Anspruch auf Familienleistungen durch den die Unterhaltskosten tragenden und in Österreich erwerbstätigen Kindesvater, wenn die Kinder bei der Kindesmutter in Griechenland wohnen
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2021/16/0009. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom zu VNR ***1***, in der durch den Bescheid vom gemäß § 293 BAO berichtigten Fassung, mit dem die Anträge vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Kinder ***K1*** (VNR ***2***) und ***K2*** (VNR ***3***) für den Zeitraum ab Mai 2015 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer reichte am über FinanzOnline Anträge auf Gewährung von Familienbeihilfe für die in Griechenland geborenen Kinder ***4*** (nunmehr ***K2***) und ***5*** (nunmehr ***K1***) ab ein.
In einer Mitteilung vom brachte das Finanzamt dem Beschwerdeführer zur Kenntnis, dass ihm für die beiden Kinder für den Zeitraum August 2013 bis Dezember 2013 auf Basis des § 4 FLAG in Verbindung mit der Verordnung (EG) 883/2004 und der Durchführungsverordnung (EG) 987/2009 Ausgleichszahlungen gewährt würden.
In einer weiteren Mitteilung im Sinne des § 12 FLAG vom wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass ihm für die beiden Kinder Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Jänner 2014 bis September 2015 gewährt würde.
Abweichend von dieser Mitteilung wurde dem Beschwerdeführer in einer Mitteilung vom zur Kenntnis gebracht, dass ihm Familienbeihilfe für die beiden Kinder nur für den Zeitraum Jänner 2014 bis Oktober 2014 gewährt würde. Die Auszahlung der Beihilfe wurde mit Oktober 2014 eingestellt.
In einer Säumnisbeschwerde vom brachte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf seinen Antrag vom im Wesentlichen vor, dass mit der bereits erwähnten Mitteilung vom der zuerkannte Anspruch auf Oktober 2014 verkürzt worden sei, ohne dass eine bescheidmäßige Feststellung eines veränderten Sachverhaltes, der zum Erlöschen des Anspruches auf Familienbeihilfe führen würde, erfolgt sei.
Mit Beschluss vom , GZ. RS/5100004/2015, trug das Bundesfinanzgericht dem Finanzamt gemäß § 284 Abs. 2 BAO auf, innerhalb einer Frist von drei Monaten seit Einlagen der Säumnisbeschwerde über die Anträge des Beschwerdeführers vom auf Gewährung von Familienbeihilfe für die beiden Kinder ab zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliege.
Daraufhin forderte das Finanzamt mit Bescheid vom alle seit August 2013 bis einschließlich Oktober 2014 ausbezahlten Beträge an Familienbeihilfe, Ausgleichszahlungen und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 5.130,20 € zurück.
Das Bundesfinanzgericht stellte mit Beschluss vom , RS/5100004/2015, das Säumnisbeschwerdeverfahren ein, da mit dem Rückforderungsbescheid vom über den ursprünglichen Antrag vom bescheidmäßig im Ergebnis dahingehend entschieden worden sei, dass dem Beschwerdeführer nach Ansicht des Finanzamtes keinerlei Anspruch auf Ausgleichszahlungen, Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zukomme. Damit sei aber der Antrag vom meritorisch und rechtsmittelfähig erledigt worden, sodass die geltend gemachte Verletzung der Entscheidungspflicht nicht mehr vorliege. Auch dem in der Säumnisbeschwerde gestellten Antrag, einen Bescheid zur Ablehnung des Antrages auf Zuerkennung der Familienbeihilfe zu erlassen, sei damit entsprochen worden. Auf die Entscheidungsgründe dieses Beschlusses wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Gegen den Rückforderungsbescheid vom wurde mit Schriftsatz vom Beschwerde erhoben, welche dem Bundesfinanzgericht am vorgelegt worden war.
Nach Einbringung eines Fristsetzungsantrages beim Verwaltungsgerichtshof (Fr 2016/16/0005) hob das Bundesfinanzgericht den Rückforderungsbescheid mit Beschluss vom , RV/5101535/2015, unter Zurückverweisung der Beschwerdesache an die Abgabenbehörde auf; auf die dortigen Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Das Finanzamt erließ daraufhin am nach Verfahrensergänzung einen neuerlichen Rückforderungsbescheid betreffend dieselben Zeiträume (August 2013 bis Oktober 2014) und dieselben Beträge (insgesamt 5.130,20 €) wie im Erstbescheid vom .
Einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom gab das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/5101742/2017, im Wesentlichen Folge. Die Rückforderung wurde auf einen unbedeutenden Restbetrag von 123,25 € (Berücksichtigung von Ansprüchen auf griechische Familienleistungen für den Zeitraum Jänner bis Oktober 2014) eingeschränkt; im Übrigen wurde der Beihilfenanspruch für den Zeitraum August 2013 bis Oktober 2014 bejaht. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird verwiesen.
In einer neuerlichen Säumnisbeschwerde vom urgierte der Beschwerdeführer die Erledigung seines ursprünglichen Beihilfenantrages vom betreffend den Zeitraum ab November 2014 (der Rückforderungsbescheid hatte den Zeitraum August 2013 bis Oktober 2014 umfasst).
Mit Beschluss vom , RS/5100004/2018, trug das Bundesfinanzgericht dem Finanzamt auf, bis über den am gestellten Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für die beiden Kinder hinsichtlich des Zeitraumes ab November 2014 zu entscheiden und eine Ablichtung der Mitteilung im Sinne des § 12 FLAG oder eines allfälligen Abweisungsbescheides im Sinne des § 13 FLAG samt Ablichtung eines Zustellnachweises vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Auch auf diesen Beschluss wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Dazu übermittelte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht am Mitteilungen im Sinne des § 12 FLAG, wonach dem Beschwerdeführer für den Zeitraum November 2014 bis Dezember 2014 für beide Kinder Ausgleichszahlungen gewährt würden und für den Zeitraum Jänner bis März 2015 Familienbeihilfe.
Das Bundesfinanzgericht wies das Finanzamt am darauf hin, dass damit der verfahrensgegenständliche Beihilfenantrag hinsichtlich des Zeitraumes ab April 2015 noch unerledigt sei; sollte insoweit die Erlassung eines Abweisungsbescheides beabsichtigt sein, wäre dieser vor Ende der im Beschluss vom gesetzten Frist zu erlassen.
Daraufhin ersuchte das Finanzamt um Verlängerung dieser Frist, welche mit Beschluss vom aus den dort genannten Gründen gewährt wurde (Fristende: ).
Am teilte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht mit, dass dem Beschwerdeführer auch noch für April 2015 Familienbeihilfe für beide Kinder ausbezahlt worden sei, im Übrigen wurde auf den angeschlossenen "Abweisungsbescheid ab 05/2015" verwiesen.
Dieser Abweisungsbescheid vom , zugestellt am , lautet im Spruch:
"Ihr Antrag vom auf Familienbeihilfe wird abgewiesen für:
***K1*** (VNR ***2***) ab Mai 2018
***K2*** (VNR ***3***) ab Mai 2018"
In der Begründung führte das Finanzamt aus:
"Anfang Mai 2015 reiste die Kindesmutter gemeinsam mit den Kinder nach Griechenland. Bereits ab arbeitete sie dort. Spätestens ab Mai 2015 war der Entschluss nach Griechenland zurückzukehren bei der Gattin gefasst. Im Griechenland bekommt man nicht sofort Arbeit. Der verpflichtende Kindergartenbesuch in Österreich von ***K2*** wurde nie in Erwägung gezogen. Es erfolgte keine Anmeldung. Die Kinder gingen dann im Herbst in Griechenland in den Kindergarten. Der Mittelpunkt des Lebensinteresses wurde von der Gattin und den Kindern im Mai 2015 von Österreich nach Griechenland verlegt. Zeiten der Ferien oder des Urlaubes ändern nichts an diesem Mittelpunkt. Gemäß § 2a Familienlastenausgleichs-gesetz 1967 gilt der Verzicht der Kindesmutter nur für Zeiten des gemeinsamen Haushalts der Eltern. Ab Mai 2015 sind Sie nicht mehr antragslegitimiert.
Die Meldungen im Zentralen Melderegister sind ein Indiz, entsprechen aber nicht den tatsächlichen Verhältnissen."
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde das zu RS/5100004/2018 protokollierte Säumnisbeschwerdeverfahren eingestellt und darin auf die dem Finanzamt im Bescheid vom unterlaufenen Schreibfehler im Sinne des § 293 BAO hingewiesen (Antragsdatum richtig: , Abweisungszeitraum richtig: Mai 2015). Auf die Entscheidungsgründe dieses Beschlusses wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Eine außerordentliche Revision gegen diesen Beschluss wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Ra 2018/16/0214, betreffend den Zeitraum ab Mai 2015 zurück und erklärte die Revision im Übrigen als gegenstandslos geworden.
Das Finanzamt berichtigte mit Bescheid gemäß § 293 BAO vom die im Bescheid vom unterlaufenen Schreibfehler. Der Spruch des Abweisungsbescheides lautet in der berichtigten Fassung daher: "Ihr Antrag vom auf Familienbeihilfe für ***K1*** (VNR ***2***) und ***K2*** (VNR ***3***) wird ab Mai 2015 abgewiesen." Dieser Berichtigungsbescheid wurde laut Rückschein am zugestellt.
Noch vor Zustellung dieses Berichtigungsbescheides wurde mit Eingabe vom gegen den Abweisungsbescheid vom folgende Beschwerde erhoben, die gegen den Bescheid in seiner berichtigten Fassung wirkt (Ritz, BAO, § 293 Tz 21 mit Hinweis auf ):
"I. Sachverhalt
Zum Sachverhalt wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Bescheidbeschwerde vom verwiesen. Ergänzend dazu bringe ich folgende Tatsachen vor:
Ich habe meinen Hauptwohnsitz in Österreich am abgemeldet, mein neuer Hauptwohnsitz liegt in der Schweiz.
Ich gehe in der Schweiz seit einer unselbständigen Tätigkeit nach.
Die Kindesmutter hat den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen und jene der Kinder im Juli 2018 erneut nach Österreich verlegt und entsprechend gemeldet.
Die Kindesmutter hat einen Antrag auf Familienbeihilfe für beide Kinder per August 2018 gestellt.
Angesichts der geänderten Verhältnisse schränke ich meinen ursprünglich auf unbefristete Zuerkenntnis der Familienbeihilfe gestellten Antrag auf den Zeitraum bis inkl. Juli 2018 ein.
II. Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit
Gegen den streitgegenständlichen Bescheid ist die Beschwerde gemäß § 243 BAO zulässig und rechtzeitig.
III. Beschwerdeerklärung
Der Bescheid wird vollumfänglich angefochten.
IV. Gründe für die Rechtswidrigkeit
Der Bescheid ist rechtswidrig aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung.
a. Bestimmung des Wohnortes der Kindesmutter und der Kinder
Die Feststellung im Bescheid, die Kindesmutter hätte schon im Mai 2015 ihren Wohnsitz zurück nach Griechenland verlegt, erfolgt willkürlich. Der Behörde ist bekannt, dass eine Anmeldung von ***K2*** zum Kindergartenbesuch ab Herbst 2015 sehr wohl erfolgt ist, im Rückforderungsbescheid vom wird dies von der Behörde sogar ausdrücklich bestätigt. Mit der Aussage, der verpflichtende Kindergartenbesuch von ***K2*** wäre nie in Erwägung gezogen worden und die Anmeldung wäre nicht erfolgt, widerspricht sich die Behörde sowohl selbst als auch der Akten- und Faktenlage.
Die aus den Akten hervorgehende Tatsache, dass sowohl die Kindesmutter als auch die Kinder auch nach Mai 2015 noch mehrfach ärztliche Hilfe in Anspruch genommen haben (darunter auch Mutter-Kind-Pass-Untersuchung und Behandlung einer chronischen Erkrankung der Kindesmutter), wird im Bescheid weder erwähnt noch als entsprechendes Indiz dafür, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen bis Herbst 2015 sowohl für die Mutter als auch die Kinder noch in Österreich war, gewürdigt.
Die Aussage, man bekomme in Griechenland nicht sofort Arbeit, ist völlig unbegründet und darüber, was die Behörde damit beweisen will, lässt sie auch den geneigten Leser im Unklaren.
Eine kurzfristige, nur wenige Wochen dauernde Beschäftigung der Kindesmutter in ihrem Heimatland ändert nichts an dem Mittelpunkt der Lebensinteressen.
Die Tatsache, dass der avisierte Kindergartenbesuch erst im Herbst 2015 wieder abgemeldet worden ist, die Verlegung des Wohnsitzes der Kindesmutter und der Kinder zurück nach Griechenland auch erst im Herbst 2015 gemeldet worden ist in Verbindung mit der unbestrittenen Tatsache, dass auch nach Mai 2015 bis Herbst 2015 für einen - wie von der Behörde insinuierten - Urlaubsaufenthalt völlig untypische Arztbesuche erfolgten, belegen, dass die Verlegung des Hauptwohnsitzes tatsächlich erst im Herbst 2015 erfolgt ist.
Um aber jeden Zweifel darüber auszuräumen, wird eine mündliche Verhandlung beantragt, und als Beweisanbot die Befragung von Frau ***KM*** und Herrn ***7*** als Auskunftspersonen vorgeschlagen.
Darüber hinaus scheint im Bescheid keine sachliche Rechtfertigung dafür auf, wie die verfehlte Behauptung der Behörde, die Kindesmutter hätte im Mai 2015 ihren und den Wohnsitz der Kinder von Österreich nach Griechenland verlegt, die Abweisung meines Antrags - der im Übrigen nicht wie im Bescheid fehlerhaft aufgeführt erst am , sondern bereits 'geringfügig' früher am (!) gestellt worden ist - ab Mai 2018 begründen könnte.
Die Begründung des Bescheids weist folgende Mängel auf:
Die von der Behörde als erwiesen angenommenen und meinen Darstellungen widersprechenden Sachverhalte werden lediglich in bescheidenster Kürze angeführt, es erfolgt keine Beweiswürdigung und es wird auch nicht in schlüssiger Form dargelegt, aus welchen Erwägungen sie zu dieser Ansicht gelangt.
Des Weiteren fehlt eine rechtliche Beurteilung und jegliche Begründung dafür.
Obwohl die Behörde die Sachverhalte offensichtlich nach freiem Ermessen beurteilt, erfolgt auch keine Begründung der Ermessensausübung.
Das Legalitätsprinzip des Art. 18 B-VG ist also mehrfach verletzt.
Der Zweck der Bescheidbegründung besteht insbesondere darin, die inhaltliche Überprüfung des Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit zu ermöglichen; verfahrensökonomische Überlegungen rechtfertigen es, von der Begründungspflicht in jenen Fällen abzusehen, in denen eine inhaltliche Überprüfung eines Bescheides in einem Rechtsmittelverfahren nicht in Betracht kommt (vgl. § 58 Abs. 2 AVG und das hg. Erkenntnis vom , ZI. 95/10/0048), was aber hier nicht der Fall ist.
b. Verzichtserklärung der Kindesmutter und anwendbares Recht
Die Rechtsgültigkeit der Verzichtserklärung der Kindesmutter wurde vom BFG bereits im Beschluss vom festgestellt. Die Behörde fühlt sich offensichtlich nicht an diese Feststellung gebunden, obwohl § 279 Abs. 3 BAO unmissverständlich normiert, dass die Abgabenbehörde an die im Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden ist, auch wenn das das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als den späteren Bescheid umfasst. Außerdem ist die Kindesmutter der ausdrücklichen Aufforderung der Behörde im Rahmen eines Auskunftsersuchens, ihre Verzichtserklärung zu widerrufen, nicht nur nicht nachgekommen, sondern hat im Mai 2018 - also zu einem Zeitpunkt, als schon seit geraumer Zeit kein gemeinsamer Haushalt mehr geführt worden ist - in ihrer Beantwortung des schriftlichen Auskunftsersuchens ausdrücklich auf die Rechtsgültigkeit ihrer Verzichtserklärung hingewiesen.
Die rechtliche Beurteilung der Behörde, eine Verzichtserklärung wäre nur für Zeiten des gemeinsamen Haushalts möglich, ist verfehlt. Auf eine Berücksichtigung der entsprechenden europarechtlichen Normen und Jurisdiktion wird hier großzügig verzichtet - in der belangten Behörde hat man den Öxit offensichtlich im Geiste schon vollzogen.
Artikel 60 der Durchführungs-VO 987/2009 bestimmt, dass wenn eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahrnimmt, dann berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.
Die Frage, ob dieser Verzicht ausdrücklich (z.B. durch eine Verzichtserklärung) oder stillschweigend durch das Unterlassen der Antragsstellung erfolgen kann, wurde vom EuGH in seinem Erkenntnis vom , C-378/14 dahingehend beantwortet, dass die Unterlassung der Antragstellung des Elternteils, der in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, noch keinen Verzicht iSd Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 987/2009 darstellt. Das Vorliegen einer rechtsgültigen Verzichtserklärung sowie die ausdrückliche Bestätigung derselben durch die Kindesmutter im Mai 2018 führt jedoch zwingend zu einer Anwendung des Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 987/2009 womit § 2a FLAG dahingehend anzuwenden ist, dass eine Verzichtserklärung sehr wohl auch für Zeiten, in denen kein gemeinsamer Haushalt geführt wird, gilt und ich deshalb legitimiert zur Antragsstellung und zum Bezug der Familienbeihilfe bin.
Laut Erkenntnis des EuGH geht aus dem Wortlaut des Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 hervor, dass es ausreicht, wenn eine der Personen, die Anspruch auf Familienleistungen erheben kann, einen Antrag auf deren Gewährung stellt, damit der zuständige Träger des Mitgliedstaats verpflichtet ist, diesen Antrag zu berücksichtigen. Selbst wenn keine Verzichtserklärung vorliegen würde, hätte die Behörde also keinen abweisenden Bescheid erlassen dürfen, sondern - nach Erfüllung ihrer Manuduktionspflicht bezüglich einer Verzichtserklärung - den Antrag für den anderen berechtigten Elternteil berücksichtigen müssen. Der Bescheid ist also auch unabhängig von der Frage des Vorliegens oder der Möglichkeit einer Verzichtserklärung rechtswidrig.
c. Befangenheit
Der vorliegende Bescheid trägt keine Unterschrift und auch sonst keinen Hinweis darauf, welche Amtsperson für die Erlassung desselben verantwortlich ist bzw. daran mitgearbeitet hat. Der Wortlaut und auch die wortgleiche Übernahme von Teilen aus früheren Erledigungen der Behörde lassen jedoch den Schluss zu, dass eine oder mehrere Amtspersonen daran mitgewirkt haben, gegen die Ermittlungen durch die StA (GZ 12 St 146/18-s) und das LKA wegen Amtsmissbrauchs genau im gegenständlichen Verfahrenskomplex geführt werden. Eine Enthaltung nach § 76 Abs. 1 BAO wegen Befangenheit wäre also zwingend notwendig gewesen und das Verwaltungsgericht muss prüfen, ob sich aufgrund der Befangenheit auch sachliche Bedenken gegen die Bescheide ergeben.
V. Weitere Anträge
Ich beantrage, dass gem. § 262 Abs. 2 BAO die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung unterbleiben möge und die direkte Behandlung der Bescheidbeschwerde durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz erfolgen möge. Dies scheint geboten, da die Abgabenbehörde erster Instanz weder auf die rechtlichen Gegebenheiten einzugehen gewillt ist, auch nicht gewillt oder in der Lage ist, eine vom BFG gesetzte Frist einzuhalten, sich auch nicht an die Rechtsanschauung des BFG gebunden fühlt, und auch nicht gewillt oder in der Lage ist einen formal und inhaltlich rechtmäßigen Bescheid zu erlassen.
Es ist deshalb zu erwarten, dass die Behörde auch in einer Beschwerdevorentscheidung zu keiner wesentlich anderen Entscheidung und Begründung kommen würde als im vorliegenden Bescheid."
Das Finanzamt legte diese Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vor.
Mit Schreiben vom teilte der damals für die Erledigung der Beschwerde zuständig gewesene Richter des Bundesfinanzgerichtes dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt sei, die Beschwerde gemäß § 271 BAO bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshofes zur do. GZ. Ro 2018/16/0040 anhängigen Verfahrens auszusetzen, da der Ausgang dieses Verfahrens von wesentlicher Bedeutung für die Beantwortung der Frage sei, wer im gegenständlichen Fall die vorrangig anspruchsberechtigte Person sei (der Beschwerdeführer oder die Kindesmutter). Der Beschwerdeführer möge einer Aussetzung entgegenstehende überwiegende Interessen binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung bekannt geben.
Da der Beschwerdeführer keine Stellungnahme abgab, wurde mit Beschluss vom die Entscheidung über die Beschwerde gemäß § 271 BAO bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof zu Ro 2018/16/0040 anhängigen Verfahrens ausgesetzt.
Mit Schriftsatz vom wurde vom Beschwerdeführer ein beim Bundesfinanzgericht zu GZ. FR/5100002/2019 protokollierter Fristsetzungsantrag gemäß § 38 VwGG eingebracht.
Ferner stellte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom einen Fortsetzungsantrag gemäß § 271 Abs. 3 BAO. Im vorliegenden Fall sei unbestritten die Kindesmutter vorrangig anspruchsberechtigt, weil sie im verfahrensgegenständlichen Zeitraum mit den Kindern in einem Haushalt gelebt habe. Auch die Frage, ob er als nachrangig anspruchsberechtigter Elternteil legitimiert sei für die Beantragung der österreichischen Familienbeihilfe (resp. einer allfälligen Ausgleichszahlung) werde durch die Rechtsprechung des EuGH bejaht. Ein Verfahren vor dem VwGH könne also auch in dieser Frage zu keiner anderen Antwort kommen. Die Frage, ob die Kindesmutter stillschweigend auf ihren vorrangigen Anspruch verzichten kann, sei vom EuGH verneint worden. Er ersuche meritorisch zu entscheiden, ob die Verzichtserklärung der Kindesmutter eine Nichtwahrnehmung nach Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009 darstelle, und über den Anspruch und die Auszahlung der in Frage stehenden Familienbeihilfe zu entscheiden.
Mit Beschluss vom , Fr 2019/16/0006, wies der Verwaltungsgerichtshof den Fristsetzungsantrag vom zurück.
Das Bundesfinanzgericht verfügte mit Beschluss vom neuerlich die Aussetzung der Entscheidung über die Beschwerde gemäß § 271 BAO.
Darauf reagierte der Beschwerdeführer mit einem Fortsetzungsantrag vom , der mit einem Antrag auf Gewährung vollständiger Akteneinsicht, insbesondere in alle Aktenteile betreffend das beim VwGH zur GZ. Ro 2018/16/0040 anhängige Verfahren, verbunden wurde. Der VwGH habe ihm mitgeteilt, dass ihm von diesem mangels Parteienstellung keine Einsicht gewährt werden könne, aber beim BFG sollten im Akt zum gegenständlichen Verfahren entsprechend ausführliche Unterlagen aus Ro 2018/16/0040 abgelegt sein, die ihm eine Überprüfung der Aussetzungsbegründung ermöglichen würden.
Betreffend den Antrag auf Akteneinsicht wurde dem Beschwerdeführer am das dem Revisionsverfahren beim VwGH zu Ro 2018/16/0040 zugrundeliegende Erkenntnis des , zur Kenntnis gebracht. Ferner wurden dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom Ablichtungen des Finanzamtsaktes (alle vom Finanzamt dem BFG in elektronischer Form übermittelten Unterlagen) und des gesamten bisherigen BFG-Aktes übermittelt.
Das Bundesfinanzgericht verfügte mit Beschluss vom neuerlich die Aussetzung der Entscheidung über die Beschwerde gemäß § 271 BAO.
Der für die Erledigung der Beschwerde zuständig gewesene Richter trat mit in den Ruhestand. Aufgrund eines Beschlusses des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes wurde die Gerichtsabteilung des erkennenden Richters für die Erledigung der Beschwerde zuständig. Von diesem Umstand wurde der Beschwerdeführer vom Präsidenten des Bundesfinanzgerichtes mit Mail vom in Kenntnis gesetzt, nachdem sich der Beschwerdeführer bei diesem über den Verfahrensstand erkundigt hatte.
Zum Stand des Beschwerdeverfahrens ergingen am auch durch den nunmehr zuständigen Richter E-Mails an den Beschwerdeführer. Darin wurde näher erläutert, warum ein Abwarten der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu Ro 2018/16/0040 sinnvoll wäre.
Der Beschwerdeführer wies dazu in einer Antwortmail vom darauf hin, dass er die Notwendigkeit einer Aussetzung der Entscheidung noch immer nicht nachvollziehen könne. Auch wenn der Anspruch des nicht haushaltsführenden Elternteils vom VwGH verneint werde, liege immer noch die Verzichtserklärung der Kindesmutter vor und das Resultat wäre im vorliegenden Verfahren dasselbe. Nur wenn das BFG auch die Möglichkeit eines Verzichts der Kindesmutter verneinen würde, würde das zu einem anderen Ergebnis führen. Dies wäre aber aus mehreren Gründen realitätsfremd: Gemäß Artikel 60 der Durchführungs-VO 987/2009 sei der Antrag des zweiten Elternteils zu berücksichtigen, wenn der vorrangig berechtigte dieses Recht nicht wahrnimmt. In seinem Erkenntnis vom , C-378/14, habe der EuGH festgestellt, dass eine reine Unterlassung der Antragstellung noch keinem Verzicht gleichkomme. Im vorliegenden Fall liege aber nicht nur eine Unterlassung der Antragstellung vor, sondern auch ein Verstreichen der gesetzlichen Antragsfrist von 5 Jahren für einen Teil des verfahrensgegenständlichen Zeitraums und eine ausdrückliche Verzichtserklärung der Kindesmutter. Wenn dies auch nicht einem Verzicht iSd Art. 60 Abs. 1 Satz 3 gleichkommen sollte, dann habe er Schwierigkeiten, sich einen solchen in der Praxis vorzustellen. Die Verneinung der Verzichtsmöglichkeit der Kindesmutter wäre gegen den ausdrücklichen Willen beider Elternteile.
Mit Eingabe vom brachte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Fortsetzungsantrag verbunden mit einem Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht ein. Inhaltlich führte der Beschwerdeführer wortgleich aus wie im Fortsetzungsantrag vom .
Das Bundesfinanzgericht teilte dem Beschwerdeführer dazu am mit, dass ungeachtet des beim Verwaltungsgerichtshof noch anhängigen Verfahrens zu Ro 2018/16/0040 das Verfahren fortgesetzt werde. Die Aussetzung der Entscheidung liege im Ermessen (Ritz, BAO, § 271 Tz 17 mit Judikaturnachweisen). Das bedeute, dass eine Aussetzung nicht zwingend verfügt werden müsse, sondern eine Entscheidung in der Sache auch dann zulässig sei, wenn die Voraussetzungen für eine Aussetzung vorliegen würden. § 271 BAO diene in erster Linie der Prozessökonomie und solle vermeiden, dass die gleiche Rechtsfrage nebeneinander in zwei Verfahren (hier: vor dem VwGH) erörtert werden muss (Ritz, BAO, § 271 Tz 1). Im gegenständlichen Fall diene die Aussetzung aber nicht mehr der Prozessökonomie: vom vormals zuständig gewesenen Richter sei bereits drei Mal die Aussetzung der Entscheidung verfügt worden (Beschlüsse vom , und ), die zu Fortsetzungsanträgen des Beschwerdeführers geführt hätten. Eine neuerliche (vierte) Aussetzung der Entscheidung wäre daher nicht prozessökonomisch.
Daraufhin zog der Beschwerdeführer mit Eingabe vom den neuerlichen Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht vom und den Antrag vom auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer und die beiden anspruchsvermittelnden, am ***8*** und ***9*** geborenen minderjährigen Kinder sind österreichische Staatsbürger, die Kindesmutter ist griechische Staatsbürgerin.
Im August 2013 sind alle genannten Personen aus Griechenland kommend in Österreich eingereist und waren hier in ***10***, wohnhaft.
Am beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung der Familienbeihilfe für seine beiden Kinder "ab August 2013 bis laufend". In der verfahrensgegenständlichen Beschwerde wurde der Antrag auf den Zeitraum bis einschließlich Juli 2018 eingeschränkt, da der Beschwerdeführers ab in der Schweiz einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachging.
Mit Eingabe vom gab die Kindesmutter gegenüber dem Finanzamt eine Verzichtserklärung im Sinn des § 2a Abs. 2 FLAG 1967 ab und erklärte: "Ich verzichte auf die Auszahlung der Familienbeihilfe an mich als haushaltsführende Ehepartnerin und erkläre mein Einverständnis, dass die Familienbeihilfe an meinen Ehemann … (Beschwerdeführer) ausgezahlt wird." Diese Eingabe war zwar nicht handschriftlich unterfertigt, sondern mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, gleichwohl aber rechtswirksam (siehe dazu das Erkenntnis vom , RV/5101742/2017, Punkt A.3. der Erwägungen).
In einem Auskunftsersuchen an die Kindesmutter vom führte das Finanzamt unter anderem aus: "Sie haben eine Verzichtserklärung abgegeben, sodass der Kindesvater die Familienbeihilfe beziehen kann. Die Familienbeihilfe würde aber Ihnen als haushaltsführende Kindesmutter selbst zustehen. Sie müssen nur die Verzichtserklärung widerrufen (im Original an das Finanzamt) und einen Antrag in Österreich stellen."
In der dazu von der Kindesmutter abgegebenen Stellungnahme vom gab diese jedoch keine Widerrufserklärung ab, sondern verwies auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , in der die Rechtswirksamkeit ihrer Verzichtserklärung festgestellt worden sei.
Über den Beihilfenantrag vom wurde letztlich nach Aufhebung des Rückforderungsbescheides vom mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5101742/2017, auf dessen Entscheidungsgründe zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, vom Finanzamt wie folgt entschieden:
Für den Zeitraum August 2013 bis Dezember 2014 wurden dem Beschwerdeführer Ausgleichszahlungen und für den Zeitraum Jänner bis April 2015 wurde Familienbeihilfe für beide Kinder gewährt. Das somit nicht mehr strittige Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen für diese Zeiträume ist den umfangreichen Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichtes im bereits zitierten Erkenntnis vom zu entnehmen.
Der Beschwerdeführer war - wie schon im Zeitraum bis April 2015 - auch im Zeitraum Mai 2015 bis Juli 2018 in Österreich selbständig erwerbstätig (Handel mit Olivenöl, Erbringung von IT-Beratungsleistungen), was vom Finanzamt im angefochtenen Bescheid auch nicht (mehr) in Abrede gestellt wurde. Den für die Jahre 2015 bis 2018 vorliegenden Umsatzsteuerbescheiden ist zu entnehmen, dass der Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen in diesen Jahren 44.523,24 € (2015), 40.395,26 € (2016), 58.697,91 € (2017) und 32.076,65 € (2018) betrug. Der Beschwerdeführer war während dieser Zeit auch in der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen - GW als gewerblich selbständig Erwerbstätiger versichert.
In Griechenland hat der Beschwerdeführer dagegen seit keine Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt, was vom griechischen Träger im aktenkundigen Formblatt E 411 bestätigt wurde. Weiters wurde in dieser Bestätigung festgehalten, dass in den Jahren 2013 und 2014 (geringfügige) Familienleistungen bezogen wurden, seit jedoch kein Anspruch mehr bestehe.
Die Kindesmutter hat dagegen laut Bestätigung des griechischen Trägers (E 411 vom ) in der Zeit vom bis , am , vom bis und ab in Griechenland eine berufliche Tätigkeit ausgeübt. Ferner wurde in dieser Bestätigung festgehalten, dass seit kein Anspruch auf griechische Familienleistungen mehr bestand.
Anfang Mai ist (nach den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom ) die Kindesmutter mit den Kindern nach Griechenland gereist, hat dort mit den Kindern in einem gemeinsamen Haushalt gelebt und war dort (ab ) erwerbstätig. Am ist sie zwar mit den Kindern wieder in Österreich eingereist und wurden im Juli und August 2015 auch Arztbesuche hier durchgeführt. Am ist die Kindesmutter aber mit den Kindern wieder nach Griechenland gereist.
Seit September 2015 lebte die Kindesmutter dauernd vom Beschwerdeführer getrennt (Stellungnahme der Kindesmutter vom ). Ferner hat sie bestätigt, dass der Beschwerdeführer auch nach der Trennung den überwiegenden Kindesunterhalt getragen hat. Dies hat auch der Beschwerdeführer in einer Stellungnahme vom umfangreich dargestellt und glaubhaft gemacht.
Am wurde die Ehe des Beschwerdeführers mit der Kindesmutter geschieden.
Im Juli 2018 ist die Kindesmutter gemeinsam mit den beiden Kindern wieder nach Österreich gezogen. Die Kindesmutter hat einen Antrag auf Familienbeihilfe für beide Kinder ab August 2018 gestellt, dem vom Finanzamt auch entsprochen wurde. Ab August 2018 wurde der Kindesmutter für beide Kinder Familienbeihilfe gewährt.
Strittig ist daher im gegenständlichen Verfahren nur mehr die Rechtsfrage, wer den im Zeitraum Mai 2015 bis Juli 2018 bestehenden Anspruch auf Familienleistungen geltend machen kann: die Kindesmutter (aufgrund der Zugehörigkeit der Kinder zu ihrem Haushalt) oder der Beschwerdeführer (aufgrund der von der Kindesmutter abgegebenen Verzichtserklärung).
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, dem Vorbringen des Beschwerdeführers und der Kindesmutter, den Eintragungen in der Beihilfendatenbank, dem Zentralen Melderegister, sowie den im AJ-WEB gespeicherten Versicherungsdaten sowie den Steuerdaten aus dem Abgabeninformationssystem.
Strittig war im vorliegenden Fall nur die Frage, wann die Kindesmutter gemeinsam mit den Kindern den Wohnort im Sinne des Art. 1 lit. j der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 nach Griechenland verlegt hat - im Mai 2015 (Ansicht des Finanzamtes) oder erst im September 2015 (Angabe der Kindesmutter). Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes war dies bereits im Mai 2015 der Fall, da sie gemeinsam mit den Kindern Anfang Mai nach Griechenland gereist, dort mit den Kindern in einem Haushalt gelebt und ab auch in Griechenland erwerbstätig war. Der "Wohnort" gemäß Art. 1 lit. j der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im Sinne des "gewöhnlichen Aufenthaltes" in Griechenland wurde durch den "vorübergehenden Aufenthalt" in Österreich im Juli und August 2015 (Art. 1 lit. k der Verordnung (EG) Nr. 883/2004) nicht aufgegeben.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Der Beschwerdeführer, die Kindesmutter und die beiden minderjährigen Kinder unterliegen als Unionsbürger gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 dem persönlichen Geltungsbereich derselben.
Zum sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung zählen auch Familienleistungen (Art. 3 Abs. 1 lit. j der Verordnung).
Der Beschwerdeführer unterlag im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (Mai 2015 bis Juli 2018) gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. a dieser Verordnung aufgrund seiner inländischen Erwerbstätigkeit den österreichischen Rechtsvorschriften. Die Kindesmutter unterlag insoweit sie in Griechenland in diesem Zeitraum eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, ebenfalls gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. a der Verordnung den griechischen Rechtsvorschriften. Soweit sie mit den beiden Kindern ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Griechenland gewohnt hat (dort den Ort ihres gewöhnlichen Aufenthaltes im Sinne des Art. 1 lit. j der Verordnung hatte), ergibt sich die Anwendung der griechischen Rechtsvorschriften aus Art. 11 Abs. 3 lit. e der Verordnung.
Für diesen Fall des Zusammentreffens von Ansprüchen trifft Art. 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 folgende Prioritätsregeln:
(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:
a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.
b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:
i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;
ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;
iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.
(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren.
Da das FLAG den Anspruch auf Familienbeihilfe nicht an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder den Bezug einer Rente anknüpft, wird der Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe durch den Wohnort ausgelöst (vgl. Gebhart in Lenneis/Wanke, FLAG, § 53 Tz 311).
Gleiches gilt für den Anspruch auf Familienleistungen nach griechischem Recht. Griechisches Kindergeld wird an Familien für jedes unterhaltsberechtigte Kind im Alter von bis zu 18 Jahren oder im Alter von bis zu 19 Jahren bei Besuch der Sekundarstufe (bis zu 24 Jahre alt bei Besuch einer Pflicht- oder Hochschule) bezahlt. Notwendige Voraussetzung ist, dass der Empfänger in den letzten fünf Jahren fest und ohne Unterbrechung in Griechenland gelebt hat. Das Kindergeld ist eine beitragsfreie, bedürftigkeitsabhängige und nicht steuerpflichtige Beihilfe, die in Abhängigkeit vom Einkommensäquivalent der Familie gezahlt werden kann. Der Betrag für das Kindergeld ist von der Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder und der Kategorie des Einkommensäquivalent der Familie abhängig (Quelle: Information der Europäischen Kommission https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1112&intPageId=4560&langId=de). Es wird damit auch der Anspruch auf griechisches Kindergeld durch den Wohnort ausgelöst.
Da somit sowohl der Anspruch auf österreichische als auch griechische Familienleistungen durch den Wohnort ausgelöst werden, richtet sich die Rangfolge der Ansprüche nach Art. 68 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 883/2004. Solange der Wohnort der Kinder in Österreich war, kam Österreich die primäre Zuständigkeit zu. Ab Verlegung des Wohnortes der Kinder nach Griechenland lag die primäre Zuständigkeit bei Griechenland.
Wie bereits erläutert, ist notwendige Voraussetzung für den Bezug des griechischen Kindergeldes, dass der Empfänger in den letzten fünf Jahren "fest und ohne Unterbrechung" in Griechenland gelebt hat. Da weder der Beschwerdeführer noch die Kindesmutter im verfahrensgegenständlichen Zeitraum diese Voraussetzung erfüllt haben, bestand für beide minderjährigen Kinder in Griechenland kein Anspruch, was auch in den vorliegenden Bestätigungen des griechischen Trägers dokumentiert wurde. Die Ausgleichszahlung, zu deren Leistung Österreich ab Verlegung des Wohnortes der Kinder nach Griechenland verpflichtet ist, entspricht daher betragsmäßig der vollen österreichischen Familienbeihilfe. Aus diesem Grund kommt der Frage, wann die Kindesmutter gemeinsam mit den Kindern den Mittelpunkt der Lebensinteressen nach Griechenland verlegt hat (Mai 2015 oder September 2015), im Ergebnis für den Beihilfenanspruch dem Grunde und der Höhe nach keine Bedeutung zu: in beiden Fällen besteht Anspruch auf die volle österreichische Familienbeihilfe.
Zur prüfen ist somit nur mehr die Frage, wer den im Zeitraum Mai 2015 bis Juli 2018 bestehende Anspruch auf österreichische Familienleistungen geltend machen kann: der Beschwerdeführer oder die Kindesmutter. Nur diese Frage war auch im Verfahren vor dem Finanzamt strittig.
Dazu liegt allerdings divergierende Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes vor (siehe dazu ), und ist beim Verwaltungsgerichtshof zu Ro 2018/16/0040 eine Revision gegen eben diese Entscheidung vom anhängig. Dieses höchstgerichtliche Verfahren war Grundlage für die wiederholte Aussetzung der Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde durch den vormals zuständig gewesenen Richter des Bundesfinanzgerichtes.
Im Kern geht es dabei um die Frage, wie die Bestimmung des Art. 60 Abs. 1 dritter Satz der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 zu verstehen ist. Während die derzeit überwiegende Judikatur des Bundesfinanzgerichtes ihn so versteht, dass der Antrag einer anderen Person als Antrag der primär anspruchsberechtigten Person gilt, kann aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes dagegen abgeleitet werden, dass der Anspruch auf die antragstellende Person übergeht, wenn ihn die primär anspruchsberechtigte Person nicht geltend macht.
Art. 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 bestimmt:
Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.
Art. 60 Abs. 1 der Durchführungsverordnung lautet:
Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.
Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom , C-378/14 - Tomislaw Trapkowski, im Wesentlichen ausgeführt:
34 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen könnte, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung dieser Leistungen zuständig ist.
35 Zur Beantwortung dieser Frage ist erstens darauf hinzuweisen, dass die in Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 vorgesehene Fiktion zur Folge hat, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen für Familienangehörige, die in einem anderen als dem für die Gewährung dieser Leistungen zuständigen Mitgliedstaat wohnen, so erheben kann, als würden sie in dem zuständigen Mitgliedstaat wohnen.
36 Zweitens sieht Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 vor, dass bei der Anwendung u. a. der Verordnung Nr. 883/2004, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Anspruchs auf Familienleistungen anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen ist, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen.
37 Drittens geht aus Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 987/2009 hervor, dass dann, wenn eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf Familienleistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahrnimmt, der 'andere Elternteil' zu den Personen und Institutionen gehört, die einen Antrag auf Gewährung dieser Leistungen stellen können.
38 Aus Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 ergibt sich zum einen, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen auch für Familienangehörige erheben kann, die in einem anderen als dem für ihre Gewährung zuständigen Mitgliedstaat wohnen, und zum anderen, dass die Möglichkeit, Familienleistungen zu beantragen, nicht nur den Personen zuerkannt ist, die in dem zu ihrer Gewährung verpflichteten Mitgliedstaat wohnen, sondern auch allen 'beteiligten Personen', die berechtigt sind, Anspruch auf diese Leistungen zu erheben, zu denen die Eltern des Kindes gehören, für das die Leistungen beantragt werden.
39 Folglich lässt sich, da die Eltern des Kindes, für das die Familienleistungen beantragt werden, unter den Begriff der zur Beantragung dieser Leistung berechtigten 'beteiligten Personen' im Sinne von Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 fallen, nicht ausschließen, dass ein Elternteil, der in einem anderen als dem zur Gewährung dieser Leistungen verpflichteten Mitgliedstaat wohnt, diejenige Person ist, die, sofern im Übrigen alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, zum Bezug dieser Leistungen berechtigt ist.
40 Es obliegt jedoch der zuständigen nationalen Behörde, zu bestimmen, welche Personen nach nationalem Recht Anspruch auf Familienleistungen haben.
41 Nach alledem ist Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen kann, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung dieser Leistungen zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof vertrat dazu in seiner Entscheidung vom , Ra 2019/16/0133, die Ansicht, der EuGH habe damit fallbezogen verdeutlicht, dass
- die in Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 vorgesehene Fiktion zur Folge hat, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen für Familienangehörige, die in einem anderen als dem für die Gewährung dieser Leistungen zuständigen Mitgliedstaat wohnen, so erheben kann, als würden sie in dem zuständigen Mitgliedstaat wohnen,
- bei der Anwendung u. a. der Verordnung Nr. 883/2004, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Anspruchs auf Familienleistungen anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen ist, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen,
- Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führen kann, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung dieser Leistungen zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist,
- aus Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 987/2009 hervorgeht, dass dann, wenn eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf Familienleistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahrnimmt, der "andere Elternteil" zu den Personen und Institutionen gehört, die einen Antrag auf Gewährung dieser Leistungen stellen können.
Damit habe der EuGH ausdrücklich zwischen Satz 2 und Satz 3 von Art. 60 Abs. 1 Verordnung Nr. 987/2009 unterschieden: von der im dortigen Fall primär zu beantwortenden Frage, wem aller ein Anspruch zustehen kann, sei die Frage zu unterscheiden, wer dieses Recht wahrnehmen kann. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, ist nach Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 987/2009 auch ein Antrag der dort genannten anderen Personen zu berücksichtigen. Es sei daher ohne Bedeutung, welcher Elternteil den entsprechenden Antrag stellt.
Soweit die Amtsrevision aus dem zitierten Urteil des EuGH die Schlussfolgerung ziehe, dass gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG primär der den Haushalt, dem die einen Anspruch begründenden Kinder zugehören, führenden Person ein Anspruch zustehe, übersehe sie Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 987/2009, der ebenfalls Anwendungsvorrang beansprucht und hiedurch § 2 Abs. 2 letzter Halbsatz FLAG verdrängt.
Nach der in diesem Erkenntnis vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Rechtsansicht schließt damit im vorliegenden Fall der Umstand, dass die beiden anspruchsvermittelnden Kinder in einem gemeinsamen Haushalt mit der Kindesmutter in Griechenland gelebt haben, es nicht grundsätzlich und in jedem Fall aus, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf österreichische Familienleistungen geltend machen kann, da § 2 Abs. 2 letzter Halbsatz FLAG durch Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Durchführungsverordnung verdrängt wird. Nimmt die Kindesmutter ihr Recht, den Anspruch auf diese Leistungen zu erheben, nicht wahr, ist ein Antrag des Beschwerdeführers, der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die überwiegenden Unterhaltskosten für die Kinder getragen hat, zulässig und zu berücksichtigen.
Auch der EuGH hat in seiner Entscheidung vom betont, dass zwischen der Einreichung eines Antrages auf Familienleistungen und dem Anspruch auf diese Leistungen zu unterscheiden sei (Rn 46). Aus dem Wortlaut des Art. 60 Abs. 1 der Durchführungsverordnung gehe hervor, dass es ausreicht, wenn eine der Personen, die Anspruch auf Familienleistungen erheben kann, einen Antrag auf derer Gewährung stellt, damit der zuständige Träger des Mitgliedsstaats verpflichtet ist, diesen Antrag zu berücksichtigen (Rn 48). Folglich sei es, sofern alle Voraussetzungen für die Gewährung von Familienleistungen für ein Kind erfüllt sind und diese Leistungen tatsächlich gewährt werden, ohne Bedeutung, welcher Elternteil nach nationalem Recht als diejenige Person gilt, die den Anspruch auf diese Leistungen hat (Rn 49).
Eine besondere Verzichtserklärung fordert Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Durchführungsverordnung nicht, sondern es genügt, dass die Person, die berechtigt ist, Anspruch auf Leistungen zu erheben, "dieses Recht nicht wahrnimmt". Die Verzichtserklärung der Kindesmutter im Sinne des § 2a Abs. 2 FLAG 1967 ist zwar innerstaatlich nach Auflösung des gemeinsamen Haushaltes der Kindeseltern nicht mehr rechtswirksam, kann aber jedenfalls als ausreichender Hinweis dafür gewertet werden, dass der verzichtende Elternteil im Sinne des Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der Durchführungsverordnung "sein Recht nicht wahrnimmt". Abgesehen davon hat die Kindesmutter im vorliegenden Fall in ihrer Stellungnahme vom unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie "ihr Recht nicht wahrnimmt", weil sie der Ansicht sei, dass ihre Verzichtserklärung wirksam ist. Der Einladung des Finanzamtes, diese Verzichtserklärung zu widerrufen, kam sie nicht nach. Schließlich hat der Beschwerdeführer in seiner E-Mail vom zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Negierung der Nichtwahrnehmung ihrer Rechte durch die Kindesmutter auch dem ausdrücklichen Willen beider Elternteile widersprechen würde.
Da somit im gegenständlichen Fall die Kindesmutter ihr Recht nicht wahrgenommen hat, Anspruch auf die zustehenden Familienleistungen zu erheben, ist der Antrag des Beschwerdeführers, der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die überwiegenden Unterhaltskosten für die Kinder getragen hat, zulässig und berechtigt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf das beim Verwaltungsgerichtshof zu Ro 2018/16/0040 noch anhängige Revisionsverfahren, bei dem es um die grundsätzliche Frage des absoluten Vorranges des Anspruches auf Familienleistungen der in einem EU-Staat lebenden haushaltsführenden Kindesmutter geht, ist eine ordentliche Revision zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1 § 2a Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101783.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at