetzliche Berufsvertretungen tätig sind) und mit der Oesterreichischen Nationalbank (in ihrer Eigenschaft als Überwachungsstelle für die Devisenbewirtschaftung) unmittelbares Einvernehmen durch Ersuchschreiben zu pflegen. Derartigen Ersuchschreiben ist mit möglichster Beschleunigung zu entsprechen oder es sind die entgegenstehenden Hindernisse sogleich bekanntzugeben; erforderlichenfalls ist Akteneinsicht zu gewähren.
(2) Die Beantwortung von Ersuchschreiben gemäß Abs. 1 darf mit dem Hinweis auf gesetzliche Verpflichtungen zur Verschwiegenheit nur dann abgelehnt werden, wenn diese Verpflichtungen Abgabenbehörden gegenüber ausdrücklich auferlegt sind.
(3) Die Dienststellen der Gebietskörperschaften sind ferner verpflichtet, den Abgabenbehörden jede zur Durchführung der Abgabenerhebung dienliche Hilfe zu leisten. Insbesondere haben die Gerichte Abschriften von abgabenrechtlich bedeutsamen Urteilen, Beschlüssen oder sonstigen Aktenstücken nach näherer Anordnung des Bundesministeriums für Justiz, die im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen zu treffen ist, den zuständigen Abgabenbehörden zu übermitteln.
(4) Für Zwecke der Abgabenerhebung sind die Abgabenbehörden berechtigt, auf automationsunterstütztem Weg Einsicht zu nehmen
1. in das automationsunterstützt geführte Grundbuch; die Berechtigung zur Einsicht in das Grundbuch umfasst auch die Einsichtnahme in das Personenverzeichnis des Grundbuchs;
2. in das automationsunterstützt geführte Firmenbuch; die Berechtigung zur Einsicht in das Firmenbuch umfasst auch die bundesweite Suche nach im Zusammenhang mit den Rechtsträgern gespeicherten Personen;
3. in das zentrale Melderegister. Die Berechtigung zur Einsicht in das Zentrale Melderegister umfasst auch Verknüpfungsanfragen im Sinne des § 16a Abs. 3 des Meldegesetzes 1991;
4. in das automationsunterstützt geführte Gewerbeinformationssystem Austria - GISA;
5. in das automationsunterstützt geführte zentrale Vereinsregister;
6. in das automationsunterstützt geführte zentrale Zulassungsregister für Kraftfahrzeuge gemäß § 47 Abs. 4 und § 47 Abs. 4a des Kraftfahrgesetzes 1967 - KFG 1967;
7. in die automationsunterstützt geführten KFZ-Genehmigungs- und -Informationsregister der Landesregierungen oder der von den Landesregierungen beauftragten Stellen für Fahrzeuge gemäß §§ 28, 28a, 28b, 29, 31 bis 35 KFG 1967. Die Einsichtnahme in die KFZ-Genehmigungs- und -Informationsregister der Landesregierungen oder der von ihnen beauftragten Stellen umfasst auch eine automationsunterstützte Weitergabe der Bescheiddaten (Name, Adresse, KFZ-Marke, Type, Fahrgestellnummer und Fahrzeugidentifikationsnummer);
8. in das automationsunterstützt geführte Unternehmensregister (§ 25 des Bundesstatistikgesetzes 2000).
(4a) Der Bundesminister für Inneres ist verpflichtet, dem Bundesminister für Finanzen zum Zweck der Erhebung von Abgaben in geeigneter elektronischer Form aus dem Zentralen Melderegister einmal die Identitätsdaten sowie die personenbezogenen Daten zur Unterkunft aller im Bundesgebiet Angemeldeten und danach periodisch die Änderungen dieser personenbezogenen Daten zu übermitteln. Die Stammzahlenregisterbehörde ist verpflichtet, dem Bundesminister für Finanzen zum Zweck der Erhebung von Abgaben in geeigneter elektronischer Form
a) unverzüglich die Löschung einer Person aus dem Ergänzungsregister für natürliche Personen gemäß § 1 der Ergänzungsregisterverordnung 2009 - ERegV 2009, BGBl. II Nr. 331/2009, oder die Übernahme einer Person in das Melderegister gemäß § 14 des Meldegesetzes 1991, BGBl. Nr. 9/1992, sowie
b) vierteljährlich die geänderten personenbezogenen Daten gemäß § 3 der ERegV 2009, betreffend Personen, für die ein bereichsspezifisches Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben (bPK SA) gespeichert ist,
zu übermitteln.
Personenbezogene Daten, die nicht mehr die aktuelle Wohnsitzsituation eines Menschen wiedergeben oder für die Vollziehung der Abgabengesetze nicht mehr benötigt werden, sind im Datenbestand des Bundesministers für Finanzen sofort zu löschen.
(4b) Das Bundesministerium für Inneres ist verpflichtet, in geeigneter elektronischer Form die im Kraftfahrzeugzentralregister nach Kraftfahrgesetz 1967 gespeicherten Daten über die Zulassung von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet dem Bundesministerium für Finanzen vierteljährlich zum Zwecke der Erhebung von Abgaben zu übermitteln.
(4c) Der Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs ist verpflichtet, in geeigneter elektronischer Form die in der Genehmigungsdatenbank und der Zulassungsevidenzdatenbank nach Kraftfahrgesetz 1967 geführten Daten über die Zulassung von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet dem Bundesministerium für Finanzen zum Zwecke der Erhebung von Abgaben vierteljährlich zu übermitteln.
(4d) Zum Zweck der Durchführung von Abgaben- oder Monopolverfahren sind die Kriminalpolizei, die Staatsanwaltschaften und die Gerichte ermächtigt, nach der Strafprozeßordnung 1975 - StPO ermittelte personenbezogene Daten, die für solche Verfahren bedeutsam sind, an die Abgabenbehörde zu übermitteln, wenn Grund zur Annahme besteht, dass Abgabenvorschriften oder Monopolvorschriften verletzt worden sind oder sein können.
(4e) Der Bundesminister für Finanzen ist zur Eintragung, Abfrage und Speicherung von personenbezogenen Daten gemäß § 3 ERegV 2009 im Ergänzungsregister für natürliche Personen berechtigt.
(4f) Wird für die Erbringung einer Leistung als Dolmetscher, Übersetzer oder Sachverständiger gegenüber einer Körperschaft öffentlichen Rechts ein Entgelt bezahlt, ist die Buchhaltungsagentur des Bundes, soweit sie für die Zahlungsabwicklung zuständig ist, verpflichtet, dem Bundesminister für Finanzen für Zwecke der Abgabenerhebung folgende Informationen laufend auf elektronischem Weg zu übermitteln:
1. Vor- und Familienname, Firma oder sonstige Bezeichnung des Zahlungsempfängers,
2. bei einer natürlichen Person das Geburtsdatum des Zahlungsempfängers,
3. Wohnsitz oder Sitz des Zahlungsempfängers,
4. die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Zahlungsempfängers, sofern sie der Buchhaltungsagentur des Bundes bekannt ist,
5. die Abgabenkontonummer des Zahlungsempfängers, sofern sie der Buchhaltungsagentur des Bundes bekannt ist,
6. der ausbezahlte Betrag,
7. die Umsatzsteuer, sofern sie auf der Rechnung ausgewiesen ist,
8. das Datum der Zahlungsanweisung und
9. das Datum der der Zahlung zugrunde liegenden Verrechnungsunterlage.
Die Buchhaltungsagentur des Bundes hat dem Bundesminister für Finanzen auf dessen Anforderung für Zwecke der Abgabenerhebung auch die den Auszahlungen zu Grunde liegenden Verrechnungsunterlagen auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen.
(5) Die Vorschriften zum Schutz des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses bleiben unberührt.
§ 161 BAO lautet:
§ 161. (1) Die Abgabenbehörde hat die Abgabenerklärungen zu prüfen (§ 115). Soweit nötig, hat sie, tunlichst durch schriftliche Aufforderung, zu veranlassen, daß die Abgabepflichtigen unvollständige Angaben ergänzen und Zweifel beseitigen (Ergänzungsauftrag).
(2) Wenn die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hegt, hat sie die Ermittlungen vorzunehmen, die sie zur Erforschung des Sachverhaltes für nötig hält. Sie kann den Abgabepflichtigen unter Bekanntgabe der Bedenken zur Aufklärung bestimmter Angaben auffordern (Bedenkenvorhalt). Erforderliche Beweise sind aufzunehmen.
(3) Wenn von der Abgabenerklärung abgewichen werden soll, sind dem Abgabepflichtigen die Punkte, in denen eine wesentliche Abweichung zu seinen Ungunsten in Frage kommt, zur vorherigen Äußerung mitzuteilen.
§ 166 BAO lautet:
§ 166.Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
§ 167 BAO lautet:
§ 167. (1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
§ 168 BAO lautet:
§ 168. Die Beweiskraft von öffentlichen und Privaturkunden ist von der Abgabenbehörde nach den Vorschriften der §§ 292 bis 294, 296, 310 und 311 der Zivilprozeßordnung zu beurteilen. Bezeugt der Aussteller einer öffentlichen Urkunde die Übereinstimmung einer fotomechanischen Wiedergabe dieser Urkunde mit dem Original, so kommt auch der Wiedergabe die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde zu.
§ 169 BAO lautet:
§ 169. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, ist jedermann verpflichtet, vor den Abgabenbehörden als Zeuge über alle ihm bekannten, für ein Abgabenverfahren maßgebenden Tatsachen auszusagen.
§ 182 BAO lautet:
§ 182. (1) Zur Aufklärung der Sache kann die Abgabenbehörde auch einen Augenschein, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen, vornehmen.
(2) Die Abgabenbehörde hat darüber zu wachen, daß der Augenschein nicht zur Verletzung eines Kunst-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses mißbraucht wird.
§ 183 BAO lautet:
§ 183.(1) Beweise sind von Amts wegen oder auf Antrag aufzunehmen.
(2) Die Abgabenbehörde kann die Beweisaufnahme auch im Wege der Amtshilfe durch andere Abgabenbehörden vornehmen lassen.
(3) Von den Parteien beantragte Beweise sind aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, daß die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, daß die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind. Gegen die Ablehnung der von den Parteien angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.
(4) Den Parteien ist vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern.
§ 265 BAO lautet:
§ 265. (1) Die Abgabenbehörde hat die Bescheidbeschwerde, über die keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
(2) Die Vorlage der Bescheidbeschwerde hat jedenfalls auch die Vorlage von Ablichtungen (Ausdrucken) des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung, des Vorlageantrages und von Beitrittserklärungen zu umfassen.
(3) Der Vorlagebericht hat insbesondere die Darstellung des Sachverhaltes, die Nennung der Beweismittel und eine Stellungnahme der Abgabenbehörde zu enthalten.
(4) Die Abgabenbehörde hat die Parteien (§ 78) vom Zeitpunkt der Vorlage an das Verwaltungsgericht unter Anschluss einer Ausfertigung des Vorlageberichtes zu verständigen.
(5) Partei im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht ist auch die Abgabenbehörde, deren Bescheid mit Bescheidbeschwerde angefochten ist.
(6) Die Abgabenbehörde ist ab der Vorlage der Bescheidbeschwerde verpflichtet, das Verwaltungsgericht über Änderungen aller für die Entscheidung über die Beschwerde bedeutsamen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse unverzüglich zu verständigen. Diese Pflicht besteht ab Verständigung (Abs. 4) auch für den Beschwerdeführer.
§ 269 BAO lautet:
§ 269. (1) Im Beschwerdeverfahren haben die Verwaltungsgerichte die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind. Dies gilt nicht für:
a) § 245 Abs. 3 (Verlängerung der Beschwerdefrist),
b) §§ 262 und 263 (Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung),
c) §§ 278 Abs. 3 und 279 Abs. 3 (Bindung an die für den aufhebenden Beschluss bzw. für das Erkenntnis maßgebliche Rechtsanschauung).
(2) Die Verwaltungsgerichte können das zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes erforderliche Ermittlungsverfahren durch eine von ihnen selbst zu bestimmende Abgabenbehörde durchführen oder ergänzen lassen.
(3) Der Einzelrichter bzw. der Berichterstatter kann die Parteien zur Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie zur Beilegung des Rechtsstreits laden. Über das Ergebnis ist eine Niederschrift anzufertigen.
§ 270 BAO lautet:
§ 270. Auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge, die der Abgabenbehörde im Laufe des Beschwerdeverfahrens zur Kenntnis gelangen, ist von der Abgabenbehörde Bedacht zu nehmen, auch wenn dadurch das Beschwerdebegehren geändert oder ergänzt wird. Dies gilt sinngemäß für dem Verwaltungsgericht durch eine Partei oder sonst zur Kenntnis gelangte Umstände.
§ 278 BAO lautet:
§ 278.(1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
§ 279 BAO lautet:
§ 279.(1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
§ 282 BAO lautet:
§ 282. Die Abgabenbehörden sind verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Verfahrensgegenstand
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Beschwerde vom gegen den Rückforderungsbescheid vom .
Der Rückforderungsbescheid umfasste den Zeitraum Jänner 2019 bis Dezember 2019.
Im Vorlageantrag vom wurde um "Gewährung der Familienbeihilfe" (d. h. Abstandnahme von der Rückforderung) "zumindest für die Zeit von Jänner bis September 2019" ersucht.
Aus dieser Formulierung ("zumindest") ergibt sich nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit, dass die Beschwerde auf den Zeitraum Jänner bis September 2019 eingeschränkt wurde.
Der Bf hat lediglich die Unterbringung im Krisenzentrum im Zeitraum Oktober bis Dezember 2019 zugestanden.
Das Ansuchen um "Nachsicht/Stundung" für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2019 ändert daran nichts.
Das Bundesfinanzgericht hat somit über den gesamten Zeitraum Jänner bis Dezember 2019 zu entscheiden; eine Änderung des Beschwerdeantrags (§ 250 Abs. 1 lit. c BAO) i. S. v. § 270 BAO ist nicht erfolgt.
Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen
Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrechtbezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.
Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ).
Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).
Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).
Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag muss demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.
Die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen ist zeitraumbezogen. Das heißt, dass der Anspruch auf Familienleistungen monatsbezogen zu prüfen ist ().
Die Prüfung, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen wurde, ist an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum vorzunehmen. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG1967entnehmen lässt, der Monat.
Das Bestehen und auch das Nichtbestehen des Anspruches auf Familienbeihilfe für ein Kind kann je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. aus der stRSp etwa ; ; ; ; ; ).
Es ist daher zu prüfen, ob der Bf im Rückforderungszeitraum Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag hatte.
Verbrauch für das Kind nicht maßgebend
Wie ausgeführt, kommt es nicht darauf an, ob der Bf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für sein Kind verwendet hat ("finanzielle Unterstützung für die Versorgung").
Haushaltszugehörigkeit, Unterhaltskostentragung
Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 Satz 1 hat Anspruch auf Familienbeihilfe hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 Satz 2 Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 Satz 1 anspruchsberechtigt ist.
Anspruch besteht gemäß § 2 Abs. 3 FLAG 1967 für die eigenen Kinder, Enkelkinder oder Großenkelkinder, für Wahlkinder und deren Nachkommen, für Stiefkinder sowie für Pflegekinder; ferner gemäß § 2 Abs. 3a FLAG 1967 für Krisenpflegekinder.
Ist keine dieser Personen infolge Haushaltszugehörigkeit oder überwiegender Unterhaltstragung anspruchsberechtigt (vgl. etwa ), besteht gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 ein Eigenanspruch des Kindes, wenn dessen Unterhalt nicht aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs zur Gänze (dazu z. B. ) gedeckt wird.
Das FLAG 1967 geht davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann. Einerseits wird gemäß § 7 FLAG 1967 für ein Kind Familienbeihilfe nur einer Person gewährt, andererseits gibt es unter dem Gesichtspunkt "Haushaltszugehörigkeit" keine Regelung über eine Reihung von potenziell anspruchsberechtigten Personen, etwa nach der Dauer oder dem Grad der Intensität einer solchen Zugehörigkeit (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 2 Rz 140 unter Hinweis auf und ).
Die Beantwortung der Frage, mit welcher Person ein Kind die Wohnung teilt, hängt ganz wesentlich davon ab, in wessen Wohnung das Kind regelmäßig nächtigt, und zwar jedenfalls dann, wenn die betreffende Person die üblicherweise mit diesen Nächtigungen im Zusammenhang stehenden altersadäquaten Betreuungsmaßnahmen (z. B. Sorgetragung für morgendliche und abendliche Körperpflege oder Begleitung zur Schule) erbringt (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 2 Rz 140).
Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben; demgemäß kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ).
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 stellt auf die Haushaltszugehörigkeit, nicht auf das Recht zur Obsorge ab (vgl. ).
Zeitraum Jänner bis September 2019
Bei wem ***5*** ***6*** im Zeitraum Jänner bis September 2019 haushaltszugehörig war bzw. wer in diesem Zeitraum seine überwiegenden Unterhaltskosten getragen hat, steht bisher nicht fest.
Zum Zeitraum bis enthalten weder der angefochtene Bescheid noch die Beschwerdevorentscheidung konkrete Feststellungen noch die Angabe von Beweismitteln, auf die sich Feststellungen stützen könnten, und bei widerstreitenden Beweismitteln die Darlegung einer Beweiswürdigung.
Die Beschwerdevorentscheidung behauptet aktenwidrig (weil sich dazu in den Akten nichts befindet), dass "nach der Aktenlage" der überwiegende Aufenthalt von ***5*** ***6*** nicht im Haushalt des Bf ***1*** ***2*** gewesen sei.
Der Vorlagebericht enthält eine Reihe von Vermutungen, die sich aber auf keinerlei Beweise gründen bzw. mit den wenigen Beweisen in Widerspruch stehen. Ermittlungen, zu deren amtswegiger Durchführung das Finanzamt verpflichtet gewesen wäre, wurden nicht gepflogen.
Dass dem dem Eigenantrag des Sohnes beigefügten Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom zufolge ***5*** ***6*** in Obsorge der Mutter lebe, sagt über die Wohnverhältnisse des Kindes im verfahrensgegenständlichen Jahr 2019 nichts aus. Aus den Daten des ZMR ergibt sich, dass ***5*** ***6*** von Oktober 2017 bis Dezember 2018 beim Vater ***1*** ***2*** in ***3***, ***4*** hauptgemeldet war (und seit November 2020 wieder dort hauptgemeldet ist), was prima facie gegen eine Haushaltszugehörigkeit in dieser Zeit bei der Mutter ***21*** ***6*** spricht, also ***5*** ***6*** wahrscheinlich nicht ununterbrochen seit 2015 bei der Mutter haushaltszugehörig war. Von bis und von bis war Hauptwohnsitz in ***10***, ***11***, Unterkunftgeber ***21*** ***6***. Dies würde prima facie für eine Haushaltszugehörigkeit in dieser Zeit bei der Mutter ***21*** ***6*** sprechen. Freilich war ***5*** ***6*** unstrittig jedenfalls von bis in einer sozialpädagogischen Wohngemeinschaft und nicht bei der Mutter.
Dem Vater wird wohl nicht grundlos vom Finanzamt Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ausbezahlt worden sein, sondern das Finanzamt dürfte ursprünglich auf Grund bestimmter Tatsachen - die sich im Nachhinein freilich als unzutreffend herausstellen können und über die sich im vorgelegten Finanzamtsakt nichts findet - von einer Haushaltszugehörigkeit beim Vater im Rückforderungszeitraum ausgegangen sein.
Der Vater hat im Vorlageantrag angegeben, die Mutter sei im Zeitraum Jänner bis September 2019 in Haft gewesen. Falls dies für den gesamten Zeitraum zutreffend ist, konnte sie in dieser Zeit jedenfalls keine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit ihrem Sohn gebildet haben. Allerdings ist unklar, ob die vom Vater verwendete Formulierung im Vorlageantrag "Zeitraum Jänner 2019 - war die Kindesmutter in Haft z. B. Justizanstalt Josefstadt" meint, dass die Mutter während des gesamten Zeitraums in Haft gewesen sei oder nur an einzelnen Tagen oder Zeiträumen innerhalb dieses Zeitraums. Kurzfristige Inhaftierungen der Mutter würden das Vorliegen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit ihrem Sohn nicht ausschließen.
Im Eigenantrag des Sohnes wird, wie auch in den diesem angeschlossenen Beilagen, nur auf die Unterbringung in einer sozialpädagogischen Einrichtung ab verwiesen, zur vorangegangenen Wohnsituation aber keine Aussage getätigt.
Abgesehen davon, dass das Finanzamt Wien 8/16/17 selbst keinerlei Meldeabfragen vorgenommen hat, lässt sich der Kontrollmitteilung des Finanzamts Wien 9/18/19 Klosterneuburg nur entnehmen, dass "It. ZMR kein gem. HH besteht und die Mutter die FB beantragt hat". Einer Meldung nach dem Meldegesetz kommt zwar Indizwirkung zu, diese ersetzt im Streitfall aber nicht Ermittlung, wo das Kind tatsächlich wohnhaft gewesen ist. Das gilt vor allem, wenn Rechtsstreitigkeiten zwischen Mutter und Vater über den Wohnsitz der Kinder bestehen (vgl. ). Der Umstand, dass auch der andere Elternteil Familienbeihilfe beantragt, ist bei getrennt lebenden Eltern keineswegs selten und verpflichtet die Behörde, gerade deswegen besonders sorgfältig vorzugehen und sich nicht bloß auf die (im Übrigen hier nicht aktenkundigen) Angaben eines Elternteils zu verlassen.
Offenbar hatte das Finanzamt Wien 8/16/17 einen Grund, dem Bf ***1*** ***2*** Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Beschwerdezeitraum auszuzahlen (diesbezügliche Unterlagen finden sich zwar nicht im elektronisch vorgelegten Finanzamtsakt, der Umstand der - vom Bf nicht bestrittenen - Zahlung ergibt sich aus der Rückforderung).
Feststellungen darüber, warum die Auszahlung von Jänner 2019 bis Oktober 2019 (gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967 erlischt der Anspruch auf Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt, also bei nicht bloß vorübergehender Wohngemeinschaftsunterbringung ab mit ) zu Unrecht erfolgt ist, fehlen.
Mit den Angaben im Schreiben der Stadt Wien, Kinder- und Jugendhilfe, Soziale Arbeit mit Familien Bezirke 17,18,19, dass ***5*** im Jahr 2019 "in der Familie des Vaters gelebt" habe, aber vom Vater immer öfters weggelaufen sei, hat sich das Finanzamt Wien 8/16/17 konkret nicht auseinandergesetzt.
Wenn ***5*** ***6*** in den einzelnen Monaten des Zeitraums Jänner bis September 2019 jeweils überwiegend beim Vater ***1*** ***2*** haushaltszugehörig gewesen ist, steht dem Vater ***1*** ***2*** für die Zeiten der Haushaltszugehörigkeit Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu.
Oktober bis Dezember 2019
Unstrittig ist, dass sich ***5*** ***6*** seit jedenfalls bis in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung befunden hat, wenngleich sich dem Akt nicht entnehmen lässt, in welcher (die von der Kinder- und Jugendhilfe angegebene Adresse der Wohngemeinschaft ist offenkundig unzutreffend, weil die Wohnanschrift der Mutter).
Wie lange ***5*** ***6*** in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht war oder ob diese Unterbringung noch andauert (nach den Meldedaten ist ***5*** ***6*** seit November 2020 wieder beim Bf gemeldet), lässt sich dem Finanzamtsakt nicht entnehmen.
War ***5*** ***6*** vor dem bei seinem Vater ***1*** ***2*** (oder seiner Mutter ***21*** ***6*** oder einem Großelternteil) haushaltszugehörig, kommt es entscheidend darauf an, ob sich ***5*** ***6*** nur vorübergehend in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe befunden hat und damit die Haushaltszugehörigkeit nicht beendet wurde.
Um ein Kind, das sich außerhalb der elterlichen Wohnung aufhält, noch als haushaltszugehörig ansehen zu können, darf der anderweitige Aufenthalt des Kindes nur ein "vorübergehender" sein (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967). Die Ausdrucksweise des Gesetzes lässt erkennen, dass die Abwesenheit von der entstandenen Wohnungsgemeinschaft nur eine zeitlich beschränkte sein darf, und diese zeitliche Beschränkung, damit sie nicht zur Auflösung der Wohnungsgemeinschaft führt, nicht lange Zeit, sondern nur einen vorübergehenden Zeitraum dauern darf (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 2 Rz 146).
Für die Abgrenzung des vorübergehenden Aufenthalts nach § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 vom ständigen Aufenthalt ist die zu § 5 Abs. 3 FLAG 1967 ergangene Rechtsprechung heranzuziehen (vgl. ). Bei der Frage des ständigen Aufenthaltes i. S. d. § 5 Abs. 3 FLAG 1967 geht es um objektive Kriterien, die nach den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen sind (vgl. etwa ; ; ). Diese Beurteilung hat nicht auf den subjektiven Gesichtspunkt des Mittelpunktes der Lebensinteressen abzustellen, sondern auf das objektive Kriterium der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 5 Rz 9).
Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl. ).
Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. ). Der VwGH hat eine Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten gerade noch als einen vorübergehenden Aufenthalt angesehen (vgl. ).
Um zu beurteilen, ob eine allenfalls zuvor bestandene Haushaltszugehörigkeit durch die Unterbringung in einer sozialpädagogischen Einrichtung beendet wurde, fehlen nähere Feststellungen zu dieser Unterbringung, insbesondere auch zu deren Dauer.
War ***5*** ***6*** mehr als ein Jahr (bis November 2020?) in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, wäre damit eine zuvor bestanden habende Haushaltszugehörigkeit - sei es beim Vater, sei es bei der Mutter, sei es bei einem Großelternteil - mit September 2019 beendet gewesen.
Willkür der belangten Behörde
Kein Sachverhalt, keine Beweiswürdigung, kein Parteiengehör
Ein Bescheid ist rechtswidrig, wenn aus diesem nicht hervorgeht, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt (Beweiswürdigung), und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (rechtliche Würdigung). Diese für das allgemeine Verwaltungsverfahren in § 60 AVG verankerten Grundsätze sind auch im Verfahren nach der BAO zu beachten (siehe die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 26 Rz 53 angeführte Rechtsprechung).
Der angefochtene Bescheid enthält weder Sachverhaltsfeststellungen noch eine Beweiswürdigung. Er wurde offenkundig ohne jegliche Ermittlungen allein auf Grund einer Kontrollmitteilung des damaligen Finanzamts Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom vom damaligen Finanzamt Wien 8/16/17 innerhalb von zwei Tagen mit Datum erlassen. Dem Bf wurde entgegen der gesetzlichen Anordnung des § 183 Abs. 4 BAO vor Erlassung des angefochtenen Bescheids kein Parteiengehör gewährt.
Überprüfungswürdige Angaben
Vorweg ist festzuhalten, dass es mit dem Verfahrensrecht nicht vereinbar ist, eine Entscheidung einer Behörde betreffend Familienbeihilfe allein auf die Entscheidung (hier: vorerst offenbar eine bloße Meinung) einer anderen Behörde in einem Verfahren, in dem der Antragsteller weder Parteistellung hatte noch deren Ermittlungsergebnisse dem Antragsteller bekannt sind, zu stützen (vgl. ).
Offenkundig sind die Angaben in der Kontrollmitteilung und im Eigenantrag, die offenbar allein dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden sind, jedenfalls überprüfungswürdig.
Die Kontrollmitteilung enthält lediglich die - vom Finanzamt nicht überprüfte - Angabe, dass kein gemeinsamer Haushalt mit dem Bf ab Jänner 2019 bestanden und die Mutter Familienbeihilfe beantragt habe.
Laut Eigenantrag vom soll sich die Wohngemeinschaft, in der ***5*** ***6*** im Rahmen der vollen Obsorge durch die Kinder- und Jugendhilfe seit leben soll, an derselben Adresse wie jene der Mutter des ***5*** ***6***, ***10***, ***11*** befinden ("derzeitige Wohnanschrift: Wohngemeinschaft ***11***,***10***").
Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass der Eigenantrag in Bezug auf die Wohnverhältnisse somit unschlüssig ist, denn in der Wohnung der Mutter wird wohl keine sozialpädagogische Wohngemeinschaft der Kinder- und Jugendhilfe eingerichtet worden sein.
Warum auf Grund der bloßen Antragstellung der Mutter die bisher vom Finanzamt vorgenommene Auszahlung an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag an den Vater zu Unrecht erfolgt sein soll, erschließt sich aus den bei Erlassung des angefochtenen Bescheids dem Finanzamt vorgelegenen Unterlagen nicht.
Mit der - in Verbindung mit dem vorgelegten Schreiben der Kinder- und Jugendhilfe vom aufgestellten - Behauptung des Bf in seiner Beschwerde, der Sohn habe "in der Familie des Vaters gelebt", setzt sich die Beschwerdevorentscheidung überhaupt nicht auseinander, sondern verweist auf eine nicht gegebene "Aktenlage", nach der der überwiegende Aufenthalt des Sohnes nicht im Haushalt des Vaters gewesen sein soll.
Auch die Ausführungen im Vorlageantrag, dass die Mutter von Jänner bis September 2019 (zur Gänze oder zeitweise) in Haft gewesen und der Sohn "überwiegend" beim Bf "aufhältig" gewesen sei, hat das Finanzamt nicht zum Anlass genommen, wenigstens jetzt zu ermitteln zu beginnen (§ 265 Abs. 1 BAO), sondern versucht im Vorlagebericht sprachliche Deutungen der Ausführungen des nicht rechtskundigen Bf, ob sein Sohn bloß "aufhältig" oder "haushaltszugehörig" gewesen sei.
Richtig ist die Überlegung des Vorlageberichts, dass manches vom Bf in seinen Eingaben nicht entsprechend konkretisiert worden ist. Dem hätte aber das Finanzamt gemäß §§ 114, 115 BAO von Amts wegen nachzugehen gehabt und etwa im Wege eines Auskunftsersuchens nach § 143 BAO eine Klärung der offenen Sachverhaltsfragen vor Vorlage gemäß § 265 Abs. 1 BAO herbeizuführen versuchen müssen.
Hat ein Beschwerdeführer einigermaßen konkrete, sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich sind, hat ihn die Behörde zu einer Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es ihr - allenfalls nach weiteren Ermittlungen - ermöglichen zu beurteilen, ob der behauptete Sachverhalt verwirklicht worden ist.
Wenn das Finanzamt im Rückforderungsverfahren behauptet, der Beihilfebezieher habe Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, die ihm zuvor ausbezahlt worden sind, zu Unrecht erhalten, ist es Sache des Finanzamts, den Nachweis des unrechtmäßigen Bezugs zu erbringen, und nicht Sache des Beihilfebeziehers nachzuweisen, dass er die bereits (zufolge vorangegangener Prüfung durch das Finanzamt) ausbezahlte Familienbeihilfe zu Recht erhalten hat. Anspruchsbegründende Tatsachen hat, wenn bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, was hier nicht auch nur ansatzweise der Fall gewesen ist, unter Ausschöpfung sämtlicher hierfür geeigneter Erkenntnisquellen Sachverhaltsfeststellungen letztlich nicht getroffen werden können, der Antragsteller (im Verfahren um Zuerkennung von Familienbeihilfe) zu beweisen, einem Anspruch entgegenstehende Tatsachen (wie den unrechtmäßig erfolgten Bezug von Familienbeihilfe im Rückforderungsverfahren) das rückfordernde Finanzamt.
Den Beihilfebezieher trifft zwar auch im Rückforderungsverfahren gemäß § 119 BAO eine Offenlegungsverpflichtung und gemäß § 143 BAO eine Auskunftspflicht. Damit diese Verpflichtungen tragend werden, ist von der Behörde freilich ein Ermittlungsverfahren zu führen. Seiner Behauptungspflicht, warum der Beihilfebezug zu Recht erfolgt ist, ist der Bf nachgekommen. Diesen Behauptungen über die Vermutungsebene hinausgehend durch entsprechende Ermittlungen nachzugehen, wäre Sache der Behörde gewesen.
Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes vor (ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, vgl. für viele ; ; ua oder ).
Die belangte Behörde hat somit bei Erlassung des angefochtenen Bescheids Willkür geübt und nicht nur rechtswidrig i. S. d. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG gehandelt, sondern den Bf darüber hinaus i. S. d. ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofs in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art. 7 Abs. 1 B-VG) oder - die Staatsbürgerschaft des Bf lässt sich der Aktenlage nicht entnehmen - auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (Art. I Abs. 1 Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973) verletzt.
Zurückverweisung
Gemäß § 278 BAO kann das Verwaltungsgericht bei unterlassenen Ermittlungen mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen.
Die Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 278 Abs. 1 BAO steht im Ermessen des Gerichtes (vgl. etwa - zur Rechtslage nach § 278 Abs. 1 BAO i. d. F. FVwGG 2012 - ). Zulässig ist sie nach dem Gesetz erstens, wenn Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können (§ 278 Abs. 1 erster Satz BAO). Die Aufhebung und Zurückverweisung ist zweitens unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 278 Abs. 1 zweiter Satz BAO). Diese im Rahmen der sodann zu fällenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden positiven und negativen Voraussetzungen sind in rechtlicher Gebundenheit zu prüfen. Das Gericht hat die von ihm vermissten und ins Auge gefassten Ermittlungsschritte zu bezeichnen und zu beurteilen und auch die Frage zu beantworten, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Gericht selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre (vgl. ; ; ; ; ; ).
Wie oben ausgeführt, fehlt es an jeglichen Ermittlungen des Finanzamts zur Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts.
Wesentlich ist, ob ***5*** ***6*** bei ***1*** ***2*** im Rückforderungszeitraum haushaltszugehörig war; gegebenenfalls, ob ***1*** ***2*** im Rückforderungszeitraum überwiegend für den Unterhalt des ***5*** ***6*** aufgekommen ist.
Dazu wird zunächst der Bf - zweckmäßigerweise, um Missverständnisse bei schriftlichen Formulierungen auszuschließen - mündlich als Partei einzuvernehmen sein.
Die Angaben des Bf werden in weiterer Folge vom Finanzamt zu überprüfen sein. Sollten sich Zweifel ergeben, wird primär der mittlerweile 14jährige Sohn ***5*** ***6*** als Zeuge einzuvernehmen sein, ferner vom Bf als Zeugen bekannt zu gebende Personen.
Sollte sich hierdurch keine Klärung des Sachverhalts ergeben, wären im Wege der Amtshilfe Ermittlungen beispielsweise beim Pflegschaftsgericht, bei welchem offenkundig ein Akt betreffend ***5*** ***6*** geführt wird, und bei der Kinder- und Jugendhilfe, der ***5*** ***6*** ebenfalls bekannt ist, sowie bei der Polizei, mit welcher laut Kinder- und Jugendhilfe ***5*** ***6*** "extrem viele Probleme" gehabt haben soll, vorzunehmen sein.
Schließlich wäre auch die Mutter ***21*** ***6*** vom Finanzamt zu hören.
Da die durchzuführenden Ermittlungen anderslautende Bescheide bzw. das Unterbleiben eines Rückforderungsbescheids nach sich ziehen können, die Sache somit nicht entscheidungsreif ist, ist der angefochtene Bescheid (und die Beschwerdevorentscheidung) gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufzuheben.
Im Hinblick auf den Umfang der vorzunehmenden Verfahrensergänzungen und das bisherige Unterlassen jeglicher Ermittlungen durch das Finanzamt ist der Zurückverweisung der Vorrang vor der Fortsetzung der Ermittlungen durch das Bundesfinanzgericht zugeben.
Der Bf erhält somit schneller und kostengünstiger eine Entscheidung, wenn das Finanzamt nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Beachtung der im Aufhebungsbeschluss dargelegten Rechtsansicht des Gerichts neuerlich entscheiden kann (vgl. ).
Bei der Ermessensübung, ob nach § 269 Abs. 2 BAO oder § 278 BAO vorzugehen ist, ist zu berücksichtigen, dass durch einen Rückzahlungsbescheid nach § 26 FLAG 1967 der Bf durch mit einer Zahlungspflicht belastet wird. Die Zeit, die die belangte Behörde zur Ermittlung des erforderlichen Sachverhalts, die bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheids vorgenommen werden hätte müssen, noch benötigt, darf nicht zulasten des Bf gehen (vgl. ). Mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheids entfällt die Verpflichtung zur Rückzahlung von 2.669,20 €. Ob tatsächlich eine Rückzahlungspflicht besteht, wird vom Finanzamt im Zuge eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens zu klären sein.
Stellt sich nach Durchführung der bisher unterlassenen Ermittlungen heraus, dass Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht zu Unrecht vom Bf bezogen worden sein soll, ist das Verwaltungsfahren einzustellen (vgl. ) und bedarf es keiner weiteren Entscheidung des Verwaltungsgerichts mehr.
Revisionsnichtzulassung
Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG i. V. m. Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a VwGG eine (ordentliche) Revision nicht zulässig, da es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Tatfragen sind einer Revision grundsätzlich nicht zugänglich.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 143 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 158 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 10 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 114 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 183 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 270 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 6 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 5 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 60 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 Art. 7 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 269 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 92 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 93 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 265 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 269 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. Nr. 390/1973 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100887.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at