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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 10.05.2021, RV/5100314/2016

Beschwerde verspätet.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Karin Pitzer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Uniconsult Steuerberatungs GmbH & Co KG, Bahnhofstraße 35a, 4910 Ried, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Umsatzsteuer 2009 und Umsatzsteuer 2010 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerde vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 278 Abs. 1 lit. a BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Das Finanzamt erließ die Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010 am . Mangels Bestandsvertrag und fehlender Rechnungslegung des Vermieters sei ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Die beiden Umsatzsteuerbescheide wurden am in die FinanzOnline Databox der Beschwerdeführerin (in Folge Bf.) zugestellt.

Aufgrund eines mündlichen Antrages vom - Aktenvermerk vom des Sachbearbeiters beim Finanzamt - wurde die Beschwerdefrist für Umsatzsteuer 2009 und 2010 t um einen Monat verlängert. Ein schriftlicher Antrag wurde nicht eingebracht bzw. ist nicht aktenkundig.

Die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010 datiert vom wurde laut Anmerkung auf der Beschwerde am zur Post gegeben. Am ist die Beschwerde beim Finanzamt eingelangt. Die Bf. bringt im Wesentlichen vor, dass eindeutig auf Basis der beigelegten Rechnung zu schließen sei, dass immer von einer Umsatzsteuer unterliegenden Vermietung ausgegangen worden sei und daher die Vorsteuerbeträge zustehen würde.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde aufgrund der Beschwerde der Umsatzsteuerbescheid 2009 bzw. der Umsatzsteuerbescheid 2010 vom geändert mit der Begründung:
"Zurückweisung der Beschwerde gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO. Ungeachtet der Zurückweisungwäre die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen, weil ohne Vorlage einer Rechnung (§ 11) mit gesondert ausgewiesener Steuer der Vorsteuerabzug gem. § 12 Abs.1 nicht zusteht".

Die Bf. stellte durch ihren steuerlichen Vertreter den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde (Vorlageantrag) durch das Bundesfinanzgericht datiert vom betreffend Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 und 2010 vom und beantragt, die Zurückweisung der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 und 2010 dem Bundesfinanzgericht vorzulegen. Um Wiederholungen zu vermieden wird auf die Begründung in der Beschwerde hingewiesen.

Aus der Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht vom geht folgendes hervor:

"Die angefochtenen Bescheide ergingen am . Die Beschwerde wurde am der Post übergeben. Seitens des FA wurde nicht ermittelt, ob die Beschwerde rechtzeitig eingelangt ist, bzw. konnte ein derartiger Nachweis nicht erbracht werden. Es wird daher angeregt, die Beschwerde als rechtzeitig eingelangt anzusehen und inhaltlich darüber abzusprechen. Für diesen Fall wird beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen".

Mit E-Mail vom teilte das Finanzamt im Wesentlichen mit, dass die beiden Bescheide in die Databox zugestellt worden seien. Von wem der "mündliche" Antrag gekommen sei, kann leider nicht gesagt werden. Die Beschwerde sei jedenfalls verspätet eingebracht worden. Selbst, wenn man davon ausgehen würden, dass die Beschwerdefrist um ein Monat (Vermerk DB2 06.05) verlängert worden sei, sei die Beschwerde erst am 18.06 zur Post gegeben.

Mit Vorhalt vom wurde der Bf. mitgeteilt, dass "die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010 am ergangen sind. Laut Akteninhalt bzw laut Aktenvermerk vom wurde aufgrund des mündlichen Antrags vom die Beschwerdefrist für die Umsatzsteuer 2009 und 2010 um einen Monat verlängert. Die Beschwerde vom gegen die Umsatzsteuerbescheide vom langte am beim FA ein. Laut Anmerkung wurde die Beschwerde am zur Post gegeben. Die Beschwerde wäre somit verspätet (siehe Vorlagebericht vom und Beschwerdevorentscheidungen gemäß § 262 BAO, beide vom ). Um Stellungnahme dazu wird ersucht".

Im Zuge eines Telefonats mit dem steuerlichen Vertreter am - festgehalten im Aktenvermerk am - wurde das Vorbringen laut Vorhalt thematisiert. Der Sachverhalt werde vom steuerlichen Vertreter nicht bestritten. Er habe zudem auf die Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht vom verwiesen. Die Beschwerde sei rechtzeitig eingebracht worden. Die mündlich beantragte Fristverlängerung für die Beschwerde sei früher ein normaler Vorgang gewesen.

Der Vorhalt wurde nicht mehr beantwortet.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aufgrund der Aktenlage. Der Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde nicht beantwortet. Beweismittel wurden keine vorgelegt.

Rechtslage und Erwägungen:

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Für den Beginn der Beschwerdefrist ist der Tag maßgebend, an dem der Bescheid bekannt gegeben worden ist (Ritz, BAO6, § 245, Tz 4).

Die Beschwerdefrist ist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt zu verlängern. Durch einen Antrag wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt (§ 245 Abs. 3 BAO).

Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 (mündliche Anbringen) schriftlich einzureichen (Eingaben).

Gemäß § 85 Abs. 3 BAO hat die Abgabenbehörde mündliche Anbringen der im Abs. 1 bezeichneten Art entgegenzunehmen, a) wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen, oder b) wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist, oder c) wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann.

Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, können gemäß § 86a Abs. 1 BAO auch telegraphisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden.

Ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten iSd § 85 Abs. 1. Der Antrag ist bei der Abgabenbehörde einzubringen. Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen sind nach § 85 Abs. 1 schriftlicheinzubringen. Ausnahmen ergeben sich aus § 85 Abs. 3 BAO. Ein Anbringen liegt erst vor, wenn die Eingabe tatsächlich bei der Behörde einlangt (Ritz, BAO 6, § 85 Tz 4f).

Wird ein Anbringen auf einem nicht zugelassenen Weg der Abgabenbehörde oder einem Verwaltungsgericht zugeleitet, so gilt es als nicht eingebracht und kann daher auch keine Entscheidungspflicht auslösen ()

Nach § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist eine nicht fristgerecht eingebrachte Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen.

Die Verspätung ist in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen.

Eine solche Zurückweisung hat auch zu erfolgen, wenn die Abgabenbehörde die Verspätung übersehend eine Beschwerdevorentscheidung () erlassen hat (Ritz, BAO6, § 245 Tz 41).

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Bezeichnung oder der Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (§ 108 Abs. 3 BAO).

Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind (und damit gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt gelten), ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox (Ritz, BAO6, § 98 Tz 4, mit zahlreichen Judikaturnachweisen).

Die Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010 wurden am in die Finanzonline Databox zugestellt.

Ausgehend vom Zustelldatum endete die Rechtsmittelfrist von einem Monat am (Sonntag). Da der aber ein Sonntag war, endete gemäß § 108 Abs. 3 BAO die Rechtsmittelfrist am nächsten Tag, dem um 24 Uhr.

Die Aktenlage gibt keinen Anlass zu Zweifeln am Zeitpunkt der Zustellung. Der Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes wurde von der steuerlichen Vertretung nicht beantwortet.

Die Beschwerde vom wurde außerhalb der zulässigen Rechtsmittelfrist eingebracht.

Der Antrag auf Fristverlängerung kann rechtswirksam nur innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt werden.

Der mündliche Fristverlängerungsantrag wurde am außerhalb der Rechtsmittelfrist eingebracht. Ein verspäteter Antrag hat keine fristhemmende Wirkung (Ritz, BAO6, § 245, Tz 12ff).

Ob im gegenständlichen Fall der mündliche Antrag nach den Ausnahmefällen des § 85 Abs. 3 BAO erfolgen konnte, war somit nicht mehr zu prüfen bzw. irrelevant.

Abgesehen davon wäre die Beschwerde auch dann nicht fristgerecht erfolgt, wenn die am beantragte Fristverlängerung um einen weiteren Monat rechtzeitig gewesen wäre, zumal die erstreckte Rechtsmittelfrist dann schon am geendet hätte (6.6. war ein Samstag) und die Postaufgabe der Beschwerde aber erst am erfolgte (und beim Finanzamt am einlangte).

Die Beschwerde war daher gemäß § 278 Abs. 1 lit. a BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen. Auf das inhaltliche Vorbringen im gegenständlichen Verfahren war nicht mehr einzugehen.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung der Beschwerden aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen sowie der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 278 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100314.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at